Schlagwort-Archive: Berliner Wassertisch

EU Handelsausschuss bereitet ISDS-Zustimmung im Europaparlament vor

EU_Handelsausschuss

EU Handelsausschuss

In der Abstimmung der Mitglieder des EU-Handels­aus­schusses setzte sich die vom Ausschuss­vorsitzen­den Bernd Lange (SPD) eingebrachte „Kompromiss“-Formulierung durch, nach der die Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren nicht mehr – wie noch im ursprünglichen Entwurf gefordert – grundsätzlich abgelehnt werden, sondern nur noch vage Reformen am ISDS-Verfahren verlangt werden. Der im Ausschuss mit 28 gegen 13 Stimmen abgesegnete Resolutionsentwurf wird nun am 10. Juni dem gesamten EU-Parlament vorgelegt. Indem es zunächst so klingt, als würde die Ablehnung der Schiedsgerichtsverfahren in der europäischen Bevölkerung aufgegriffen, wird indes davon abgelenkt, dass mit dieser Resolution ISDS im TTIP tatsächlich verankert wird. Ein internationaler Investitions-Gerichtshof würde aber – wenn überhaupt – erst mittelfristig eingerichtet werden können. Für CETA oder TTIP käme das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr in Frage.

Der Blogbeitrag von Sven Giegold (MEP) bringt dazu die Details:
28. 05.2015

Beschämend! Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale stimmen für TTIP-Schiedsgerichte

Heute stimmte der Handelsausschuss des Europaparlaments über die Position zu TTIP ab. Die Abstimmung ist die Basis für die kommende Plenumsabstimmung. Hier der abgestimmte Text, der die Reform der ISDS-Schiedsgerichte begrüßt und damit die privaten Schiedsgerichte grundsätzlich akzeptiert, statt ISDS abzulehnen. [mehr …]

Zum vollständigen Blogbeitrag von Sven Giegold

Weitere Blogbeiträge dazu: Die Linke: hier     War On Want: hier

Hier noch ein Link zur offiziellen Pressemitteilung des EU Handelsausschusses aus. Was ISDS angeht findet man die zugehörigen Ausführungen nach der Zwischenüberschrift „Reform des Anlegerschutzes“. Nur: das wird ISDS in TTIP nicht verhindern!

 

US-TTIP-Dokumente für Abgeordnete weiterhin geheim

Deutsche Wirtschafts Nachrichten
30.05.2015

Aktionstag vor US-Botschaft

Aktionstag gegen TTIP & CETA vor der US-Botschaft – Foto: Uwe Hiksch


FREIHANDEL
Bundestags-Abgeordnete dürfen TTIP-Dokumente nicht lesen

In einem Leseraum der US-Botschaft in Berlin liegen seit einigen Tagen die amerikanischen Dokumente zum TTIP aus. Zutritt erhalten jedoch nur von der Bundesregierung autorisierte Personen. Ein Zugang für Abgeordnete des Bundestags sei „derzeit nicht vorgesehen“, teilt die US-Botschaft mit.

Seit einigen Tagen liegen in der amerikanischen Botschaft in Berlin die Dokumente zum geplanten EU-Freihandelsabkommen TTIP zur Einsicht auf. Doch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dürfen sich, die AFP berichtet, nicht darüber informieren, worüber sie am Ende im Namen der deutschen Bürger abstimmen müssen. Das gehe aus einem Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums an den Bundestags-Wirtschaftsausschuss hervor.

Zum Artikel

 

TTIP und CETA bedrohen Kulturbetrieb

ZEIT ONLINE
30.05.2015

BuecherKulturschaffenden drohen Klagen vor Schiedsgerichten
Von Petra Pinzler

Jüngst gab die Bundesregierung noch Entwarnung – jetzt räumt sie ein: Dank Ceta und TTIP könnten künftig Verlage oder Museen vor Schiedsgerichte gezogen werden.

Drohen Orchestern, Museen und Verlagen künftig doch Klagen ausländischer Investoren? Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) kann auch Folgen für den Kultursektor in Deutschland haben, gibt die Bundesregierung erstmals zu. Der Ceta-Vertrag sieht die Einführung von privaten Schiedsgerichten vor – und die werden auch für ausländische Investitionen im Kulturbereich zuständig sein.

Zum Artikel

 

TTIP ist schon Realität

Mythos: „TTIP und CETA werden keine Standards verwässern“
Tatsache: TTIP und CETA verwässern die Standards bereits!

Zeit-online
29.05.2015

FREIHANDEL
TTIP ist schon Realität
von Bas van Beek, Sophia Beunder und Jilles Mast

Buecher

Die EU-Unterhändler versichern: TTIP und Ceta werden keine europäische Standards verwässern. Dabei wurden Umwelt- und Nahrungssicherheitsregeln längst geschwächt.

Schmutzige Luft sind die Einwohner von Muskiz, einem Dorf in der Nähe der spanischen Stadt Bilbao, gewöhnt. Seit 30 Jahren gehen in regelmäßigen Abständen immer wieder Ascheflocken auf ihre Häuser nieder, ausgestoßen von den Schornsteinen der Petronor-Raffinerie, die zum multinationalen Konzern Repsol gehört.
Im vergangenen Sommer war es besonders schlimm. „Ganze Straßenzüge waren von einer dicken Schicht Asche bedeckt: Häuser, Straßen und Autos. Die Asche war überall“, sagt Martin Manxto aus Bilbao. Der Grund waren Frachter, die seit Anfang Juni 2014 Öl aus Teersanden in die Hafenstadt brachten. Der erste hatte Anfang Juni 2014 angelegt, mit 600.000 Barrel kanadischem Teersand-Öl an Bord. Die Raffinerie hatte sichtlich Probleme, diese besonders schwere Form des Rohöls zu verarbeiten.

Zum Artikel

 

Bertelsmann als TTIP-Strippenzieher

27.05.2015
Bertelsmann als TTIP-Strippenzieher
Die Machenschaften des einflussreichsten TTIP-Lobbyisten und seiner Netzwerke
Studie von Wilhelm Neurohr

BertelsmannDer Weltkonzern Bertelsmann aus Gütersloh, einer der 500 größten Familienunternehmen weltweit, ist mit 16 -19 Mrd. € Umsatz und 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 50 Ländern sowie 6 Tochter-Unternehmen das größte europäische Medienunternehmen und weltweit auf Platz 8 oder 9. Es unterhält zudem mehrere Institute und mit der Bertelsmann-Stiftung die größte und reichste Unternehmensstiftung. Für die strategische Vorbereitung und Umsetzung ihrer gesellschafts­politi­schen Projekte stehen der Stiftung 350 hauptamtliche und eine Vielzahl nebenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung sowie erhebliche finanzielle Ressourcen mit fast 1 Mrd. € seit Gründung (und einem jährlichen 60-Mio.-Etat z. B. in 2010).

zur Studie hier

 

Was das Abkommen TTIP für die Literatur bedeutet

FAZ
26.05.2015

Georg M. Oswald im Gespräch
Was das Abkommen TTIP für die Literatur bedeutet
von Jan Wiele

Buecher

Die Buchpreisbindung schützt Verlage und Buchhandel. Warum wir fürchten müssen, dass sie beim Handelsabkommen TTIP geopfert wird: Ein Gespräch mit dem Verlagsleiter, Autor und Juristen Georg M. Oswald.

Herr Oswald, viele sehen im derzeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union verhandelten Freihandelsabkommen eine Bedrohung. Welche Auswirkungen könnte es für den deutschen Buchmarkt haben?

Ein Instrument wie die Buchpreisbindung ist dem amerikanischen Buchmarkt fremd. Es ist anzunehmen, dass die Vereinigten Staaten sie als ein Handelshemmnis betrachten, das fallen sollte.

Zum Artikel

 

Arbeitsschutz und TTIP

BR.de
21.05.2015

TTIP-Verhandlungen
Gefahr für die Sicherheit am Arbeitsplatz?
von Reinhard Weber

Buecher

USA und Europa agieren beim Arbeitsschutz völlig unterschiedlich. Asbest ist hier beispielsweise verboten, dort erlaubt. Im Zuge der TTIP-Verhandlungen soll das angepasst werden. Doch dies birgt auch Gefahren.

Die freiwillige Feuerwehr Ottobrunn rückt aus, um Leben zu retten. Oft riskieren die Männer dabei ihr Eigenes. Um so wichtiger ist die optimale Schutzausrüstung, um Verletzungen und Pannen beim Einsatz zu vermeiden. Hier könnte Gefahr drohen durch das geplante transatlantische Handelsabkommen TTIP zwischen Europa und USA. Steht der europäische Arbeitsschutz auf der Kippe?

Zum Artikel

Update: Nachrichten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV): Kampf gegen Asbest – mit Prävention und Vorsorge (Juni 2015)
(Zur pdf)

 

degrowth – Sommerschule 2015

degrowth konkret: Klimagerechtigkeit
Die Sommerschule „Degrowth konkret: Klimagerechtigkeit“ geht vom Sonntag 09. bis Freitag 14. August 2015. Sie findet im rheinischen Braunkohlerevier statt. Am Samstag den 15. August gibt es zudem eine Demonstration für Klimagerechtigkeit. Von Montag bis Donnerstag finden vormittags vier- und zweitägige Kurse statt.

 

EU stoppte Anti-Pestizid-Gesetz nach US-Druck bei TTIP-Verhandlungen

the guardian
22.05.2015

Pesticides
EU dropped pesticide laws due to US pressure over TTIP, documents reveal
by Arthur Neslen, Brussels

US Handelsbevollmächtigte sollen die EU dazu gedrängt haben, Maßnahmen gegen hormonaktive Chemikalien, die Krebs und Unfruchtbarkeit bei Männern auslösen können, zurückzustellen.

Schritte der EU hin zu einer Regulierung von hormonaktiven Chemikalien, die zu Krebs und zu Unfruchtbarkeit von Männern führen können, wurden aufgegeben, nachdem US Beamte über das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) Druck ausgeübt hatten, wie kürzlich veröffentlichte Dokumente zeigen.

Nach einem EU Gesetzentwurf hätten 31 Pestizide verboten werden sollen, die endokrine Disruptoren (EDCs) enthalten. Dies wurde jedoch fallengelassen aus Furcht vor einer Gegenreaktion bei den Verhandlungen, angefacht durch einen Vorstoß einer agressiven US-Lobby, wie der Zugang zu entsprechenden Dokumenten durch „Pesticide Action Network (PAN) Europe“ zeigt.

zum vollständigen Artikel in englischer Sprache hier
zum Thema siehe auch hier

 

Zum Thema Fracking – Bundestag: Anhörung zur Bergschadenshaftung

Anhörung zur Bergschadenshaftung
Ausschuss für Wirtschaft und Energie – 21.05.2015

Berlin: (hib/HLE) Die Bergschadenshaftung ist Thema einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Mittwoch, den 10. Juni 2015. Die Anhörung beginnt um 11.00 Uhr im Europasaal 4.900 des Paul-Löbe-Hauses. Grundlage der Anhörung ist der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen (18/4714). Damit sollen die Vorschriften zur Haftung für Bergschäden auch für künstlich angelegte Untergrundspeicher gelten. Zudem sollen die Vorschriften auf den Bohrlochbergbau Anwendung finden. Den Betroffenen soll mit den neuen Vorschriften höhere Rechtssicherheit gegeben und deren Rechtsposition gestärkt werden, so dass ein besserer Interessenausgleich möglich werden soll. „Damit soll auch mehr Akzeptanz für die geregelten risikobehafteten Bergbaubereiche, die zum Beispiel die umstrittene Fracking-Technologie einschließen, erreicht werden“, begründet die Regierung ihren Entwurf. Zu den Schadensursachen sollen neben Senkungen auch Hebungen zählen. Gerade beim Bohrlochbergbau seien auch Schäden durch Hebungen möglich.

Geladen sind folgende Sachverständige: Andreas Sikorski (Präsident des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen), Burkhard Grundmeier (Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.), Hans-Ulrich von Mäßenhausen (Rechtsanwalt), Professor Hans-Joachim Kümpel (Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe), Franz-Gerd Hörnschemeyer (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie), Thorben Gruhl (Aktionsbündnis No Moor Fracking), Dirk Teßmer (Rechtsanwälte Philipp-Gerlach & Teßmer) sowie ein Vertreter des Deutschen Städtetages.

Zuhörer werden gebeten, sich im Sekretariat des Ausschusses mit vollständigem Namen und Geburtsdatum per E-Mail (wirtschaftsausschuss@bundestag.de) sowie der Nummer ihres Personaldokuments anzumelden. Außerdem sind das Datum und das Thema der Anhörung anzugeben. Zur Sitzung muss das Personaldokument mitgebracht werden.

Quelle: Meldung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie

 

Die AöW durchleuchtet Fracking-Legenden

AöW e.V.19. Mai 2015
Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.

Fünf Fracking-Legenden durchleuchtet
Legende 1: Fracking wird seit 30 Jahren problemlos in Deutschland angewandt.
Legende 2: In den USA wird Fracking weiträumig problemlos angewandt
Legende 3: Gefrackt wird nur noch ohne gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien.
Legende 4: Die Entsorgung des beim Fracking anfallenden Abwassers ist problemlos möglich.
Legende 5: Die Risiken beim Fracking sind beherrschbar.
 

Legende 1: Fracking wird seit 30 Jahren problemlos in Deutschland angewandt.
Es stimmt zwar, dass seit Jahrzehnten bei der Erdöl- und Erdgasförderung in Deutschland auch Frackingverfahren angewandt werden. Es handelt sich dabei jedoch um andere Verfahren als bei der Förderung der sogenannten unkonventionellen Gasvorkommen, um die es derzeit in der politischen Auseinandersetzung geht. Für diese Förderung von Schiefer-, Kohleflöz- und Tightgas gelten die neueren Verfahren, die in den USA angewendet werden, als Vorbild. Diese Förderung wurde in Deutschland und Europa bisher noch gar nicht großtechnisch betrieben.

Außerdem wurden die bisherigen bei der Erdöl- und Erdgasförderung in Rahmen-, Haupt- oder Sonderbetriebsplänen festgelegten Verfahren nur stichprobenartig überwacht. Diese Betriebspläne beinhalten die technische Durchführung, den zeitlichen Ablauf, Sicherheitsvorkehrungen und Arbeitsanweisungen. Gesichtspunkte wie die ► Gewässerbelastung und die Umwelt spielen dabei keine Rolle. Die Dokumentation über die Einhaltung der Betriebspläne machen die Unternehmen selbst, die Bergbehörden machen Inspektionen und Stichproben. Es ist deshalb im Nachhinein nicht nachprüfbar, welche Belastungen durch Fracking in der Umwelt entstanden sind, denn Messungen hätten vor der Aufsuchung oder der Förderung durchgeführt werden müssen, um die ► Auswirkungen von Fracking gegenüber anderen Effekten zu erkennen.

Im tiefen Untergrund laufen die ► Fließvorgänge sehr langsam ab. Auswirkungen lassen sich daher erst nach Jahren bis Jahrzehnten erkennen, deshalb können wir uns nicht in Sicherheit wiegen, wenn bis heute angeblich nichts passiert ist.
 

Legende 2: In den USA wird Fracking weiträumig problemlos angewandt.
Das ist falsch. Denn es gibt auch in den ► USA viele ► Beschwerden von der Bevölkerung über Umweltbelastungen und Grundwasserverunreinigung durch Fracking. Wie in einer von der US Umweltschutzagentur (EPA 2011) veröffentlichten ► Studie (Seite 3), kann es beim Fracking zu unkontrollierten Rissbildungen kommen, sodass ein Anschluss des Fracks an durchlässige Gesteinsschichten, Störungen oder Altbohrungen entsteht. Das kann zu diffusen Aufstiegen von Gasen und Fluiden in das oberflächennahe Grundwasser führen. Denn Simulationen der Rissbildung sind vorher zwar möglich, aber genau vorhersehbar ist die Rissausbreitung nicht.

Richtig ist, dass in den USA Fracking weiträumig angewandt wird. Die geologischen Verhältnisse in den USA sind jedoch einerseits anders als in Deutschland. Entscheidender ist aber andererseits, dass Deutschland viel dichter besiedelt ist als die USA. Dort kommen im Durchschnitt 27 Einwohner auf einen Quadratkilometer, in Deutschland 226. Für unsere dichtbesiedelten Gebiete werden vor Ort Nahrungsmittel produziert, ist eine hochentwickelte Industrie angesiedelt, müssen Lebensräume auch für andere Lebewesen und Räume für Erholung und Gesundheit vorgehalten werden. Da gibt es ständig zahlreiche Nutzungskonflikte zu den Wasserressourcen und der Umwelt, die durch Fracking noch verstärkt werden. Auswirkungen kann Fracking auch auf die Siedlungs- und Verkehrsstruktur, die Land- und Forstwirtschaft, die Heilquellen- und Mineralwassergebiete, Überschwemmungsgebiete, Erholungsgebiete, Naturschutzgebiete, die freilebenden Arten und verbliebenen Biotope, Flora und Fauna, das Gesundheitswesen, die Nahrungsmittelindustrie und alle Produktionsprozesse, für die sauberes Wasser benötigt wird, haben. Zu beachten ist auch der Lärmschutz. Ein Vergleich ist daher zwischen Deutschland und den USA und z.B. auch Kanada nicht unmittelbar möglich.

Eine großangelegte Studie der US Umweltschutzagentur zu den Auswirkungen von Fracking auf die ► Trinkwasserressourcen ist im November 2011 begonnen worden und noch nicht beendet.

 
Legende 3: Gefrackt wird nur noch ohne gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien.
In den USA werden bis zu 750 verschiedene Chemikalien beim Fracking in unterschiedlicher Zusammensetzung (Additive) eingesetzt. In ► Deutschland wurde in einer Studie für das Umweltbundesamt in 2012 von mindestens 112 Additiven, die verschiedene Chemikalien enthalten, ausgegangen. Es wurde festgestellt, dass darunter Stoffe verwandt werden, die unter anderem sehr giftig und krebserregend sind. Einige sind auch erbgutverändernd und können somit die Fortpflanzung beeinträchtigen. Für das UBA-Gutachten ► (Seiten 300 bis 340 und 347) wurden 80 Sicherheitsdatenblätter der Lieferfirmen für die Frackflüssigkeiten ausgewertet. Danach waren 6 Zubereitungen giftig, 6 umweltgefährlich, 25 gesundheitsschädlich, 14 reizend, 12 ätzend und nur 27 nicht gefährlich. Einige Additive weisen auch Gefährdungsmerkmale für das Wasser auf, 3 nämlich sind stark wassergefährdend, 12 wassergefährdend, 22 schwach wassergefährdend, 10 nicht wassergefährdend. Das bedeutet, dass diese Inhaltsstoffe zur Vorsorge vor Gesundheitsschäden nicht in den Boden und das Wasser gelangen dürfen.

Es ist unwahrscheinlich, dass auf alle diese problematischen Chemikalien ► verzichtet werden kann. Neuere Forschungsergebnisse in Österreich über die Verwendung von ungefährlichen Frackfluiden, sogenanntes Clean Fracking, müssen erst in der Anwendung getestet werden.

Wären die Chemiecocktails, mit denen trotz dieser Beschwichtigungen noch gearbeitet wird, tatsächlich ungefährlich, könnten die eingesetzten ► Inhaltsstoffe doch veröffentlicht werden. Da dies nicht geschieht, lassen sich die Aussagen über die Unbedenklichkeit derzeit nicht überprüfen.

In ► Dänemark ist z.B. erst Anfang Mai 2015 die erste Probebohrung für Fracking gestoppt worden, weil das Fracking-Unternehmen Total die umweltschädliche Chemikalie Null Foam eingesetzt hatte. Es hatte dafür keine Genehmigung und diese gar nicht beantragt, weil es erstaunlicherweise nicht erwartet hatte, dass es Probleme geben würde.

Problematisch ist, dass der größte Teil des Frackfluids im Untergrund bleibt. Bei den in Deutschland untersuchten Bohrungen wurde nur 17 bis 27% Rückfluss des Chemiecocktails festgestellt. Das bedeutet, dass ein bleibendes Risiko besteht, sogar auch für die aquatische Umwelt.

Fehlerhafte oder undichte Bohrlöcher stellen ein weiteres Risiko dar, gerade bei mehreren Tausenden und mehr zu erwartenden Bohrungen.
 

Legende 4: Die Entsorgung des beim Fracking anfallenden Abwassers ist problemlos möglich.
Beim Fracking werden große Mengen Wasser (pro Bohrloch 10 bis 30 Millionen Liter) benutzt, das als sogenanntes ► Flowback zusammen mit dem Frackfluid teilweise wieder an die Oberfläche zurückkommt. Zusätzlich wird mit den Bohrungen das in den Erdgas-Lagerstätten vorhandene tiefe Grundwasser an die Oberfläche gefördert.

Der Flowback – bei der Bohrung verpresstes Wasser mit dem Lagerstättenwasser vermischt, ist stark salzhaltig. Je nach Beschaffenheit des Untergrundes enthält er zusätzlich hohe Konzentrationen von Kohlenwasserstoffen, Eisen und Mangan. Auch Aluminium, Ammonium, Bor, Blei, Cadmium, Chrom, Chromat, Eisen, Molybdän, Nickel, Quecksilber und Zink sind darin in höheren Konzentrationen als im Grundwasser natürlich vorkommend. Durch die natürliche Radioaktivität im Untergrund werden auch radioaktive Stoffe mit nach oben befördert. Über beim Frackingverfahren entstehende Transformationsprodukte, die sich durch das Zusammenwirken der im Frackfluid und dem Lagerstättenwasser enthaltenen Elemente bilden können, und Abbauprodukte liegen bisher keine Forschungsergebnisse vor. Es ist auch bisher nicht erforscht, welche Stoffe tatsächlich durch das Frackfluid im Untergrund gelöst werden.

Das für das Umweltbundesamt in 2012 erstellte Gutachten stellt fest, dass bei diesen Vorgängen von einem erheblichen Gefährdungspotenzial ausgegangen werden muss. Diese Gefährdung besteht selbst dann weiter, wenn es gelingen sollte, ohne gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien zu fracken. Ohne Fracking würde allein das unwillkürlich beim Bohren und Fördern mitgeförderte Lagerstättenwasser ja im Untergrund verbleiben.

Der Flowback soll nun in neueren Verfahren aufbereitet und das dabei abgetrennte Frackfluid wieder verwendet werden. Der mengenmäßig größere Rest wird in Lagerstätten verpresst, aus denen nicht mehr gefördert wird. Das kann aber dazu führen, dass dort vorhandenes Lagerstättenwasser verdrängt wird und über Rissbildung in höher gelegene Grundwasservorkommen gelangen kann. Für diese Entsorgungsform sind auch weite Transportwege in Form von Pipelines oder über den Transport mit LKW nötig.

Aus den USA sind sogar Fälle der Einleitung des Flowback in Flüsse oder in die Kanalisation bekannt. Das hat zu Korrosionsschäden in Kläranlagen und an Anlagen geführt, die Oberflächengewässer zum Beispiel zu Kühlzwecken genutzt haben.

Die Entsorgung des beim Fracking anfallenden Flowback stellt deshalb ein bisher unterschätztes Risiko dar.

 
Legende 5: Die Risiken beim Fracking sind beherrschbar.
Eine gezielte Erfassung und Überwachung der Umweltauswirkungen von Fracking in Deutschland gibt es bisher nicht.

In dem Gutachten für das Bundesumweltamt wurde in ► 2012 formuliert:

„Eine belastbare Datenbasis, auf deren Grundlage wir die Besorgnis einer Gefährdung der oberflächennahen Wasservorkommen sicher ausschließen können, haben wir nicht. Auch die entsprechenden Werkzeuge und Methoden (z.B. numerische Grundwassermodelle) können aufgrund der lückenhaften Datenbasis gegenwärtig nur überschlägige Ergebnisse liefern. Zu einer fundierten Beurteilung der Risiken und zu deren technischer Beherrschbarkeit fehlen aus unserer Sicht viele und grundlegende Informationen.“

Daher wurde vorgeschlagen, weitergehende Forschungen anzustellen z.B. den Untergrund weiter zu untersuchen und die eingesetzten Chemikalien und deren Wechselwirkungen näher zu analysieren. Geschehen ist das nicht. Umfassende neue Forschungen sind aus Deutschland nicht bekannt. Es wurde zwar ein weiteres Gutachten für das Umweltbundesamt erstellt und ► 2014 veröffentlicht. Das stützt sich aber nur auf nationale und internationale Literaturrecherchen sowie auf Gespräche mit Fachexperten, mit Fach- und Genehmigungsbehörden, mit Verbänden und den Erdöl- und Erdgasbetreiberfirmen.

Die Beherrschung der Auswirkungen von Fracking für auf die Menschen die Tiere, die Natur und die Wasserressourcen ist bisher nicht gesichert. Im Sinne des Vorsorgeprinzips sind aber Maßnahmen zu unterlassen, die potenziell gravierende Schäden hervorrufen können, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts niedrig oder das Risikopotenzial noch unbekannt ist.

Christa Hecht
Geschäftsführerin

Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.
Reinhardtstr. 18a, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/39 74 36 06
Fax: 0 30/39 74 36 83
hecht(at)aoew(dot)de
www.aoew.de
PDF-Download AöW-Papier

Weitere Informationen zum Thema Fracking
 

Fotonachweise (v.o.n.u.): Trueffelpix/fotolia.com, Katja Neubauer/pixelio.de, Michael Bührke/pixelio.de, AöW e.V., m.schuckart/fotolia.com

Fotoquelle Banner: P._Storz/pixelio.de

 

Junckers Kommission führt Europa tiefer in die Post-Demokratie

Der Tagesspiegel
22.05.2015

Junckers Kommission führt Europa tiefer in die Post-Demokratie
von Harald Schumann

Logo der EU-Kommission

 

Der Plan kommt ganz harmlos daher. Die „Recht­setzung“ in Europa solle besser werden, erklärt Frans Timmermans, Vizechef der EU-Kommission. Darum solle es künftig „mehr Transparenz und Kontrolle“ geben, wenn die EU neue Gesetze beschließe, verspricht der Kommissar. Und dafür sollten sich auch das EU-Parla­ment und der Rat der EU-Regierungen vertraglich verpflichten, alle Gesetzesänderungen noch vor jeder Abstimmung einer „rigorosen“ Prüfung zu unterwerfen, fordert Timmermans und legt jetzt einen ent­spre­chen­den Vertragsentwurf vor.

Zum Artikel

Kommentar Wassertisch:
Was die EU-Kommission hier vorhat, würde die Möglichkeiten der nationalen Parlamente, ihre Bürger mit Regulierungen etwa im Bereich von Umwelt und Gesundheit besser zu schützen, erschweren oder sogar unmöglich machen. Dies ist eine besorgniserregende Parallele zur „
Regulatorischen Kooperation„, die im TTIP-Freihandelsabkommen geplant ist. Die Demokratie wird entkernt: Die demokratische Hülle bleibt bestehen und dient zur Rechtfertigung der neoliberalen Akteure im politischen Raum.

 

AöW durchleuchtet Fracking-Legenden

AöW e.V.19. Mai 2015
Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.

Fünf Fracking-Legenden durchleuchtet
Legende 1: Fracking wird seit 30 Jahren problemlos in Deutschland angewandt.
Legende 2: In den USA wird Fracking weiträumig problemlos angewandt
Legende 3: Gefrackt wird nur noch ohne gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien.
Legende 4: Die Entsorgung des beim Fracking anfallenden Abwassers ist problemlos möglich.
Legende 5: Die Risiken beim Fracking sind beherrschbar.

ausführliche Widerlegung der Legenden hier