NRW – „Experten“ fordern Privatisierung hoheitlicher Aufgaben

SPON
08.06.2015

Polizisten

Foto: Karl-Heinz Laube
pixelio.de

Expertenbericht in NRW: Polizei soll Aufgaben abgeben
Von Jörg Diehl

Ruhestörungen, Schutz von Synagogen und Moscheen, Blechschäden: Eine Expertenkommission in NRW empfiehlt, die Aufgaben der Polizei deutlich zu reduzieren. Doch die Fachleute rechnen auch mit Unmut in der Bevölkerung.

Laute Musik dröhnt aus der Nachbarwohnung und raubt den Schlaf. Die letzte Rettung der Nachtruhe verspricht jetzt ein Anruf bei der Polizei zu sein. Doch der geplagte Nordrhein-Westfale könnte in einem solchen Fall dort demnächst zu hören bekommen: „Dafür sind wir nicht mehr zuständig.“

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Der Berliner Wassertisch lehnt eine Privatisierung von hoheitlichen Aufgaben strikt ab. Hoheitliche Aufgaben müssen von verantwortungsvollen Institutionen durchgeführt werden. Es kann nicht sein, dass renditeorientierte Unternehmen diese Aufgabe übernehmen. Erstere sind dem Gemeinwohl verpflichtet, letztere per Aktiengesetz den Aktionären.

 

Bundestag: Sachverständige bewerten Fracking-Gesetzentwurf

Die umstrittene Erdgasfördermethode Fracking beschäftigt den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in einer dreistündigen öffentlichen Anhörung am Montag, 8. Juni 2015. Die Sitzung unter Vorsitz von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) beginnt um 13 Uhr im Sitzungssaal E 700 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin. Gegenstand ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie (18/4713). Die erste Lesung im Bundestag hat bereits am 7. Mai stattgefunden.

Die Anhörung wird ab 13 Uhr live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.

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Fracking weitgehend verbieten

Fracking soll unter bestimmten Voraussetzungen für Erprobungsmaßnahmen zu Forschungszwecken zulässig sein. Beim Fracking werden über Tiefbohrungen mittels hydraulischen Drucks künstliche Risse im Gestein erzeugt, durch die das in den Poren eingeschlossene Erdgas freigesetzt wird und gefördert werden kann. Um Risiken für das Grundwasser und die Trinkwasserversorgung, die mit dem Einsatz dieses Verfahrens verbunden sind, Rechnung zu tragen, will die Bundesregierung entsprechende Regelungen im Wasserhaushaltsgesetz treffen.

Der Schutz der Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers hätten absolute Priorität, stellt die Bundesregierung klar. Soweit die Risiken nicht zu verantworten seien oder derzeit nicht abschließend bewertet werden könnten, werde der Einsatz des Fracking-Verfahrens verboten. Das Regelungspaket solle die Entwicklung der Fracking-Technologie nicht generell verhindern, aber an die Erfüllung zwingender Anforderungen zur Vermeidung jeglicher schädlicher Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit binden, heißt es im Gesetzentwurf. So sollen Fracking-Maßnahmen, sofern oberhalb von 3.000 Metern Tiefe in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein sowie in Kohleflözgestein Erdgas aufgesucht oder gewonnen werden soll, verboten werden (sogenanntes „unkonventionelles Fracking“).

Gegenstand der Anhörung sind auch die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf und die Gegenäußrung der Bundesregierung darauf (18/4949). (vom/19.05.2015)

Zeit: Montag, 8. Juni 2015, 13 bis 16 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 700

Interessierte Besucher, die an der Sitzung teilnehmen möchten, können sich beim Sekretariat des Ausschusses (Telefon: 030/227-37245, Fax: 030/227-36250, E-Mail: umweltausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden. Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Otto Huter, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
  • Martin Weyand, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)
  • Prof. Dr. Rolf Emmermann, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech)
  • Sascha Müller-Kraenner, Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)
  • Ulrich Peterwitz, Verband kommunaler Unternehmen (VKU)
  • Oliver Kalusch, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e. V. (BBU)
  • Dr. Georg Buchholz, Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU)

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Hier noch der Brief von Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der Öffentlichen Wasserwirtschaft e.V., an die Abgeordneten des Bundestages.

Der Berliner Wassertisch spricht sich für ein komplettes Fracking-Verbot aus.

Berliner Wassertisch: Stoppt Fracking!

Update:

Öffentliche Anhörung am Montag, 8. Juni 2015, 13 bis 16 Uhr, zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie,BT-Drucksache 18/4713

Die Stellungnahmen sind nun abrufbar:

http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a16/Oeffentliche_Anhoerungen/oeffentliche_anhoerung_49_sitzung_fracking

Außerdem:

Experten fordern Änderungen im Bergrecht

Zahlreiche Sachverständige haben am Mittwoch, 10. Juni 2015, im Wirtschaftsausschuss unter Vorsitz von Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) Änderungen an der von der Bundesregierung geplanten Novellierung des Bundesbergrechts (18/4714) gefordert, die Teil eines Gesetzespaketes zur stärkeren Reglementierung der umstrittenen Erdgasfördermethode Fracking ist.

Unter anderem soll die Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen, also künstlich geschaffene unterirdische Hohlräumen zur Speicherung von Erdöl oder Erdgas, ausgeweitet werden. Die Beweislast im Hinblick auf mögliche Bergschäden, die von Tiefbohrungen wie Fracking-Maßnahmen stammen können, soll damit in Zukunft den Unternehmen auferlegt werden.

Rechtsanwalt fordert Ausweitung der Bergschadenshaftung

In der zweistündigen öffentlichen Anhörung des Ausschusses zum Thema begrüßte der Rechtsanwalt Dirk Teßmer zwar grundsätzlich die Ausweitung der Bergschadenshaftung, da sie Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast erleichtere. Allerdings gelte sie in der derzeitigen Fassung nur für Schäden infolge von unterirdischem Bergbau. Dabei hätten gerade auch in deutschen Braunkohlerevieren viele Grundstückeigentümer erhebliche Probleme, insbesondere durch die Absenkung beziehungsweise den Wiederanstieg von Grundwasser entstandene Schäden an Gebäuden und Grundstücken erstattet zu bekommen.

Teßmer forderte daher, die Bergschadenshaftung auch auf bergbauliche Tätigkeiten im Tagebau zu erstrecken. Seiner Ansicht nach berücksichtigt das Bundesbergrecht zudem weiterhin zu wenig private und öffentliche Belange, die mit dem Abbau von Bodenschätzen in Konflikt stehen könnten. Um mehr Rechtssicherheit zu schaffen, müssten die Genehmigungsvoraussetzungen für bergbauliche Vorhaben daher vom Gesetzgeber konkretisiert werden, forderte der Anwalt.

Experte äußert Sorge um induzierte Seismizität

Auch Andreas Sikorski vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen (LBEG) empfahl, die Bergschadenshaftung auf weitere Tätigkeiten, etwa den übertägigen Braunkohletagebau oder Porenspeicher, auszuweiten. Die bisher im Bundesbergesetz aufgelisteten Fälle von Bergschäden, wie Senkungen, Pressungen oder Erdrisse sollten zudem, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, um Erderschütterungen ergänzt werden, schließlich habe gerade Niedersachsen stark mit dem Problem induzierter Seismizität, also von menschlichen Aktivitäten verursachten Erdbeben, zu tun.

„Das nehmen wir mit großer Sorge wahr“, erklärte Sikorski. Als gutes Instrument, um die Position der Betroffenen zu stärken, hätten sich die von der niedersächsischen Landesregierung eingerichteten Schlichtungsstellen erwiesen. Deren Einrichtung bezeichnete auch Rechtsanwalt Teßmer als sinnvoll.

Warnender Hinweis zur Umkehr der Beweislast

Hans-Ulrich von Mäßenhausen, ebenfalls Rechtsanwalt, betonte, die Bergschadenshaftung gelte für Schäden, die tatsächlich „bergbautypisch“ seien, beispielsweise Risse in der Hauswand. Dem Geschädigten würde in diesem Fall die Beweislast für die Verursachung des Schadens abgenommen. Künftig müsse das Bergbauunternehmen nachweisen, dass es den Schaden nicht verursacht hat.

In seiner schriftlichen Stellungnahme warnte von Mäßenhausen aber davor, die Umkehr der Beweislast so auszugestalten, „dass alle nicht ganz entfernt liegenden Schäden zuerst dem Bergunternehmer angelastet werden“. Schließlich könnten Auswirkungen auf die Erdoberfläche ihre Ursachen auch in geologischen Ereignissen, wie Erdrutschen oder Grundwasserspiegelschwankungen aufgrund von Regenfällen haben.

Aktionsbündnis bezeichnet Entwurf als „zahnlosen Tiger“

Thorben Gruhl vom Aktionsbündnis No Moor Fracking kritisierte, dass die Bergschadenshaftung nicht für Gebäudeschäden infolge von Erdstößen gelten solle, die infolge der Entnahme von Erdgas, der Anwendung von Fracking oder des Verpressens von Lagerstättenwasser in die Erde entstehen könnten. Zudem erweise sich die Beweislastumkehr im Gesetzentwurf als „zahnloser Tiger“: „Es genügt bereits die bloße Möglichkeit, dass auch ein Dritter den Schaden verursacht haben kann, und schon stehen die Betroffenen wieder auf der Straße“, warnte Gruhl.

Das Vorhaben der Bundesregierung eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für Fracking-Vorhaben einzuführen, wertete er ebenfalls als „reines Placebo“. So fehle es im Hinblick auf Fracking an jeglichen fachrechtlichen Prüfkriterien. Gruhl stufte die volkswirtschaftliche Bedeutung heimischer Erdgasförderung mittels Fracking zudem als gering ein. Derzeit würde nur 0,8 Prozent des Energiebedarfs aus deutschem Fracking gedeckt. Würde künftig Schiefergas gefördert, wären es nicht mehr als zwei bis drei Prozent. „Das wird uns keine energiepolitische Unabhängigkeit sichern“, betonte Gruhl.

Industrie verweist auf die Versorgungssicherheit

Dem widersprachen Burkhard Grundmeier vom Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) und Franz-Gerd Hörnschemeyer von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Hörnschemeyer verwies darauf, dass die konventionellen Erdgas-Lagerstätten noch etwa zehn bis 15 Jahre reichen würden. Für die langfristige Zukunftsfähigkeit der Branche sei es daher überaus wichtig, die Schiefergas-Lagerstätten zu erkunden. Ihr Beitrag zur Energieversorgungsicherheit sei „außerordentlich hoch“, heimisches Erdgas stelle somit ein wichtiges Korrektiv gegenüber Importen dar.

Grundmeier legte das Augenmerk auch auf die 20.000 direkt und indirekt in der Erdgasproduktion Beschäftigen in Deutschland. Zudem decke die deutsche Produktion derzeit zwölf Prozent des deutschen Erdgasbedarfs. „Jeder Kubikmeter Erdgas, den wir in Deutschland fördern, müssen wir nicht importieren.“ Die fehlende Planungssicherheit der vergangenen Jahre habe bereits Arbeitsplätze gekostet und Investitionen verhindert, erklärte Grundmeier. „Dieser Zustand ist nicht akzeptabel.“

Schlichtungsstellen auf Länderebene

In seiner schriftlichen Stellungnahme kritisierte Grundmeier außerdem die geplanten Regelungen zur Bergschadensvermutung. „Es bestehen weder Unklarheiten in der Rechtsanwendung noch ist der Rechtsschutz Geschädigter unzureichend“, heißt es darin. Zudem sei die Erdgasgewinnung insbesondere im Vergleich mit dem untertägigen Steinkohlebergbau „weder typisch schadenverursachend noch wohnt ihr die Besonderheit der erschwerten Beweisführung im Falle unterirdisch verursachter Kausalketten inne“.

Er schlägt daher vor, die Durchsetzung möglicher Ansprüche des Bürgers gegen Erdgasproduzenten durch die Schaffung von Schlichtungsstellen auf Länderebene „erheblich zu vereinfachen“.

Wissenschaftler ruft zur Beruhigung in der Debatte auf

Der Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Prof. Dr. Hans-Joachim Kümpel, betonte, beim Einsatz der Fracking-Technologie, die in Deutschland bereits seit fünf Jahrzehnten zum Aufschließen von dichtem Sandstein angewendet werde, sei es bisher zu keinem Schadensfall gekommen. „Die Geowissenschaft reibt sich die Augen über die Diskussion in Deutschland“, erklärte er und rief zugleich zu einer „gewissen Beruhigung in der Debatte“ auf.

So sei die in den Gesetzentwürfen der Bundesregierung getroffene Regelung, Fracking nur ab einer Tiefe von mindestens 3.000 Metern zu erlauben und damit mit möglichst großem Abstand zum Trinkwasser, aus geowissenschaftlicher Sicht „nicht sinnvoll“. Entscheidend für den Schutz des Grundwassers sei nicht die Tiefe, in der gefrackt werde, sondern die geologische Beschaffenheit des Untergrundes. Geologische Barrieren verhinderten in vielen Regionen, dass Frac-Fluide oder Lagerstättenwasser eindringen könnten, versicherte Kümpel. Voraussetzung für die sichere Anwendung von Fracking sei daher eine Tiefenerkundung, bevor mit der Bohrung begonnen werde. (joh/10.06.2015)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Andreas Sikorski, Präsident des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen (LBEG)
  • Burkhard Grundmeier, Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG)
  • Hans-Ulrich von Mäßenhausen, Rechtsanwalt
  • Prof. Dr. Hans-Joachim Kümpel, Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
  • Franz-Gerd Hörnschemeyer, Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)
  • Thorben Gruhl, Aktionsbündnis No Moor Fracking
  • Dirk Teßmer, Rechtsanwälte Philipp-Gerlach & Teßmer
  • N.N., Deutscher Städtetag

Europäische Bürgerinitiative StopTTIP-StopCETA erreicht 2 Millionen Unterschriften

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Pressemitteilung vom Kampagnenteam:

8. Juni 2015

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir haben es geschafft: 2 Millionen Menschen haben sich unserer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIP (das US-EU-Abkommen) und CETA (EU-Canada Abkommen) angeschlossen. Das ist ein neuer Rekord: Noch nie haben so viele Menschen eine EBI unterschrieben. Wir haben allen Grund uns zu freuen, doch es gilt weiterzumachen, denn die heiße Phase der Auseinandersetzung um die Abkommen steht uns noch bevor. Deshalb: Bitte sammeln Sie weiter. Bis zum 6. Oktober haben Sie Zeit. Sehen Sie sich unser brandneues Mobilisierungsvideo an und teilen Sie es. Wir freuen uns auch über eine Spende, um die Arbeit der nächsten Monate zu finanzieren.

Wie beim letzten Mal berichtet, steht diesen Mittwoch eine wichtige Abstimmung in Straßburg an. Das Europäische Parlament (EP) entscheidet über eine Resolution (d.h. eine Art Meinungsäußerung) zum TTIP. Doch es besteht die Gefahr, dass diese nicht kritisch genug ausfällt, denn dem Entwurf zufolge wird TTIP grundsätzlich begrüßt. Was noch offen ist: Wird das Parlament fordern, dass die von allen Seiten kritisierten Investorenklagerechte aus TTIP rausgehalten werden müssen? Das wäre ein wichtiges Signal!

Noch ist es aber nicht zu spät, denn viele Abgeordnete haben sich noch nicht entschieden, wie sie abstimmen werden. Bitte nutzen Sie das Online-Tool des Umweltinstitut Münchens und/oder den TTIPcheck des BUNDs/Global 2000, um Ihre Europa-Abgeordneten aus Deutschland und Österreich direkt zu kontaktieren. Fordern Sie von ihnen ein, ISDS eine klare Absage zu erteilen oder die Resolution ganz abzulehnen, wenn darin kein eindeutiges Nein zu ISDS enthalten ist. Keine Resolution ist besser als eine schlechte Resolution!

Herzliche Grüße,

Ihr Stop TTIP-Kampagnenteam
(Michael Efler, Stephanie Roth und Cornelia Reetz)

Gutachter hält Fracking-Gesetz für verfassungswidrig

Lausitzer Rundschau
05.06.2015

Berlin. (dpa) Eine Expertenkommission soll Anträge auf Gas-Fracking-Projekte in Deutschland bewerten. So sieht es der Entwurf der Bundesregierung vor – ist das eine verfassungswidrige Verlagerung von Kompetenzen?

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Berliner Wassertisch: Stoppt Fracking!

Das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Volker Boehme-Neßler, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg: Verfassungsrechtliche Überlegungen zum Entscheidungsdesign im Fracking-Regelungspaket. (pdf)

Keine privaten Schiedsgerichte oder gar keine Schiedsgerichte im TTIP?

taz.de
06.06.2015

Bernd Lange

Foto: Foto-AG Gymnasium Melle – CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons

DER LOBBYIST DER WOCHE
Der TTIP-Versteher

Die Betonung liegt auf: privat. Auf dieses Wörtchen starren die Sozialdemokraten im EU-Parlament gerade wie Männer auf Ziegen. Fällt privat weg, dann haben sie ihn, ihren Erfolg. Zumindest aus Sicht von Bernd Lange (Foto)
von Ingo Arzt

Lange, 59, sitzt für die SPD im Europaparlament und steht – zumindest in Brüssel – auf einmal im Mittelpunkt des Kampfs um TTIP: jenes transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU also, das frühestens Ende 2016 fertig verhandelt sein wird. Dessen Ausgestaltung entscheidet darüber, wie viel mächtiger künftig transnationale Konzerne werden, wenn sie schrankenlos zwischen den beiden größten Wirtschaftsblöcken der Welt in Konkurrenz treten.

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das hier passt auch noch zum Thema

 

Hamburg Wasser warnt vor TTIP

NDR.de
04.06.2015

WasserglasHamburg Wasser warnt vor TTIP

Das städtische Versorgungsunternehmen Hamburg Wasser bangt wegen des geplanten Freihandelsabkommens TTIP um die Trinkwasserqualität für seine rund zwei Millionen Kunden.

„Die Wasserversorgung muss absoluten Vorrang haben“, sagte Geschäftsführer Michael Beckereit am Donnerstag. Umweltstandards dürften nicht aufgeweicht werden. Beim geplanten Freihandelsabkommen mit den USA befürchtet der Versorger beim Einsatz von Pestiziden im Obstanbau eine Angleichung von Grenzwerten zum Nachteil Europas.

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Was die AöW zum Frackinggesetz sagt

Brief vom 4. Juni 2014 an die Bundestagsfraktionen sowie die Mitglieder des Umweltausschusses im BundestagAöW e.V.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und natur­schutz­recht­licher Vorschriften zur Untersagung und zur Ri­si­ko­minimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Abgeordneter,

die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. begrüßt als Interessenvertreterin der Betriebe, Unternehmen und Verbände aus der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und des Gewässermanagements, die in öffentlicher Hand sind, dass nach der Zielsetzung der Gesetzentwürfe die allgemeinen Grundsätze für die Gewässerbewirtschaftung für bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten, insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung erhalten werden sollen.

Wir begrüßen auch, dass in dem nun von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf einige Forderungen von uns und anderen wasserwirtschaftlichen Verbänden berücksichtigt wurden. Um dem Vorsorgeprinzip und dem wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz wirksam gerecht zu werden, halten wir die Regelungen jedoch noch nicht für ausreichend. Denn nach diesem Prinzip sind Maßnahmen zu unterlassen, die potenziell Schäden hervorrufen können, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts niedrig oder das Risikopotenzial noch unbekannt ist.

Sofern das Vorsorgeprinzip nicht ausreichend Berücksichtigung findet, entsteht ein Zielkonflikt zwischen den im Gesetzentwurf vorgesehen Regelungen und der Wasserrahmenrichtlinie sowie der diese ergänzenden Tochterrichtlinien. Nach der Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) und den in § 6 WHG festgelegten Zielen der Gewässerbewirtschaftung ist das Verschlechterungsverbot für den Gewässerzustand einzuhalten. Außerdem soll in den Bewirtschaftungszyklen für die Gewässer durch Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme in den EU-Mitgliedsstaaten ein guter Zustand aller Gewässer erreicht werden und ein langfristiger Schutz der vorhandenen Ressourcen erfolgen.

Die für uns wesentlichsten Forderungen sind weiterhin:
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Zu § 13 a Abs. 1 Geschützte Gebiete

  • Der Ausschluss von Fracking muss für die gesamten Einzugsgebiete zu den geschützten Gebieten nach Satz 1 Nr. 2 a bis e gelten, damit insbesondere Gewässerbelastungen durch waagerechte Bohrungen und geologische Verwerfungen ausgeschlossen werden können. Somit muss eine ausreichende Schutzzone vorhanden sein, mit der sichergestellt werden kann, dass nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen sind. Dieser wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz sollte mit an dieser Stelle ausdrücklich im Gesetzestext verankert werden.
  • Für die nicht geschützten Gebiete müssen beim Auftreten von Gewässerschäden auch vorläufige Anordnungen und behördliche Verbote nach § 52 WHG zum Schutz dieser Gewässer vor Fracking-Maßnahmen wie in Wasserschutzgebieten getroffen werden können.
  • Für künftige Nutzungskonflikte, wenn die Wassernutzung im Interesse der Allgemeinheit ausgeweitet werden müsste, muss der Wasserversorgung ein Vorrang eingeräumt werden. Dies gilt insbesondere für Vorbehaltsgebiete nach § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 ROG und für Vorranggebiete der Trinkwasserversorgung.

Zu § 13 a Abs. 2 Erprobungsmaßnahmen

  • Auch für Erprobungsmaßnahmen muss umfassend sichergestellt werden, dass keine wasser-, umwelt- und gesundheitsgefährdenden Stoffe entstehen und freigesetzt werden.
  • Erprobungsmaßnahmen nur von staatlichen Stellen. Wenn dies nicht so geregelt wird, muss ausdrücklich geregelt werden, dass durch Erprobungsmaßnahmen kein Vertrauensschutz für die Vorhabenträger im Hinblick auf die kommerzielle Nutzung entsteht.
  • Das Ausmaß, der Umfang, die Finanzierung der Maßnahmen und die Haftung durch die Vorhabenträger bei Erprobungsmaßnahmen müssen vorab festgelegt werden. Es dürfen keine zusätzlichen Kosten für die Wasserwirtschaft durch dafür notwendig werdende Vorsorgemaßnahmen entstehen.

Zu § 13 a Abs. 4 Nr. 1 und 2 Erteilung einer Erlaubnis

  • Nach dem Besorgnisgrundsatz müssen nachteilige Veränderungen der
    Wasserbeschaffenheit sowohl bei den Erprobungsmaßnahmen als auch in den übrigen Fällen ausgeschlossen werden. Deshalb sollten die Punkte 1. und 2. (Entwurf) in einem Satz zusammengefasst werden und die Worte „schwach wassergefährdend eingestuft“ gestrichen werden.
  • In einem neuen Satz 2 ist zu regeln, dass eine Erlaubnis nur erteilt werden darf, wenn die in § 9 Absatz 2 Nr. 3 und 4 WHG genannten Maßnahmen für alle Gewässer nicht zu einer Verschlechterung des Gewässerzustandes führen.
    Begründung: Es muss ausgeschlossen werden, dass die zuständigen Behörden und alle an der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie Beteiligten in einen Zielkonflikt geraten. Durch die Auswirkungen von Frackingmaßnahmen darf nicht die Situation eintreten, dass die Verwirklichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie, sowohl eine Verschlechterung des Zustandes der Gewässer zu vermeiden und spätestens bis 2027 eine guten Zustand aller Gewässer zu erreichen, unterlaufen werden.
  • Sofern nach den Erkenntnissen aus den Erprobungsmaßnahmen schädliche Auswirkungen der Fracking-Technologie erkennbar sind, müssen Erlaubnisse in den übrigen Fällen zurückgenommen werden können.

Zu § 13 a Abs. 5 (in Verbindung mit § 22c ABBergV) Umgang mit Rückfluss und Lagerstättenwasser
Wir begrüßen, dass die untertägige Einbringung von Lagerstättenwasser nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein soll und nicht unter Tage eingebrachtes Lagerstättenwasser als Abfall zu entsorgen oder als Abwasser zu beseitigen ist.

  • Wir kritisieren jedoch, dass Lagerstättenwasser, auch nach Aufbereitung, noch 0,1 Prozent wassergefährdende Stoffe enthalten darf. Auch wenn nach den vorgesehenen Regelungen der Eindruck entsteht, dass damit einer Gefährdung der Wasserressourcen und der Trinkwassergewinnung vorgebeugt würde, sehen wir darin keinen weitergehenden Schutz.

Zu § 13 a Abs. 6 Expertenkommission

  • Dieser Absatz sollte gestrichen werden. Eine Expertenkommission ist nicht einzusetzen.
    Eine solche Empfehlung der Expertenkommission wird das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis beeinflussen. Das ist im verwaltungsrechtlichen Sinne problematisch. Der Gesetzgeber verschiebt mit diesen Verfahren seine Verantwortung.
    Expertenkommissionen sind in der Vorbereitung von Gesetzen hingegen sinnvoll. Die Entscheidung über die Zulassung von Fracking muss jedoch der Gesetzgeber selbst treffen und mit gesetzlichen Regelungen die zuständigen Behörden in die Lage versetzen, Entscheidungen in der Anwendung der Gesetze zu treffen.
    Sollte auf die Einsetzung einer Expertenkommission nicht verzichtet werden, fordern wir als Voraussetzung für eine Empfehlung die Einstimmigkeit.

Weitere Regelungen:

  • Weiterhin fordern wir für derzeit bereits begonnene Fracking-Vorhaben völlige
    Transparenz und eine unverzügliche Nachholung der Beteiligung der Wasserbehörden, der Wasserversorger und der Kommunen.
  • Die AöW fordert eine Pflicht zur Nachholung einer UVP für bereits erteilte Zulassungen.
  • Wir kritisieren die neu vorgesehene Regelung in Satz 2 des § 104a WHG, nach der eine Ausnahme für die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser durch Rechtsverordnung in Wasserschutzgebieten III möglich wird. Wir lehnen dies ab.

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Wir hoffen, dass Sie unsere Forderungen im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen berücksichtigen.

Christa Hecht, Geschäftsführerin Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.
Reinhardtstr. 18a, 10117 Berlin
Tel.: +49 30 39 74 36 06
Fax: +49 30 39 74 36 83

Zum Brief

Privatisierung der Wasserversorgung durch TTIP/CETA/TiSA. Christa Hecht (AöW) schreibt den Abgeordneten des EU-Parlaments

Brief vom 4. Juni 2014AöW e.V.

AöW zu den INTA-Empfehlungen über einen EP-Bericht zu den TTIP-Verhandlungen [A8-0175/2015 v. 01.06.2015] :

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

aus dem Verfahrensgang für das Europäische Parlament können wir ersehen, dass Sie sich mit den o.g. Empfehlungen über die laufenden TTIP-Verhandlungen befassen und am 10. Juni 2015 im Plenum über einen EP-Bericht (sogenannte „Resolution“) abstimmen werden. Als Interessenvertretung der sich in öffentlicher Hand befindlichen Betriebe, Unternehmen und Verbände der Wasserwirtschaft wenden wir uns an Sie. Wir möchten Ihnen hierzu kurze Hinweise geben und bitten um Unterstützung der Belange der Wasserwirtschaft als Hüterin des besonderen Gutes Wasser, das gerade keine Handelsware ist.

Im Einzelnen zum konsolidierten INTA-Berichtsentwurf vom 01.06.2015 [Dok-Nr. A8-0175/2015] :
[expand title=“weiterlesen …“ swaptitle=“ “ trigclass=“arrowright“ alt=“zur Fortsetzung des Briefs“]
Hybridlisten-Ansatz [Punkt 1.(b).(v)]
In den Empfehlungen zum Marktzugang für Dienstleistungen erachten wir den Hybridlisten-Ansatz nach wie vor für nicht ausreichend zur Absicherung des Gemeinwohls. Erforderlich ist nach unserer Ansicht eine ausdrückliche Ablehnung des Negativlisten-Ansatzes und die Forderung nach einem Positivlisten-Ansatz sowohl für den Marktzugang als auch für die Inländerbehandlung.
Wir befürchten mit einer Negativliste für die Inländerbehandlung als Auswirkung eine Verstärkung von Privatisierung und Liberalisierung im Wassersektor. Dies gilt selbst dann, wenn einige Mitgliedstaaten bestimmte Bereiche der Wasserwirtschaft aus den Verpflichtungen zur Inländerbehandlung ausdrücklich herausnehmen. Solange nicht alle Mitgliedstaaten diesen Vorbehalt haben, kann bei einer solchen Negativliste über die Regelungen im Freihandelsabkommen durch die Hintertür Liberalisierung- und Privatisierung erwirkt werden und eine solche Ausnahme in einzelnen Mitgliedstaaten ausgehebelt werden.

Stillstands- und Ratchet-Klauseln [Punkt 1.(b).(v)]
Zu den Stillstands- und Ratchet-Klauseln weisen wir darauf hin, dass diese nicht nur den Entscheidungsspielraum von Kommunen für Rekommunalisierungen einschränken, sondern solche Entscheidungen von vornherein möglicherweise ausschließen. Dies gilt selbst dann, wenn wie in dem Berichtsentwurf die Stillstands- und Ratchet-Klauseln auf die Nichtdiskriminierung beschränkt sind. Mit diesen Klauseln können insbesondere zukünftige restriktive Privatisierungsbedingungen verhindert werden. Auch die kommunale Entscheidung, eine Privatisierung rückgängig zu machen und zu rekommunalisieren, könnte als Diskriminierung ausgelegt werden. Wir weisen in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch auf die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips hin.
Daneben schränken die Stillstands- und Ratchet-Klauseln die zukünftige Entwicklung kommunaler Daseinsvorsorge sowie die kommunale Organisations- und Gestaltungsfreiheit ein. Dem steht u.a. aber Artikel 345 AEUV, wonach die Eigentumsordnungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt gelassen werden, entgegen.

Gemeinsame Erklärung der Verhandlungsführer [Punkt 1.(b).(vii)]
Die gemeinsame Erklärung der Verhandlungsführer vom 20.03.2015 zu öffentlichen Dienstleistungen zerstreut unsere Bedenken gerade nicht, dass öffentliche Dienste von den Freihandelsabkommen betroffen sein könnten und damit eine Kommerzialisierung öffentlicher Aufgaben eintreten könnte bei der das Gemeinwohl in den Hintergrund rückt.
Insoweit sollte in dem Bericht des EP ausdrücklich und deutlich ein wirksamer Ausschluss der „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ und „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ aus dem TTIP gefordert werden. Auch sollte in der Empfehlung formuliert werden, dass dabei die Mitgliedstaaten und die Kommunen einen weiten Spielraum haben, der nicht lediglich in „Ausnahmeregelungen“ für öffentliche Dienstleistungen besteht, sondern durch primäre Absicherung öffentlicher Verantwortung für solche (kommunalen) Angelegenheiten im Interesse der Bürger.

Staatliche Unternehmen [Punkt 1.(b).(xv)]
Wir erachten die Formulierung „to ensure that private companies can compete fairly with state-owned or state-controlled companies;“ zu staatlichen und staatlich kontrollierten Unternehmen in Punkt 1.(b).(xv) äußerst kritisch. Sie bedeutet, dass private Unternehmen uneingeschränkt mit staatlichen Unternehmen in Wettbewerb treten können sollen. Für Bereiche, in denen ein Wettbewerb aber der Aufgabenerbringung mehr schaden als nutzen kann. Für den Bereich der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ finden sich in dieser Empfehlung keine Ausnahmen, obwohl gerade solche in Art. 106 Abs. 2 AEUV für „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ festgelegt sind. Ohne den Bezug auf Art. 106 Abs. 2 AEUV bedeutet dies für solche Dienstleistungen die Liberalisierung und damit die Öffnung für den Wettbewerb. Davon wäre sogar die Wasserversorgung betroffen.
Mit dieser Formulierung wird der gesamteuropäische Konsens, wie er sich im Vertrag von Lissabon und in den AEUV findet, dass die Aufgaben der Daseinsvorsorge eine besondere vom Wettbewerb auszunehmende Bedeutung für das Gemeinwohl und für wirtschaftliche Stabilität haben, unterlaufen. Auch die Beteuerungen der EU-Verhandlungsführer, dass es in den Freihandelsabkommen gerade nicht um Privatisierung und Liberalisierung öffentlicher Aufgaben gehe, werden dadurch in Frage gestellt. Damit wird ein Einfallstor für den Privatsektor in den Bereich der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ erschaffen. Das bestätigt unsere Befürchtungen über die Auswirkungen der Freihandelsabkommen.

Bei Ihrer Resolution sollte aber berücksichtigt werden, dass in der ersten erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative „right2water“ rund 1,9 Mio. EU-Bürger und über 1,3 Mio. aus Deutschland den Appell „Wasser ist ein Öffentliches Gut und keine Handelsware“ unterstützt haben und unter anderem gefordert haben: „Die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen darf nicht den Binnenmarktregeln unterworfen werden. Die Wasserwirtschaft ist von der Liberalisierungsagenda auszuschließen.“

Verhandlungen zu den Beschaffungsmärkten [Punkt 1.(b).(xxi)]
Die Verhandlungen zu den Beschaffungsmärkten sehen wir kritisch. Eine Übereinstimmung („compliance“) mit den neuen EU-Vergaberichtlinien, wie im Berichtsentwurf formuliert, erachten wir für nicht ausreichend. Wir befürchten vielmehr weitreichende Sonder-Vergaberegeln für Investoren aus den USA, die einerseits neue Konstruktionen im Bereich PPP (Public Private Partnerschaft) ermöglichen, zum anderen aber die Formen der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit oder vergaberechtsfreien Inhouse-Geschäfte (bzw. Formen der Interkommunalen Zusammenarbeit) erschweren. Wir bitten zu den Regeln zum Vergaberecht, einschließlich der über Konzessionen, ausdrücklich zu fordern, nicht über das bestehende EU-Vergaberechtsregime hinauszugehen und deren einzelstaatliche Umsetzung ausdrücklich anzuerkennen.

„Regulatorische Zusammenarbeit“ [Punkt 1.(c).]
Große Bedenken haben wir auch bezüglich des geplanten Verfahrens einer „Regulatorischen Zusammenarbeit“. Wir befürchten, dass damit kommerzielle Interessen und die Kosten von Regulierungen in den Vordergrund rücken, Gesichtspunkte wie Gemeinwohl, Gesundheits- und Umweltschutz jedoch dabei in den Hintergrund geraten. Dadurch können sich negative Auswirkungen für die Umwelt, den Gewässerschutz und letztlich auch für die Wasserversorgung ergeben.

Exploration und Nutzung von Energiequellen [Punkt 1.(d).(viii)]
Hinsichtlich der Exploration und Nutzung von Energiequellen begrüßen wir die Forderung, wonach jeder Partner die Exploration und Nutzung von Energiequellen selbst regeln kann. Wir weisen dabei ausdrücklich auch darauf hin, dass dies das Recht beinhalten sollte, für bestehende Erlaubnisse oder Genehmigungen zusätzliche Anforderungen zu regeln, wie z.B. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) oder die Nachholung einer wasserrechtlichen Erlaubnis.

Investitionsschutz und ISDS-Mechanismus [Punkt 1.(d).(xiii bis xv)]
Zum Investitionsschutz und ISDS-Mechanismus möchten wir zusätzlich darauf hinweisen, dass auch Entscheidungen von rein öffentlichen Unternehmen in kommunaler Hand Gegenstand von ISDS-Verfahren sein können. Im Übrigen verweisen wir auf unsere Stellungnahme zur Konsultation zu den Modalitäten des Investitionsschutzes und der Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) im Rahmen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Insbesondere im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie und das Subsidiaritätsprinzip lehnen wir Sonderrechte und ISDS-Verfahren in diesem Bereich entschieden ab.

Unsere Hinweise gelten entsprechend auch für CETA, TISA und alle weiteren Abkommen.
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Zusammenfassend möchten wir bemerken, dass das EU-Parlament mit dieser sogenannten Resolution hinter den bisherigen Diskussionen und Erwartungen weit zurück bleibt.

Christa Hecht, Geschäftsführerin Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.
Reinhardtstr. 18a, 10117 Berlin
Tel.: +49 30 39 74 36 06
Fax: +49 30 39 74 36 83

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TTIP-Abstimmung im EU-Parlament steht auf der Kippe

euractiv.de
04.06.2015

EU_Plenarsaal

Plenarsaal des Europaparlaments

Die Abstimmung im Europaparlament zum Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) in der kommenden Woche steht in Frage: Die Sozialdemokraten (S&D) wollen von einer Absprache über das Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (ISDS) mit der Europäischen Volkspartei (EVP) nichts mehr wissen. EurActiv Brüssel berichtet.

Bei einem Treffen am Mittwoch bekräftigte die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament (S&D) ihre ursprüngliche Position zum Schlichtungsverfahren im Freihandelsabkommen vom März. Diese sieht vor, keine Schlichtungsklausel in das Abkommen aufzunehmen.

Zum Artikel

 

Wikileaks veröffentlicht neue geheime Dokumente von TiSA: dem noch schlimmeren Bruder von TTIP und TPP

ars technica UK
03.06.2015

WikiLeaks releases secret TISA docs: The more evil sibling of TTIP and TPP

The new agreement that would hamstring governments and citizens even further.
by Glyn Moody

zum englischsprachigen Artikel hier

Teil-Übersetzung des Artikels durch Wassertisch:
A cartoon by WikiLeaksWikileaks veröffentlicht neue geheime Dokumente von TiSA: dem noch schlimmeren Bruder von TTIP und TPP

Das neue Abkommen würde Regierungen und Bürger*innen noch weit mehr handlungsunfähig machen.
von Glyn Moody

WikiLeaks hat 17 geheime Dokumente von den TISA-Verhandlungen (Trade In Services Agreement) veröffentlicht, die seit 2013 weitgehend unbeachtet hinter verschlossenen Türen stattfinden. Die Haupt-Teilnehmer sind die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und 23 andere Länder, darunter die Türkei, Mexico, Canada, Australien, Pakistan, Taiwan und Israel, die zusammen zwei Drittel der globalen Wirtschaftsleistung (GDP) umfassen. […]

Auf der dem TISA-Abkommen von der EU-Kommission gewidmeten Seite heißt es: „Mit TiSA sollen Märkte geöffnet und die Regelungen in Bereichen wie Lizensierung, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, elektronischer Handel, Seeverkehr und grenzüberschreitende Arbeitnehmermobilität im Dienstleistungssektor verbessert werden.“

[expand title=“ weiterlesen …“ swaptitle=“ “ trigclass=“arrowright“ alt=“weiterer Text der Übersetzung“]TISAs Schwerpunkt auf Dienstleistungen ergänzt die beiden anderen globalen Handelsabkommen, die ebenfalls gegenwärtig geheim verhandelt werden: die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) und das gleichartige Abkommen für die Pazifik-Region, die Trans-Pacific Partnership (TPP), bei denen es um Güter und Investitionen geht. Wie bei TTIP und TPP ist eines der zentralen Ziele von TISA, Hemmnisse im Handel mit Dienstleistungen zu beseitigen und über die teilnehmenden Länder eine regulatorische Sperre zu verhängen. Im Fall von TISA soll diese Sperre sicherstellen, dass Dienstleistungen dereguliert werden und für private Unternehmen überall in der Welt geöffnet werden können – und, sobald diese Dienstleistungen einmal privatisiert wurden, sie nicht mehr rekommunalisiert werden können.

Die 17 heute veröffentlichten Dokumente beinhalten Entwürfe und Anhänge, die sich auf Gegenstände beziehen wie Luftverkehr, Seetransporte, Planungsleistungen, E-Commerce, logistische Dienstleistungen, Transparenz und inländische Regulation. Außerdem gibt es einige Dokumente zur Position der verhandelnden Parteien. Der Anhang zum Thema e-commerce ist wahrscheinlich für Ars Technica – Leser bsonders interessant, da er – sofern er angenommen würde – eine große Wirkung auf einige sehr sensible Bereiche im digitalen Gefilde haben würde.

Du sollst nicht …
So ist z.B. die Frage der Datenströme – besonders der Strom der persönlichen Daten von europäischen Bürgern in die Vereinigten Staaten – der Kern der Verhandlungen über die von der EU vorgeschlagenen Datenspeicherungsregeln, die Safe Harbour Vereinbarung und TTIP. Folgendes würde der Artikel 2.1 des TISA-e-commerce Anhangs für seine Unterzeichner zwangsweise einführen: „Keine der Parteien darf einen Service Anbieter einer anderen Verhandlungspartei davon abhalten, Informationen – einschließlich persönlicher Informationen – innerhalb oder außerhalb des Territoriums dieser Partei zu übermitteln [darauf zuzugreifen, zu verarbeiten oder zu speichern], wo solche Aktivitäten in Zusammenhang mit der Tätigkeit des Service Providers ausgeführt werden.“

Das würde in der Praxis bedeuten, dass der EU untersagt würde, von US-Firmen wie Google oder Facebook zu verlangen, persönliche Daten europäischer Bürger in Europa zu speichern – eine der Ideen, die gegenwärtig in Deutschland im Umlauf sind. Artikel 9.1 verbietet den Unterzeichner-Staaten noch grundsätzlicher, von Unternehmen zu verlangen, dass sie ihre Computer-Infrastruktur in einem bestimmten Territorium platzieren. […]
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US-TTIP-Dokumente für Abgeordnete weiterhin geheim

Deutsche Wirtschafts Nachrichten
30.05.2015

Aktionstag vor US-Botschaft

Aktionstag gegen TTIP & CETA vor der US-Botschaft – Foto: Uwe Hiksch


FREIHANDEL
Bundestags-Abgeordnete dürfen TTIP-Dokumente nicht lesen

In einem Leseraum der US-Botschaft in Berlin liegen seit einigen Tagen die amerikanischen Dokumente zum TTIP aus. Zutritt erhalten jedoch nur von der Bundesregierung autorisierte Personen. Ein Zugang für Abgeordnete des Bundestags sei „derzeit nicht vorgesehen“, teilt die US-Botschaft mit.

Seit einigen Tagen liegen in der amerikanischen Botschaft in Berlin die Dokumente zum geplanten EU-Freihandelsabkommen TTIP zur Einsicht auf. Doch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dürfen sich, die AFP berichtet, nicht darüber informieren, worüber sie am Ende im Namen der deutschen Bürger abstimmen müssen. Das gehe aus einem Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums an den Bundestags-Wirtschaftsausschuss hervor.

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TTIP und CETA bedrohen Kulturbetrieb

ZEIT ONLINE
30.05.2015

BuecherKulturschaffenden drohen Klagen vor Schiedsgerichten
Von Petra Pinzler

Jüngst gab die Bundesregierung noch Entwarnung – jetzt räumt sie ein: Dank Ceta und TTIP könnten künftig Verlage oder Museen vor Schiedsgerichte gezogen werden.

Drohen Orchestern, Museen und Verlagen künftig doch Klagen ausländischer Investoren? Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) kann auch Folgen für den Kultursektor in Deutschland haben, gibt die Bundesregierung erstmals zu. Der Ceta-Vertrag sieht die Einführung von privaten Schiedsgerichten vor – und die werden auch für ausländische Investitionen im Kulturbereich zuständig sein.

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TTIP ist schon Realität

Mythos: „TTIP und CETA werden keine Standards verwässern“
Tatsache: TTIP und CETA verwässern die Standards bereits!

Zeit-online
29.05.2015

FREIHANDEL
TTIP ist schon Realität
von Bas van Beek, Sophia Beunder und Jilles Mast

Buecher

Die EU-Unterhändler versichern: TTIP und Ceta werden keine europäische Standards verwässern. Dabei wurden Umwelt- und Nahrungssicherheitsregeln längst geschwächt.

Schmutzige Luft sind die Einwohner von Muskiz, einem Dorf in der Nähe der spanischen Stadt Bilbao, gewöhnt. Seit 30 Jahren gehen in regelmäßigen Abständen immer wieder Ascheflocken auf ihre Häuser nieder, ausgestoßen von den Schornsteinen der Petronor-Raffinerie, die zum multinationalen Konzern Repsol gehört.
Im vergangenen Sommer war es besonders schlimm. „Ganze Straßenzüge waren von einer dicken Schicht Asche bedeckt: Häuser, Straßen und Autos. Die Asche war überall“, sagt Martin Manxto aus Bilbao. Der Grund waren Frachter, die seit Anfang Juni 2014 Öl aus Teersanden in die Hafenstadt brachten. Der erste hatte Anfang Juni 2014 angelegt, mit 600.000 Barrel kanadischem Teersand-Öl an Bord. Die Raffinerie hatte sichtlich Probleme, diese besonders schwere Form des Rohöls zu verarbeiten.

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