BBU-Pressemitteilung, 22.02.2021
BBU: Verlängerung des Planungssicherstellungsgesetzes wird Anforderungen an fortschrittliche Bürgerbeteiligung unter Pandemie-Bedingungen nicht gerecht
(Bonn, Berlin, 22.02.2021) Auf deutliche Kritik ist der von der Bundesregierung entworfene und von den Koalitionsfraktionen in den
Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf zur Verlängerung des
Planungssicherstellungsgesetzes gestoßen. Der Gesetzentwurf soll am
25.2.2021 vom Bundestag beschlossen werden. Die Geltungsdauer der
Bestimmungen des Planungssicherstellungsgesetzes soll dabei für fast
zwei Jahre verlängert werden, ohne dass es in seinen Bestimmungen
geändert wird. Damit soll der schwere Eingriff in die Beteiligungsrechte
der Öffentlichkeit und der Umweltverbände fortgesetzt werden. Die
notwendige Anpassung des Gesetzes an die Pandemie-Bedingungen, die eine
fortschrittliche Öffentlichkeitsbeteiligung und eine gleichzeitige
Kontaktminimierung erforderlich machen, erfolgt nicht. Der BBU fordert,
die Verlängerung des Gesetzes in der vorliegenden Form abzulehnen.
Oliver Kalusch vom Geschäftsführenden Vorstand des BBU erklärt hierzu:
„Das Gesetz wird bereits dem Anspruch nach Kontaktminimierung nicht
gerecht. So wird die Veröffentlichung von Antragsunterlagen im Internet
weiterhin nicht verpflichtend vorgeschrieben. So können trotz einer
schweren Pandemie immer wieder Menschen zum Gang in die Amtsstube
gezwungen werden, wenn sie ihre Rechte wahrnehmen wollen.
In den vergangenen Monaten hat sich zudem gezeigt, dass die
Bundesregierung den Erörterungstermin, das Herzstück von
Genehmigungsverfahren, völlig entkernt hat. Statt des lebendigen
Diskurses zwischen Antragstellern, Behörden und Einwendenden, der
wesentlich zur Ermittlung des Sachverhalts, der Defizite und der
Genehmigungsfähigkeit von Projekten beiträgt, findet nun regelmäßig eine
‚Online-Konsultation‘ statt. Hierbei handelt es sich um ein rein
schriftliches bzw. Email-Verfahren. Nach der Einreichung der
Einwendungen nimmt die Antragstellerin hierzu Stellung. Darauf dürfen
die Einwendenden noch einmal antworten. Damit ist die
‚Online-Konsultation‘ beendet. Dies ist ein Dialog auf niedrigstem
Niveau. Der BBU fordert, dass für die Verfahren, bei denen ein
Erörterungstermin stattfinden kann oder muss und bei denen aufgrund der
pandemischen Lage kein Präsenztermin stattfinden kann, verpflichtend ein
‚Online-Erörterungstermin‘ eingeführt wird. Dieser muss den
Anforderungen physischer Erörterungstermine voll entsprechen. Nach fast
einem Jahr Home-Office-Erfahrungen sollte die Technik für derartige
Veranstaltungen vorhanden sein.“
Weiter erklärt Oliver Kalusch: „Zudem erwecken die Bundesregierung und
die sie tragenden Fraktionen den Eindruck, dass es bei der Verlängerung
des Planungssicherstellungsgesetzes nicht mehr um die Reaktion auf die
Covid-19-Pandemie geht. Denn die Geltungsdauer des Gesetzes wird nicht
an die pandemische Lage gekoppelt, sondern pauschal bis zum 31.12.2022
verlängert. Während die Bundesregierung öffentlich auf eine
wirkungsvolle Impfung der Bevölkerung in 2021 setzt, wird die
Verlängerung der Gesetzesbestimmungen nicht bis zum 31.12.2021
beschränkt, sondern darüber hinaus um ein zusätzliches Jahr verlängert.
Hier drängt sich der Eindruck eines Geschenks an Investoren von
Projekten zu Lasten der Partizipation der Bevölkerung auf.
Hierzu passt, dass sich die Bundesregierung offensichtlich nicht für die
Erfahrungen interessiert, die die Verbände seit Beginn der Pandemie
gemacht haben. Vor der Verabschiedung des
Planungssicherstellungsgesetzes erfolgte die Verbändeanhörung lediglich
über ein Wochenende, so dass den meisten Organisationen die Möglichkeit
zur Stellungnahme genommen wurde. Bei der Verlängerung des Gesetzes ist
die Verbändeanhörung ganz entfallen. Anscheinend will die
Bundesregierung sich nicht mit Kritik auseinandersetzen.“
Der BBU fordert daher, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und grundlegend
zu überarbeiten. Sollte dies nicht erfolgen, ruft der BBU den Bundestag
auf, die Verlängerung des Gesetzes in der vorliegenden Form abzulehnen.