Bundestag: Drucksache 18/1679 TiSA

Kleine Anfrage der LINKSFRAKTION im Bundestag:

Inhalte und Zielsetzungen des plurilateralen Dienstleistungsabkommens TiSA

Public Private Partnership: Wo der Staat seine Schulden versteckt [und die Bürger geschädigt werden]

Spiegel Online
12.06.2014

Öffentlich-private Partnerschaft: Wo der Staat seine Schulden versteckt
Von Michael Kröger

Die private Finanzierung von Großprojekten soll Steuergeld sparen – und kommt den Staat am Ende teuer zu stehen. Doch bei Politikern sind die Infrastruktur-Partnerschaften mit Unternehmen gleich aus zwei Gründen sehr beliebt.

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Vgl. dazu auch die Schriften von Prof. Dr. Siegfried Broß:
Siegfried Broß: “Krankenhäuser -kommerzielle Wirtschaftsbetriebe oder Teil der Daseinsvorsorge des Staates?” (2014) pdf

Siegfried Broß: “Wasser, Gas, Strom … Warum Privatisierung kein Allheilmittel ist – oder sogar die Demokratie gefährden kann” (2013) pdf

 

 

Investorenschutz. Profit [unter anderem für Veolia] als höchstes Rechtsgut.

Le Monde diplomatique
13.06.2014

Profit als höchstes Rechtsgut
Von Benoît Bréville und Martine Bulard

Bislang geht der Investorenschutz auf Kosten des globalen Südens. Nach den [TTIP-]Tafta-Regeln wird es alle treffen. Das in Frankreich beheimatete Unternehmen Veolia klagte wegen lächerlicher 31 Euro gegen eine der wenigen Errungenschaften, die sich die ägyptischen Arbeitnehmer 2011 erstritten hatten: die Erhöhung des monatlichen Mindestlohns von 400 auf 700 ägyptische Pfund: von 41 auf 72 Euro.

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Ein weiterführender Link:
Cases and Regulatory Impacts
„Foreign investors have sued governments in numerous cases under investment treaties and investment contracts. These lawsuits give rise to debate because of their potential impacts on government decision-making, their cost, and the manner in which they are decided.

Known cases, up to May 2010, can be searched in the IIAPP database. The database provides descriptive information and points to avenues for further research on particular cases. Information in the database is not comprehensive because international investment arbitration in some forums is highly confidential and because the database does not include arbitrations under investment contracts. […]“

 

Privatisierung: ÖPP-Projekte in Deutschland: Privat gebaute Autobahnen sind teurer

Spiegel Online
12.06.2014

ÖPP-Projekte in Deutschland: Privat gebaute Autobahnen sind teurer

Die Mehrkosten gehen in die Milliarden: Der privat finanzierte Autobahnbau ist laut Bundesrechnungshof deutlich teurer als öffentliche Projekte, berichtet das „Handelsblatt“.

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Dazu passt noch der immer wieder lesenswerte Artikel in der ZEIT von Roland Kirbach:

Privatisierte Autobahnen. Deutschlands gefährlichste Straße
19.07.2010

Endlose Baustellen, viele Tote auf der A 1: Seit die Regierung Autobahnen wie die zwischen Hamburg und Bremen an private Firmen verpachtet, sind sie zu Horrorpisten geworden. Heimlich haben Politiker die Geschäfte eingefädelt […]

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Außerdem:
Privatisierung der Autobahnen. Teure Fahrt für freie Bürger.
17.05.2010
Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück meint es offenbar ernst mit dem Sparen. Er erwägt die Privatisierung der Autobahnen.

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Fall Heiligenhafen: Selbst- oder Fremdbestimmung?

Lampertheimer Zeitung
06.06.2014

Selbst- oder Fremdbestimmung?

Ist Heiligenhafen überall? Die Kleinstadt in Ostholstein liegt direkt am Meer, was nicht jede Kommune für sich in Anspruch nehmen kann. Aber der 9 000-Seelen-Ort aus dem hohen Norden kämpft um dem Rückerwerb seines Stromnetzes. Vier Jahre dauert die Prozedur inzwischen, die Stadtwerke existieren bisher nur auf dem Papier. Joachim Gabriel, ehrenamtlicher Geschäftsführer, vermutet beim Energieriesen Eon eine Hinhaltetaktik. „Die Rekommunalisierung wird hintertrieben“, sagt der im Doku-Format „ZDFzoom“. Titel des Filmbeitrags: „Ungleiche Gegner. Wie Gemeinden um ihre Stromnetze kämpfen.“ Das 20-Minuten-Video wurde am Mittwochabend auch den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses (HuFA) gezeigt. Erster Stadtrat Jens Klingler hatte dafür geworben, denn „das Thema Stromkonzession wird uns bis zum Rest des Jahres beschäftigen.“

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Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“

Parlament Berlin
Mai 2014

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat in seiner 47. Sitzung der 17. Wahlperiode am 08. Mai 2014 gemäß § 24 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin die Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin – Zukunft der energiewirtschaftlichen Strukturen“ eingesetzt.

Aufgabe der Kommission ist es, ausgehend von den energiewirtschaftlichen Zielsetzungen des Landes Berlin, die Zukunft der energiewirtschaftlichen Strukturen im Land vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen, wie z.B. der Energiewende, zu untersuchen.

Insbesondere soll untersucht werden, welche wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen auf die wichtigsten Einrichtungen (z.B. Stromnetz, Gasnetz, Fernwärmenetz sowie die zentralen Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen) zukommen und wie die öffentlichen und privaten Strom- und Wärmenutzer in Bezug auf Einsparungen beim Verbrauch und Erhöhung der Energieeffizienz unterstützt werden können.

Dabei soll auch geklärt werden, ob eigene kommunalwirtschaftliche Aktivitäten des Landes Berlin zur Erreichung der energiepolitischen Ziele sinnvoll und notwendig sind, ob Kooperationsstrukturen mit anderen Akteuren anzustreben sind und mit welchen Instrumenten andere private energiewirtschaftliche Akteure in eine energiepolitische Strategie des Landes Berlin eingebunden und private Investitionen in die Energiewirtschaft mobilisiert werden können.

Der Untersuchungsauftrag im Einzelnen kann dem Einsetzungsbeschluss (siehe Verknüpfung auf der rechten Seite) entnommen werden. Das Abgeordnetenhaus hat damit die 1. Enquete-Kommission in dieser Legislaturperiode eingesetzt.

Die Enquete-Kommission wird am 21. Mai 2014 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten.
Das Ergebnis seiner Arbeit wird die Enquete-Kommission dem Plenum des Abgeordnetenhauses in Form eines Berichts vorlegen.

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Energiewende. Energie-Kommission tagt hinter verschlossenen Türen

Morgenpost
09.06.2014

Energiewende. Energie-Kommission tagt hinter verschlossenen Türen
Von Jens Anker

Nach dem Tempelhof-Volksentscheid forderten Kritiker mehr Transparenz bei politischen Großprojekten. Doch ausgerechnet das Riesenthema Energiewende wird hinter verschlossenen Türen verhandelt. […] Der Chef der Wasserbetriebe, Jörg Simon, sollte seine Pläne für das Stadtwerk darlegen. Die große Koalition hat die Gründung beschlossen – allerdings gibt es Streit darüber, welche Aufgaben das Stadtwerk künftig übernehmen soll.

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Bayerische Staatsregierung: Die Daseinsvorsorge darf durch TTIP nicht gefährdet werden

Bayerische Staatsregierung
Juni 2014

Freihandelsabkommen mit den USA. Bayern sagt „ja“ zu einer ausgewogenen Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft
[also sagt sie NEIN, denn bekanntlich ist TTIP alles andere als ausgewogen]

[…] Kommunale Daseinsvorsorge: Die Daseinsvorsorge darf nicht gefährdet werden. Es bestehen Befürchtungen, dass die TTIP-Verhandlungen zu einer Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Daseinsvorsorge und hier insbesondere der Wasserversorgung führen könnte.
Die EU-Kommission hat zugesichert, dass die Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Wege sogenannter Vorbehalte vom Anwendungsbereich des Abkommen ausgenommen sein werden. Die Bayerische Staatsregierung wird ein Augenmerk darauf haben, dass die EU-Kommission dies auch so umsetzt. […]

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Vergabe an Veolia wird BEG*-intern als Fehler betrachtet

*BEG = Bayerische Eisenbahngesellschaft

TZ
05.06.2014

Von Veolia betriebene Bayerische Oberlandbahn: Fahrgäste laufen, Schaffner klettert unter Zug

Hausham – Ein gebrannter BOB-Zugpassagier fasst es so zusammen: „Das schlägt dem Fass den Boden aus.“ Am Montag blieb ein Zug auf freier Strecke liegen. Die Passagiere gingen zu Fuß nach Hause. Man meint, man hätte schon alle Chaos-Geschichten über die Bayerische Oberlandbahn (BOB) gehört – und dann wird trotzdem noch eine drauf gesetzt. Wie uns Fahrgast Josef M. berichtet, ist der Zug München-Schliersee (Abfahrt 17.27 Uhr) am Montag nach einer Betriebsstörung auf freier Strecke kurz vor der Haltestelle Hausham liegengeblieben. Die Störung sei ja nichts Ungewöhnliches, meint der Haushamer Pendler. Es sei vielmehr schon alltäglich, dass nichts weitergeht. […] Längst schon wird die Neuvergabe an den Betreiber Veolia im Dezember 2013 BEG-intern als Fehler betrachtet. Doch rückgängig gemacht werden kann die Entscheidung: Bei einer Kündigung des Vertrags mit der BOB würde sich die Frage stellen, welches Unternehmen einspringen könnte. Einfache Antwort: keines.

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Kommentar Berliner Wassertisch:
Es erweist sich immer wieder, dass eine Privatisierung der kommunalen Infrastruktur den Bürgern und der Gesellschaft schadet!
Hier kann man noch einmal auf die Aussage des Bundesverfassungsrichter a.D. Professor Dr. Siegfried Broß verweisen:
Der Staat höhlt auf diese Weise [durch Privatisierung] das Sozialstaatsprinzip aus, was ihm über Art. 79 Abs. 3 GG nicht einmal mit der für die Änderung des Grundgesetzes erforderlichen Mehrheit erlaubt wäre. Der ungeschmälerte Erhalt und Schutz der grundlegenden Strukturelemente setzt entsprechende bereichsspezifische Organisationsstrukturen zu deren Absicherung voraus. Das sind für das Sozialstaatsprinzip die staatlichen Krankenhäuser und auch Eisenbahn, Post und die Versorgung der Bevölkerung mit Energie und Wasser. […] Wenn man die Betrachtung nun unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge weiter einengt, ergibt sich Folgendes: Das Bundesverfassungsgericht hat in BVerfGE 38, 258, S.270f. darauf hingewiesen, dass eine Entwicklung besteht, in deren Verlauf die öffentliche Hand in wachsendem Umfang im Bereich der Daseinsvorsorge Aufgaben übernehme, die unmittelbar oder mittelbar der persönlichen Lebensbewältigung des einzelnen Bürgers dienten. Der Staat handelt insoweit nicht als „Wohltäter“, der sich auch wieder zurückziehen könnte, sondern nimmt hier seine Verpflichtungen aus dem Sozialstaatsprinzip wahr. Das Bundesverfassungsgericht zählt in diesem Zusammenhang die Einrichtungen der Energie- und Wasserversorgung, des Nahverkehrs, der Abfallbeseitigung, der Krankenhäuser, Altenheime und Kindergärten wie auch sonstige Maßnahmen zum Ausbau der örtlichen „Infrastruktur“ im weiteren Sinne auf.“ (Broß 2014, 14ff.)

Abwärts-Wettlauf – Race to the Bottom: Wie sich die Privatisierung auf die Menschen auswirkt

How Outsourcing Public Services Rewards Corporations and Punishes the Middle Class
Broschüre (pdf) von In The Public Interest (Juni 2014)

TTIP gefährdet kommunale Spielräume

Der kommunalpolitische Antrag der Fraktion DIE LINKE & PIRATENPARTEI zum TTIP wurde einstimmig im Oldenburger Rat verabschiedet!

Gefährdung kommunaler Handlungsspielräume durch das Abkommen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)
Antrag vom: 07.05.2014

An den
Oberbürgermeister
Herrn Dr. Schwandner
Markt 1
26122 Oldenburg
Sehr geehrter Herr Dr. Schwandner,

die Gruppe Die Linke./Piratenpartei beantragt zur Ratssitzung am 26.05.14 den Tagesordnungspunkt

Gefährdung kommunaler Handlungsspielräume durch das Abkommen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)

zu behandeln.

Dazu stellen wir den folgenden Antrag:

1. Der Rat der Stadt Oldenburg fordert das Europäische Parlament auf, dem Abkommen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), solange nicht zuzustimmen bis gesichert  ist, dass die Wahrung der europäischen Sozial- und Umweltstandards sowie der Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge nicht dadurch gefährdet werden können.

2. Bei den gegenwärtig laufenden Verhandlungen kommt es darauf an, dass die EU-Kommission sich mit Nachdruck dafür einsetzt, dass die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche, wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich, vom derzeit mit den USA verhandelten Freihandelsankommen – und allen weiteren Handelsabkommen – explizit ausgeschlossen wird.

3. Eine Schwächung bestehender Arbeitnehmerrechte, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards sowie Finanzmarktregeln durch TTIP oder CETA ist inakzeptabel. Politische Handlungsspielräume dürfen nicht beschränkt werden.
Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten. Wirtschaftliches Handeln muss zugleich auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen, wie es das Grundgesetz in Art 14. formuliert.  Die Kontrolle  staatlicher Einschränkungen obliegt den Gerichten. Banken und Konzerne dürfen daneben keine neuen Klagerechte gegen Staaten (Investor-State-Dispute-Settlement, ISDS) vor privaten Schiedsgerichten erhalten, die nicht demokratisch legitimiert sind.

4. Der bisherige Prozess der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA ist in höchstem Maße intransparent und vernachlässigt erheblich die Rechte der gewählten Parlamentarier auf europäischer, nationaler und Länderebene sowie die der Kommunen. Der Rat der Stadt  fordert die EU-Kommission auf, das Mandat über die Verhandlungen offen zu legen und über den Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten. Geheimverhandlungen sind sofort zu beenden.

Begründung:
Seit Mitte 2013 verhandeln EU und USA offiziell über ein Transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen, das sogenannte TTIP. Insbesondere durch eine Angleichung von Normen und Standards soll der größte Handelsraum der Welt entstehen. Auf den Verhandlungstisch kommt alles: Finanzmarktregeln, Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards und vieles mehr. Ganz grundsätzlich zielt das Abkommen darauf ab, durch Investitionsschutzbestimmungen die Entscheidungsfreiheit demokratisch gewählter Parlamente einzuschränken.
Die globalisierungskritische Organisation Attac befürchtet: „Das öffentliche Beschaffungswesen soll auf allen Ebenen geöffnet werden. Soziale und ökologische Aspekte könnten dann nur noch sehr eingeschränkt bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden. Dies könnte auch als Einfallstor dienen, um die Wasserversorgung (selbst in den USA noch überwiegend in kommunaler Hand) zu privatisieren. Die Folge einer solchen Privatisierungswelle wären steigende Preise und sinkende Qualität.“
Streitfälle sollen nicht vor den Gerichten der souveränen Staaten sondern von demokratisch nicht legitimierten Schiedsgerichten entschieden werden. Die konkreten Inhalte der Verhandlungen werden geheim gehalten.
In der Konsequenz steht zu befürchten, dass Staaten künftig lieber auf Verbesserungen im Verbraucherschutz, bei Sozialstandards oder im Umweltbereich verzichten, als sich mit transnationalen Großkonzernen anzulegen. Attac nennt die Klage des schwedischen Vattenfall-Konzerns – nach dem Atomausstieg klagt der Energiekonzern vor einer internationalen Schiedsstelle auf 3,7 Mrd. Euro Schadensersatz – als Beispiel für eine solche undemokratische Praxis.

Das Abkommen wird für die Mitgliedstaaten der EU von der Europäischen Kommission verhandelt. Grundlage dieser Verhandlungen ist ein vom Rat erteiltes Mandat, welches jedoch nicht veröffentlicht wird. Nach Abschluss der Verhandlungen müssen das Europäische Parlament und der Rat dem Vertragstext des Abkommens im Ganzen zustimmen oder ihn ablehnen. Nach Abschluss des Freihandelsabkommens wird dieses für die Mitgliedstaaten bindend. Damit wird es Anwendungsvorrang vor dem europäischem Sekundärrecht, wie beispielsweise Verordnungen und Richtlinien, sowie nationalem Recht haben. Dieses rechtliche Gewicht des Abkommens verstärkt seine mögliche Bedeutung für die kommunale Daseinsvorsorge.

Der Deutsche Städtetag hat darauf hingewiesen:

Je nach Ausgestaltung und Wortlaut des Abkommens, könnten Teile der kommunalen Daseinsvorsorge unter den Anwendungsbereich der Handels- und Investitionspartnerschaft fallen. Auch wenn sich das Handelsabkommen nicht direkt mit den Organisationsformen und -aufgaben der öffentlichen Verwaltung befasst, können sich die Inhalte des Abkommens indirekt auf die kommunale Organisationsfreiheit auswirken. Beschränkend für die Organisationsfreiheit könnte sich beispielsweise eine Marktzugangsverpflichtung auswirken. Diese untersagt lokale Monopole und ausschließliche Dienstleistungserbringer. Somit würde einer Kommune zwar nicht vorgeschrieben, wie sie die öffentliche Daseinsvorsorge zu erbringen hat. Die Marktzugangsverpflichtung könnte jedoch dazu führen, dass neben den kommunalen auch private Unternehmen die Daseinsvorsorgeaufgaben wahrnehmen können müssen und Rechtsformeinschränkungen für die Erbringung nicht zulässig sind.

Daher ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge prinzipiell nicht von einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft erfasst sind. Dies gilt ebenso für das seit Juni 2013 von der EU-Kommission verhandelte „Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen“
(Trade in Services Agreement – TiSA), welches nationale Dienstleistungsmärkte öffnen soll.

Die Erbringung zahlreicher Aufgaben der Daseinsvorsorge durch kommunale und öffentliche Einrichtungen hat in unserer Gesellschaft eine lange Tradition und hat sich bewährt. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass die Steuerung und Kontrolle der Leistungen der Daseinsvorsorge durch demokratisch legitimierte kommunale Vertretungskörperschaften erfolgt. Damit stellt die kommunale Daseinsvorsorge ein wichtiges Element eines bürgernahen Europas dar, dem die EU und die Mitgliedstaaten gleichfalls verpflichtet sind.

Die öffentliche Daseinsvorsorge darf daher insbesondere in den Bereichen, in denen sie wichtige Aufgaben in nicht-liberalisierten Märkten wahrnimmt, keinesfalls einer Liberalisierung unterworfen werden. Darunter fällt insbesondere die Wahrnehmung der Aufgaben in der Wasserver- und Abwasserentsorgung.

Diese Bereiche dürfen, vor dem Hintergrund des gerade erzielten Erfolges für die öffentliche Wasserwirtschaft in der Konzessionsvergaberichtlinie der EU, nicht wiederholt angetastet werden. Dies gilt gleichermaßen für die traditionell seitens der Länder und der Kommunen geleistete Kulturförderung. Der Erhalt von eigenen Einrichtungen, wie Theatern, Museen und Bibliotheken und die Förderung von zivilgesellschaftlichem sowie ehrenamtlichem Engagement sind gemeinwohlerhaltende und wichtige Bestandteile der kommunalen Daseinsvorsorge. Die Kommunen dürfen in der Erbringung auch dieser Aufgaben keinesfalls durch ein Handelsabkommen eingeschränkt werden. Darüber hinaus sind insbesondere auch die sozialen Daseinsvorsorgeleistungen zu nennen. Die Erbringung dieser Leistungen durch Kommunen und die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme sowie die kommunale Kompetenz in der Krankenhausversorgung müssen weiterhin gewährleistet sein und dürfen durch den Abschluss eines Handelsabkommens keiner Einschränkung unterliegen. (Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages auf seiner 209. Sitzung am 12. Februar 2014 in München)

Mit freundlichem Gruß
Hans-Henning Adler
Fraktionsvorsitzender

BVÖD zu TTIP: Öffentliche Dienstleistungen müssen rausgenommen werden!

Pressemitteilung Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen* (bvöd):

05.06.2014

„TTIP muss Qualität und Vielfalt der öffentlichen Daseinsvorsorge garantieren“

Unternehmen und Verbände der öffentlichen Wirtschaft positionieren sich zu geplanter transatlantischer Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP

Berlin, 05.06.2014. Unternehmen und Verbände der öffentlichen Wirtschaft haben sich in einem gemeinsamen Positionspapier zur Rolle der öffentlichen Daseinsvorsorge in der geplanten transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der EU und den USA geäußert. Gegenüber der Bundesregierung bringen sie darin zum Ausdruck, dass in dem Verhandlungsmandat der EU die Rolle der öffentlichen Dienstleistungen und der Daseinsvorsorge nicht ausreichend beachtet wird. Für Deutschland bedeutet das eine Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung sowie der Vielfalt bei der Erbringung der Daseinsvorsorgeleistungen.

„Es ist Konsens in der Europäischen Union, dass öffentliche Dienstleistungen als fundamentale Grundlage der Gesellschaft eine besondere Aufgabe erfüllen und nicht im selben Umfang den Wettbewerbs- und Marktregeln unterliegen wie andere Dienstleistungen“
, sagt Hans-Joachim Reck, Präsident des Bundesverbandes Öffentliche Dienstleistungen (bvöd).

„Der Vertrag von Lissabon ermöglicht den nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage, wie öffentliche Dienstleistungen organisiert werden, einen weiten Ermessensspielraum. Wir fordern daher, dass diese Gestaltungsfreiheit und die Vielfalt der Erbringungsformen nicht durch den im TTIP angestrebten unbegrenzten Marktzugang gefährdet wird.“

Grundsätzlich begrüße man das Abkommen als Chance für Wachstum und Wohlstand durch eine vertiefte ökonomische Zusammenarbeit, eine verbesserte internationale Arbeitsteilung und die Verbesserung internationaler Wertschöpfungsketten durch Angleichung und Harmonisierung technischer Normen und Standards. Jedoch muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass die öffentlichen Dienstleistungen vom Anwendungsbereich eines transatlantischen Marktzugangs ausgenommen werden, um die hohe Qualität dieser Dienstleistungen in Deutschland weiter zu garantieren, so Reck.

Auch die Möglichkeit der örtlichen Behörden zur Direktvergabe von öffentlichen Dienstleistungen dürfe nicht als Handelshemmnis angesehen und über internationale Schiedsgerichte von Unternehmen angegangen werden.

Positionen und Forderungen des Bundesverbandes Öffentliche Dienstleistungen zu den Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen den USA und der Europäischen Union (TTIP) (pdf)

Zum Artikel

*Der Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen (bvöd) ist ein Zusammenschluss von kommunalen und regionalen öffentlichen Unternehmen, Kommunalverbänden, Fach- und Wirtschaftsverbänden der öffentlichen Wirtschaft, von öffentlichen Arbeitgeberverbänden und der öffentlichen Verwaltung.

 

Referendum Thessaloniki: Der Durst Europas nach mehr Demokratie

EUDYSSEE.NET – Neues aus dem alten Europa
20.05.2014

Der Durst Europas nach mehr Demokratie
Von EUdysseus

Parallel zur ersten Runde der Kommunalwahlen waren die Bürger von Thessaloniki am Sonntag dazu aufgerufen, über die Privatisierung des städtischen Wasserwerks abzustimmen. 98% der Wähler votierten ‚Oxi’ und sprachen sich somit gegen den Verkauf der Firma EYATH aus. Aber: Das Referendum ist inoffiziell. Noch am Samstag erklärten das Innenministerium und der oberste Gerichtshof in Athen die Abstimmung für illegal. Und trotzdem: 218.000 Menschen gaben ihre Stimme ab.

[…]

Das für viele bereits totgeglaubte Europa zeigt dabei vor allem eins: Trotz Krisenpolitik und Zwangsprivatisierungen, trotz mangelnder Transparenz der Verwaltungen und der Wirtschaft: Politik ist Sache des Volkes. Der Weg zu einem vereinten Europa darf nicht an der Einbeziehung der Bürger in politische Entscheidungen vorbeiführen. „Es geht hier nicht einfach um Wasser, sondern um die Demokratie als solche“ , erklärt auch Janna Tsokou von Soste To Nero. Wie die Regierung in Athen jetzt mit den deutlichen Ergebnissen des Referendums umgeht bleibt abzuwarten. Eine offizielle Reaktion gab es bisher nicht.[…]

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