Markus C. Kerber: Wasserverträge waren „finanzieller Selbstmord“ – PRESSEMITTEILUNG VOM 03.08.2012

(Berlin, 03.08.2012) Der Berliner Wassertisch befragte den Berliner Rechtsprofessor Dr. Markus C. Kerber zur Auflösung seines Mandats im Kartellamtsverfahren, zu Möglichkeiten der Rückabwicklung, der Rekommunalisierung und zum geplanten Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Kerber war vom ehemaligen Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) beauftragt worden, das Bundeskartellamt in die Überprüfung der überhöhten Wasserpreise einzuschalten. Trotz des erfolgreichen Verfahrens, das den jahrelangen Preismissbrauch durch die von Veolia und RWE geführten Wasserbetriebe aufdeckte, wurde er vom jetzigen SPD-CDU-Senat kaltgestellt.

In dem Interview äußert sich Prof. Kerber, der die Teilprivatisierung von Anbeginn begleitet hat, klar und deutlich zur Qualität der Wasserverträge von 1999. Zu ihrem Abschluss durch den damaligen CDU-SPD-Senat sagt der Professor für Öffentliche Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik: „Wer das unterschrieben hat, wollte das Land zum finanziellen Selbstmord treiben.“

„Parallelen zum Mappus-Fall liegen auf der Hand“
Besonders heikel: In der Steuerungskommission für die Wasserprivatisierung saß 1999 als haushaltspolitischer Sprecher der SPD der jetzige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Sein gegenwärtiges Kabinett verantwortet nun außerdem den überteuerten Rückkauf des RWE-Anteils an den Wasserbetrieben, über den bald im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden wird. Auch der Rückkaufvertrag ist vom Geist von 1999 beseelt. Die von der IHK Berlin zum Senat gewechselte Wirtschaftssenatorin von Obernitz vertrete nicht die Interessen ihrer Wähler, sondern versuche sich vorrangig „mit den Privatgesellschaftern ins Benehmen zu setzen.“ Für den TU-Professor liegt wegen dem „überpreisigen Erwerb“ der Anteile ein Fall von Untreue vor: Die „Parallelen zum Mappus-Fall liegen auf der Hand.“

RWE-Rückkaufvertrag: Klagemöglichkeit wegen Untreue?
Der Wirtschaftsjurist, der nicht die Position des Wassertischs, sondern eher eine liberalisierungs- und privatisierungsfreundliche Linie vertritt, lehnt es zwar ab, „die vom Berliner Wassertisch erwogenen und vorgeschlagenen juristischen Verfahren“ zur Rekommunalisierung durch eine Rückabwicklungsklage zu beurteilen, er weist jedoch darauf hin, dass die damaligen Wasserverträge des CDU-SPD-Senats – wie auch der jetzige Rückkaufvertrag des SPD-CDU-Senats – eine weitere Klagemöglichkeit wegen Untreue (§ 266 StGB u. Art. 91 VvB) eröffnen. Für eine Klage spricht die miserable Qualität der Wasserverträge; es scheint, dass es „keine professionellen Berater gegeben hat.“

Wassertisch unterstützt Piraten-Antrag für Wasser-Untersuchungsausschuss
Das Bundeskartellamt hat festgestellt, dass die Berliner rund 20% zuviel für ihr Trinkwasser zahlen müssen. Die Vertragskonstruktion ermöglicht einen von vornherein einkalkulierten Preismissbrauch zugunsten der Wasserkonzerne Veolia und RWE. Für Rainer Heinrich, stellv. Sprecher des Wassertischs, bestätigen die Feststellungen Prof. Kerbers die Notwendigkeit einer umfassenden Untersuchung. Mittel und Mandat des Sonderausschusses Wasserverträge reichen dafür keineswegs aus. Heinrich fordert daher „Die ganze Teilprivatisierung der Wasserbetriebe muss auf den Tisch. Von den dubiosen Umständen bei der Vergabe, dem einkalkulierten Preismissbrauch bis zum überteuerten Rückkauf der Anteile, nachdem das Bundeskartellamt das Geschäft der Konzerne Veolia und RWE vermasselt hat. Wir unterstützen nachdrücklich die Bemühungen der Piratenpartei um einen Untersuchungsausschuss und hoffen darauf, dass sich dem auch CDU und SPD anschließen werden – um jeden Verdacht der Untreue auszuräumen.“

Wortlaut des Interviews unter: http://berliner-wassertisch.info/?p=1799

Kontakt :
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