Privatisierung des Wassers
Input-Referat von Wolfgang Rebel, Berliner-Wassertisch (Muskauer Straße)
anlässlich eines Studienkollegs am 6. Juli 2014 an der Humboldt-Universität Berlin
Guten Tag. Vielen Dank, dass ich heute zu Ihnen als Vertreter der Bürgerinitiative Berliner-Wassertisch sprechen darf. Thema ist der Stand der politischen Debatte zur Wasser-Privatisierung, wobei in Berlin dazu besondere Erfahrungen gemacht werden konnten. Um der Sache einigermaßen gerecht zu werden, muss ich ein klein wenig ausholen, bevor ich auf Details der Wasserprivatisierung zu sprechen komme.
- Privatisierung – für und wider (generell)
Da ist zunächst einmal die ganz allgemein gestellte Frage: Was spricht für – was gegen Privatisierung? Was soll privatisiert werden – was soll in der Hand des Staates verbleiben? Da gibt es häufig das Argument, die Privaten könnten es besser als der Staat, die Privaten stünden für Leistung und Dynamik, der Staat aber repräsentiere Schlendrian und Unfähigkeit. Staatliche Institutionen seien häufig nur dazu da, um Posten für abgehalfterte Politiker bereitzustellen.
Auch wenn an dieser Sichtweise durchaus etwas dran ist, lässt Sie folgendes außer Acht: Der Staat arbeitet entsprechend der Verfassung nach demokratischen Prinzipien. Entscheidungen kommen über eine Kette von demokratisch legitimierten Entscheidungen zustande. An deren Spitze steht der Bürger als Souverän. Er kann die politischen Entscheidungsträger wählen oder abwählen. Private Unternehmen müssen dagegen ihren Gewinn und ihr Bestehen am Markt im Auge haben. Bei Aktiengesellschaften steht es sogar klipp und klar im Gesetz: Die Vorstände einer AG sind nur ihren Aktionären verpflichtet.
- Privatisierungen in der Daseinsvorsorge
So sehr man auch im Allgemeinen darüber streiten mag, was der Staat und was private Unternehmen tun sollen: im Bereich der Daseinsvorsorge kann diese Frage ganz klar beantwortet werden: alles, was zur kommunalen Infrastruktur gehört wie Wasser, Gas, Strom, Verkehr und Gesundheit, gehört in kommunale Hand und darf nicht dem Profitinteresse von privaten Unternehmen unterworfen werden. Das wird inzwischen von Bürgerinnen und Bürger auch nicht mehr anders gesehen. So waren 2013 bei einer Umfrage des Tagesspiegels 97 % gegen eine Privatisierung der Wasserversorgung in Europa.
- Die Rolle der Konkurrenz bei der Wasserversorgung
Neben der Qualität sind die in der Daseinsvorsorge anfallenden Kosten ein ganz heißes Thema. So entzündete sich die Diskussion über die Folgen der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe zunächst an den stark gestiegenen Wasserpreisen. Eine Konkurrenz verschiedener Anbieter gibt hier nicht. Wasser und Abwasser sind sogenannte „natürliche Monopole“. Es können eben nicht mehrere Trinkwasser- oder Abwassernetze parallel betrieben werden, um eine Konkurrenzsituation und damit einen Markt zu schaffen. Trotzdem wurde aber so etwas Ähnliches – man kann es kaum glauben – in der EU eine Zeit lang diskutiert. Hintergrund waren die in der EU Administration äußerst starken marktliberalen Tendenzen. Es wurde überlegt, die Frischwassernetze der einzelnen Wasserversorger miteinander zu verbinden und dadurch dem Verbraucher die Wahl eines beliebigen Frischwasseranbieters zu ermöglichen. Diese Initiative scheiterte dann allerdings am Widerstand der Wasserversorger, die zu Recht große qualitative Probleme bei der Mischung unterschiedlichster Wässer darlegen konnten.
Da es sich beim Wasser um ein natürliches Monopol handelt, ist das für private Unternehmen besonders attraktiv. Der ehemalige Vizepräsident des Bundeskartellamt Dr. Stockmann brachte es im Januar bei einem Vortrag in der Urania Berlin auf den Punkt: „Wenn aus öffentlichen Monopolen private Monopole werden, werden private Unternehmen das immer ausnutzen. Aus Löwen macht man keine Veganer.“
- Anhaltende weltweite Bestrebungen zur Ausweitung der Marktorientierung – aktuell besonders durch sogenannte Freihandelsabkommen wie TTIP und TISA – setzen die Wasserprivatisierung erneut auf die Tagesordnung
Weil das Wasser selbst aufgrund seines Monopolcharakters – anders als z.B. die Telekommunikation – nicht der Konkurrenz unterworfen werden kann, muss trotzdem der Markt als Lösungsansatz für alle Probleme auch hier herhalten. Um dies gegenüber einer zunehmend skeptischen Öffentlichkeit durchzusetzen, bedienen sich die Befürworter der Wasserprivatisierung eines einfachen Taschenspielertricks. Wenn nicht das Wasser selbst der Konkurrenz ausgesetzt werden kann, soll nun eine Konkurrenz der Wasser-Dienstleister um Wasser-Dienstleistungen ins Werk gesetzt werden. Da es keine Konkurrenz im Markt geben kann, muss eine Konkurrenz um den Markt geschaffen werden. Dazu hatte die EU-Kommission eine Dienstleistungskonzessionsrichtlinie entworfen, die zu einer europaweiten Ausschreibungspflicht für die meisten kommunalen Wasserversorger und damit zu Privatisierungen durch die Hintertür geführt hätte. Nun könnte man sagen, das ist doch prima: Wenn der billigste Anbieter gewinnt, dann können doch auch die Wasserpreise sinken und alle sind zufrieden. Worin besteht denn dann eigentlich der Taschenspielertrick? Aufgepasst: er besteht in Folgendem: er lässt außer Acht, dass ich Wasser in guter gleichbleibender Qualität jeden Tag brauche während eine neue Dienstleistungskonzession aber nur alle 20 bis 30 Jahre benötigt wird. Ob der Konzessionsnehmer kontinuierlich eine preislich und qualitativ gute Dienstleistung abliefert, kann innerhalb dieses langen Zeitraums kein Markt regeln. Das geht nur hilfsweise: Über Festlegungen in entsprechenden Konzessionsverträgen und über eine staatliche Kontrolle der dort festgelegten Qualitätsmerkmale und Leistungen. Um solch eine Kontrolle zu gewährleisten muss der Staat aber eine Regulierungsbehörde als Kontrollinstanz aufbauen. Oder er spart sich gleich diese Kosten und vertraut den privaten Dienstleistungsunternehmen.
Das Ganze nennt sich dann meist Öffentlich Private Partnerschaft ÖPP oder englisch Public Private Partnership, abgekürzt PPP. Der Begriff Partnerschaft soll Gleichberechtigung und Vertrauen in der Öffentlichkeit suggerieren. Denn was in der Praxis üblicherweise passiert ist ja Folgendes: Zuerst versuchen die Privaten, die Preise zu erhöhen. Dann werden die Investitionen zurückgefahren. Das geht auch eine Zeit lang gut. Bei einem Zeithorizont von 20 bis 30 Jahren und bei einer möglichen Nutzungsdauer von 100 Jahren bei Rohren und Kanälen machen die Privaten natürlich keine nachhaltige Investitionsplanung. Wenn unumgängliche Reparaturen am Netz als Investitionen ausgewiesen werden, fällt der Investitionsrückgang nicht zu sehr auf. Sind die Schäden schließlich doch zu groß, muss dann wieder der Staat einspringen. (So z. B. geschehen beim Engagement von RWE bei der Londoner Wasserversorgung)
Vor allem kleinere Kommunen fürchten den Aufwand und die Kosten für Ausschreibungen. Da die abzuschließenden Verträge einerseits sehr wichtig, andererseits aber immer rechtlich kompliziert sind, fallen dafür hohe Beratungskosten an. Bei europaweiten oder weltweiten Ausschreibungen kommen verständlicherweise eher die großen internationalen Wasserkonzerne zum Zuge, denn sie werden die günstigsten Angebote abgeben, um den Konzessionsmarkt aufzurollen und ihre Machtpositionen auszubauen. Außerdem können sie sich eine große Rechtsabteilung leisten.
- Bürgerengagement sorgt 2013 für die Herausnahme des Wassersektors aus der europäischen Dienstleistungskonzessionsrichtlinie
Die europäische Bürgerinitiative right2water – „Wasser ist ein Menschenrecht“ sammelte ca. 1,6 Mio. Unterschriften gegen die Marktorientierung der EU-Kommission beim Wasser und erreichte damit – quasi als Nebeneffekt – die Herausnahme des Wassersektors aus der Konzessionsrichtlinie.
Aber schon ist die nächste Runde der Auseinandersetzung um die Wasserprivatisierung eingeläutet. Sogenannte Freihandelsabkommen wie TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen USA und der EU sowie TISA (Trade in Services Agreement), sollen jetzt auch den Boden für erneute Wasserprivatisierung bereiten. Das weltweite TISA Abkommen soll sogar die Bestimmung enthalten, dass jede Privatisierung einer öffentlichen Dienstleistung niemals mehr rückgängig gemacht werden darf. Eine weitere Europäische Bürgerinitiative wird gegen TTIP vorbereitet.
- Wasser gehört zur kommunalen Infrastruktur, zur „Daseinsvorsorge“
– Wasser ist absolut existenziell
Sauberes Trinkwasser ist für uns Menschen absolut existentiell. Wir können wesentlich länger ohne Nahrung auskommen als ohne Wasser. Die Kindersterblichkeit hat unmittelbar etwas mit der Versorgung mit sauberem Trinkwasser zu tun. Knapp eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, für 2,6 Milliarden Menschen gibt es keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen. Am 28. Juli 2010 wurde das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt.
– Gefahren für die Verfügbarkeit und Qualität des Wassers abzuwehren ist Sache des Staates
Sauberes Wasser gehört zu den Gütern der Daseinsvorsorge, die der einzelne Bürger sich nicht selbst verschaffen kann. Deshalb muss es Aufgabe des Staates sein, Gefahren für die Verfügbarkeit und Qualität des Wassers abzuwehren. Diese generelle Verantwortung des Staates für die öffentliche Infrastruktur der Daseinsvorsorge ist eine unmittelbare Ausprägung des Sozialstaatsprinzips unseres Grundgesetzes.
- Privatisierungen um Geld in die Staatskassen zu bekommen
Privatisierungen erfreuen sich besonders dann großer Beliebtheit, wenn die öffentlichen Kassen klamm sind oder bereits große Löcher aufweisen. Der in diesem Zusammenhang häufig verwendet Begriff des „Tafelsilbers“, suggeriert, dass etwas Überflüssiges verkauft würde. Das Problem dabei ist nur: man kann es nur einmal verkaufen. Wenn z.B. ein Wasserbetrieb wieder vollständig zurück in kommunale Hand kommen soll, dann wird das sehr schwierig, oder zu teuer. Häufig ist es unmöglich.
Weil aber in den öffentlichen Haushalten ständig Geld fehlt, gibt es angeblich immer wieder Gründe für Privatisierungen – auch im Bereich der Daseinsvorsorge.
- Privatisierungen der Daseinsvorsorge berühren die Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes, die jedoch nicht unmittelbar einklagbar sind
– Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass die Ausübung staatlicher Macht nur auf der Grundlage der Verfassung und von verfassungsmäßig erlassenen Gesetzen mit dem Ziel der Gewährleistung von Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zulässig ist. Wird aber staatliche Macht an private Unternehmen übertragen, können sich hier Probleme ergeben. So basiert die von der Fraktion der Piraten im Abgeordnetenhaus von Berlin gegen den Senat vor kurzem eingereichte Organklage in Sachen Wasser auf der Tatsache, dass die staatlichen Privatisierungsbefürworter versäumt hatten, die in den Wasserverträgen enthaltene Gewinn-Ausfallgarantie durch ein Gesetz zu legitimieren.
– Der Sozialstaat verfolgt das Ziel, Menschen insbesondere in unverschuldeten Notlagen, die sie aus eigener Kraft nicht mehr bewältigt werden können, zur Seite zu stehen und darüber hinaus durch langfristig angelegte Maßnahmen diesen Notlagen vorzubeugen. Es wird dabei oft übersehen: die öffentliche Infrastruktur im Bereich der Daseinsvorsorge ist unmittelbar eine Ausprägung des Sozialstaatsprinzips. Wenn der Staat in solchen unverschuldeten Notlagen den Menschen nicht mehr helfen will oder nicht mehr helfen kann ist die Demokratie in Gefahr, da dies populistische radikalen Tendenzen verstärkt, wie das jetzt beispielsweise in Griechenland beobachtet werden kann.
– Das Demokratieprinzip bedeutet unter anderem, dass es eine vom Souverän – also vom Wähler – ausgehende ununterbrochene Legitimationskette geben muss – bis hin zu derjenigen Person, die letztlich wichtige Entscheidungen im Bereich der Daseinsvorsorge trifft. Das wäre z.B. im Bereich Wasser die Entscheidung, ob eine Verbesserung bei der Behandlung des Abwassers eingeführt wird, auch wenn das teure zusätzliche Anlagen erfordert. Dieses Prinzip wurde nach unserer Auffassung bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe größtenteils außer Kraft gesetzt.
- Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe
– Historie
Die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe wurde 1999 von der Großen Koalition aus CDU und SPD durchgesetzt. Sie wurde begründet mit der schwierigen finanziellen Situation des Landes. Die Vorbereitungen dazu hatten aber schon wesentlich früher begonnen: 1996 mit einer SPD Arbeitsgruppe zur Vermögensaktivierung. Mitte 1998 wurde zur Vorbereitung der Privatisierung die Berlinwasser-Holding AG gegründet. Im Haushalt waren für 1998 6 Mrd. DM als Einnahmen aus Verkäufen eingeplant. Die Finanzsenatorin Fugmann-Heesing hatte sich damit in eine Situation gebracht, in der der Teilverkauf der Wasserbetriebe zu einem hohen Preis unbedingt gelingen musste. Im Parlament wurde dann die Teilprivatisierung in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses der 13. Wahlperiode beschlossen. Das neue Parlament war da schon gewählt, die Abgeordneten hatten sich wegen des Wahlkampfes kaum mit dem Thema beschäftigen können.
– Die gesellschaftsrechtliche Konstruktion
Die gesellschaftsrechtliche Konstruktion der Wasserbetriebe ist seitdem äußerst kompliziert. Neben den eigentlichen Wasserbetrieben in Form einer Gesellschaft des Öffentlichen Rechts wurden extra eine Holding gegründet und drei Stille Gesellschaften, über die sich die privaten Wasserkonzerne formal an der Holding AG, faktisch aber auch an den eigentlichen Wasserbetrieben, also der AöR beteiligen. Über die Investitionsgesellschaft erlangten RWE und Veolia als Investoren mithilfe des Vorschlagsrechts für die Vorstände direkten steuernden Einfluss auf die gesamten Wasserbetriebe, obwohl sie formal nur eine Minderheit der Aktien, nämlich 49,9 % halten. (GRAFIK)
– Die wechselseitige Verschränkung von Privatisierungsverträgen und Teilprivatisierungsgesetz
Der rechtliche Rahmen der Privatisierung bestand aus zwei Dingen: den privatrechtlichen Verträgen und aus dem eigens geschaffenen Teilprivatisierungsgesetz. Diese beiden Elemente sind miteinander verschränkt und wechselseitig aufeinander bezogen. Im Teilprivatisierungsgesetz wurde etwa ermöglicht, dass sich auch eine juristische Person des privaten Rechts mit einer stillen Gesellschaft an den BWB als Anstalt öffentlichen Rechts beteiligen konnte. Außerdem erlaubte das Gesetz bei der Festlegung der Wassertarife, dass in die Kalkulation der Wasserpreise auch eine kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals der BWB eingehen konnte, wodurch die Wasserpreise und der Gewinn der BWB steigen konnten. Die Höhe dieser kalkulatorischen Verzinsung wurde ebenfalls in diesem Gesetz festgelegt, wobei nach einer Ableitung der Zinshöhe aus der Rendite von Bundesanleihen noch einmal einfach 2 % obendrauf gelegt wurden.
– Die Gewinngarantie
In den Privatisierungsverträgen, die der Senat mit den privaten Wasserkonzernen abschloss war auch eine Gewinngarantie, genauer eine Gewinnausfallgarantie enthalten. Hier verpflichtete sich das Land Berlin dazu, unter bestimmten Umständen Gewinne des Landes aus den Wasserbetrieben an die Privaten abzutreten oder sogar aus dem Landeshaushalt auszugleichen. Die war für den Fall vorgesehen, dass ein Verfassungsgericht den im Teilprivatisierungsgesetz erlaubten kalkulatorischen Kostenansatz bei der Tarifgestaltung ganz oder in Teilen aufheben könnte. Um es kurz zu machen: dieser Fall trat auch tatsächlich ein und zwar kurz vor der Zustimmung des Abgeordnetenhauses zur Teilprivatisierung selbst.
– Akteure der auslaufenden Debatte
– Bürgerinitiative
Der Berliner Wassertisch hielt diese Konstruktion von Anfang an für verfassungswidrig und erreichte 2011 die Offenlegung der bis dahin geheimen Wasserverträge durch einen erfolgreichen Volksentscheid. Auf seine Initiative hin, reichte die Piratenfraktion Ende April eine Organklage gegen die Beschneidung des parlamentarischen Budgetrechts und die vertragliche Gewinngarantie ein. Diese Klage wurde jetzt am 20. Juni 2014 wegen Verfristung vom Verfassungsgericht zurückgewiesen. Das Gericht hat sich deshalb mit den offensichtlich verfassungswidrigen Privatisierungsverträgen nicht inhaltlich befasst. Immerhin führte die Einreichung der Organklage mit dazu, dass sich 2013 neben RWE auch der zweite Wasserkonzern Veolia aus dem Berliner Wassergeschäft zurückzog.
– Parteien
Alle Parteien hatten nach dem Volksentscheid geäußert, dass man solche Verträge niemals wieder abschließen würde. SPD und CDU als Regierungsparteien waren zwar in einem Sonderausschuss zur Prüfung der Verträge, lehnten aber die Finanzierung von unabhängigen Gutachten ab. Dafür wurde kein Cent bewilligt. Die Oppositionsparteien stimmten dem Abschlussbericht des Sonderausschusses nicht zu, sondern verfassten alternative Abschlussberichte.
– Die Wasserkonzerne
Sie berufen sich darauf, dass immer alles nach Recht und Gesetz zugegangen sei. Nach seinem Rückzug verkündete Veolia, nun kein Geld mehr für Projekte etwa im Naturschutz zur Verfügung zu stellen.
– Positionen der gegenwärtigen Debatte
SPD und CDU behaupten, der Rückkauf der Anteile der beiden privaten Anteilseigner erfülle den Wunsch der Bürger nach einer Rekommunalisierung der Wasserbetriebe. De facto hat sich jedoch nach dieser formalen Rekommunalisierung nicht wirklich etwas geändert.
Die Bürgerinitiative stellt fest, dass der Einfluss des Landes auf die Wasserbetriebe nicht wirklich zugenommen hat. Die von den Privaten eingesetzten Vorstände sind nach wie vor im Amt, Veolia stellt einen Sitz im Aufsichtsrat der Wasserbetriebe. Die alte gesellschaftsrechtliche Konstruktion ist nach wie vor in Kraft.
Insbesondere die SPD und der parteilose Finanzsenator behaupten, der Rückkauf der Anteile der Privaten sei zu einem günstigen Preis und haushaltsneutral erfolgt.
Oppositionsfraktionen und Bürgerinitiative sagen: Der Rückkaufpreis war überhöht, weil der Unternehmenswert durch die Kartellamtsverfügung (ca. um 30 % missbräuchlich erhöhte Wasserpreise) hätte sinken müssen. Die Finanzierung über die bisherigen Gewinne von RWE und Veolia aus den Wasserpreisen ist unsozial und unsolide. Dazu müssen die Wasserpreise dauerhaft hoch bleiben. Die niedrigen Darlehenszinsen können über die Laufzeit von 30 Jahren höchstwahrscheinlich nicht aufrechterhalten werden. In der Kalkulation der Wasserpreise sind nach wie vor hohe kalkulatorische, d.h. fiktive Kosten enthalten, die als unsoziale Sondersteuern von allen Berlinerinnen und Berlinern bezahlt werden müssen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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