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Warnung vor CETA! Kanadische Bergbauunternehmen verklagen Kolumbien wegen eines Bergbauverbots in einem Gebiet, das einen Großteil der Wasserversorgung abdeckt
Bilateral.org
23.4.2018
(Aus dem Englischen frei übersetzt durch den Berliner Wassertisch)
Auf der Basis des Kanada-Kolumbien-Abkommens verklagen drei kanadische Bergbauunternehmen das Land Kolumbien wegen eines Bergbauverbots vor dem internationalen Schiedsgericht.
Die Entscheidung Kolumbiens, Bergbauaktivitäten im Páramos, einem Gebiet von ökologisch sensiblen Feuchtgebieten, die etwa 70% der Wasserversorgung des Landes abdecken, zu verbieten, hat bisher zu drei Schiedsverfahren von drei verschiedenen Bergbauinvestoren geführt. Grundlage dafür ist das Freihandelsabkommen zwischen Kanada und Kolumbien.
Das kanadische Bergbauunternehmen Eco Oro hat nun seine ISDS-Schadensersatzklage gegen ein kolumbianisches Gericht wegen des Verbots eingereicht. Es fordert 764 Millionen Dollar Entschädigung. Finanziert wird die Klage von dem Hedgefond Amber Capital.
Im Anschluss reichten zwei weitere Bergbauunternehmen Klagen ein: Red Eagle und Galway Gold Inc. Nach der Entscheidung der kolumbianischen Regierung, alle Bergbauaktivitäten in der Region zu verbieten, musste Galway Gold die „Reina de Oro-Operation“ einstellen. Red Eagle betreibt in der gleichen Region Bergbau.
Sowohl Galway Gold als auch Red Eagle haben am 18. April beim internationalen Schiedsgerichtshof in Washington (ICSID) ihre Klagen eingereicht. Beide werden durch die Anwaltskanzlei Clifford Chance in Washington vertreten.
Originalartikel hier
Kommentar Berliner Wassertisch: Solche Klagen werden hierzulande mit CETA wahrscheinlich. CETA muss gestoppt werden! Für den Schutz des Wassers! Pervers ist, dass Hedgefonds mit solchen Prozessen spekulieren. Verlierer bei diesen zeit- und kostenintensiven Gerichtsverfahren ist immer das Land – selbst wenn es gewinnt.
Wir verweisen hier noch einmal auf die wichtige Studie: Profit durch Un-Recht. Wie Kanzleien, SchiedsrichterInnen und Prozessfinanzierer das Geschäft mit dem Investitionsschutz befeuern
November 4th 2014 International trade
Ein kleiner Club aus internationalen Anwaltskanzleien, SchiedsrichterInnen und spekulativen Prozessfinanzierern befeuert weltweit Investorenklagen gegen Staaten, die SteuerzahlerInnen Milliarden kosten und Regulierungen zum Wohl der Allgemeinheit verhindern. Das zeigt eine neue Studie vom Transnational Institute und Corporate Europe Observatory.
https://corporateeurope.org/de/international-trade/2014/11/profit-durch-un-recht
Die Studie als pdf
Vor CETA wird gewarnt! Frackingkonzern INEOS verklagt Schottland wegen Frackingverbot
Die Petrochemie-Giganten Ineos und Aberdeen Reach Coal Seams Gas haben am 9. Mai eine Klage gegen das Fracking-Verbot der schottischen Regierung eingereicht. Die Regierung hatte sich entschieden, ein Fracking-Moratorium in ein unbefristetes Verbot umzuwandeln. Die Klage der Konzerne gegen demokratische Entscheidungen belegt erneut, wie versucht wird, Demokratie und Rechtsstaat auszuhebeln.
Zum Orginalartikel
JEFTA = TTIP mit Japan: Alleingang der EU verhindern!
TTIP mit Japan: Alleingang der EU verhindern!
Mit einem Trick will die EU das Handelsabkommen JEFTA mit Japan durchdrücken und im Schnellverfahren beschließen – an den nationalen Parlamenten vorbei. Schon am 26. Juni soll der EU-Ministerrat einen großen Teil des Abkommens beschließen. Doch JEFTA enthält Regelungen, die das Leben von uns allen beeinflussen: So sollen Standards und Normen im Umwelt- und Verbraucherschutz angeglichen und einflussreiche Handelsausschüsse etabliert werden, die der demokratischen Kontrolle entzogen sind. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! Schreiben Sie jetzt an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und seine Vizepräsidentinnen und -präsidenten und fordern Sie den Bundestag auf, seine Mitentscheidungsrechte einzufordern!
Zum Beitrag
JEFTA: Ein exklusiver Handel zwischen EU-Unterhändlern und Großkonzernen
29.5.2018
In Kürze stimmen die EU-Mitgliedsstaaten über das von der Europäischen Kommission verhandelte EU-Japan Handelsabkommen ab. Doch viele Interessengruppen aus der Mitte der Gesellschaft sind während den Verhandlungen kaum zu Wort gekommen – Großkonzerne haben den grössten Anteil der Beratungstreffen mit den EU-Verhandler*innen für sich beansprucht, während kleine und mittelständische Unternehmen, Gewerkschaften und andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen kaum Gehör gefunden haben.
Zum Beitrag
Offener Brief: Zivilgesellschaft fordert die EU auf, Menschenrechte und Nachhaltigkeitsziele ins Zentrum von Freihandelsabkommen zu setzen
Brief als pdf
JEFTA – Offener Brief an die EU-Parlamentarier_innen
Seattle to Brussels Network
European letter on the EU-Japan FTA (JEFTA) to members of national parliaments
May 22, 2018
To Honorable Members of Parliament,
We, the undersigned civil society organisations, hereby express our deep concern about the planned fast-tracking of the ratification of the EU-Japan Economic Partnership Agreement.
JEFTA is the biggest trade agreement ever concluded by the European Union, with a country which GDP is three times higher than the one of Canada. It would cover a quarter of the world’s GDP.
Like the controversial CETA – the EU Canada trade agreement – JEFTA, once ratified, would be politically almost impossible to terminate and extremely hard to amend. There will be no fixing problems after ratification.
JEFTA contains rules severely limiting policy space in the EU and in its member states. As the agreement covers all levels of decision-making, it would become a straightjacket for the EU, for member states, and even for regional and local governments.
Ensuring proper scrutiny of JEFTA’s content before its signature is therefore of prime importance. Yet, after negotiating the agreement in almost total secrecy for over 5 years, the EU and member states might soon decide to fast-track its ratification.
JEFTA has been presented to the Council of the EU in April 2018 as an “EU only” agreement. National parliaments will be denied a vote on a treaty which will constrain their powers. Such minimal scrutiny is a new blow to the proper democratic debate on the type of trade policy European citizens need.
We therefore call on representatives of the national electorate to ensure sufficient time for a careful review of the trade agreement. A fast-track procedure with a vote possibly already on June 26, 2018, would make a careful review impossible.
We wish to highlight some of our fundamental concerns about the agreement in its current form:
- The EU-Japan Economic Partnership Agreement uses a negative list approach for services. This method severely limits governments’ ability to create, expand, and regulate public services and reverse failed liberalisations or privatisations, and makes it extremely hard to protect high-quality services such as water, transport, education, social and health care, as well as attempts to provide public services in line with public interest goals.
- The financial services chapter of the agreement (Articles 8.58 to 8.67) reduces the instruments available to combat financial speculation and inflation, obstructs banking structure reform and would thus, once implemented, constitute a threat to financial stability and an obstacle to initiatives to stabilise the current financial system.
- JEFTA would further constrain the ability of the EU and member states to control Japanese food and feed imports (Artile 6.7, especially 6.7.4), even though there are already documented cases of imports of illegal GMO feed from Japan. Worldwide, Japan is the country with most GM crops approved both for food and feed
- JEFTA creates ten dialogues (Article 22.3) between regulators of the EU and Japan on matters which touch upon national competences: Government Procurement, Agriculture, Food Safety, Services, Investment, Electronic Commerce, etc. There is no guarantee in the text that national parliaments will be involved. It is even possible for this cooperation to open in new areas, without national parliament’s approval.
- There is no reference to the precautionary principle in the Chapter on SPS measures or in the TBT chapter.
- JEFTA’s chapter 8 on trade in services, investment liberalisation and electronic commerce contains implicit and explicit cross-border data flow commitments (Sections C and E respectively) which would constrain the ability of governments to regulate data flows, and may undermine the protection of the fundamental right to the protection of personal data. The complete exclusion of this fundamental right from the agreement is also not ensured.
- The trade agreement’s intellectual property rights chapter would limit possibilities for future copyright and patent reform.
- The deal will make it almost impossible for European regulators and courts to require Japanese banks or car-makers to submit their software and IT equipments for government audits to check conformity with domestic laws on deceptive practices and environmental requirements.
- The trade and sustainable development chapter of JEFTA (Chapter 16) is even weaker than the one in CETA. Moreover Japan has not ratified two of the eight core ILO conventions and the provisions on trade in illegal timber are weak and could eventually weaken the EU’s own attempts to tackle the issue.
- Behind closed doors, the EU and Japan are still negotiating parallel tribunals for foreign investors. Those tribunals have already been used by Japanese investors against the Spanish state. Those cases are ongoing, costing millions to Spanish tax payers. This broken system must not be expanded in JEFTA.
JEFTA contains many more provisions likely to harm people and the environment. The biggest trade agreement of the EU requires much more scrutiny than it is currently receiving.
We need a paradigm shift toward a transparent and inclusive trade policy founded on the needs of people and our planet. JEFTA is not a progressive trade deal. On the contrary: ratifying JEFTA, especially without proper scrutiny, will lead us further away from a much needed change.
Signatories :
Greenpeace, International
European Environmental Bureau, Europe
European Water Movement, Europe
European Trade Union Committee for Education (ETUCE), Europe
European Public Services Union (EPSU), Europe
Friends of the Earth Europe, Europe
TROCA- Plataforma por um Comércio Internacional Justo (national platform), Portugal
Anders Handeln (national platform), Austria
Netzwerk Gerechter Welthandel (national platform), Germany
Stop CETA Alliance Ireland (national platform), Ireland
Attac Austria, Austria
ÖBV-Via Campesina Austria, Austria
11.11.11, Belgium
Food & Water Europe, Belgium
Centrale Nationale des Employés (CNE), Belgium
Corporate Europe Observatory, Belgium
“Europe and we”, Bulgaria
Afrika Kontakt, Denmark
NOAH Friends of the Earth Denmark, Denmark
Occupy Denmark, Denmark
Association CRI-AC !, France
ATTAC France, France
Confederation paysanne, France
foodwatch France, France
Les Amis de la Terre, France
Berliner Wassertisch, Germany
FDCL, Germany
foodwatch Germany, Germany
Kölner Bündnis für gerechten Welthandel, Germany
IATP Europe, Germany
NaturFreunde Deutschlands e.V., Germany
Slow Food Deutschland e. V., Germany
PowerShift e.V., Germany
An Claíomh Glas, Ireland
CONNECT Trade Union, Ireland
Comhlámh, Ireland
FÍS NUA, Ireland
Irish Cattle and Sheep Farmers Association Ireland, Ireland
Keep Ireland Fracking Free, Ireland
Environmental Pillar, Ireland
Fairwatch, Italy
Mouvement Ecologique, Luxembourg
Both ENDS, Netherlands
foodwatch Netherlands, Netherlands
Platform ABC, Netherlands
Transnational Institute, Netherlands
CIDAC, Portugal
Corporations-ZeroTtolerance, Portugal
GAIA-Grupo de Accao e Intervencao Ambiental, Portugal
GEOTA, Portugal
Palombar – Associação de Conservação da Natureza e do Património Rural, Portugal
Plataforma Alagrve livre de Petróleo, Portugal
Sindicato dos Professores da Grande Lisboa, Portugal
SOS Racismo, Portugal
ASMAA ALGARVE SURF & MARINE ACTIVITIES ASSOCIATION, Portugal
ZERO – Association for the Sustainability of the Earth System, Portugal
Umanotera, Slovenia
ATTAC Spain, Spain
Coordinadora Ecologista de Asturias, Spain
Equo, Spain
Confederación Intersindical, Spain
Ecologistas en Acción, Spain
Plataforma Auditoría Ciudadana Deuda Sevilla , Spain
Podem Sanitat Catalunya , Spain
STE SEGOVIA, Spain
Intersindical Valenciana, Spain
2 http://www.isaaa.org/resources/publications/briefs/52/executivesummary/default.asp
Offener Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages: JEFTA so nicht ratifizieren!
Netzwerk Gerechter Welthandel!
22.5.2018
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem Schreiben drücken wir unsere tiefe Besorgnis über den Inhalt und das beschleunigte Ratifizierungsverfahren des EU-Japan-Handelsabkommens aus, das bereits am 26. Juni 2018 im Rat der EU beschlossen werden soll. Wir rufen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf, JEFTA sorgfältig zu prüfen und von der Bundesregierung die Ablehnung des Abkommens in seiner jetzigen Form zu fordern.
JEFTA ist das bislang größte Handelsabkommen, das die EU verhandelt hat. Es wurde fünf Jahre lang im Geheimen verhandelt und würde ein Viertel des weltweiten Bruttoinlandsproduktes umfassen.
JEFTA beinhaltet Regeln, die den politischen Handlungsspielraum der EU und der EU- Mitgliedsstaaten massiv einschränken. Die EU-Kommission stufte JEFTA als ein „EU only“ Abkommen vor; Bundestag und Bundesrat dürfen nach dieser Lesart nicht über das Abkommen abstimmen. Dennoch müssen die nationalen Parlamente in den Ratifizierungsprozess zumindest einbezogen werden.
Dies sind unsere grundlegenden Bedenken:
- Obwohl die Intransparenz bei den Verhandlungen zu den Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) deutlich kritisiert wurde, führte die EU-Kommission die Verhandlungen mit Japan unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
- Durch die vorgesehene „Rendezvous-Klausel“ im JEFTA-Artikel 8.81 zum freien Datenverkehr könnten Bestimmungen des Abkommens nach Ratifizierung verändert werden. Ob bei solchen Veränderungen Parlamente mit einbezogen werden, ist unklar. Das ist in Anbetracht des Datenschutzskandals rund um Facebook und Cambridge Analytica besonders besorgniserregend.
- Das JEFTA-Kapitel 18 zur regulatorischen Kooperation könnte dazu führen, dass künftig Lobbyisten Gesetzesentwürfe zur Kommentierung vorgelegt bekommen, bevor ein gewähltes Parlament diese Entwürfe überhaupt zu Gesicht bekommt. Diese Vorgehensweise wirkt wie ein Filter, der die Spielräume demokratischer Politik massiv einschränken kann – denn auf diesem Wege können politische Projekte, die die Inhalte von JEFTA berühren, schon gestoppt werden, bevor die Öffentlichkeit davon erfährt.
- JEFTA schafft zehn Sonderausschüsse (Artikel 22.3) zwischen Regulierungsbehörden der EU und Japans zu Angelegenheiten, die nationale Kompetenzen berühren: öffentliches Beschaffungswesen, Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Dienstleistungen, Investitionen, E-Commerce etc. Weitere Ausschüsse können eingerichtet werden, nachdem das Abkommen in Kraft getreten ist. Es gibt keine Garantie in dem Text, dass nationale Parlamente involviert sein werden.
- JEFTA nutzt ein Negativlisten-Konzept für Dienstleistungen: was dort nicht auftaucht, ist automatisch für den freien Markt geöffnet. Diese Methode beschränkt die Möglichkeiten von Regierungen stark, öffentliche Dienstleistungen einzuführen, auszuweiten und zu schützen sowie gescheiterte Privatisierungen umzukehren.
- JEFTA würde es der EU und ihren Mitgliedsstaaten erschweren, japanische Lebensmittel- und Futtermittelimporte zu kontrollieren, obwohl es bereits dokumentierte Fälle von illegalen Importen gentechnisch veränderter Organismen in Futtermitteln aus Japan gibt. Weltweit ist Japan das Land mit den meisten zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen, sowohl in Lebens- als auch in Futtermitteln.
- Das Kapitel 16 zu Handel und nachhaltiger Entwicklung ist schwächer als das im CETA-Abkommen mit Kanada. Wie in allen EU-Handelsabkommen fehlen auch im JEFTA- Nachhaltigkeitskapitel ein Durchsetzungsmechanismus sowie Sanktionsmöglichkeiten – obwohl Japan zwei der acht ILO Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert hat. Zudem enthält der Artikel über Wälder nur schwache Verpflichtungen – obwohl Japan ein großer Holzexporteur ist und als einziges G7-Land keine Rechtsvorschriften zur Verhinderung der Einfuhr illegal eingeschlagenes Holzes hat. Bei den Themen Waldschutz und Biologische Vielfalt ist selbst die schwache Verpflichtung zur Kooperation, die in CETA enthalten ist, entfallen.
- JEFTA enthält keine Vorrangstellung für den Klimaschutz: Klima – und Umweltschutzmaßnahmen sind nur dann zulässig, wenn sie keine Handelsbeschränkung oder ungerechtfertigte Diskriminierung der anderen Vertragspartei darstellen.
- Das in der EU fest verankerte Vorsorgeprinzip ist im Abkommen nicht ausreichend verankert.
- Hinter verschlossenen Türen verhandeln die EU und Japan parallel zum Handelsabkommen noch ein Investitionsschutzabkommen, in dem einseitige Konzernklagerechte für ausländische Investoren verankert werden sollen.
Das bisher größte Handelsabkommen der EU erfordert eine viel umfassendere Überprüfung, als es momentan bekommt. Deshalb fordern wir Sie als Abgeordnete des Deutschen Bundestages dazu auf, eine kritische öffentliche Debatte in den Parlamenten und darüber hinaus anzustoßen, bevor es zu spät ist.
Brief auf der Website des Netzwerks Gerechter Welthandel
Der Berliner Wassertisch ist Mitglied des Netzwerks Gerechter Welthandel
Vgl. auch die Stellungnahme der Allianz öffentlicher Wasserwirtschaft e.V. (AöW) zu JEFTA:
Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft warnt: Mit JEFTA/JEEPA gerät Wasserwirtschaft weiter unter Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck. Zum Beitrag
Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft warnt: Mit JEFTA/JEEPA gerät Wasserwirtschaft weiter unter Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck.
Allianz der öffentlichen
Wasserwirtschaft e.V.
Berlin, den 14.05.2018
AöW-Stellungnahme zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan [JEFTA/JEEPA]
Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW) nimmt hiermit als Interessenvertretung der öffentlichen Wasserwirtschaft in Deutschland zum aktuell verhandelten Abkommen zwischen der EU und Japan [JEFTA/JEEPA] Stellung und möchte auf die Anliegen der öffentlichen Wasserwirtschaft in Deutschland hinweisen.
Die AöW sieht in den Freihandelsabkommen der sog. „neuen Generationen“, wie auch in dem EU-Japan-Handelsabkommen [JEFTA/JEEPA], die öffentliche Wasserwirtschaft in Deutschland nicht ausreichend abgesichert. Das Europäische Parlament hatte die EU-Kommission bereits aufgefordert für zukünftige Handelsabkommen, die „Wasserversorgung und sanitäre Grundversorgung sowie Abwasserentsorgung auf Dauer von den Binnenmarktvorschriften und allen Handelsabkommen auszunehmen, da diese als Teil der Daseinsvorsorge vorwiegend in öffentlichem Interesse sind und zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung gestellt werden sollen […]“ (Entschließung des Europäischen Parlaments vom 08.09.2015 zu den Folgemaßnahmen zu der Europäischen Bürgerinitiative zum Recht auf Wasser (2014/2239(INI), Ziffer 22).
Obwohl es eine Reihe von Schutzbestimmungen auf nationaler und EU-Ebene für die kommunale Selbstverwaltung und für die Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge gibt, werden diese durch derartige Handelsabkommen „durch die Hintertür“ immer öfter unterlaufen und über die Entscheidungsträger der lokalen/regionalen Gebietskörperschaften hinweg ratifiziert – beim EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] als „EU-only“ sogar ohne Entscheidung der Bundesländer und sogar ohne den Bundestag.
Nach AöW-Ansicht ist das Handelsabkommen zwischen der EU und Japan [JEFTA/JEEPA] nach dem EUKanada-Handelsabkommen (CETA) ein erneuter Schritt zu erhöhtem Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck.
Die kritischen Inhalte im EU-Japan-Abkommen im Einzelnen:
- Negativliste: Die Verwendung einer Negativliste im EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] lehnen wir ab. Nach unserer Ansicht kann eine Negativliste trotz eines – und aus unserer Sicht lückenhaften und überarbeitungsbedürftigen – horizontalen Vorbehaltes für öffentliche Dienstleistungen (vgl. „Anhang II – Vorbehalte in Bezug auf künftige Massnahmen – Liste der Europäischen Union“, Vorbehalt Nr. 1) nicht die gleiche Absicherung der öffentlichen Wasserwirtschaft (vor allem Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung) leisten wie eine Positivliste. Es bleibt immer die Gefahr, dass für bestimmte Dienstleistungen in der Wasserwirtschaft der Marktzugang gilt und deshalb diese Sektoren insgesamt mit marktwirtschaftlichen Folgen rechnen müssen, obwohl sie solche Interessen nicht verfolgen.
Die AöW fordert in Anhang II die Verwendung einer Positivliste, in der die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung nicht genannt sind.
- Marktzugang/Nichtdiskriminierung für den Abwasserbereich: Es besteht kein Vorbehalt für den Bereich Abwasser (vgl. „Anhang II – Vorbehalte in Bezug auf künftige Massnahmen – Liste der Europäischen Union“, Vorbehalt Nr. 15), der in CETA noch als „Dienstleistungen im Bereich Umwelt“ – zumindest für Deutschland ausdrücklich enthalten war (vgl. Anhang II – „In Deutschland geltende Vorbehalte“, Sektor: Dienstleistungen im Bereich Umwelt). Die Absicherung für den Abwasserbereich hängt somit nur noch von einem rechtlich unsicheren horizontalen Vorbehalt für öffentliche Dienstleistungen ab. Mit einem Schutz der Abwasserwirtschaft lediglich durch einen horizontalen Vorbehalt widerspricht das EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] jedoch der besonderen Stellung der Abwasserwirtschaft innerhalb der öffentlichen Dienstleistungen in Deutschland. Während bestimmte Aufgaben der Daseinsvorsorge auch durch Private wahrgenommen werden können, ist Abwasser nur durch „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ zu beseitigen (§ 56 S. 1 Wasserhaushaltsgesetz) und damit einer Privatisierung nicht geöffnet. Somit widerspricht das EU-Japan-Abkommen der in Deutschland bewährten Organisation und Struktur der Abwasserwirtschaft.
Die AöW fordert einen ausdrücklichen Vorbehalt in Annex II, Nr. 15 für den Bereich Abwasser, soweit eine Positivliste im vorgenanten Sinne nicht angewendet wird.
- Vorsorgeprinzip: Das Vorsorgeprinzip ist nicht nur ein grundlegendes Prinzip für Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz in Deutschland, sondern auch für die öffentliche Wasserwirtschaft. Wir fordern, dass dies ausdrücklich und wirksam in Handelsabkommen abgesichert ist. Bisher ist dies im EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] nicht erkennbar.
Die AöW fordert die ausdrückliche Anerkennung des EU-Vorsorgeprinzips für die Bereiche Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz im EU-Japan-Abkommen.
- Das EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] bleibt hinter CETA zurück: Das Abkommen EU-Kanada (CETA) wurde sowohl von Vertretern der EU-Kommission als auch des BMWi als „Goldstandard“ für zukünftige Abkommen bezeichnet. Leider können wir diese Vorgabe insbesondere im Hinblick auf die zu CETA abgegebenen und angeblich verbindlichen Zusatzerklärungen nicht wiederfinden. Auch findet sich im EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] kein Sonderartikel zu Wasser (vgl. Artikel 1.9 CETA). Schließlich findet sich im Abschnitt „Innerstaatliche Regulierung“ (Kapitel 8 Abschnitt E im EU-Japan-Abkommen) auch keine vergleichbare Ausnahme für die Wasserversorgung, wie im CETA-Abkommen (Artikel 12.2. Abs. 2 Buchst. b (ii) CETA-Abkommen).
Die AöW fordert im EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] einen Sonderartikel zu Wasser, wonach Wasser und seine Nutzung vom EU-Japan-Abkommen insgesamt ausgenommen ist und in dem klargestellt wird, dass Wasser keine übliche Handelsware ist, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.
- Offene Auswirkungen durch das Vergabekapitel: Aus Kapitel 10 (Öffentliche Beschaffung) lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob der gemischte Ausschuss nachträglich Änderungen in Anhang 10 in der Weise vornehmen kann, dass sie den Ausnahmen für die öffentlichen Unternehmen innerhalb des EU-Vergaberegimes zuwider laufen können.
Die AöW fordert eine Klarstellung im EU-Japan-Abkommen [JEFTA/JEEPA] im Vergabekapitel dahingehend, dass die kommunalen Handlungsmöglichkeiten
für öffentliche Unternehmen im Wasserbereich entsprechend dem EUVergaberechtsregime ausdrücklich – auch für die Zukunft – abgesichert sind.
- Offene Auswirkungen durch „Gemischte Ausschüsse“ und Sonderausschüsse: Im EU-Japan-Abkommen sind der sog. „Gemischte Ausschuss“ und „Sonderausschüsse“ vorgesehen. Nicht abschätzbar ist, ob ihre bindenden Beschlüsse (vgl. Artikel 22.2. EU-Japan-Abkommen) auch negative Auswirkungen auf die kommunale Wasserwirtschaft haben können. Deshalb erscheint es aus unserer Sicht umso wichtiger, den Bereich Wasser aus dem EU-Japan-Abkommen insgesamt auszunehmen.
Wir möchten Sie nachdrücklich bitten, sich für die Belange der kommunalen öffentlichen Wasserwirtschaft einzusetzen und bitten die zuvor genannten Punkte zu berücksichtigen.
Die Stellungnahme als pdf
Christa Hecht
Geschäftsführerin
Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.
Reinhardtstr. 18a, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/39 74 36 06
Fax: 0 30/39 74 36 83
hecht@aoew.de
www.aoew.de
Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW)
Die AöW ist die Interessenvertretung der öffentlichen Wasserwirtschaft in Deutschland. Zweck des Vereins ist die Förderung der öffentlichen Wasserwirtschaft durch die Bündelung der Interessen und Kompetenzen der kommunalen und verbandlichen Wasserwirtschaft.
AöW-Mitglieder sind Einrichtungen und Unternehmen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die ihre Leistungen selbst oder durch verselbstständigte Einrichtungen erbringen und vollständig in öffentlicher Hand sind. Ebenso sind Wasser- und Bodenverbände sowie wasserwirtschaftliche Zweckverbände und deren Zusammenschlüsse in der AöW organisiert. Allein über den Deutschen Bund der verbandlichen Wasserwirtschaft (DBVW) sind über 2000 wasserwirtschaftliche Verbände in der AöW vertreten. Außerdem sind Personen, die den Zweck und die Ziele der AöW unterstützen sowie solche Interessenverbände und Initiativen, Mitglied in der AöW.
Stellungnahmen der AöW hier
Nach dem Achmea-Urteil: Bundesregierung hält die Vattenfall-Klage zum Atomausstieg für unzulässig
taz
6.5.2018
Vattenfall klagt gegen Deutschland. Regierung lehnt Schiedsverfahren ab
Christian Rath
Die GroKo hält die Vattenfall-Klage zum Atomausstieg nun für unzulässig. Sie begründet ihren Umschwung mit einem EuGH-Urteil [gemeint ist das Achmea-Urteil, s.u.].
Zum Artikel
Achmea-Urteil: Am 6. März 2018 hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Investitionsschiedsgerichte (ISDS) zwischen EU-Mitgliedstaaten NICHT mit dem Europäischen Recht vereinbar sind. Damit stehen viele weitere solcher Abkommen — darunter der Energiecharta-Vertrag, auf dessen Grundlage Vattenfall Deutschland wegen des Atomausstiegs verklagt — in Frage, die es ausländischen Investoren ermöglichen, von ihren Gaststaaten vor privaten Schiedsgerichten Schadenersatz einzufordern.
Zum Achmea-Urteil vgl.
- MITBESTIMMUNG, April 2018: „Private Schiedsgerichte beschädigen den Staat“. Der ehemalige Verfassungsrichter Siegfried Broß über die Gefahren für die Demokratie durch private Schiedsgerichte in Investitionsschutzabkommen und das wegweisende [Achmea-]Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Zum Beitrag
- Dr. Daniel Thym: Todesstoß für autonome Investitionsschutzgerichte. Beitrag auf dem Verfassungsblog vom 8.3.2018 zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/16.
- Kommentar von Ernst-Christoph Stolper (BUND) zum Achmea-Urteil. Zum Beitrag
- Powershift: Die Auswirkungen des Achmea-Urteils des EuGH auf die EU-Investitionspolitik. Zum Beitrag
- Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!: Nach dem Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! fordert Ende der privaten Schiedsgerichtsbarkeit und Stopp der Ratifizierung von CETA. Zum Beitrag
- Achmea-Urteil: Netzwerk Gerechter Welthandel sieht sich in Forderung gestärkt, Sonderklagerechte für Investoren abzuschaffen. Zum Beitrag
- Achmea-Urteil. EuGH: Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Zum Beitrag
Peter Fuchs (Powershift): „Schiedsgerichte sind ein hochgefährliches Instrument“
2.5.2018
Diskussionen um TTIP light. „Schiedsgerichte sind ein hochgefährliches Instrument“
Sofern in Freihandelsabkommen Schiedsgerichte vereinbart würden, hätten Investoren die Möglichkeit öffentliche Regulierungen anzugreifen, sagte Peter Fuchs von der Organisation PowerShift im Dlf. Das könne für den Steuerzahler sehr teuer werden.
Peter Fuchs im Gespräch mit Jule Reimer
Zum Beitrag
Vgl. dazu auch das Interview mit Bundesverfassungsrichter a.D. Siegfried Broß im neuen Magazin der Böckler-Stiftung „Mitbestimmung“: >Private Schiedsgerichte beschädigen den Staat<
Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! bei 1.-Mai-Demo des DGB
Heraus zum 1. Mai! Auch in diesem Jahr werden wir uns wieder an der 1.-Mai-Demo des Deutschen Gewerkschaftsbundes beteiligen. Gemeinsam werden wir gegen die neoliberalen Freihandelsabkommen demonstrieren und uns für einen gerechteren Welthandel einsetzen.
Auch wenn die EU-Kommission das Freihandelsabkommen EU-Kanada CETA vorläufig in Kraft gesetzt hatte, muss der Deutsche Bundestag das Abkommen noch ratifizieren, damit das im Abkommen vorgesehene internationale Schiedsgerichtsverfahren angewandt werden kann. Das wollen wir verhindern und die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien auffordern, gegen die Ratifizierung von CETA zu stimmen.
In diesem Jahr findet der 1. Mai unter dem Motto „Solidarität. Vielfalt. Gerechtigkeit.“ statt. Der 1.Mai in Berlin startet mit drei Demonstrationszügen vom Hackeschen Markt. Neben dem klassischen die Fußgänger-Demonstrationszug wird es wieder einen Motorrad- und Fahrradkorso geben.
Die Fußgänger-Demo geht vom Hackeschen Markt über die Spandauer Straße, Getraudenstraße, Leipziger Straße, Potsdamer Platz, Eberstraße zum Brandenburger Tor. Auf der Straße des 17. Juni findet das große Fest des DGB statt. Die NaturFreunde und das „Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!“ werden mit einem Doppel-Info-Stand auf dem Maifest des DGB vertreten sein.
10.00 Uhr
Start der Demo Hackescher Markt
12.00 Uhr
Kundgebung, Platz des 18. März
Begrüßung: Christian Hoßbach, DGB-Bezirksvorsitzender
Hauptrede: Irene Schulz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall
Grußwort: Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin
Jugendbeiträge: Sören Lieske, ver.di Jugend + Melanie Hackl, IG BCE Jugend
Lieder zum 1. Mai: Levetzow Girls, Chor geflüchteter Mädchen
Kurzer Talk mit Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales
Wir treffen uns
1. Mai 2018, 9.30 Uhr
Spandauer Straße, Nähe S-Bhf. Hackescher Markt
Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!
Auch der Berliner Wassertisch wird wieder einen Stand haben.
Interview mit Bundesverfassungsrichter a.D. Siegfried Broß: „CETA ist so nicht haltbar“
Magazin Mitbestimmung, 25.04.2018
„Private Schiedsgerichte beschädigen den Staat“
Interview. Der ehemalige Verfassungsrichter Siegfried Broß über die Gefahren für die Demokratie durch private Schiedsgerichte in Investitionsschutzabkommen und das wegweisende Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
#CETA ist so nicht haltbar: Die Anzeichen verdichten sich, dass das #Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Schiedsgerichten (#ISDS) auch Konsequenzen für das Handelsabkommen mit Kanada hat. Der ehemalige Verfassungsrichter Broß äußert sich dazu eindeutig: pic.twitter.com/hkkg6HEot7
— LobbyControl (@lobbycontrol) April 27, 2018
Die Fragen stellte STEFAN SCHEYTT.
Ausschnitt: Broß: „Die Gefahr durch Freihandelsabkommen für die Demokratie besteht letztlich in der Kombination von drei Elementen: Die regulatorische Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten […] die Klagerechte für ausländische Investoren […] die von den Unternehmen und Vertragsbeteiligten nach deren Gutdünken zusammengesetzten privaten Schiedsgerichte“
Zum Beitrag