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TTIP contra Klimapolitik: Was steht auf dem Spiel?

Tufts University, Medford MA 02155
01.12.2015

GDAEGlobalization Commentaries
TTIP vs. Climate Policy: What is at Risk?
von Frank Ackerman

TTIP contra Klimapolitik: Was steht auf dem Spiel?
(vollständige Übersetzung des Beitrages: Berliner Wassertisch)

Es gab einmal eine Zeit, da ging es bei Handelsabkommen um Zölle. Etwa um 1990 herum waren die Zölle noch so hoch, dass sie den Umfang der globalen Exporte und Importe beeinflussten. Hier konnten Befürworter von Handelsabkommen noch glaubhaft versichern, dass es ihnen darum ging, mit niedrigeren Zöllen den internationalen Handel auszuweiten.
Welch einen Unterschied ein Vierteljahrhundert ausmacht. Die Zollsenker haben gewonnen; heutzutage sind die meisten Zölle so niedrig, dass sie keine Rolle mehr spielen. Die durchschnittlichen Handels-Zölle zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union betragen weniger als 3 Prozent in beide Richtungen. Jedes ökonomische Wachstum, das auf die Absenkung von Zöllen zurückzuführen sein könnte, muss es inzwischen längst gegeben haben. Dennoch klingen die jüngsten Argumente für weitere Handels-Liberalisierungen genau wie die alten Slogans, mit nur einer winzigen Veränderung: Jetzt heißt es, die „nicht-tarifären Handelshemmnisse“ blockierten angeblich weiteres ökonomisches Wachstum, das aber durch noch freieren Handel zu erreichen sei.
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COP21 von TiSA ausgehöhlt

taz.de
03.12.2015

Wikileaks veröffenlicht Tisa-Dokumente
COP21 von Tisa ausgehöhlt
von Andreas Zumach und Malte Kreutzfeldt

TisaWährend es in Paris um Weltrettung geht, wird in Genf Tisa verhandelt. Das Freihandelsabkommen könnte den Klimaschutz torpedieren.

PARIS/GENF taz | In Paris sieht es derzeit nicht gut aus für die Kohle-, Öl- und Gaskonzerne: Immer mehr Investoren ziehen sich zurück, und ein neues Klimaabkommen könnte die Aussichten der Branche weiter verschlechtern. Doch während 193 Staaten bei der Pariser Weltklimakonferenz versuchen, einen geringeren CO2-Ausstoß zu erreichen, verhandeln 50 dieser Länder gleichzeitig hinter verschlossenen Türen in Genf über die vollständige Liberalisierung der globalen Energiemärkte im Rahmen eines neues Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, Tisa).

zum vollständigen Artikel
zur Veröffentlichung von Wikileaks

The local and regional dimension of the Trade in Services Agreement (TiSA)

Deutsche Übersetzung als docx

Pressemitteilung von Hubertus Zdebel (LINKE, MdB): Mit TISA-Freihandelsabkommen droht Fracking (4.12.2015)

 

 

Klimaschutz erfordert ISDS-Ausnahmeregelung

Council of Canadians
Schutz eines multilateralen Abkommens zum Klimaschutz
vor der Bedrohung durch Kampfansagen von Unternehmen

von Maude Barlow

Ein Vorwort zur Ausarbeitung „Eine ISDS-Ausnahmeregelung zur Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen“ von Gus Van Harten

In diesem Dezember treffen sich Staaten aus aller Welt in Paris zur COP 21, der Konferenz der Vereinten Nationen zum Klimawandel. Dies ist ein historisches Treffen und ein wichtiger Moment für die Nationen der Welt, ein wirklich sinnvolles Abkommen zu vereinbaren, um die Treibhausgasemissionen ernsthaft zu reduzieren. Die Erwartungen sind hoch.

Es gibt sicherlich einige Hoffnungsschimmer, obwohl viel getan werden muss. Im Juni 2015 vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder, Treibhausgase durch die allmähliche Abschaffung von fossilen Brennstoffen bis zum Ende des Jahrhunderts zu reduzieren. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die auf eine Umsetzungsfrist bis 2050 drängt und sich für sofortige verbindliche Emissionsziele engagierte, sprach von der Notwendigkeit „die globale Ökonomie im Lauf dieses Jahrhunderts zu dekarbonisieren.”
In demselben Monat versprach China, der größte Treibhausgasemittent der Welt, die steigenden Emissionen bis zum Jahr 2030 zu reduzieren, zum ersten Mal für eine Nation, deren Richtlinien ein unbegrenztes industrielles Wachstum begünstigt haben. Im August 2015 hat der US-Präsident Barack Obama, vielleicht eingedenk seines Vermächtnisses, die ersten landesweiten Standards zur Beendigung des unbeschränkten Ablassens der Kohlenstoffbelastung durch US-Kraftwerke enthüllt.

Die Weltmeinung ändert sich erheblich, seit immer weniger Menschen die überwältigenden wissenschaftlichen Beweise eines durch Menschen verursachten Klimawandels in Frage stellen. Eine Umfrage des Pew Research Centers ergab im Juli 2015, dass der Klimawandel als größte weltweite Bedrohung angesehen wird. Mit der Annäherung der Gespräche in Paris wächst die Hoffnung auf ein wirklich sinnvolles multilaterales Abkommen zum Klimawandel.
Aber es gibt ein Problem, das angesprochen werden muss, wenn eine Vereinbarung oder ein Abkommen, die/das auf dem Gipfel von Paris erzielt wird, in den Heimatländern der Parteien umgesetzt werden soll. Das zentrale Problem ist, dass viele der Länder, die versprechen, ernsthafte Maßnahmen zum Klimawandel zu ergreifen, auch Parteien von Handels- und Investitionsgeschäften oder aggressiven Verhandlungen sind, die einen Mechanismus enthalten, der großen Unternehmen das Recht gibt, Veränderungen an den derzeitigen Vorschriften, gemäß denen sie ihren Betrieb führen, zu fordern.

Der Mechanismus bei diesen Handelsgeschäften heißt Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS). Es gibt ausländischen Unternehmen das Recht, Regierungen direkt auf finanzielle Entschädigung zu verklagen, wenn diese Regierungen neue Gesetze oder Praktiken, wie z. B. Umwelt-, Gesundheits- oder Menschenrechte, einführen, die sich auf die Bilanzen der Unternehmen negativ auswirken. ISDS gewährt Unternehmen bei diesen Verhandlungen im Wesentlichen denselben Status wie Regierungen und privatisiert die Streitbeilegung zwischen den Nationen.

Das vollständige Vorwort von Maude Barlow und die Ausarbeitung von Gus Van Harten finden Sie hier

 

Global Frackdown: 1.200 Organisationen fordern weltweites Fracking-Verbot

frackdownAnlässlich der vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015 in Paris stattfindenden UN-Klimakonferenz (COP 21) haben 1200 Organisationen, darunter der Berliner Wassertisch, einen offenen Brief (pdf) verfasst, der am 30. Oktober versendet wurde:

 

Sehr geehrte Staats- und Regierungschefs, sehr geehrte Parlamentarier/innen,

die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 21) in Paris steht kurz bevor – und wir bitten Sie hiermit eindringlich, konsequente Schritte für den Klimaschutz zu gehen. Dies bedeutet nicht nur, Ziele zur Minderung der Emissionen festzulegen, sondern auch, sich klar zur wissenschaftlich belegten Notwendigkeit, fossile Brennstoffe im Untergrund zu belassen, zu positionieren. Insbesondere appellieren wir an Sie, das hydraulische Aufbrechen von Gesteinsschichten (hydraulic fracturing, Fracking) ebenso wie den Einsatz von Säurestimulation bei der Öl- und Erdgasproduktion abzulehnen. Setzen Sie sich stattdessen für Maßnahmen ein, die eine entschlossene und schnelle Wende in der Energieversorgung hin zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien ermöglichen. Dies ist notwendig, um die Erderwärmung zu begrenzen und das Klima zu stabilisieren.

Im Dezember 2014 stellte der New Yorker Gouverneur Cuomo einen Bericht über die Auswirkungen von Fracking auf die Gesundheit vor und beschloss daraufhin, diese Rohstoff- Förderpraxis in seinem Bundesstaat zu verbieten. Mit diesem Schritt folgte er dem Beispiel von Ländern wie Frankreich und Bulgarien, die Fracking ebenfalls verboten haben. Eine solche Vorsichtsmaßnahme ist die Antwort auf die zunehmenden wissenschaftlichen Belege für die negativen Auswirkungen von Fracking, zu denen Luft- und Wasserverschmutzung ebenso gehören wie Erdbeben und negative Auswirkungen auf die Gesundheit, ganz zu schweigen von den massiven Beeinträchtigungen, die z. B. der Abbau von Sand für die Fracking-Vorgänge, Pipelines und andere dazugehörige Infrastruktur auf Kommunen und Umwelt haben. Hinsichtlich der schädlichen Einflüsse auf das Klima ist es zwar richtig, dass das Verbrennen von Erdgas weniger Kohlendioxid freisetzt als das Verbrennen von Kohle oder Öl. Deshalb wird Gas, das durch Fracking gewonnen wird, als klimafreundlich angepriesen und Fracking als „Brückentechnologie für die Energiewende“ propagiert. Leider ist es in Wahrheit aber so, dass gefracktes Gas eine Brücke in Richtung irreversibler Schäden durch den Klimawandel ist. Hier die drei grundlegenden Argumente dafür:

  • Erstens, und vor allem, verdrängt die stärkere Nutzung von Erdgas im Stromsektor nicht nur andere fossile Brennstoffe, es verdrängt auch sauberere Lösungen wie die Nutzung von Sonne und Wind sowie die Steigerung der Energieeffizienz und absolute Energieeinsparung. Diese Lösungen sind von höchster Bedeutung für effektiven Klimaschutz. Jedoch verzögern Fracking und eine ausgedehnte auf Gas basierende Energieinfrastruktur die Verbreitung der sauberen Lösungen. Zweitens entweicht durch Lecks an Bohrstellen und Pipelines mehr Erdgas – und damit mehr von dem Treibhausgas Methan – als man bisher dachte. Methan ist jedoch ein viel stärkeres Treibhausgas als zunächst angenommen*. Die Nutzung von Erdgas anstelle anderer fossiler Brennstoffe führt daher zu einem Anstieg der Methanemissionen, der dem durch die Erdgasnutzung erwarteten verringerten Kohlendioxidausstoß ebenbürtig ist oder ihn sogar übersteigen könnte.
  • Zweitens: Sieht man von den Problemen der Industrie mit Methan-Leckagen ab und betrachtet man nur den CO2-Ausstoß, so muss man feststellen, dass die Gewinnung und das Verbrennen von gefracktem Gas deutlich mehr Kohlendioxid freizusetzen drohen als unser Planet ohne katastrophale Auswirkungen verkraften kann. Um die nicht mehr umkehrbaren Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, muss fast das gesamte Gas, das durch Fracking gewonnen werden könnte, unverbrannt im Boden bleiben. Dies gilt auch dann, wenn gleichzeitig weltweit Maßnahmen ergriffen werden, um den Öl- und Kohleverbrauch zu senken. Dieser letzte Punkt wird von der Erkenntnis untermauert, dass bis 2050 höchstens ein Drittel der bekannten fossilen Brennstoffe gefördert werden dürfen, wenn es eine reale Chance geben soll, die Erwärmung unter 2 °C zu halten. Allerdings unterschätzt selbst diese Erkenntnis das Problem in zwei Punkten: Erstens basieren die Prognosen nur auf den bekannten Vorräten – ohne Berücksichtigung des Erdgases und Erdöls, das mit Fracking gewonnen werden soll und ohne das Öl aus der Arktis sowie aus Ölsanden, deren Gewinnung jetzt voranschreitet. Diese gesamten fossilen Brennstoffe müssen jedoch fast vollständig im Boden bleiben.
  • Drittens stammt die Schätzung der Reserven, die „nicht verbrannt werden dürfen”, aus veralteten wissenschaftlichen Klimaprognosen. Klimaforscher halten inzwischen selbst das Zwei-Grad-Ziel für ungenügend**. Bereits ein Temperaturanstieg von nur 1,5 Grad würde zu schwerwiegenden Auswirkungen führen – insbesondere im globalen Süden. Ganz einfach ausgedrückt heißt das: Wenn wir unser Klima stabil und unseren Planeten gesund erhalten wollen, dürfen wir es uns nicht erlauben, hinsichtlich unseres Energiesystems einen Weg weiterzugehen, der auf fossilen Brennstoffen beruht. Trotz dieser Tatsache ist es Interessensgruppen gelungen, viele Regierungen zu überzeugen, dass Schiefergas-Fracking eine effiziente „Brückentechnologie“ auf dem Weg zur hundertprozentigen Nutzung erneuerbarer Energiequellen sei. Dies ist eine gefährliche und völlig falsche Sichtweise. Sie berücksichtigt weder die höchst energieintensive Förderung von Öl und Gas mit dieser Technik noch all die anderen oben geschilderten Nebenwirkungen. Die Welt steht vor einer Klimakrise, die schon jetzt verheerende Auswirkungen zeigt. Ohne schnelle Gegenmaßnahmen werden diese sich verstärken und katastrophale Ausmaße annehmen. Sich für Fracking zu entscheiden bedeutet Stillstand. Darüber hinaus verhindert und verzögert es die Entwicklung nachhaltiger Energiesysteme, die jedermann zur Verfügung stehen und auf der effizienten Nutzung sicherer, reichlich vorhandener, erschwinglicher und erneuerbarer Energiequellen beruhen.

Beim Klimagipfel in Paris muss deutlich gemacht werden, dass die Förderung von Schiefergas, Tight Gas und Tight Öl sowie Kohleflözgas unter Einsatz von Fracking nicht mit einem zukünftig stabilen Weltklima vereinbar ist. Dies gilt auch für andere extreme Methoden zur Gewinnung fossiler Brennstoffe. Wir fordern Sie auf, ein Verbot von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas zu unterstützen, sowohl auf nationaler Ebene als auch im Hinblick auf internationale Verträge. Bitte machen Sie auf die Notwendigkeit aufmerksam, dass ein Großteil der fossilen Brennstoffe unverbrannt im Boden bleiben muss.

Mit freundlichen Grüßen

Organisationen

* Gemäß dem 5. Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) von 2013 hat Methan aus der Öl- und Gasförderung gegenüber Kohlendioxid einen deutlich stärkeren Treibhauseffekt: Über einen Zeitraum von 20 Jahren bindet Methan Hitze 87 Mal stärker als Kohlendioxid und über einen Zeitraum von 100 Jahren 36 Mal stärker. Angesichts der drohenden Klima-Kipppunkte sollte sich das Augenmerk in erster Linie auf den Zeitraum der nächsten 20 Jahre richten. Messungen des aktuellen Methangehalts in der Atmosphäre über Öl- und Gasfeldern zeigen viel höhere Emissionen als in den Schätzungen der Industrie auf Basis theoretischer Kalkulationen angegeben.

** J. Hansen, M. Sato, P. Hearty, R. Ruedy, M. Kelley, V. Masson-Delmotte, G. Russell, G. Tselioudis, J. Cao, E. Rignot, I. Velicogna, E. Kandiano, K. von Schuckmann, P. Kharecha, A. N. Legrande, M. Bauer, and K.-W. Lo: Ice melt, sea level rise and superstorms: evidence from paleoclimate data, climate modeling, and modern observations that global warming is highly dangerous, Discussion Paper, in: Atmos. Chem. Phys. Discuss., 15, 20059–20179, 2015

 

Global Climate March

Weltweit: Demonstrationen für Klimaschutz am 29. Nov. 2015

Sei dabei z. B. in Berlin um 12:00 Uhr Hauptbahnhof

Auszug aus dem Aufruf
Einen Tag vor dem richtungsweisenden Klimagipfel in Paris geben die Bürgerinnen und Bürger in positiven und bunten Demos rund um den Globus den Ton an – von London bis São Paulo und von Johannesburg bis Berlin.
Wir demonstrieren gemeinsam für mehr Klimaschutz und gegen die Nutzung fossiler Energien. Wir demonstrieren gemeinsam für eine erneuerbare Zukunft.
Lasst uns zusammen ein starkes Signal an die Bundesregierung und an die Klimakonferenz nach Paris senden! Die Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt müssen sich von den fossilen Energien verabschieden.

zum Aufruf