Berlin, 9.12.2018
Am gestrigen Abend wurde „Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland von der Atlantik-Brücke mit dem Eric-M.-Warburg-Preis geehrt. Die Ministerin wurde für ihr großes Engagement um das europäisch-kanadische Handelsabkommen CETA ausgezeichnet“, so die Pressemitteilung der Atlantik-Brücke. Die Laudatio für Freeland hielt Bundesaußenminister Heiko Maas. Friedrich Merz, Vorsitzender der Atlantik-Brücke und (glücklicherweise nur) Beinahe-Bundesvorsitzender der CDU begründete die Wahl damit, dass „ohne das herausragende Engagement von Chrystia Freeland dieses wegweisende Abkommen nicht zustande gekommen“ wäre. Da hat er wohl recht.
Tränen gehen immer. Die Schauspielkünste der Chrystia Freeland
Wir erinnern uns (nicht gerne) an die Schauspielkünste der damaligen Handelsministerin Chrystia Freeland. Im Oktober 2016 war es der Wallonie unter dem damaligen Ministerpräsidenten Paul Magnette beinahe gelungen, das gefährliche Abkommen zu Fall zu bringen. Das Handelsblatt twitterte aufgeregt: „#CETA steht vor dem Aus. #Kanada bricht die Verhandlungen um das Abkommen ab. #Handelsblatt #EUGipfel #Handelsblatt #Belgien“
Wir waren alle sehr euphorisch und setzten auf das kleine gallische Dorf. „MerciWallonie“ wurde unsere Losung, Paul Magnette unser „Held“.
Doch am 21. Oktober 2016 bewies Chrystia Freeland ihr schauspielerisches Talent. Freeland „erzählte mit tränenerstickter Stimme vor laufender Kamera, wie traurig sie darüber sei, dass Europa selbst mit einem so freundlichen und geduldigen Land wie Kanada kein Abkommen schließen könnte.“ (Quelle) Sie war damit erfolgreich. Am 28. Oktober 2016 stimmten die EU-Staaten dem europäisch-kanadischen Handelsabkommen offiziell zu.
Später hat Chrystia Freeland dann in den Medien „offenherzig verraten, wie sie in den Verhandlungen mit den Europäern ihre Schauspielkünste eingesetzt hat.“ (Quelle)
CETA kann noch gestoppt werden
Ende 2017 wurde CETA vorläufig in Kraft gesetzt. Schon heute kommen die ersten negativen Folgen des Abkommens ans Tageslicht. Weil die EU-Kommission die Einsicht in wichtige Dokumente verwehrt, hat das Umweltinstitut München vor ein paar Tagen eine Klage vor dem Europäischen Gericht eingereicht. Die taz berichtete darüber. CETA muss noch von den einzelnen EU-Staaten ratifiziert werden. Es besteht also noch eine reele Chance, CETA zu stoppen. Beispielsweise könnte der deutsche Bundesrat CETA zu Fall bringen.
Artikel zum Thema:
- Friedrich Merz und BlackRock: DieAnstalt, November 2018
- John Paul Lepers im Gespräch mit Paul Magnette, früherer Ministerpräsident der Wallonie und Galionsfigur im Kampf gegen CETA. ARTE, 30.10.2017.
- Sujata Dey (Council of Canadians): Paul Magnette. The man who made Chrystia Freeland cry. 5.4.2017.
- Markus Becker, Brüssel: Schauspielerei bei Ceta-Verhandlungen. Kanadas Außenministerin gibt falsche Tränen zu. In: Spiegel, 10.2.2017.
- „Merci, Wallonie! – CETA stoppen!“ Kundgebung vor der Belgischen Botschaft. Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!, 26.10.2016.
- Eric Bonse: Freihandel zwischen EU und Kanada. Schon wieder Geheimnisse. In: taz, 8.12.2018.