Zwei ÖGB-Veranstaltungen in Brüssel gegen Wasserprivatisierung
10. Januar 2019
Studie zeigt klare Vorteile der öffentlichen Wasserversorgung
Öffentliche Wasserversorgung funktioniert besser als private. Das ist das Fazit einer aktuellen Studie, die die europäische Wasserwirtschaft von sechs Ländern (AT, DE, HU, FR, PT, UK) über einen längeren Zeitraum untersucht und bewertet hat. Durch die bevorstehende Revision der Konzessionsrichtlinie (bis spätestens April 2019) steht auch die Ausnahme der Wasserver- und Abwasserentsorgung wieder zur Diskussion. ÖGB, AK, der Österreichische Städtebund und younion _ Die Daseinsgewerkschaft luden daher zwei der Studienautoren nach Brüssel ein, um den europäischen Entscheidungsträgern die Ergebnisse zu präsentieren.
Nach einer Diskussionsrunde mit ParlamentsvertreterInnen unter der Schirmherrschaft des EU-Abgeordneten Josef Weisenholzer (S&D), stellten Dr. Leonhard Plank und Univ.-Prof. Michael Getzner die Studie einem größeren Publikum in der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU vor.
Mythos der billigeren Privatversorgung entkräftet
Die Studienautoren zeigten in ihrer Präsentation, dass private Wasserversorgung weder billiger noch wirtschaftlich nachhaltig ist. Liberalisierung und Privatisierung im Wassersektor führen durch die Finanzierung von Regulierungsbehörden und öffentliche Ausschreibungen zu hohen Transaktionskosten. Erwirtschaftete Gewinne werden ausgeschüttet und Kosten für Reinvestitionen durch Fremdkapital finanziert. Der Mythos vom freien Markt in der Wasserwirtschaft und einer damit einhergehenden billigeren und besseren Versorgung der Menschen wird damit widerlegt.
Öffentliche Wasserversorgung in Österreich vorbildhaft
Die öffentliche Wasserversorgung in Österreich punktet im europäischen Vergleich mit sehr guter Effizienz, Qualität und Leistbarkeit für die versorgte Bevölkerung. Die Studienautoren sehen keinerlei dringenden Handlungsbedarf in Hinblick auf eine Liberalisierung oder gar Privatisierung öffentlicher Systeme. ÖGB und AK sehen es daher als dringend notwendig, die Ausnahme der Wasserver- und Abwasserentsorgung in der Konzessionsrichtlinie beizubehalten. Langjährig bestehende Systeme einer gut funktionierenden öffentlichen Daseinsvorsorge wie in Österreich oder Deutschland dürfen auch zukünftig nicht gefährdet werden. Dringend zu empfehlen ist hingegen die Umsetzung von Ausnahmen öffentlicher Investitionen in Bezug auf die Verschuldungsgrenzen der öffentlichen Haushalte („goldene Investitionsregel“) zur Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Langfristige Investitionen notwendig
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit weiteren Experten wurde die Ergebnisse der Untersuchung einhellig bestätigt. Walter Kling, Vizechef von „Wiener Wasser“, unterstrich die Bedeutung langfristiger Planung und Investitionen bei der Wasserversorgung. So wurden etwa 1970 in Wien erhöhte Wasserverluste gemessen, ein Investitionsprogramm über 25 Jahre war notwendig um die langfristige Effizienz sicherzustellen.
Aufgrund ihrer Profitorientierung sind privaten Betreibern derartige Aufwendungen nicht zuzutrauen. Die Studie zeigt Beispiele, in denen die Unternehmen 97% der Gewinne an die Gesellschafter ausgezahlt haben. Mittel für langfristig notwendige Aufwendung sind dann nicht mehr vorhanden. In Ungarn etwa wurde aus genau diesem Grund die private Versorgung wieder abgeschafft.
Iris Strutzmann. Referentin in der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK-Wien lobte die öffentliche Wasserversorgung in Wien, die auch in der Bevölkerung starken Rückhalt findet. Tatsächlich liefert die österreichische Wasserwirtschaft im europäischen Vergleich bei den Wasserleitungsverlusten bei der Abwasserentsorgung sowie der operativen Effizienz hervorragende Ergebnisse. So liegt der Wasserleitungsverlust in Österreich bei 11 Prozent und liegt damit an zweiter Stelle nach Deutschland mit 7 Prozent.
Kattnig: „Wasser nicht wie eine Handelware behandeln“
Wolfgang Deinlein von den Stadtwerken Karlsruhe verwies auf mehrere Umfragen, in denen die Bevölkerung verschiedener deutscher Städte (teilweise weit über 90%) sich gegen die Liberalisierung der Wasserversorgung aussprach.
Marzena Rogalska, zuständige Abteilungsleiterin in der EU-Kommission, zeigte sich beeindruckt von den Forschungsergebnissen und versprach eine „neutrale, ökonomische Bewertung“ der Konzessionsrichtlinie. Die Studie sei dabei sehr hilfreich.
In seinen Schlussbemerkungen forderte Thomas Kattnig, Bereichsleiter Internationales, EU und Daseinsvorsorge bei younion_Die Daseinsgewerkschaft, die Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung: „Wasser ist die Grundlage des menschlichen Lebens und muss auch im Binnenmarkt besonders behandelt werden und nicht wie jedes andere Gut.“
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