(Berlin, 23. November 2011)
Der Präsident des Bundeskartellamts hat am Dienstag angekündigt, dass die Berliner Wasserbetriebe eine Abmahnung wegen zu hoher Preise erhalten werden. Die Tarife seien um rund 25 Prozent zu hoch.
Vor diesem Hintergrund wirkt die rot-schwarze Koalitionsvereinbarung schon jetzt wie ein zahnloser Tiger. Die Parteien haben darin „Nachverhandlungen des Teilprivatisierungsvertrages Berliner Wasserbetriebe“ vereinbart. Ziel soll es sein, den „tatsächlichen Einfluss des Landes Berlin auf das Unternehmen“ zu stärken. Das Kartellamtsverfahren zeigt jedoch die Unentschlossenheit und Hilflosigkeit der neuen Koalition. Rainer Heinrich, Wirtschaftsexperte des Berliner Wassertischs, stellt hierzu fest: „Das Verfahren des Bundeskartellamts ist ein Armutszeugnis für die Berliner Politik. Die zaghaften Versuche des Senats, bei den privaten Konzernen um Einfluss auf das Wassermonopol zu bitten, lassen eher eine Fortführung der neoliberalen Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte erwarten.“
Die Verträge und besonders die verfassungswidrige Gewinngarantie hätten – wie vom Berliner Wassertisch gefordert – schon längst viel energischer bekämpft werden müssen. Es wäre die Aufgabe der Berliner Politik gewesen zu verhindern, dass der teilprivatisierte Monopolist den Berliner Bürgern über mehr als zehn Jahre hinweg überteuerte Preise berechnet. Dabei hat die Bundesbehörde nur die Trinkwasserpreise geprüft – bei den Abwasserpreisen sieht es noch viel schlimmer aus. Jetzt muss das Kartellamt die Berliner Bürger vor der Preispolitik von Senat und Wasserkonzernen schützen. Dazu Wolfgang Rebel, Sprecher des Berliner Wassertischs: „Der Senat hat entweder nie wirklichen Einfluss auf die Wasserbetriebe besessen, oder er hat ihn nie genutzt – beides ist ein gleichermaßen schlechtes Zeugnis für die Berliner Politik und besonders für Klaus Wowereit, der schon 1999 Mitglied der Steuerungskommission für die Teilprivatisierung der BWB war.“
Der Berliner Wassertisch hofft nun, dass der Impuls von außen die Berliner Abgeordneten dazu ermutigen wird, endlich alle Klagemöglichkeiten gegen das verfassungswidrige Vertragswerk zu nutzen. Der Arbeitskreis Unabhängiger Juristen hat hierzu zusammen mit der Verbraucherzentrale Berlin und dem Bund der Steuerzahler einen Leitfaden vorgestellt, mit dem Abgeordnete ein Organstreitverfahren mit dem Ziel der Rückabwicklung der Verträge anstrengen können (http://berliner-wassertisch.info/juristischer-leitfaden-nichtigkeit-berliner-wasservertraege/).
Die Forderungen des Wassertischs an die neue Koalition sind:
- Keine Nachverhandlungen, sondern Rückabwicklung der Verträge.
- Ausnutzung aller Klagemöglichkeiten gegen das verfassungswidrige Vertragswerk.
- Kein „Rückkauf“ der privaten Anteile, sondern eine Aufrechnung des ehemaligen Kaufpreises gegen den privaten Milliarden-Erlös aus der Gewinn-Garantie.
- Vollständige Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe.