Stadtwerke Solingen – erst teilprivatisiert, jetzt wieder vollständig rekommunalisiert!

Zusammenfassung der Entwicklung in Solingen:
Stadtwerke Solingen –  erst teilprivatisiert, jetzt wieder vollständig rekommunalisiert!

Wird die Energiewende endlich auch in Solingen umgesetzt?

Zum Jahr 2002 hat die Stadt Solingen 49,9 % der Anteile ihrer Stadtwerke für 125 Mio. Euro an die MVV Energie AG verkauft. Ein Rückkauf sollte erst nach 20 Jahren möglich sein. Mit dem Kaufvertrag kam zusätzlich ein rechtlich sehr umstrittener „Löschwasservertrag“ zustande, der der MVV jährlich mehr als 600.000 Euro für die „Bereitstellung“ von Löschwasser garantierte. Damit war das Löschwasser in Solingen (165.000 Einwohner) etwa genauso teuer wie das Bier.

Etwa 2007 steigerte sich langsam der Unmut: von den Versprechungen der MVV, Solingen zum „Brückenkopf“ der Energieversorger in NRW zu machen, blieb nichts übrig. Stattdessen wurden Arbeitsplätze abgebaut, forderte die MVV AG immer höhere Renditen, versuchte die verschiedenen Geschäftsbereiche von Solingen nach Mannheim auszulagern und die Netzgewalt zu erlangen.
Investitionen für die Erzeugung dezentraler nachhaltiger Energie wurden von der MVV AG stets blockiert.

Ein erstes Gutachten, von der Stadt Solingen in Auftrag gegeben, empfahl im Februar 2011 Verhandlungen mit der MVV AG, die jedoch zu keinem befriedigenden Ergebnis führten. In der Renditefrage konnte man sich überhaupt nicht einigen.
Am 02.02.2012 wurde dann von einer knappen Mehrheit im Rat (SPD, BFS, die Grünen, DSW und Solingen Aktiv) beschlossen, Verhandlungen über den Rückkauf einzuleiten.
Innerhalb der ersten sechs  Monate des Jahres 2012 organisierte die B. I. „Solingen gehört uns!“ zusammen mit dem DGB und  Attac-Solingen 6 Veranstaltungen mit hochkarätigen Referenten zum Thema „Rekommunalisierung“.

Überraschend für alle kam es dann schon zum 1. Oktober 2012 zur vollständigen Rekommunalisierung der SWS: für 115 Mio. € kaufte die Stadt Solingen ihre Anteile vorzeitig zurück.
Die Stadt Solingen hatte das Geld aus dem Verkauf der Anteile 2002 nicht ausgegeben, sondern über die inzwischen pleite gegangene Bank Sal. Oppenheimer  in zwei renditemäßig äußerst schlecht laufende Fonds angelegt. Sich von dieser schlechten Geldanlage zu trennen, war mit ein Rückkaufsargument.

Damit war das Kind aber noch nicht im sicheren Hafen; CDU, FDP und FBU drängten sofort zur Suche nach einem neuen „strategischen Partner“, möglichst schon zum 1. Quartal des Jahres 2013.
Aber auch in der Solinger SPD gibt es eine Strömung, die lieber mit einem neuen „strategischen Partner“ weitermachen möchte, anstatt endlich auch in Solingen die Energiewende in kommunaler Hand umzusetzen.
Es waren bereits Kontakte zur RheinEnergie AG geknüpft worden, die sich beim von der SPD organisierten, nichtöffentlichen SWS-Fachtag am 20.12.2012 als der ideale Partner vorstellte. „Wir sind fast schon so etwas wie ein genossenschaftliches Unternehmen.“,  äußerte sich der Geschäftsführer der ReinEnergie AG, Dr. Dieter Steinkamp.

Am 19. Januar veranstalteten „Bündnis 90 / Die Grünen“ einen Informationstag für die Öffentlichkeit. Alternativen zu einem „strategischen Partner“ wurden vorgestellt und diskutiert.
Am 28. Januar soll es erstmalig eine Mitgliederabstimmung innerhalb der Solinger SPD geben, deren Ergebnis den Standpunkt der SPD in der entscheidenden Ratssitzung am 21. Februar bestimmen wird.
Sollte sich die SPD für einen neuen „strategischen Partner“ entscheiden, würde die Ratsmehrheit auseinanderbrechen. Damit wäre es mit der Energiewende in kommunaler Hand vorbei.
Bisher betrug der Anteil an erneuerbarer Energie in Eigenproduktion in Solingen gerade einmal 1 %. Das muss sich ändern!

Im Moment sieht es so aus, als könnte es eine mehrheitliche Basis für die Energiewende in kommunaler Hand geben. Sicher ist für mich alles aber erst, wenn am 21. Februar der Ratsbeschluss dazu erfolgt ist.

Sollte es jedoch wider jetziger Erwartungen zu dem Beschluss kommen, dass ein neuer „strategischer Partner“ in die SWS eingebunden werden soll, wird die Bürgerinitiative „Solingen gehört uns!“ sofort ein Bürgerbegehren in die Wege leiten. Attac-Solingen, die Grünen, DSW, die Piraten und mehrere andere Gruppierungen haben  bereits spontan zugesagt, das Bürgerbegehren zu unterstützen.
Die Stimmung in der Bevölkerung spricht ebenfalls gegen einen neuen „strategischen Partner“. Eine Umfrage am 16. Januar in der „Solinger Morgenpost“ kam zu dem Ergebnis, dass 80 % der Solinger dagegen sind.
Unsere Info-Stände in der Stadt an den letzten beiden Samstagen erzeugten nicht nur ungewöhnlich viel Interesse bei den Passanten; eine ganze Anzahl von Interessierten wollte sogar schon sofort das Bürgerbegehren unterzeichnen.

Beschließt der Rat der Stadt Solingen am 21. Februar, dass die SWS in kommunaler Hand bleiben, muss eine neue Strategie in der Geschäftsführung der Stadtwerke entwickelt werden; die Planung zur Umsetzung der Energiewende, Optimierung und Ausbau in den verschiedenen Geschäftsbereichen der SWS, eine Beteiligung der BürgerInnen in Form von Anteilen oder einer Genossenschaft an Ihren Stadtwerken und vieles mehr. Damit entsteht eine zukunftsfähige und dauerhafte  Wertschöpfung für die Stadt Solingen.

Worauf wir hier allerdings bisher vergeblich warten, ist die bereits am 2. Februar 2012 im Rat beschlossene, sofortige Beteiligung der BürgerInnen an der weiteren Entwicklung der Zukunft der Stadtwerke Solingen. Mehrere Anfragen dazu wurden von Oberbürgermeister Norbert Feith, dem Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft Solingen (BSG) Ernst Schneider und der Verwaltung abgewehrt oder ignoriert.

Birgit Correns
B. I. „Solingen gehört uns!“
www.solingen-gehoert-uns.org

„Wir setzen uns dafür ein, dass alle Konzerne, die sich in die öffentliche Daseinsvorsorge einkaufen wollen, einen großen Bogen um Solingen machen! Dabei möglicherweise entstehende Image-Schäden sind nicht unser Ziel, lassen sich aber nicht immer vermeiden.“

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