Kurzbericht vom Kolloquium „Vor dem Sturm?“ am 28.11.2012

Kurzbericht vom Kolloquium „Vor dem Sturm?“ von Prof. Markus C. Kerber organisiert, stattgefunden am 28.11.2012 in der TU-Berlin

Titel des Kolloquiums:
Die deutsche Wasserwirtschaft nach der BWB-Entscheidung des Bundeskartellamtes vom 5. Juni 2012

Wichtigste Nachricht: Dr. Engelsing vom Bundeskartellamt berichtete, dass die Wasserbetriebe trotz der laufenden Klage keinen Aufschub für die Wirksamwerdung der Kartellamtsverfügung beantragt haben (genauer: „haben keinen einstweiligen Rechtsschutz beantragt“) – was unüblich sei und beim Kartellamt für große Verwunderung gesorgt hat. Die Konsequenz ist, dass die Kartellamtsverfügung auf jeden Fall im Januar wirksam wird.

Hier noch Aussagen aus Engelsings Vortrag:

  • BWB hatten zunächst dagegen geklagt, dass das Kartellamt überhaupt zuständig sei. Sie hatten damals argumentiert, dass eine Kartellamtskontrolle unnötig sei, weil ja bereits eine öffentlich rechtliche Missbrauchskontrolle mit drei Stufen installiert sei: dies sei zunächst die Kontrolle der BWB selbst, dann die Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer und zum Schluss das Genehmigungsverfahren für die Tarife durch den Senat selbst.
  • dieser Versuch einer Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Einleitung des Missbrauchsverfahrens ist laut Engelsing ungefähr das Gleiche, als ob man sich dagegen wehrt, dass die Polizei plötzlich Baugenehmigungen erteilt.
  • das Kartellamt hat gegen die letzten Einwände der BWB nicht mehr dagegen gehalten, weil es endlich mit dem Verfahren zu Ende kommen wollte
  • 2010 waren nach Kartellamtsuntersuchung die Wasserpreise um 38% zu hoch.
  • bei den BWB sind die kalkulatorischen Kosten doppelt so hoch wie im Durchschnitt anderer Wasserversorger
  • die Sonderkosten Ost wurden aufgenommen, obwohl die mit der Wende verbundenen notwendigen Investitionen 1999 bereits abgeschlossen waren, weil sie aufgrund der Abschreibungen dafür noch 20 Jahre nachwirken. (diese wurde übrigens als degressive Abschreibungen kategorisiert) Diese Sonderkosten Ost führen zu einer akzeptierten Preisüberhöhung von ca. 18% gegenüber dem Durchschnitt der Preise bei den drei großstädtischen Versorgern HH, M und K.
  • der Prozess, den die Wasserbetriebe nach wie vor gegen die Kartellamtsverfügung führen, wird für das erste Halbjahr 2013 erwartet. Dies hat aber, wie oben schon erwähnt, keine aufschiebende Wirkung für die Umsetzung der Verfügung.

Nach Engelsing gab es ein Referat von Prof. Dr. Kurt Markert, FU-Berlin, ehemaliger Abteilungsleiter beim Bundeskartellamt. Er wies darauf hin, dass bei den Verträgen und den dazugehörigen Gesetzen von vorneherein klar war, dass es um reine Gewinnerziehlung ging. Er sagte auch, dass es nicht hinnehmbar sei, dass das aufgenommene Fremdkapital der Wasserbetriebe mit zum betriebsnotwendigen Kapital zähle und dadurch die Rendite erhöhe, die bei deutlich über 20% liege. Markert kritisierte auch das Bundeskartellamt und meinte, es sei „mehr drin gewesen“ als die in der Verfügung genannten Prozentsätze. Man hätte beim Vergleich der BWB Zahlen nicht notwendigerweise den Durchschnittswert der drei großen Wasserversorger als Vergleichsmaßstab nehmen müssen, sondern es hätte auch der Vergleich zum günstigsten großstädtischen Versorger gemacht werden können. Außerdem fragte er sich, ob es wirklich nötig gewesen sei, so viele Zahlen und Fakten in der veröffentlichten Version zu schwärzen.

Im weiteren Verlauf des Kolloquiums ging es dann um die sich im Gesetzgebungsprozess befindliche 8. GWB-Novelle. (GWB = Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) Diese sehr spezielle Diskussion kann hier nicht zusammengefasst werden.

Wichtig war noch, dass aus Brüssel das neue europäische Recht der Dienstleistungskonzessionen droht. Das bedeutet, dass möglicherweise Kommunen in der Zukunft gezwungen sein könnten, Dienstleistungskonzessionen für Wasser-Konzessionäre ausschreiben zu müssen. Die Richtlinien dafür sind aber in Brüssel überhaupt noch nicht ausgearbeitet worden.

Außerdem gab es noch Diskussionen darüber, ob es sinnvoll sei, unbedingt den Wettbewerb in den Wassermarkt hineintragen zu müssen, was u.a. die Monopolkommission anstrebt. (ein Vertreter der Monopolkommission trug vor) So wurde der damit verbundene Regulierungsaufwand – anzusiedeln bei der eh schon als Moloch agierenden Netzagentur – in keinem Verhältnis zu einem eventuellen Nutzen gesehen.

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