Zum Thema LexOlympia: Mehr Mitsprache für Bürger

taz
29.01.2015

Direkte Demokratie
Mehr Mitsprache für Bürger
Von Stefan Alberti

Die Opposition will die Berliner via Verfassungsänderung nicht nur bei den Olympischen Spielen, sondern auch bei anderen Großprojekten entscheiden lassen.

Der Opposition reicht die von Innensenator Frank Henkel (CDU) für September geplante einmalige Bürgerbefragung zur Olympia-Bewerbung nicht aus: Grüne, Linkspartei und Piraten wollen das Thema grundsätzlicher angehen und streben eine Verfassungsänderung* an, über die die Bürger am 26. April abstimmen sollen. Die würde die Olympia-Abstimmung nicht nur politisch, sondern auch rechtlich verbindlich machen.

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* Die Beschlussempfehlung Drucksache 17/2072

Kommentar Wassertisch: Der Hinweis auf die Stellungnahme der zwei Jura-Professoren in diesem Artikel ist sehr wichtig. Wichtige Argumente der beiden Kritiker gegen Plebiszite von oben werden in der Diskussion bisher nicht berücksichtigt. Denn es bleibt zu fragen, ob es überhaupt wünschenswert ist, in die Verfassung die Möglichkeit für Plebiszite von oben hineinzuschreiben. Leider fehlen im Artikel die Namen der Jura-Professoren und ein Link zu ihrer Stellungnahme .
In ihrer ausführlichen verfassungsrechtliche Stellungnahme weisen Prof. Dr. Hermann Heußner und Prof. Dr. Arne Pautsch darauf hin, dass das von der Regierungskoalition auf den Weg gebrachte Gesetz ein „Plebiszit von oben“ sei, das fünf mal gegen die Verfassung von Berlin verstoße.

  1. „Nicht nur das Volk, sondern auch die Regierung bzw. die Parlamentsmehrheit will nun die Möglichkeit haben, Abstimmungen des Volkes herbeizuführen. Dies will die Verfassung jedoch gerade nicht.“
  2. „Das Plebiszit von oben ermöglicht es der Regierung bzw. Regierungsmehrheit, sich aus der Verantwortung zu stehlen.“
  3. „Das Plebiszit entwertet die Wahlen und die Volksrechte „von unten“. Denn die Regierungsmehrheit kann sich jederzeit zwischen den Wahlen eine neue Legitimation durch das Volk beschaffen.“
  4. Die Einführung der konsultativen Volksbefragung unterläuft das nach Art. 62 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung vorgesehene Recht, Volksbegehren im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses auch darauf zu richten, sonstige Beschlüsse zu Gegenständen der politischen Willensbildung zu fassen. Die Entscheidung über die Olympia-Bewerbung ist ein solcher Gegenstand der politischen Willensbildung, bei dem aber die durch Art. 62 Abs. 1 Satz 2 vom Verfassungsgeber intendierte Entscheidungsbefugnis über Gegenstand und Frage dem Volk dergestalt entzogen wird, dass diese auf das Abgeordnetenhaus verlagert wird, indem § 1 Abs. 2 des Olympia-Volksbefragungsgesetzes diese Frage verbindlich vorwegnimmt.“ (Hervorhebung: Wassertisch)
  5. „Der Senatsvorschlag gibt nur der Parlamentsmehrheit das Recht, eine Volksabstimmung herbeizuführen. Dies verletzt das Recht der Opposition auf politische Chancengleichheit nach Art. 38 Absatz 3 Satz 2 der Berliner Verfassung.“

 

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