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Für einen gerechten Welthandel: Neoliberale Handelsabkommen stoppen!

Abschlusserklärung der Strategie- und Aktionskonferenz des Netzwerks Gerechter Welthandel am 15./16.6.2018 in Frankfurt am Main

Für einen gerechten Welthandel: Neoliberale Handelsabkommen stoppen!

Mit Großdemonstrationen und vielfältigen Aktionen haben wir in den letzten Jahren Druck gemacht – auf die Bundesregierung ebenso wie die EU-Kommission. So ist es den Bündnissen „STOP CETA und TTIP“, „TTIP unfairHandelbar”, der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative „STOP TTIP“ und den vielen lokalen und regionalen Bündnissen gelungen, die geheimen Gespräche über TTIP und CETA in das Licht der Öffentlichkeit zu bringen und die Auswirkungen der neoliberalen Handelsabkommen breit zu thematisieren. Damit haben wir erreicht, dass die Verhandlungen über TTIP mit seinen schädlichen Auswirkungen auf unsere Demokratie sowie soziale und ökologische Standards auf Eis gelegt worden sind.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Entscheidung zum EU-Singapur-Handelsabkommen [Achmea-Urteil] klargestellt, dass internationale Schiedsgerichte nur mit der Zustimmung der nationalen und regionalen Parlamente in Handelsabkommen der EU festgeschrieben werden dürfen. Auch das ist unserem Widerstand zu verdanken.

Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten versucht die Europäische Kommission nun mit Unterstützung der Bundesregierung eine neue Offensive neoliberaler Handelspolitik. Die Bundesregierung versucht darüber hinaus, die Ausrichtung der deutschen Handelspolitik auf Exportüberschüsse „europäisch“ abzusichern. Gemeinsam erwecken sie den Eindruck, als gäbe es nur noch die Alternative zwischen radikaler Freihandelspolitik und rechtspopulistischer Abschottung. Dem widersprechen wir klar und deutlich und setzen auf eine gerechte, soziale und ökologische Gestaltung der Weltwirtschaft im Interesse der Menschen, nicht der Konzerne. Hierfür haben wir einen klaren Forderungskatalog vorgelegt.

Aktuell geht es darum, die Ratifizierung von CETA zu verhindern. Ebenso müssen wir gegenüber der EU-Kommission und der Bundesregierung, dem EU-Parlament und dem Bundestag deutlich machen, dass wir die geplanten neuen neoliberalen Handelsabkommen wie JEFTA, EU-Mercosur, EU-Mexiko, die Abkommen mit afrikanischen Staaten (EPAs) und ein neues „TTIP light“ ablehnen.

Auch in den nächsten Jahren werden wir unsere Aktionen in einen europäischen Kontext stellen und den internationalen Widerstand gegen die neoliberale EU-Handelspolitik weiter verstärken. Nur gemeinsam werden wir diese Abkommen stoppen und Schritte hin zu einem gerechten Welthandel gehen können.

Gemeinsam sprechen wir uns für folgende Aktionen aus:

Ratifizierung von CETA stoppen

Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Ratifizierung von CETA durch den Bundestag und den Bundesrat verhindern. Dafür werden wir eine gemeinsame Kampagne starten, bei der wir mit kreativen Aktionen unseren Druck auf die Entscheidungsträger*innen in Bundesrat und Bundestag erhöhen. Dafür werden wir vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen Druck auf Parteien und Fraktionen in den Ländern ausüben. Insbesondere von den GRÜNEN, der SPD und der Linkspartei, die sich auf Bundesebene gegen CETA in der abzustimmenden Form ausgesprochen haben, erwarten wir, dass sie bei einer Regierungsbeteiligung auf Landesebene im Bundesrat sicherstellen, dass das jeweilige Bundesland gegen CETA stimmt oder sich enthält.

Ratifizierung von JEFTA verhindern

Die Debatten um den Schutz von Arbeitnehmer-, Verbraucher-, Umwelt- und Gesundheitsstandards haben praktisch keinen Eingang in JEFTA gefunden. Deshalb werden wir Politik und Öffentlichkeit über diese Missstände aufklären und müssen JEFTA verhindern.

Bundesweiter dezentraler Aktionstag gegen CETA

Gemeinsam mit den regionalen und lokalen Bündnissen wird das Netzwerk Gerechter Welthandel am 29. September einen bundesweiten dezentralen Aktionstag durchführen. Zu diesem Zeitpunkt werden die Wahlkämpfe für die Landtagswahlen in Hessen und Bayern stattfinden. Wir wollen in möglichst vielen Städten und Gemeinden kreative Aktionen gegen CETA und für einen gerechten Welthandel durchführen.

Unterstützung der Durchführung einer europaweiten Kampagne gegen Konzernklagerechte und für Konzernverantwortung

Die Handelsabkommen werden voraussichtlich im nächsten Jahr auch im Europawahlkampf eine wichtige Rolle spielen. Das Netzwerk Gerechter Welthandel unterstützt die derzeitigen Überlegungen, noch vor dem Europawahlkampf eine EU-weite Kampagne gegen Schiedsgerichte zwischen Konzernen und Staaten (ISDS) und für eine einklagbare soziale und ökologische Konzernverantwortung zu starten.

Einmischung in den Europawahlkampf

Das Netzwerk Gerechter Welthandel wird sich mit kreativen Aktionen in den Europawahlkampf einschalten und die EU-Kandidat*innen auffordern, sich gegen die neoliberalen Handelsabkommen, gegen Schiedsgerichte zugunsten von Konzernen und für einen gerechten Welthandel und den Vorrang von Menschenrechten vor Konzernrechten einzusetzen.

Zum Originalbeitrag

Unter https://www.gerechter-welthandel.org/aktionskonferenz2018/dokumentation/ findet Ihr:

  • Videoaufzeichnungen der Podiumsdiskussionen
  • Präsentationsfolien der Workshops
  • Medienberichte zur Konferenz

Fotos von der Konferenz gibt es übrigens unter https://www.flickr.com/photos/uwehiksch/albums/72157694917297672.

 

Der Berliner Wassertisch hat – wie die Jahre zuvor – an dem Strategietreffen teilgenommen.

Nach dem Achmea-Urteil: Bundesregierung hält die Vattenfall-Klage zum Atomausstieg für unzulässig

taz
6.5.2018

Vattenfall klagt gegen Deutschland. Regierung lehnt Schiedsverfahren ab
Christian Rath

Die GroKo hält die Vattenfall-Klage zum Atomausstieg nun für unzulässig. Sie begründet ihren Umschwung mit einem EuGH-Urteil [gemeint ist das Achmea-Urteil, s.u.].
Zum Artikel

Achmea-Urteil: Am 6. März 2018 hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Investitionsschiedsgerichte (ISDS) zwischen EU-Mitgliedstaaten NICHT mit dem Europäischen Recht vereinbar sind. Damit stehen viele weitere solcher Abkommen — darunter der Energiecharta-Vertrag, auf dessen Grundlage Vattenfall Deutschland wegen des Atomausstiegs verklagt — in Frage, die es ausländischen Investoren ermöglichen, von ihren Gaststaaten vor privaten Schiedsgerichten Schadenersatz einzufordern.

Zum Achmea-Urteil vgl.

  • MITBESTIMMUNG, April 2018: „Private Schiedsgerichte beschädigen den Staat“. Der ehemalige Verfassungsrichter Siegfried Broß über die Gefahren für die Demokratie durch private Schiedsgerichte in Investitionsschutzabkommen und das wegweisende [Achmea-]Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Zum Beitrag
  • Dr. Daniel Thym: Todesstoß für autonome Investitionsschutzgerichte. Beitrag auf dem Verfassungsblog vom 8.3.2018 zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/16.
  • Kommentar von Ernst-Christoph Stolper (BUND) zum Achmea-Urteil. Zum Beitrag
  • Powershift: Die Auswirkungen des Achmea-Urteils des EuGH auf die EU-Investitionspolitik. Zum Beitrag
  • Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!: Nach dem Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! fordert Ende der privaten Schiedsgerichtsbarkeit und Stopp der Ratifizierung von CETA. Zum Beitrag
  • Achmea-Urteil: Netzwerk Gerechter Welthandel sieht sich in Forderung gestärkt, Sonderklagerechte für Investoren abzuschaffen. Zum Beitrag
  • Achmea-Urteil. EuGH: Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Zum Beitrag

Nach dem Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! fordert Ende der privaten Schiedsgerichtsbarkeit und Stopp der Ratifizierung von CETA

Pressemitteilung des Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen!

Nach dem Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! fordert Ende der privaten Schiedsgerichtsbarkeit und Stopp der Ratifizierung von CETA

Pressemitteilung zum Urteil des EuGH in der Rechtssache C-284/16 Achmea
Berlin, 19. März 2018

(Berlin, 19. März 2018) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat unlängst festgestellt, dass Investitionsschiedsgerichte zwischen EU-Mitgliedstaaten gegen EU-Recht verstoßen. Auch wenn es im konkreten Fall um eine innereuropäische Schiedsgerichtsbarkeit ging, spricht viel dafür, dass das Urteil Auswirkungen auf Investitionsschutzabkommen der EU, wie etwa CETA oder den geplanten Multilateralen Investitionsgerichtshofs (MIC) und den Energiecharta-Vertrag haben wird. Der Europarechtler Prof. Dr. Daniel Thym, L.L.M. (Universität Konstanz) spricht von einem „Todesstoß für autonome Investitionsschutzgerichte“ und nicht wenige vermuten den „Anfang vom Ende der Investitionsschutz–Paralleljustiz“ (Ernst-Christoph Stolper, BUND).

Sigrun Franzen (Berliner Wassertisch): „Mit der privaten Schiedsgerichtsbarkeit wird eine Paralleljustiz geschaffen, die die rechtsstaatlich-demokratische Ordnung nicht nur umgeht, sondern auch bedroht. Durch die Investitionsschutzgerichte wird der Staat in seiner Gestaltungsmöglichkeit behindert. Firmen erstreiten vor diesen Schiedsgerichten horrenden Schadensersatz zu Lasten der Steuerzahler_innen. Das ist skandalös. Der Rechtsstaat darf nicht wirtschaftlichen Interessengruppen ausgeliefert werden. Wir fordern das Ende der privaten Schiedsgerichtsbarkeit! Das Achmea-Urteil war ein erster Schritt in die richtige Richtung.“

Uwe Hiksch (NaturFreunde Berlin): „Das Urteil des EuGH macht deutlich, dass das Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA) nicht ratifiziert werden kann, bevor eine Überprüfung durch den EuGH stattgefunden hat. Die Festlegungen im CETA-Vertrag zu Investitionsschiedsgerichten verstoßen gegen demokratische Errungenschaften und hebeln die nationale und europäische Gerichtsbarkeit aus. Deshalb fordern die NaturFreunde einen sofortigen Stopp aller Ratifizierungen für den CETA Vertrag und erwarten von der Bundesregierung, dass sie eine grundlegende Überprüfung der Regelungen zu Investitionsschiedsgerichten durch den EuGH anstrebt.“

Carmen Schultze (BUND Berlin): „Wenn nun autonome Schiedsgerichte auf dem Prüfstand stehen, sollten nicht nur Handelsabkommen wie CETA ausgesetzt und überprüft werden, sondern auch laufende Schiedsgerichtsverfahren zwischen EU-Staaten. Wie die Klage des schwedischen Vattenfall-Konzerns gegen Deutschland wegen des Atomausstiegs mit der exorbitanten Schadensersatzforderung von 4,7 Milliarden Euro. Das Verfahren wird beim Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington durchgeführt, als Grundlage für dieses Schiedsverfahren ist der Vertrag über die Energiecharta aus den 1990 Jahren. Die Verhandlungen haben bereits stattgefunden, ein Urteil wird in Kürze erwartet.“

Ute Stephani (FIAN – Berlin): „Wir begrüßen diese Entscheidung des EuGH, da der Verschiebung der internationalen Rechtssysteme zugunsten großer Konzerne und ihrer Interessen als Investoren ein Stück weit Einhalt geboten wird. Die Strategie der Freihandelsabkommen mit Sondergerichtsbarkeiten und Sonderklagerechten schwächt die Position der Nationalstaaten hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, ihre Verantwortung zur Durchsetzung der sozialen Menschenrechte wahrzunehmen. Diese sind gemäß dem Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte ausdrücklich auf eine dauerhafte und fortschreitende Verwirklichung festgelegt. Durch Sonderklagerechte können Konzerne zur Durchsetzung ihrer Profitinteressen die Staaten durch ökonomische Hebel an der Durchsetzung und fortschreitenden Entwicklung der sozialen Menschenrechte behindern. Die davon betroffenen Rechte reichen vom Recht auf Nahrung / Ernährungssouveränität, dem Recht auf Wasser, den Rechten auf Wohnung, Bildung und Gesundheitsversorgung bis zum Recht auf Existenz sichernden Lohn. Diesen Rechten muss der Vorrang eingeräumt, ihre Verwirklichung Ziel der gesellschaftlichen Entwicklung sein.“

Kontakt:

Uwe Hiksch, NaturFreunde Berlin, hiksch@naturfreunde.de, Tel.: 0176-62015902
Sigrun Franzen, Berliner Wassertisch, sigrun.franzen@berliner-wassertisch.info, Tel.: 0157-71312256
Carmen Schultze, BUND Berlin, schultze@bund-berlin.de, Tel.: 0179-5935912

+++ ACHTUNG! +++
HEUTE – 17–18 Uhr laden PowerShift und das Forum Umwelt & Entwicklung herzlich zu einem Webinar mit Prof. Dr. Markus Krajewski (Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ) über das Achmea-Urteil und seine Folgen ein: Das Achmea-Urteil des EuGH: Auswirkungen auf die EU-Investitionspolitik. Anmeldung hier

Weitere Veranstaltungshinweise:
+++ 22.3.2018, 19 Uhr, NaturFreunde Berlin, Paretzer Str. 7, 10713 Berlin, Vortrag Uwe Hiksch (NaturFreunde): “EU-Afrika-Politik: die europäischen Interessen stehen im Mittelpunkt” +++
+++ 24.4.2018, 19 Uhr, NaturFreunde Berlin, Paretzer Str. 7, 10713 Berlin, Vortrag Jürgen Maier (Forum Umwelt & Entwicklung): “Was ändert sich durch die vorläufige Anwendung von CETA?” +++

logoleisteIm Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:
NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin, DGB Berlin

 

Webinar mit Prof. Krajewski: Das Achmea-Urteil des EuGH: Auswirkungen auf die EU-Investitionspolitik

Einladung zum Webinar

Das Achmea-Urteil des EuGH: Auswirkungen auf die EU-Investitionspolitik
Montag, 19.3.2018, 17–18 Uhr
Anmeldung: hier

PowerShift und das Forum Umwelt & Entwicklung laden herzlich zu einem Webinar mit Prof. Dr. Markus Krajewski (Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ) über das Achmea-Urteil und seine Folgen ein.

Zum Hintergrund:

Am 6. März wurde das Urteil des Europäischen Gerichtshofes veröffentlicht, das besagt, dass die im Investitionsschutzabkommen zwischen der Slowakei und den Niederlanden enthaltene Schiedsklausel nicht mit Unionsrecht vereinbar sei. Die Pressemitteilung des EUGH als pdf.

Somit hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten (sog. Intra-EU-BITs), die über eine Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) verfügen, gegen EU-Recht verstoßen. Dies wird Auswirkungen auf den Energiecharta-Vertrag und Investitionsschutzabkommen der EU, wie etwa CETA oder den geplanten Multilateralen Investitionsgerichtshofs (MIC) haben. Vor diesem Hintergrund dürfte CETA nicht ratifiziert werden und alle anderen EU-Abkommen mit entsprechenden Streitbeilegungsklauseln nach dem derzeitigen Stand nicht unterzeichnet oder weiterverhandelt werden. Dies bringt neuen Schwung in den Kampf gegen die Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) in den Handelsverträgen der EU.

PowerShift hat hierzu eine Publikation mit Prof. Dr. Markus Krajewski veröffentlicht, die einen tieferen Einblick in den Fall gewährt. Abzurufen online als pdf.

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Ein ausführlicher Blick in die Details des Achmea-Urteils und seine Folgen wollen wir auch am Montag im Rahmen des Webinars mit Prof. Dr. Markus Krajewski werfen.

Montag, 19.3.2018 von 17 – 18 Uhr

Bitte meldet euch über den diesen Anmeldelink schnell an

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Die Teilnahme ist offen und kostenfrei. Bitte beachtet die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Webinar.

Webinar: Das Achmea-Urteil des EuGH: Auswirkungen auf die EU-Investitionspolitik
Referent: Prof. Dr. Markus Krajewski (Uni Erlangen-Nürnberg)
VeranstalterInnen: PowerShift e.V. / Forum Umwelt und Entwicklung

Nach der Anmeldung erhaltet ihr eine Bestätigungs-E-Mail mit Informationen zur Teilnahme am Webinar.

Bitte beachtet die technischen Voraussetzungen zur Teilnahme an dem Webinar!
Eine Teilnahme ist über den eigenen Webbrowser möglich – oder durch Download der entsprechenden Webinar-Anwendung.
Weitere Infos hier: Systemanforderungen anzeigen

Zum Beitrag

Kommentar Ernst-Christoph Stolper zum Achmea-Urteil

Euractiv, 16. März 2018

Ernst-Christoph Stolper: „Das >Achmea-Urteil< des EuGH sorgt derzeit für Furore in der handelspolitischen Community. Seinen Namen verdankt es einem niederländischen Unternehmen, das nach der Liberalisierung des Gesundheitswesens in der Slowakei private Krankenversicherungen verkauft und in der Folge vor einem Schiedsgericht Schadensersatz in Höhe von 22,1 Millionen Euro erstritten hat. […]“ Mehr hier

In dem Kommentar geht Stolper auch auf CETA und das Schiedsgerichtsverfahren „Vattenfall II“ ein.

Ernst-Christoph Stolper ist ehemaliger Staatssekretär, stellvertretender Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Mitglied im Koordinierungskreis des Netzwerks Gerechter Welthandel.

Das Achmea Urteil des EuGH: Konzernklagerechte in EU verstoßen gegen EU-Recht!

Die Auswirkungen des Achmea-Urteils des EuGH auf die EU-Investitionspolitik

Autor: Markus Krajewski (Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg )

Berlin, März 2018 Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 6. März 2018 in der Rechtssache Achmea klargestellt, dass Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten (sog. Intra-EU-BITs), die über eine Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) verfügen, gegen EU-Recht verstoßen. Dies wird Auswirkungen auf den Energiecharta-Vertrag und Investitionsschutzabkommen der EU, wie etwa CETA oder den geplanten Multilateralen Investitionsgerichtshofs (MIC) haben. Vor diesem Hintergrund dürfte CETA nicht ratifiziert werden und alle anderen EU-Abkommen mit entsprechenden Streitbeilegungsklauseln nach dem derzeitigen Stand nicht unterzeichnet oder weiterverhandelt werden. Dies bringt neuen Schwung in den Kampf gegen die Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) in den Handelsverträgen der EU.

Mehr hier

Download: Krajewski, M. (2018): Die Auswirkungen des Achmea-Urteils des EuGH auf die EU-Investitionspolitik

Michel Reimon (MdEP, Grüne) anlässlich Achmea-Urteil: Stoppt die CETA-Ratifikation!

Kommentar des österreischischen Europaabgeordneten Michel Reimon (DIE GRÜNEN) zum Achmea-Urteil, 14. März 2018

„Stoppt die CETA-Ratifikation! Letzte Woche hat der Europäische Gerichtshof Investitionsschiedsverfahren (ISDS) innerhalb der EU für europarechtswidrig erklärt. Das bedeutet: es darf keine Schiedsgerichtsverfahren zwischen EU-Mitgliedsstaaten geben. Und hat enorme Konsequenzen für CETA, das Freihandelsabkommen mit Kanada: Das Urteil ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass auch das Investitionsschiedsverfahren von CETA mit EU-Recht unvereinbar sein könnte. Darum müssen die Mitgliedstaaten den Ratifizierungsprozess von CETA stoppen. Der Widerstand gegen TTIP und CETA ist in Österreich mit der größte in der ganzen EU. Die FPÖ hat vor der Wahl noch groß angekündigt, dass sie CETA stoppen wolle, was sie in der Dealerei mit der ÖVP sofort fallen gelassen hat – jetzt verstößt das Abkommen noch dazu wahrscheinlich gegen EU-Recht. Schwarz-blau muss Verantwortung übernehmen und die Ratifikation dieses Abkommens, das die österreichische Bevölkerung so eindeutig ablehnt, sofort stoppen. Wird die FPÖ da umfallen?“ (Quelle)

Bedeutet das Achmea-Urteil das Ende auch vom CETA-Gericht? Eine Rechtsmeinung

Dr. Daniel Thym: Todesstoß für autonome Investitionsschutzgerichte. Beitrag auf dem Verfassungsblog vom 8.3.2018 zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/16 Achmea

Ausschnitt: „Nicht nur die Obersätze des Achmea-Urteils sind verallgemeinerungsfähig, auch die Aussagen zum slowakisch-niederländischen Investitionsschutzabkommen (BIT) sind bewusst so allgemein gehalten (Rn. 39-59), dass man sie schwerlich als Sonderjudikatur für innereuropäische Schiedsgerichte kleinreden kann. Die Entscheidung gilt prinzipiell ebenso für Drittstaatsabkommen, zumal der EuGH mehrfach frühere Entscheidungen zitiert, die eben solche Verträge für vertragswidrig erklärt hatten. Tatsächlich scheinen die tragenden Erwägungen des jüngsten Urteils ohne weitere Umstände auch ein herkömmliches Investitionsschiedsgericht nach dem Modell des CETA-Abkommens zu erfassen. Gewiss könnte der EuGH diese doch noch anders bewerten, aber auf den ersten Blick legt das Achmea-Urteil der Großen Kammer nahe, dass das CETA-Gericht aus vier Gründen in der bisher geplanten Form eine europarechtliche Totgeburt bleiben dürfte. […]“ Mehr hier

*Prof. Dr. Daniel Thym, L.L.M., ist Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz.

Zitierform: Thym, Daniel: Todesstoß für autonome Investitionsschutzgerichte, VerfBlog, 2018/3/08, https://verfassungsblog.de/todesstoss-fuer-autonome-investitionsschutzgerichte/, DOI: https://dx.doi.org/10.17176/20180308-115051.
Dagegen: Marc Chmielewski: Nach dem EuGH-Urteil: Investitionsschutzverträge sind noch nicht tot. In: Juve, 6.3.2018.

Urteil in der Rechtssache C-284/16 Slowakische Republik / Achmea BV hier

Website des EuGH/Pressemitteilungen:


Pressemitteilung Nr. 26/2018 : 6. März 2016
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/16 Achmea (de), (en)
 
„Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar“

Urteile des EuGH hier.

Achmea-Urteil: Netzwerk Gerechter Welthandel sieht sich in Forderung gestärkt, Sonderklagerechte für Investoren abzuschaffen

Netzwerk Gerechter Welthandel

(Berlin, 8. März 2018) Am 6. März 2018 hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Investitionsschiedsgerichte (ISDS) zwischen EU-Mitgliedstaaten nicht mit dem Europäischen Recht vereinbar sind. Konkret ging es um ein bilaterales Abkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei, das solche ISDS-Regelungen enthält. Das Urteil hat jedoch auch weitreichende Folgen für die etwa 200 weiteren Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten: Auch sie sind demnach nicht vereinbar mit Europäischem Recht und müssen gekündigt werden.

Mit diesem Urteil stärkt der EuGH unsere Forderung, Sonderklagerechte für Investoren generell abzuschaffen. Denn ein Instrument, mit dem Konzerne Staaten auf entgangene Profitmöglichkeiten verklagen können, ist undemokratisch und kann enormen Druck auf die Entscheidungsfindung im öffentlichen Interesse ausüben. Das Netzwerk Gerechter Welthandel und seine Mitgliedsorganisationen fordern, dass zukünftige Abkommen weder Sonderklagerechte für Konzerne noch materielle Privilegien für ausländische Investoren enthalten dürfen. Bestehende Verträge müssen gekündigt und ggf. nachverhandelt werden.

Pressemitteilungen und weitere Informationen auf den Seiten der Mitgliedsorganisationen:

Achmea-Urteil. EuGH: Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar

www.curia.europa.eu
Presse und Information
Gerichtshof der Europäischen Union

PRESSEMITTEILUNG Nr. 26/18

Luxemburg, den 6. März 2018
Urteil in der Rechtssache C-284/16
Slowakische Republik / Achmea BV

Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar

Diese Klausel entzieht dem Mechanismus der gerichtlichen Überprüfung des Unionsrechts Rechtsstreitigkeiten, die sich auf die Anwendung oder Auslegung dieses Rechts beziehen können

Im Jahr 1991 schlossen die ehemalige Tschechoslowakei und die Niederlande ein Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen[1] (BIT[2]). Das BIT bestimmt, dass Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei gütlich oder, falls dies nicht möglich ist, vor einem Schiedsgericht beizulegen sind.

Nach der Auflösung der Tschechoslowakei im Jahr 1993 trat die Slowakei in deren Rechte und Pflichten aus dem BIT ein.

Im Jahr 2004 öffnete die Slowakei ihren Krankenversicherungsmarkt für private Investoren. Achmea, ein zu einem niederländischen Versicherungskonzern gehörendes Unternehmen, gründete daraufhin eine Tochtergesellschaft in der Slowakei, um dort private Krankenversicherungen anzubieten. Im Jahr 2006 machte die Slowakei jedoch die Liberalisierung des Krankenversicherungsmarkts teilweise rückgängig und untersagte insbesondere die Ausschüttung von Gewinnen aus dem Krankenversicherungsgeschäft.

Im Jahr 2008 leitete Achmea auf der Grundlage des BIT ein Schiedsverfahren gegen die Slowakei ein, mit der Begründung, dass das genannte Verbot gegen das Abkommen verstoße und ihr dadurch ein Vermögensschaden entstanden sei. Im Jahr 2012 befand das Schiedsgericht, dass die Slowakei gegen das BIT verstoßen habe, und verurteilte sie, Schadensersatz in Höhe von etwa 22,1 Mio. Euro an Achmea zu zahlen.

Im Anschluss daran erhob die Slowakei bei den deutschen Gerichten[3] Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs. Nach ihrer Auffassung verstößt die Schiedsklausel im BIT gegen mehrere Bestimmungen des AEU-Vertrags[4].

Der im Rechtsbeschwerdeverfahren angerufene Bundesgerichtshof (Deutschland) möchte vom Gerichtshof wissen, ob die von der Slowakei angefochtene Schiedsklausel mit dem AEU-Vertrag vereinbar ist.

Die Tschechische Republik, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Zypern, Lettland, Ungarn, Polen, Rumänien und die Europäische Kommission haben Erklärungen zur Unterstützung des Vorbringens der Slowakei eingereicht, während Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich und Finnland die streitige Klausel und – allgemeiner – ähnliche Klauseln in den 196 gegenwärtig zwischen den Mitgliedstaaten der EU bestehenden BIT für gültig halten.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass nach dem BIT das gemäß diesem Abkommen gebildete Schiedsgericht insbesondere auf der Grundlage des geltenden Rechts der von dem fraglichen Rechtsstreit betroffenen Vertragspartei und aller erheblichen Abkommen zwischen den Vertragsparteien zu entscheiden hat.

Angesichts der Merkmale des Unionsrechts – wie seiner Autonomie gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten und dem Völkerrecht, seinem Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten sowie der unmittelbaren Wirkung einer ganzen Reihe seiner Bestimmungen für die Unionsbürger und die Mitgliedstaaten – ist es zum einen Teil des in allen Mitgliedstaaten geltenden Rechts und zum anderen aus einem internationalen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten hervorgegangen. Daher kann das fragliche Schiedsgericht unter diesen beiden Aspekten das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr auszulegen oder sogar anzuwenden haben.

Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Gerichtsbarkeit des fraglichen Schiedsgerichts im Verhältnis zu der der slowakischen und der niederländischen Gerichte Ausnahmecharakter hat, so dass es nicht Teil des Gerichtssystems der Slowakei oder der Niederlande ist. Folglich kann dieses Schiedsgericht nicht als Gericht „eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft werden und ist daher nicht befugt, den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen anzurufen.

Zur Frage, ob der Schiedsspruch der Überprüfung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats unterliegt, das dem Gerichtshof unionsrechtliche Fragen in Verbindung mit einem vom Schiedsgericht behandelten Rechtsstreit vorlegen könnte, stellt der Gerichtshof fest, dass gemäß dem BIT die Entscheidung des Schiedsgerichts endgültig ist. Zudem legt das Schiedsgericht seine eigenen Verfahrensregeln fest und wählt insbesondere selbst seinen Sitz und folglich das Recht, das für das Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung der Gültigkeit des von ihm erlassenen Schiedsspruchs gilt.

Zum letztgenannten Punkt weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine solche gerichtliche Überprüfung von dem betreffenden nationalen Gericht nur vorgenommen werden kann, soweit das nationale Recht sie gestattet – eine Bedingung, die im vorliegenden Fall nicht vollständig erfüllt ist, da das deutsche Recht nur eine beschränkte Überprüfung in diesem Bereich vorsieht. In diesem Zusammenhang hebt der Gerichtshof hervor, dass die Überprüfung von Schiedssprüchen durch die Gerichte der Mitgliedstaaten zwar unter bestimmten Umständen im Rahmen eines Handelsschiedsverfahrens[5] legitimer Weise beschränkten Charakter aufweisen könnte, doch lassen sich diese Überlegungen nicht auf ein Schiedsverfahren wie das hier vorliegende übertragen. Während Ersteres nämlich auf der Parteiautonomie beruht, leitet sich Letzteres aus einem Vertrag her, in dem die Mitgliedstaaten übereingekommen sind, der Zuständigkeit ihrer eigenen Gerichte und damit dem System gerichtlicher Rechtsbehelfe, dessen Schaffung ihnen der EU-Vertrag[6] in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen vorschreibt, Rechtsstreitigkeiten zu entziehen, in denen dieses Recht anzuwenden oder auszulegen sein kann.

Aus diesen Gründen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Slowakei und die Niederlande mit dem Abschluss des BIT einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten geschaffen haben, der nicht sicherzustellen vermag, dass über diese Streitigkeiten ein zum Gerichtssystem der Union gehörendes Gericht befindet, wobei nur ein solches Gericht in der Lage ist, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten.
Unter diesen Umständen beeinträchtigt die im BIT enthaltene Schiedsklausel die Autonomie des Unionsrechts und ist daher nicht mit ihm vereinbar.

HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

1 Abkommen zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.
2 Bilateral Investment Treaty.
3 Da Schiedsort Frankfurt am Main (Deutschland) war, sind die deutschen Gerichte für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs zuständig.
4 Es handelt sich um die Art. 18, 267 und 344 AEUV.
5 Urteile vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C-126/97), und vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C-168/05).
6 Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV.
Pressemitteilung des EuGH: https://curia.europa.eu/jcms/jcms/Jo2_16799. Als pdf (deutsch)

Das Urteil im Volltext:

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

6. März 2018(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Bilaterales Investitionsschutzabkommen, das 1991 zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik geschlossen wurde und zwischen dem Königreich der Niederlande und der Slowakischen Republik weitergilt – Bestimmung, die es einem Investor einer Vertragspartei bei einer Streitigkeit mit der anderen Vertragspartei ermöglicht, ein Schiedsgericht anzurufen – Vereinbarkeit mit den Art. 18, 267 und 344 AEUV – Begriff ‚Gericht‘ – Autonomie des Unionsrechts“

In der Rechtssache C‑284/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. März 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Mai 2016, in dem Verfahren

Slowakische Republik

gegen

Achmea BV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen, T. von Danwitz, J. Malenovský und E. Levits, der Richter E. Juhász, A. Borg Barthet, J.-C. Bonichot und F. Biltgen, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter C. Lycourgos, M. Vilaras und E. Regan,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Slowakischen Republik, vertreten durch M. Burgstaller, Solicitor, und Rechtsanwalt K. Pörnbacher,
– der Achmea BV, vertreten durch Rechtsanwälte M. Leijten, D. Maláčová, H. Bälz und R. Willer sowie A. Marsman, advocaat,
– der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
– der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und M. Hedvábná als Bevollmächtigte,
– der estnischen Regierung, vertreten durch K. Kraavi-Käerdi und N. Grünberg als Bevollmächtigte,
– der griechischen Regierung, vertreten durch S. Charitaki, S. Papaioannou und G. Karipsiadis als Bevollmächtigte,
– der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta und A. Rubio González als Bevollmächtigte,
– der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und D. Segoin als Bevollmächtigte,
– der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
– der zyprischen Regierung, vertreten durch E. Symeonidou und E. Zachariadou als Bevollmächtigte,
– der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina und G. Bambāne als Bevollmächtigte,
– der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,
– der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und M. Klamert als Bevollmächtigte,
– der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, L. Bosek, R. Szczęch und M. Cichomska als Bevollmächtigte,
– der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu als Bevollmächtigten im Beistand von R. Mangu und E. Gane, consilieri,
– der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche, J. Baquero Cruz, L. Malferrari und F. Erlbacher als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. September 2017

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18, 267 und 344 AEUV.

2 Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Slowakischen Republik und der Achmea BV über einen Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012, den das im Abkommen zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (im Folgenden: BIT) vorgesehene Schiedsgericht erlassen hat.

Rechtlicher Rahmen

BIT

3 Das im Jahr 1991 geschlossene BIT trat am 1. Januar 1992 in Kraft. Nach seinem Art. 3 Abs. 1 verpflichten sich die Vertragsparteien, für die Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei eine faire und gerechte Behandlung sicherzustellen sowie Verwaltung, Erhaltung, Nutzung, Genuss oder Veräußerung dieser Investitionen nicht durch unbillige oder diskriminierende Maßnahmen zu beeinträchtigen. Gemäß Art. 4 des BIT gewährleistet jede Vertragspartei den freien Transfer von mit einer Investition in Zusammenhang stehenden Zahlungen, u. a. Gewinnen, Zinsen und Dividenden, in frei konvertierbarer Währung ohne unangemessene Beschränkung oder Verzögerung.

4 Art. 8 des Abkommens lautet:

„1. Alle Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei bezüglich einer Investition de[s] Letzteren sind, falls möglich, gütlich beizulegen.

2. Jede Vertragspartei stimmt hiermit zu, dass eine in Absatz 1 dieses Artikels genannte Streitigkeit einem Schiedsgericht vorgetragen wird, falls die Streitigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Datum, an dem eine Partei der Streitigkeit die gütliche Beilegung gewünscht hat, nicht gütlich beigelegt ist.

3. Das in Absatz 2 dieses Artikels genannte Schiedsgericht wird für jeden einzelnen Fall in der folgenden Weise gebildet: Jede Partei der Streitigkeit ernennt ein Mitglied des Schiedsgerichts, und die beiden derartig ernannten Mitglieder wählen einen Angehörigen eines dritten Staates als Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Jede Partei der Streitigkeit ernennt ihr Mitglied des Schiedsgerichts innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten ab dem Datum, an dem der Investor der anderen Vertragspartei seine Entscheidung mitgeteilt hat, die Streitigkeit dem Schiedsgericht vorzulegen, und der Vorsitzende wird innerhalb von drei Monaten ab diesem Datum ernannt.

4. Wurden die Ernennungen nicht innerhalb der oben genannten Fristen vorgenommen, so kann jede Partei der Streitigkeit den Präsidenten des Schiedsgerichtsinstituts der Stockholmer Handelskammer bitten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Präsident die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien oder ist er aus einem anderen Grund an der Ausübung dieses Mandats verhindert, so wird der Vizepräsident gebeten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt auch der Vizepräsident die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien oder ist auch er an der Ausübung des genannten Mandats verhindert, so wird das älteste Mitglied des Schiedsgerichtsinstituts, das nicht die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien besitzt, gebeten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen.

5. Das Schiedsgericht wird sein eigenes Verfahren unter Anwendung der Schiedsordnung der UNCITRAL festlegen.

6. Das Schiedsgericht hat auf der Grundlage des Rechts zu entscheiden und dabei insbesondere, aber nicht ausschließlich zu berücksichtigen:

– das geltende Recht der betroffenen Vertragspartei;

– die Bestimmungen dieses Abkommens und anderer erheblicher Abkommen zwischen den Vertragsparteien;

– die Bestimmungen besonderer Vereinbarungen in Bezug auf die Investition;

– die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts.

7. Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit; seine Entscheidung ist endgültig und für die Parteien der Streitigkeit bindend.“

Deutsches Recht

5 Nach § 1059 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Schiedsspruch nur aufgehoben werden, wenn einer der in dieser Vorschrift vorgesehenen Aufhebungsgründe vorliegt. So liegt u. a. ein Aufhebungsgrund vor, wenn die Schiedsvereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, ungültig ist oder wenn die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung widerspräche.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

6 Am 1. Januar 1993 trat die Slowakische Republik als Rechtsnachfolgerin der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik in deren Rechte und Pflichten aus dem BIT ein, und am 1. Mai 2004 wurde sie Mitglied der Europäischen Union.

7 Im Zuge einer Reform ihres Gesundheitswesens öffnete die Slowakische Republik im Jahr 2004 den slowakischen Markt für in- und ausländische Anbieter privater Krankenversicherungen. Nach ihrer Zulassung als Krankenversicherer eröffnete Achmea, ein zu einem niederländischen Versicherungskonzern gehörendes Unternehmen, in der Slowakei eine Tochtergesellschaft, in die sie Kapital einbrachte und über die sie private Krankenversicherungen auf dem slowakischen Markt anbot.

8 Im Jahr 2006 machte die Slowakische Republik die Liberalisierung des privaten Krankenversicherungsmarkts teilweise rückgängig. Insbesondere verbot sie mit einem Gesetz vom 25. Oktober 2007 die Ausschüttung von Gewinnen aus dem privaten Krankenversicherungsgeschäft. Nachdem der Ústavný súd Slovenskej republiky (Verfassungsgerichtshof der Slowakischen Republik) mit Urteil vom 26. Januar 2011 erklärt hatte, dass dieses Verbot gegen die slowakische Verfassung verstoße, ließ die Slowakische Republik mit einem am 1. August 2011 in Kraft getretenen Gesetz die fraglichen Gewinnausschüttungen wieder zu.

9 Da Achmea der Auffassung war, dass die gesetzlichen Maßnahmen der Slowakischen Republik ihr einen Schaden zugefügt hätten, leitete sie ab Oktober 2008 gemäß Art. 8 des BIT gegen diesen Mitgliedstaat ein Schiedsverfahren ein.

10 Da Frankfurt am Main (Deutschland) als Schiedsort festgelegt wurde, ist auf das fragliche Schiedsverfahren das deutsche Recht anwendbar.

11 Die Slowakische Republik erhob in diesem Schiedsverfahren eine Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts. Sie machte insoweit geltend, dass aufgrund ihres Beitritts zur Union der in Art. 8 Abs. 2 des BIT vorgesehene Rückgriff auf ein Schiedsverfahren mit dem Unionsrecht nicht zu vereinbaren sei. Mit Zwischenentscheid vom 26. Oktober 2010 wies das Schiedsgericht diese Einrede zurück. Die dagegen gerichteten Aufhebungsanträge der Slowakischen Republik vor den deutschen Gerichten im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren blieben erfolglos.

12 Mit Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 verurteilte das Schiedsgericht die Slowakische Republik, an Achmea Schadensersatz in Höhe von 22,1 Mio. Euro zu zahlen. Die Slowakische Republik erhob beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Deutschland) Klage auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs. Gegen die Zurückweisung ihres Antrags durch das Oberlandesgericht richtet sich die Rechtsbeschwerde der Slowakischen Republik beim Bundesgerichtshof (Deutschland).

13 Das vorlegende Gericht führt aus, dass das BIT seit dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Union am 1. Mai 2004 ein Abkommen zwischen Mitgliedstaaten sei und daher im Streitfall die Bestimmungen des Unionsrechts in den von ihnen geregelten Bereichen Vorrang vor den Bestimmungen des BIT hätten.

14 Die Slowakische Republik äußert insoweit Zweifel an der Vereinbarkeit der Schiedsklausel in Art. 8 des BIT mit den Art. 18, 267 und 344 AEUV. Auch wenn das vorlegende Gericht diese Zweifel nicht teilt, hält es gleichwohl für seine Entscheidung über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit eine Befassung des Gerichtshofs mit dem Vorabentscheidungsersuchen für erforderlich, da der Gerichtshof über diese Fragen bislang nicht entschieden habe und sie wegen der zahlreichen bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten, die eine ähnliche Schiedsklausel enthielten, von erheblicher Bedeutung seien.

15 Das vorlegende Gericht hat erstens Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 344 AEUV an sich. Zunächst betreffe diese Bestimmung nach Gegenstand und Zielsetzung, auch wenn ihr Wortlaut keinen eindeutigen Schluss darauf zulasse, keine Streitigkeiten zwischen einem Einzelnen und einem Mitgliedstaat.

16 Sodann erfasse Art. 344 AEUV nur Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung der Verträge. Darum gehe es jedoch im Ausgangsverfahren nicht, da der Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 allein auf der Grundlage des BIT gefällt worden sei.

17 Schließlich diene Art. 344 AEUV dazu, die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union zu gewährleisten, deren Wahrung der Gerichtshof sichere, und sei gleichzeitig eine spezifische Ausprägung der in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten gegenüber dem Gerichtshof. Daraus könne jedoch nicht hergeleitet werden, dass Art. 344 AEUV die Entscheidungskompetenz des Gerichtshofs für jegliche Rechtsstreitigkeit schütze, in der Unionsrecht zur Anwendung oder Auslegung gelangen könne. Tatsächlich schütze diese Vorschrift die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofs nur, soweit die Mitgliedstaaten die in den Verträgen vorgesehenen Verfahren vor diesem in Anspruch nehmen müssten. Ein Rechtsstreit wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende könne jedoch nicht in einem Verfahren vor den Unionsgerichten entschieden werden. Die Verträge sähen nämlich kein gerichtliches Verfahren vor, das einem Investor wie Achmea ermögliche, gegenüber einem Mitgliedstaat den Schadensersatzanspruch aus einem bilateralen Investitionsschutzabkommen wie dem BIT vor den Unionsgerichten geltend zu machen.

18 Zweitens fragt sich das vorlegende Gericht, ob Art. 267 AEUV einer Schiedsklausel wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht.

19 Insoweit weist es zunächst darauf hin, dass das Schiedsverfahren für sich allein nicht geeignet sei, die von Art. 267 AEUV bezweckte Einheitlichkeit der Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen. Auch wenn das Schiedsgericht nach Art. 8 Abs. 6 des BIT das Unionsrecht beachten und im Kollisionsfall als vorrangiges Recht anwenden müsse, habe es jedoch nicht die Möglichkeit, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, da es nicht als „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden könne.

20 Sodann führt das vorlegende Gericht aus, dass im vorliegenden Fall die einheitliche Auslegung des Unionsrechts dennoch als sichergestellt angesehen werden könne, da ein staatliches Gericht vor der Vollstreckung aus dem Schiedsspruch ersucht werden könne, die Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem Unionsrecht zu prüfen, und den Gerichtshof gegebenenfalls mit einem Vorabentscheidungsersuchen befassen könne. Darüber hinaus zähle nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO ein Verstoß der Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung zu den Gründen für die Aufhebung eines solchen Schiedsspruchs. Im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Schiedssprüchen in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten könnte die Kontrollbefugnis der nationalen Gerichte über einen Schiedsspruch zu einer Rechtsstreitigkeit zwischen einem privaten Unternehmen und einem Mitgliedstaat wirksam auf Verstöße gegen grundlegende Bestimmungen des Unionsrechts allein beschränkt werden. Dieser Umstand sollte nach Auffassung des vorlegenden Gerichts jedoch nicht dazu führen, dass eine Schiedsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gegen Art. 267 AEUV verstoße.

21 Schließlich habe der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine internationale Übereinkunft, die für die Auslegung und Anwendung ihrer Bestimmungen ein besonderes Gericht außerhalb der Unionsrechtsordnung vorsehe, mit dem Unionsrecht vereinbar sei, sofern die Autonomie der Unionsrechtsordnung nicht beeinträchtigt werde. Der Gerichtshof habe keine Bedenken gegenüber der Errichtung eines Gerichtssystems geäußert, das im Wesentlichen die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über die Auslegung und Anwendung der fraglichen internationalen Übereinkunft selbst zum Gegenstand habe und weder die Zuständigkeiten der Gerichte der Mitgliedstaaten zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts noch deren Befugnis oder Verpflichtung berühre, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen. Das im Ausgangsverfahren fragliche Schiedsgericht habe jedoch gerade über den Verstoß gegen Bestimmungen des BIT zu entscheiden gehabt, die es im Licht des Unionsrechts und insbesondere der Bestimmungen zum freien Kapitalverkehr habe auslegen müssen.

22 Drittens stellt das vorlegende Gericht fest, dass die Investoren anderer Mitgliedstaaten als das Königreich der Niederlande und die Slowakische Republik im Unterschied zu den niederländischen und slowakischen Investoren nicht die Möglichkeit hätten, anstelle des staatlichen Gerichts ein Schiedsgericht anzurufen, was einen erheblichen Nachteil darstelle, der eine gegen Art. 18 AEUV verstoßende Diskriminierung sein könne. Allerdings sei die auf einem unionsinternen bilateralen Abkommen beruhende Beschränkung von Vergünstigungen für die Angehörigen der vertragschließenden Mitgliedstaaten nur dann diskriminierend, wenn sich die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten, denen diese Vergünstigung nicht zugutekomme, in einer objektiv vergleichbaren Lage befänden. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, denn der Umstand, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten nur für die Personen gälten, die in einem der beiden Vertragsmitgliedstaaten ansässig seien, sei eine Konsequenz, die sich aus dem Wesen bilateraler Abkommen ergebe.

23 Nach alledem hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Steht Art. 344 AEUV der Anwendung einer Regelung in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten der Union (einem sogenannten unionsinternen BIT) entgegen, nach der ein Investor eines Vertragsstaats bei einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Vertragsstaat gegen Letzteren ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, wenn das Investitionsschutzabkommen vor dem Beitritt eines der Vertragsstaaten zur Union abgeschlossen worden ist, das Schiedsgerichtsverfahren aber erst danach eingeleitet werden soll?

Falls Frage 1 zu verneinen ist:

2. Steht Art. 267 AEUV der Anwendung einer solchen Regelung entgegen?

Falls die Fragen 1 und 2 zu verneinen sind:

3. Steht Art. 18 Abs. 1 AEUV unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen der Anwendung einer solchen Regelung entgegen?

Zu den Anträgen auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

24 Nach der Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts am 19. September 2017 haben die tschechische, die ungarische und die polnische Regierung mit Schreiben, die am 3. November und am 19. und 16. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen sind, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens nach Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt.

25 Diese Regierungen stützen ihre Anträge darauf, dass sie mit den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht einverstanden seien.

26 Es ist jedoch zum einen darauf hinzuweisen, dass die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung des Gerichtshofs keine Möglichkeit für die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten vorsehen, eine Stellungnahme zu den Schlussanträgen des Generalanwalts einzureichen (Urteil vom 22. Juni 2017, Federatie Nederlandse Vakvereniging u. a., C‑126/16, EU:C:2017:489, Rn. 30).

27 Zum anderen stellt der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist. Der Gerichtshof ist weder an diese Schlussanträge noch an ihre Begründung durch den Generalanwalt gebunden. Dass eine Partei nicht mit den Schlussanträgen des Generalanwalts einverstanden ist, kann folglich unabhängig von den darin untersuchten Fragen für sich genommen kein Grund sein, der die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigt (Urteil vom 25. Oktober 2017, Polbud – Wykonawstwo, C‑106/16, EU:C:2017:804, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28 Der Gerichtshof kann jedoch gemäß Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn ein zwischen den Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist (Urteil vom 22. Juni 2017, Federatie Nederlandse Vakvereniging u. a., C‑126/16, EU:C:2017:489, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29 Da im vorliegenden Fall jedoch die Anträge lediglich darauf gestützt sind, dass die tschechische, die ungarische und die polnische Regierung den Schlussanträgen des Generalanwalts widersprechen, und kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen enthalten, ist der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts zu dem Ergebnis gelangt, dass er über alle für die Entscheidung erforderlichen Informationen verfügt und dass diese zwischen den Beteiligten erörtert worden sind.

30 Daher sind die Anträge auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zurückzuweisen.

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

31 Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die gemeinsam zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 267 und 344 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten wie Art. 8 des BIT entgegenstehen, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat.

32 Für die Beantwortung dieser Fragen ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine internationale Übereinkunft die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union, deren Wahrung der Gerichtshof sichert, nicht beeinträchtigen darf. Dieser Grundsatz ist insbesondere in Art. 344 AEUV verankert; danach verpflichten sich die Mitgliedstaaten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 201 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33 Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs wird die Autonomie des Unionsrechts gegenüber sowohl dem Recht der Mitgliedstaaten als auch dem Völkerrecht durch die wesentlichen Merkmale der Union und ihres Rechts gerechtfertigt, die die Verfassungsstruktur der Union sowie das Wesen dieses Rechts selbst betreffen. Das Unionsrecht ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass es einer autonomen Quelle, den Verträgen, entspringt und Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten hat, sowie durch die unmittelbare Wirkung einer ganzen Reihe für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltender Bestimmungen. Solche Merkmale haben zu einem strukturierten Netz von miteinander verflochtenen Grundätzen, Regeln und Rechtsbeziehungen geführt, das die Union selbst und ihre Mitgliedstaaten wechselseitig sowie die Mitgliedstaaten untereinander bindet (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 165 bis 167 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34 Das Unionsrecht beruht somit auf der grundlegenden Prämisse, dass jeder Mitgliedstaat mit allen anderen Mitgliedstaaten eine Reihe gemeinsamer Werte teilt – und anerkennt, dass sie sie mit ihm teilen –, auf die sich, wie es in Art. 2 EUV heißt, die Union gründet. Diese Prämisse impliziert und rechtfertigt die Existenz gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten bei der Anerkennung dieser Werte und damit bei der Beachtung des Unionsrechts, mit dem sie umgesetzt werden. In eben diesem Zusammenhang obliegt es den Mitgliedstaaten nach dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet insbesondere für die Anwendung und Wahrung des Unionsrechts zu sorgen und zu diesem Zweck alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Unionsorgane ergeben, zu ergreifen (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 168 und 173 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

35 Um sicherzustellen, dass die besonderen Merkmale und die Autonomie der Rechtsordnung der Union erhalten bleiben, haben die Verträge ein Gerichtssystem geschaffen, das zur Gewährleistung der Kohärenz und der Einheitlichkeit bei der Auslegung des Unionsrechts dient (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 174 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36 In diesem Rahmen ist es gemäß Art. 19 EUV Sache der nationalen Gerichte und des Gerichtshofs, die volle Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten und den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus ihm erwachsen (vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/09 [Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems] vom 8. März 2011, EU:C:2011:123, Rn. 68, und 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 175, sowie Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 33).

37 Insbesondere besteht das Schlüsselelement des so gestalteten Gerichtssystems in dem in Art. 267 AEUV vorgesehenen Vorabentscheidungsverfahren, das durch die Einführung eines Dialogs von Gericht zu Gericht gerade zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten die einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten soll und damit die Sicherstellung seiner Kohärenz, seiner vollen Geltung und seiner Autonomie sowie letztlich des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts ermöglicht (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 176 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38 Im Licht dieser Erwägungen sind die erste und die zweite Vorlagefrage zu beantworten.

39 Hierfür ist als Erstes zu prüfen, ob sich die Streitigkeiten, über die das in Art. 8 des BIT genannte Schiedsgericht zu erkennen hat, auf die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts beziehen können.

40 Selbst wenn man sich insoweit dem Vorbringen von Achmea anschlösse, dass dieses Schiedsgericht ungeachtet des sehr weiten Wortlauts von Art. 8 Abs. 1 des BIT nur über einen möglichen Verstoß gegen dieses Abkommen zu befinden habe, änderte dies nichts daran, dass es dafür nach Art. 8 Abs. 6 des BIT u. a. das geltende Recht der betroffenen Vertragspartei und alle erheblichen Abkommen zwischen den Vertragsparteien zu berücksichtigen hat.

41 Das Unionsrecht ist jedoch angesichts seines Wesens und seiner Merkmale, auf die oben in Rn. 33 Bezug genommen worden ist, sowohl als Teil des in jedem Mitgliedstaat geltenden Rechts als auch als einem internationalen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten entsprungen anzusehen.

42 Folglich hat unter diesen beiden Aspekten das in Art. 8 des BIT vorgesehene Schiedsgericht gegebenenfalls das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Grundfreiheiten, darunter die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit, auszulegen oder sogar anzuwenden.

43 Somit ist als Zweites zu prüfen, ob ein Schiedsgericht wie das in Art. 8 des BIT vorgesehene zum Gerichtssystem der Union gehört und, insbesondere, ob es als ein Gericht eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden kann. Aus der Zugehörigkeit eines von den Mitgliedstaaten geschaffenen Gerichts zum Gerichtssystem der Union folgt nämlich, dass seine Entscheidungen geeigneten Mechanismen zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Unionsrechts unterliegen (vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/09 [Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems] vom 8. März 2011, EU:C:2011:123, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44 Insoweit hat der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), ergangen ist, die Einstufung des fraglichen Gerichts als „Gericht eines Mitgliedstaats“ daraus hergeleitet, dass es insgesamt ein in der portugiesischen Verfassung selbst vorgesehener Teil des Systems der gerichtlichen Streitentscheidung in Steuerangelegenheiten war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta, C‑377/13, EU:C:2014:1754, Rn. 25 und 26).

45 In der Rechtssache des Ausgangsverfahrens ist das Schiedsgericht jedoch kein Teil des in den Niederlanden und in der Slowakei bestehenden Gerichtssystems. Im Übrigen ist gerade der Ausnahmecharakter seiner Gerichtsbarkeit im Verhältnis zu der der Gerichte dieser beiden Mitgliedstaaten einer der Hauptgründe für das Bestehen von Art. 8 des BIT.

46 Infolge dieses Merkmals des im Ausgangsverfahren fraglichen Schiedsgerichts kann dieses jedenfalls nicht als Gericht „eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft werden.

47 Zwar hat der Gerichtshof befunden, dass nichts dagegen spricht, dass ein mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht wie der Benelux-Gerichtshof dem Gerichtshof ebenso wie die Gerichte der einzelnen Mitgliedstaaten Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. November 1997, Parfums Christian Dior, C‑337/95, EU:C:1997:517, Rn. 21, und vom 14. Juni 2011, Miles u. a., C‑196/09, EU:C:2011:388, Rn. 40).

48 Das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Schiedsgericht stellt jedoch kein solches mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht dar, das mit dem Benelux-Gerichtshof vergleichbar wäre. Während nämlich zum einen dieser die Aufgabe hat, die einheitliche Anwendung der den drei Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften zu gewährleisten, und zum anderen das Verfahren vor ihm ein Zwischenstreit in den vor den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren ist, nach dessen Abschluss die endgültige Auslegung der den Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften feststeht, weist das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Schiedsgericht keine derartigen Verbindungen mit den Gerichtssystemen der Mitgliedstaaten auf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2011, Miles u. a., C 196/09, EU:C:2011:388, Rn. 41).

49 Daher kann ein Gericht wie das in Art. 8 des BIT genannte nicht als ein „Gericht eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden und ist folglich nicht befugt, den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen anzurufen.

50 Unter diesen Umständen bleibt noch als Drittes zu prüfen, ob der Schiedsspruch eines solchen Gerichts im Einklang insbesondere mit Art. 19 EUV der Kontrolle durch ein Gericht eines Mitgliedstaats unterliegt, die gewährleistet, dass die unionsrechtlichen Fragen, die das Schiedsgericht zu behandeln haben könnte, eventuell im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens dem Gerichtshof vorgelegt werden könnten.

51 Insoweit ist zu beachten, dass nach Art. 8 Abs. 7 des BIT die Entscheidung des in diesem Artikel vorgesehenen Schiedsgerichts endgültig ist. Zudem legt das Schiedsgericht nach Art. 8 Abs. 5 des BIT sein eigenes Verfahren unter Anwendung der Schiedsordnung der UNCITRAL fest und wählt insbesondere seinen Sitz und damit das Recht, das für das Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung der Gültigkeit des Schiedsspruchs gilt, mit dem es die bei ihm anhängige Streitigkeit beilegt.

52 Im vorliegenden Fall hat das von Achmea angerufene Schiedsgericht als Schiedsort Frankfurt am Main gewählt, so dass für das Verfahren der gerichtlichen Überprüfung der Gültigkeit des am 7. Dezember 2012 ergangenen Schiedsspruchs das deutsche Recht anwendbar wurde. Es ist somit diese Wahl, die es der Slowakischen Republik als Streitpartei erlaubt hat, nach diesem Recht eine gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs zu beantragen und zu diesem Zweck das zuständige deutsche Gericht anzurufen.

53 Es ist jedoch festzustellen, dass eine solche gerichtliche Überprüfung durch dieses Gericht nur vorgenommen werden kann, soweit das nationale Recht sie gestattet. Darüber hinaus sieht § 1059 Abs. 2 ZPO nur eine beschränkte Überprüfung vor, die sich u. a. auf die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung nach dem anwendbaren Recht und auf die Frage bezieht, ob die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs die öffentliche Ordnung wahrt.

54 Für die Handelsschiedsgerichtsbarkeit hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass die Erfordernisse der Wirksamkeit des Schiedsverfahrens es rechtfertigen, Schiedssprüche durch die Gerichte der Mitgliedstaaten nur in beschränktem Umfang zu überprüfen, soweit die grundlegenden Bestimmungen des Unionsrechts im Rahmen dieser Kontrolle geprüft werden können und gegebenenfalls Gegenstand einer Vorlage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof sein können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juni 1999, Eco Swiss, C‑126/97, EU:C:1999:269, Rn. 35, 36 und 40, und vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro, C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 34 bis 39)

55 Ein Schiedsverfahren wie das in Art. 8 des BIT vorgesehene unterscheidet sich jedoch von einem Handelsschiedsverfahren. Während Letzteres nämlich auf der Parteiautonomie beruht, leitet sich Ersteres aus einem Vertrag her, in dem Mitgliedstaaten übereingekommen sind, der Zuständigkeit ihrer eigenen Gerichte und damit dem System von gerichtlichen Rechtsbehelfen, dessen Schaffung ihnen Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen vorschreibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 34), Rechtsstreitigkeiten zu entziehen, die die Anwendung und Auslegung des Unionsrechts betreffen können. Daher lassen sich die in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Überlegungen zur Handelsschiedsgerichtsbarkeit nicht auf ein Schiedsverfahren wie das in Art. 8 des BIT vorgesehene übertragen.

56 Folglich ist unter Berücksichtigung aller in Art. 8 des BIT vorgesehenen und oben in den Rn. 39 bis 55 erörterten Merkmale des Schiedsgerichts festzustellen, dass mit dem Abschluss des BIT die an ihm beteiligten Mitgliedstaaten einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat geschaffen haben, der ausschließen kann, dass über diese Streitigkeiten, obwohl sie die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts betreffen könnten, in einer Weise entschieden wird, die die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleistet.

57 Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine internationale Übereinkunft, die die Schaffung eines mit der Auslegung ihrer Bestimmungen betrauten Gerichts vorsieht, dessen Entscheidungen für die Organe, einschließlich des Gerichtshofs, bindend sind, grundsätzlich nicht mit dem Unionsrecht unvereinbar. Die Zuständigkeit der Union im Bereich der internationalen Beziehungen und ihre Fähigkeit zum Abschluss internationaler Übereinkünfte umfassen nämlich notwendigerweise die Möglichkeit, sich den Entscheidungen eines durch solche Übereinkünfte geschaffenen oder bestimmten Gerichts in Bezug auf die Auslegung und Anwendung ihrer Bestimmungen zu unterwerfen, sofern die Autonomie der Union und ihrer Rechtsordnung gewahrt bleibt (vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/91 [EWR-Abkommen I] vom 14. Dezember 1991, EU:C:1991:490, Rn. 40 und 70, 1/09 [Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems] vom 8. März 2011, EU:C:2011:123, Rn. 74 und 76, sowie 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 182 und 183).

58 Indessen ist im vorliegenden Fall außer dem Umstand, dass die Streitigkeiten, die unter die Gerichtsbarkeit des in Art. 8 des BIT vorgesehenen Schiedsgerichts fallen, die Auslegung sowohl dieser Übereinkunft als auch des Unionsrechts betreffen können, die Möglichkeit der Zuweisung dieser Streitigkeiten zu einer Einrichtung, die nicht Teil des Gerichtssystems der Union ist, in einer Übereinkunft vorgesehen, die nicht von der Union, sondern von den Mitgliedstaaten geschlossen wurde. Art. 8 des BIT ist jedoch geeignet, neben dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten die Erhaltung des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts, die durch das in Art. 267 AEUV vorgesehene Vorabentscheidungsverfahren gewährleistet wird, in Frage zu stellen, und ist daher nicht mit der in Rn. 34 des vorliegenden Urteils erwähnten Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit vereinbar.

59 Demnach beeinträchtigt Art. 8 des BIT die Autonomie des Unionsrechts.

60 Daher ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass die Art. 267 und 344 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten wie Art. 8 des BIT entgegenstehen, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat.

Zur dritten Frage

61 Angesichts der Beantwortung der ersten und der zweiten Frage braucht die dritte Frage nicht beantwortet zu werden.

Kosten

62 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 267 und 344 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten wie Art. 8 des Abkommens zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen entgegenstehen, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat.

Lenaerts

Tizzano

Ilešič

Bay Larsen

von Danwitz

Malenovský

Levits

Juhász

Borg Barthet

Bonichot

Biltgen

Jürimäe

Lycourgos

Vilaras

Regan

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. März 2018.

Der Kanzler

Der Präsident

A. Calot Escobar

K. Lenaerts
* Verfahrenssprache: Deutsch.

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