Sozialausschuss des Europ. Parlaments empfiehlt CETA abzulehnen

de_cetacheckAm 8.12.2016 hat der Ausschuss für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten (EMPL) des Europäischen Parlaments eine Stellungnahme (pdf) zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada mit 27 Stimmen angenommen, die die Empfehlung ausspricht, CETA abzulehnen!

Angenommener Entwurf pdf (Ja: 27, Nein: 24)

„KURZE BEGRÜNDUNG
Das entscheidende Endergebnis des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA) muss in der Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, ausgewogenen Lohn- und Gehaltserhöhungen und erweiterten Möglichkeiten für das Unternehmertum bestehen. Was die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze betrifft, deuten empirische Belege, die auf der Realität entsprechenden Modellen beruhen, bei der Beschäftigung in der EU höchstens auf einen marginalen Zuwachs um insgesamt nicht mehr als 0,018 % in einem Durchführungszeitraum von 6 bis 10 Jahren hin. Des Weiteren werden aktuellen Studien zufolge, bei denen derartige Modelle verwendet wurden, in der EU tatsächlich 204 000 Arbeitsplätze verloren gehen, darunter 45 000 in Frankreich, 42 000 in Italien und 19 000 in Deutschland. Darüber hinaus gehen aus der Nachhaltigkeitsprüfung von 2011 erhebliche sektorale Verschiebungen hervor, die schließlich eine höhere Langzeitarbeitslosigkeit zur Folge haben werden.

Was die Löhne und Gehälter betrifft, gibt es Belege dafür, dass das Abkommen zur Vergrößerung des Einkommensgefälles zwischen Fachkräften und ungelernten Arbeitskräften beitragen würde, sodass die Ungleichheiten und sozialen Spannungen zunehmen würden. Darüber hinaus werden beträchtliche Umverteilungseffekte beim Nationaleinkommen vorhergesagt, die sich in der EU auf einen Anstieg in Höhe von 0,66 % zugunsten von Kapitaleigentümern belaufen würden, was eine Verstärkung der sozialen Verwerfungen zur Folge hätte.

Das Abkommen enthält kein einziges Kapitel mit konkreten Maßnahmen zur Unterstützung von KMU. In der EU gibt es derzeit 20,9 Mio. KMU (93 % haben weniger als 10 Mitarbeiter), von denen jedoch nur 619 000 in Länder außerhalb der EU ausführen. In dem liberalisierten Umfeld, das durch das CETA geschaffen würde, würden diese KMU der vollen Kraft der Konkurrenz von großen nordamerikanischen transnationalen Unternehmen ausgesetzt, sodass die 90 Mio. Arbeitsplätze, die sie bieten (67 % aller Arbeitsplätze), gefährdet würden.

Obwohl das CETA ein besonderes Kapitel über Handel und Arbeit enthält, besteht ein eindeutiges Missverhältnis zwischen dem für Investoren und die Arbeitnehmerinteressen und -rechte vorgesehenem Schutzniveau. Der privilegierte Status, der Investoren mit dem System des Internationalen Zentrums zur Beilegung gewährt wird, steht im starken Gegensatz zu dem für den Schutz von Arbeitnehmerinteressen und -rechten vorgesehenen Konsultations-mechanismus.

Durch die Erleichterung des Nord-Nord-Handels verlagern sich die Handelsströme nachweislich weg vom Handel mit Entwicklungsländern, wobei in diesem Fall in erster Linie afrikanische Länder betroffen wären. Dies ist angesichts der Tatsache, dass die Verwirklichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung unbedingt vorangebracht werden muss, da darin die einzige Möglichkeit besteht, die zunehmenden Ungleichheiten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu überwinden und dem rasch zunehmenden Migrationsdruck zu begegnen, besonders schädlich.

Es gibt ständige ernsthafte Zweifel daran, dass die Klausel über das Internationale Zentrum für Beilegung und der Grundsatz der vorläufigen Anwendung mit geltendem EU-Recht vereinbar sind.

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sieht sich vor diesem Hintergrund gezwungen, den Ausschuss für internationalen Handel zu ersuchen, die Zustimmung zu dem Abkommen zu verweigern.
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Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ersucht den federführenden Ausschuss für internationalen Handel, die Ablehnung des Vorschlags für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits zu empfehlen.“

 

englischer Text pdf

SHORT JUSTIFICATION
The defining end-result from the CETA must be decent job creation, balanced wage increases and expanded entrepreneurship possibilities. However, regarding decent job creation, empirical evidence based on real-world models indicates at best marginal overall increases for EU employment of no more than 0.018% over a 6 to 10 year implementation period. Furthermore, recent studies using such models have forecast actual job losses of 204 000 for the EU as a whole, including 45 000 for France, 42 000 for Italy and 19 000 for Germany. What is more, the Sustainability Impact Assessment of 2011 shows significant sectorial dislocations, eventually leading to increases in long-term unemployment.

As to wages, evidence shows that the agreement would contribute to widening the incomes gap between unskilled and skilled workers thus increasing inequalities and social tensions. What is more, sizable redistribution effects concerning national income are projected, for the EU amounting to a 0.66% increase in favor of capital owners, thus further deepening social dislocations.

The agreement contains no single chapter with specific measures to support SMEs. There are currently 20.9 million EU SMEs (93% with fewer than 10 employees), but only 619 000 export outside the EU. In the liberalized environment created by CETA, such SMEs will be exposed to the full force of competition from large North American transnational corporations thus endangering the 90 million jobs (67% of total employment) that they are providing.
Despite the fact that CETA contains a special chapter on Trade and Labor there is a clear disparity between the levels of protection envisaged for investors and for labor interests and rights. The privileged status accorded to investors with the ICS system stands in sharp contrast to the consultations mechanism, envisaged for protecting labor interests and rights.

There is a proven trade-diverting effect away from trade with developing countries, in this case primarily African, when facilitating North-North trade. This is particularly harmful, given the imperative need to promote the achievement of the 2030 UN Sustainable Development Goals as the only way to overcome the deepening inequalities between developed and developing countries and to counter the rapidly increasing migration pressures.

There is continuing serious doubt regarding the compatibility with existing EU law of the ICJ clause as well as the principle of provisional application.
Therefore, feels compelled to call on the Committee on International Trade to withhold its consent to the agreement.
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The Committee on Employment and Social Affairs calls on the Committee on International Trade, as the committee responsible, to recommend that Parliament decline to give its consent to the proposal for a Council decision on the conclusion of the Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) between Canada, of the one part, and the European Union and its Member States, of the other part.


Tagesordnung: 8 December 2016, 09.00 – 12.30

Mitglieder des Ausschusses. Vorsitzender ist Thomas HÄNDEL (Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke Deutschland)


Reaktionen aus Presse und Parteien:

Standard: Sozialausschuss des EU-Parlaments empfiehlt Ablehnung von Ceta. 08.12.2016

Die Presse.com: Sozialausschuss des EU-Parlaments will Ceta ablehnen. 08.12.2016.

The Globe and Mail: European Parliament committee says reject EU-Canada trade deal. 08.12.2016.

Thomas Händel: CETA im Ausschuss für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten abgelehnt. DIE LINKE im Europaparlament. 08.12.2016.

Vana/Reimon: CETA-Zustimmung im EU-Parlament bekommt Risse. 08.12.2016.

GUE/NGL: Parliament’s EMPL committee declines consent to CETA. 08.12.2016.

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