Schlagwort-Archive: Gerechter Welthandel

209 Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern: EU-Handelsabkommen dürfen demokratische Teilhaberechte nicht untergraben!

Um die Kritik einiger EU-Regierungen und -Parlamente zu umgehen, will die Europäische Kommission das Abstimmungsverfahren für anstehende Handelsabkommen mit Mexiko, Chile und den Mercosur-Ländern (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) ändern und die Abkommen leichter und schneller von der EU durchsetzen lassen. Wir, die Organisationen der Zivilgesellschaft, lehnen diesen Schritt ab, da er demokratischen Teilhaberechte untergraben würde!

Dieser so genannte “Splitting”-Versuch der Europäischen Kommission würde bedeuten, dass die handelspolitischen Säulen der Assoziierungsabkommen mit Drittländern ohne die Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten im Rat der EU und ohne jegliche nationale Ratifizierung angenommen würden. Dies wäre ein Angriff auf die Demokratie und eine schwerwiegende Abkehr von den Regeln für handelspolitische Entscheidungen und der derzeitigen Praxis, wonach Assoziierungsabkommen einstimmig von den EU-Regierungen sowie von einer Mehrheit im Europäischen Parlament und von allen Parlamenten auf nationaler Ebene gebilligt werden müssen.

Der Schritt der Europäischen Kommission ist ein zynischer technischer Weg, um sicherzustellen, dass die von ihr ausgehandelten Handelsabkommen trotz ihrer Kontroversen über Abholzung, Klimawandel und Menschenrechtsverletzungen schnell in Kraft treten. Das Manöver würde den Widerstand einiger EU Regierungen und nationaler und/oder regionaler Parlamente aushebeln. weiterlesen

DGB: Kanada-Handelspakt: Verbesserungen brauchen Verbindlichkeit

25.08.2022

klartext Nr. 25/2022
Kanada-Handelspakt: Verbesserungen brauchen Verbindlichkeit

Die Bundesregierung möchte die Handelsbeziehungen mit Kanada angesichts der aktuellen Krise ausbauen. Noch ist das Freihandelsabkommen CETA nicht in allen EU-Staaten, so auch in Deutschland, ratifiziert. Eine Zustimmung zum Abkommen darf es aus DGB-Sicht nur geben, wenn konkrete und bereits angekündigte Verbesserungen bei Nachhaltigkeitskapiteln und Investorenrechten in CETA umgesetzt werden. […]

Investitionsschutz aus Sicht des DGB hochproblematisch

Auch beim Investitionsschutz hat die Bundesregierung Reformen angekündigt: Mit Blick auf zukünftige Abkommen ist es ein richtiger Schritt, die problematischen Rechte für Investor*innen zumindest eingrenzen zu wollen. Ob eine „Interpretationserklärung“ – wie sie die Bundesregierung für CETA plant – dazu ein wirksames Mittel ist, bleibt aber sehr zweifelhaft.* Aus Sicht des DGB braucht es in CETA eigentlich überhaupt keinen Investitionsschutz. Kanada, die EU und ihre Mitgliedsstaaten schützen Eigentumsrechte schließlich umfänglich. […]“

Zum Beitrag

* Ein neues Rechtsgutachten (pdf) zeigt, dass diese CETA-Interpretationserklärung unwirksam ist! Damit ist diese Überlegung hinfällig. Es bleibt dabei: #stopCETA

 

Gemeinsame Erklärung der deutschen und kanadischen Zivilgesellschaft: Stoppen wir die Ratifizierung von CETA!

Samstag, 20. August 2022

Stoppen wir die Ratifizierung von CETA!

Eine gemeinsame Erklärung der deutschen und kanadischen Zivilgesellschaft

Anlässlich der Kanadareise von Bundeskanzler Olaf Scholz und im Vorfeld der angekündigten Ratifizierung des Handels- und Investitionsschutzabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) durch den deutschen Bundestag bringen wir – Gewerkschaften, Menschenrechts-, Umwelt- und weitere gesellschaftliche Organisationen – unsere anhaltende Ablehnung gegenüber CETA zum Ausdruck; denn CETA schützt einseitig Konzerninteressen, indem es demokratische Willensbildung untergräbt und wirksame Politik zum Schutz von Klima, Umwelt und dem Sozialen verhindert.

Aktion vom 06.07.2022: CETA-Ratifizierung stoppen! (Foto: Uwe Hiksch)

Während die meisten Vertragsbestandteile von CETA in Europa und Kanada seit fast fünf Jahren vorläufig angewendet werden, gilt dies nicht für die umstrittenen Bestimmungen zum Investitionsschutz. Diese Bestimmungen sowie die geplante Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit (Investment Court System, ICS) würden ausländischen Investoren exklusiv das Privileg einräumen, Staaten vor einem privaten Schiedsgericht statt vor nationalen Gerichten zu verklagen sobald sie erwartete Profite durch Gesetzgebung beeinträchtigt sehen. Diese Sondergerichtsbarkeit für private Investoren würde nur dann geschaffen, wenn die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten CETA ratifzieren.

Die geplante Sondergerichtsbarkeit ICS stellt, wie jedes andere Investor-Staat- Streitbeilegungsverfahren (investor–state dispute settlement, ISDS) eine immense Bedrohung für die souveräne Politikgestaltung durch Parlamente dar, beispielsweise bei der Bekämpfung der Klimakrise, der Anhebung von Sozial- oder Umweltstandards. ISDS-Mechanismen wurden auch von kanadischen Unternehmen bereits mehrfach eingesetzt, um demokratisch beschlossene Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu untergraben. So drohte das kanadische Unternehmen Vermilion Energy mit einer milliardenschweren ISDS-Klage, um ein französisches Gesetz aus dem Jahr 2017 zu blockieren, das die Förderung fossiler Brennstoffe bis 2040 beenden sollte. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie ISDS-Mechanismen wirksame Klimaschutzmaßnahmen und den Ausstieg aus fossiler Energie verhindert haben und weiterhin verhindern werden.

Deutsche Regierungsparteien haben kürzlich angekündigt, CETA mit einer Interpretationserklärung zum Investitionsschutzkapitel ratifizieren zu wollen.

Die unterzeichnenden Organisationen aus Deutschland und Kanada verurteilen dieses Vorgehen und weisen erneut darauf hin, dass es keine Rechtfertigung für die Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit für Investorenrechte gibt – mit oder ohne Auslegungserklärung, welche sowieso keine oder nur geringe Auswirkungen auf zukünftige ISDS-Schiedsverfahren hätte.

Die geplante vollständige Ratifizierung von CETA würde zudem die gefährlichen und einseitigen Sonderrechte für Investoren massiv ausweiten. Nicht nur kanadische und europäische Investoren wären klageberechtigt, sondern z.B. auch US-Konzerne mit Tochtergesellschaften in Kanada und in Europa.

Im krassen Gegensatz zu diesen einklagbaren Rechten sieht CETA keinerlei Verpflichtungen für Investoren vor. Ebenso wenig ermöglicht das Abkommen Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden oder Gewerkschaften, Klage zu erheben, wenn ein Unternehmen gegen Umwelt-, Arbeits-, Gesundheits-, Verbraucherschutz- oder andere Vorschriften verstößt.

In einem Abkommen zwischen der EU und Kanada sind Sondergerichte für Konzerne völlig überflüssig, denn Investoren in beiden Ländern können ihre Rechte ja vor nationalen Gerichten geltend machen, so wie jeder andere auch. Es gibt keinen Grund, warum Investoren ein spezielles und exklusives Gericht für sich bräuchten – eines, das in der Vergangenheit häufig zugunsten von Konzernen und gegen Staaten entschieden hat. Dieses Schiedssystem ist in einem Abkommen unter Freunden nicht nur unnötig, sondern brandgefährlich!

Angesichts der Klima- und Energiekrise würde die vollständige Ratifizierung von CETA einer Transformation unserer Volkswirtschaften und dem Ausstieg aus fossilen Energien nur Steine in den Weg legen. Denn die Einführung von Sonderrechten für Konzerne käme vor allem den Öl-, Gas- und Rohstoffunternehmen zugute. Wenn wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen schnell beenden wollen, darf die CETA- Sondergerichtsbarkeit für Investoren auf keinen Fall eingeführt werden.
Sonderrechte für Konzerne sind ein Relikt des 20. Jahrhunderts, das der Lösung der drängendsten Probleme des 21. Jahrhunderts im Wege steht. Stattdessen brauchen wir einen Paradigmenwechsel hin zu einer Handelspolitik, die die Interessen der Menschen und des Planeten in den Vordergrund stellt. Mit der Ratifizierung von CETA würden wir uns von dieser dringend notwendigen Entwicklung weit entfernen.

Wir fordern daher die Verantwortlichen auf, den CETA-Ratifizierungsprozess zu stoppen! Keine Sonderrechte für Investoren! Schützen wir Menschen und das Klima, nicht die Profite von Konzernen.

August 20 of 2022

Stop the ratification of CETA!

A joint statement by German and Canadian civil society groups

On the occasion of German Chancellor Olaf Scholz’s visit to Canada, and ahead of the announced ratification of the EU–Canada Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) by the German parliament, we Canadian and German civil society organisations express our continued opposition to CETA, which protects corporate interests at the expense of climate, environmental and social action and democratic decision-making.

While most parts of CETA have been provisionally applied in Europe and Canada for nearly five years, the agreement’s controversial investment protection provisions have not. These provisions, including the planned Investment Court System (ICS), would grant foreign investors the privilege to sue states before a private arbitration tribunal instead of in national courts when public policies affect their ability to profit. This chapter would come into effect only after full ratification of CETA in all EU member states.

ICS, just like any other investor–state dispute settlement (ISDS) process, poses an immense threat to parliaments’ sovereign policy-making, for example to tackle climate change or raise social or environmental protections. In practice, ISDS mechanisms have already been used many times to undermine democratically adopted environmental and climate protection measures. Canadian companies frequently use ISDS to challenge environmental legislation, such as when Canada- based Vermilion Energy threatened a billion dollar ISDS case to successfully block a 2017 French law to end fossil fuel extraction by 2040. This is just one example of how ISDS has and will continue to prevent real action to address climate change and end fossil fuel extraction.

Germany’s ruling coalition recently announced its intention to ratify CETA with minor “interpretative” notes to the agreement text. Civil society organisations from Germany and Canada condemn this process and reiterate that establishing a parallel justice system for corporations is fundamentally against the public interest. There is no justification for establishing an ICS with or without an interpretative statement that may have little or no impact on future ISDS arbitrations.

The planned full ratification of CETA would massively expand dangerous and unilateral investor privileges. Not only Canadian and European investors would be entitled to sue, but also, for example, U.S. corporations with subsidiaries in Canada and in Europe.
In stark contrast to these highly enforceable rights, CETA does not foresee any obligations for investors. Neither does the agreement enable citizens, associations or trade unions to bring a claim when a company violates environmental, labour, health, safety, or other rules.

The inclusion of special privileges for corporations in an agreement between the EU and Canada is also highly unnecessary. Investors in both countries can assert their rights in the courts, just like everyone else. There is no reason why investors need a special and exclusive court to themselves—one with a track record of ruling expansively in favour of investors.

In view of the climate crisis and energy insecurity, fully ratifying CETA will only put barriers in the way of our struggle to decarbonize our economies and power down the fossil fuel industry. The introduction of special privileges for corporations will primarily benefit oil, gas, and extractives companies. If we are to quickly end our reliance on fossil fuels, it is imperative that CETA’s Investment Court System not come into existence.

Special privileges for corporations are a relic of the 20th century that will only get in the way of addressing the most pressing problems of the 21st century. Instead, we need a paradigm shift towards trade policy that puts the interests of peoples and the planet first, and that gives top priority to climate, environmental, and social protections. Ratifying CETA will take us many steps further away from this much needed change.

We therefore call on decision-makers to stop the CETA ratification process! Stop special privileges for corporations! Protect people and climate, not corporate interests!

List of signatory organisations

Canada:

ATTAC-Québec ● Canadian Centre for Policy Alternatives ● Canadian Environmental Law Association ● Climate Action Network Canada ● The Council of Canadians ● Friends of the Earth Canada ● Greenpeace Canada ●Grand(m)others Act to Save the Planet ● MiningWatch Canada ● Trade Justice Network ● Trade Justice Prince Edward Island

Germany:

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. ● Attac Deutschland ● Berliner Wassertisch ● Bund für Umwelt und Naturschutz BUND e.V. ● BUND Naturschutz in Bayern e. V. ● Bündnis gerechter Welthandel München ● Bündnis Stoppt TTIP & Co. Darmstadt.Dieburg ● Bürgerinitiative Umweltschutz Offenburg e.V. ● Deutsche Umwelthilfe e.V. ● Deutscher Kulturrat ● Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Deutscher Gewerkschaftsbund Hessen und Thüringen ● FIAN Deutschland ● Friedens-und Konfliktforschung Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrum der Ev. Kirche ● Foodwatch ● Forum Umwelt und Entwicklung ● GEW Hessen ● Greenpeace e.V. ● Heidelberger Bündnis für einen gerechten Welthandel ● Initiative Blackrock-Tribunal ● Kölner Bündnis für gerechten Welthandel ● Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel ● Lokale, freihandelskritische Bündnisse und Initiativen in Deutschland ● Mannheimer Bündnis für gerechten Welthandel ● NABU Deutschland ● Naturfreunde Deutschland ● Netzwerk gerechter Welthandel ● Netzwerk gerechter Welthandel Baden-Württemberg ● Ortenauer Bündnis für einen gerechten Welthandel ● Ostalb gegen TTIP ● Power-Shift e.V. ● Solidarische Landwirtschaft Deutschland ● Transparency International Deutschland ● Umweltinstitut München e.V. ● Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ● ver.di Südhessen ● Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung – WEED e.V. ● Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP und andere Freihandelsfallen

Gemeinsame Erklärung als pdf

Aufruf auf der Website Gerechter Welthandel hier

AöW-Stellungnahme zum CETA-Ratifizierungsverfahren in Deutschland

Das CETA-Ratifizierungsverfahren in Deutschland hat sich hauptsächlich aufgrund der Zuständigkeit für den Investitionsschutz ergeben. Im Folgenden werden die aus AöW-Sicht kritischen Punkte und Formulierungen aufgezeigt und wie eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ für das Wasserthema durch das Joint Committee verhindert werden könnte. Bereits heute werden Nutzungskonkurrenzen/-konflikte um Wasser aufgrund des Klimawandels sichtbar. Wasser muss insgesamt von Investitionsstreitigkeiten ausgeklammert sein, andernfalls riskiert der Staat mit der Einführung des Investorenschutzes seine Handlungsfähigkeit bei der zukünftig wichtigsten Ressource: sauberes Wasser. Dazu darf es keinesfalls kommen.

Stellungnahme

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 28.06.2022 eine Verbändeanhörung mit einer Stellungnahmefrist von weniger als 24 Stunden durchgeführt, kurz hiernach folgte die Befassung im Bundeskabinett und die erste Lesung im Bundestag [Link]. Wie aus einer Meldung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23.06.2022 [Link] hervorgeht, soll eine Ratifizierung in zweiter und dritter Lesung stattfinden, sobald der gemeinsame Ausschuss des CETA-Abkommens (das sogenannte Joint Committee) eine Erklärung verabschiedet hat, die eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ verhindert.

Bereits heute werden Nutzungskonkurrenzen/-konflikte um Wasser aufgrund des Klimawandels sichtbar. Der Klimawandel verknappt nicht nur das Wasserdargebot in Trockenzeiten, sondern die verfügbare Menge an sauberem Wasser sinkt. Die aufkommende Wasserkrise erfordert daher eine Zunahme der Anstrengungen zur Reinhaltung der verbleibenden Wasserressourcen in mindestens gleichem Maß, wie der Klimawandel voranschreitet. Wasserschutz muss als wichtigste Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel gesehen werden. Wir lehnen es deshalb ab, solche Streitigkeiten, vor allem wenn es um den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung geht, vor einem internationalen Schiedsgereicht im Geiste des CETA-Abkommens zu verhandeln. Wasser muss insgesamt von Investitionsstreitigkeiten ausgeklammert sein, andernfalls riskiert der Staat mit der Einführung des Investorenschutzes seine Handlungsfähigkeit bei der zukünftig wichtigsten Ressource: sauberes Wasser. Dazu darf es keinesfalls kommen.

Aus Sicht der AöW hat sich an unserer kritischen Position aus dem Jahr 2016 nichts geändert – hierzu auch unsere aktuelle Position gegenüber des BMWK [PDF].

Uns ist bewusst, dass das Ratifizierungsverfahren in Deutschland sich hauptsächlich aufgrund der Zuständigkeit für den Investitionsschutz ergeben hat. Wir bezweifeln auch, ob der Joint Committee mit einer Erklärung eine ausreichende Verbindlichkeit erreicht oder doch nur als Auslegungsinterpretation nachrangig herangezogen wird.

Im Folgenden werden die aus unserer Sicht kritischen Punkte und Formulierungen aufgezeigt und wie eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ für das Wasserthema durch das Joint Committee verhindert werden könnte. Hier müssen klarstellende Maßnahmen auch von Deutschland getroffen werden, sowohl für die Auslegung von CETA als auch für zukünftige Mandate für andere Handelsabkommen.

1. Wasserrechte als „Konzessionen“ (Artikel 8.1 Buchstabe f Unterpunkt i (pdf))
Das geplante CETA-Abkommen stuft Wasserrechte grundsätzlich als „Investitionen“ ein (vgl. CETA- Text, S. 30 Buchstabe f Unterpunkt i (pdf) „einer nach dem Recht einer Vertragspartei oder im Rahmen eines Vertrags erteilten Konzession, beispielsweise für die Aufsuchung, Bewirtschaftung, Gewinnung oder Nutzung natürlicher Ressourcen,“ oder L11/52), die somit vom CETA-Investitionsschutz erfasst wären. Während Investor-Staat-Investitionsschutz dem Eigentumsschutz dient, soll aber Wasser gem. Wasserhaushaltsgesetz nicht eigentumsfähig sein.

Wasser(entnahme)rechte von Investoren – im Anwendungsbereich von CETA – unterliegen mit dem Investorenschutz einem besonderen Schutz, der bei direkten Nutzungskonkurrenzen in die Waagschale geworfen werden kann. Der öffentliche Wasserversorger mit Sitz im Inland hätte diese Möglichkeit jedenfalls nicht und wäre bei der rechtlichen Verfolgung seiner Interessen benachteiligt. Dies kann bei direkten Nutzungskonkurrenzen ausschlaggebend sein – auch wenn der öffentlichen Wasserversorgung Vorrang eingeräumt wurde.

Gleiches gilt für (Schadstoff-)Einleitgenehmigungen der Industrie (Gewässerbenutzung gem. WHG). Rechtlich ist eine strengere Regelung von Einleitgenehmigungen bereits heute schwierig. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Einbeziehung von Investorenschutz eine Beschränkung von Einleitgenehmigungen (z.B. Verkürzung der Geltungsdauer) gänzlich vereiteln würde. Ein Investor – im Anwendungsbereich von CETA – mit Einleitgenehmigung in Deutschland würde sich gegen eine Verschärfung rechtlich anhand des Investorenschutzes zur Wehr setzen können. Ein Industriebetrieb aus Deutschland hätte im Übrigen hingegen keinen Zugriff auf den Investorenschutz.

AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Zu Artikel 8.1 (Begriffsbestimmungen) (pdf) zur Formulierung „f) ein Interesse, das sich ergibt aus i) einer nach dem Recht einer Vertragspartei oder im Rahmen eines Vertrags erteilten Konzession, beispielsweise für die Aufsuchung, Bewirtschaftung, Gewinnung oder Nutzung natürlicher Ressourcen,“

Es wird davon ausgegangen, dass Wasserrechte (Entnahme, Ableitung, Einleitung und sonstige Nutzung) nicht unter das Beispiel fallen.

2. Artikel 1.9 (Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser) (pdf)
Weiterhin muss insbesondere der Art. 1.9 (Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser) (pdf) beachtet werden. In Abs. 3 heißt es:

„Erlaubt eine Vertragspartei die kommerzielle Nutzung eines bestimmten Wasservorkommens, so verfährt sie dabei in einer mit diesem Abkommen vereinbaren Weise.“

Ob die Nutzung für die öffentliche Wasserversorgung eine kommerzielle Nutzung ist (wegen der Entgeltlichkeit) oder ob sogar die Abwasserentsorgung hinsichtlich Einleitungsrechten auch darunter fällt, ist völlig offen und kann sogar zu Investitionsschutzklagen führen. Ein Gutachten von Prof. Laskowski [PDF] für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 2016 greift diesen Aspekt auf.

Es muss sichergestellt werden, dass die Nutzung für/durch die öffentliche Wasserwirtschaft nicht als kommerzielle Nutzung im Sinne von Artikel 1.9 Absatz 3 CETA  (pdf) zu verstehen ist.

Zu Artikel 1.9 CETA (pdf) gibt es eine Zusatzerklärung (pdf) von der EU-Kommission zu Wasser (Nr. 8) (pdf), die aber das oben genannte Problem um Investitionsschutz, öffentliche Wasserwirtschaft und Nutzungskonkurrenzen nicht klarstellt. Die Erklärung von Slowenien (Nr. 23) (pdf) ist dagegen weitgehender. Es ist allerdings unklar inwieweit die Erklärung verbindlich ist bzw. sein kann.

Auch das Gemeinsame Auslegungsinstrument (pdf) greift zwar in Nr. 11 (pdf) das Thema auf, klärt aber nicht was kommerzielle Nutzung ist. Auch hier ist die Verbindlichkeit der Erklärung noch sehr offen.

Politisch sollte jedoch deutlich sein, dass Artikel 1.9 (pdf) nicht nur für Slowenien relevant ist. Hier muss – wenn überhaupt möglich – im gemeinsamen Ausschuss des CETA (Joint Committee) Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werden, damit die öffentliche Wasserwirtschaft und die Wassernutzung vor Investitionsschutzklagen geschützt sind.

Der Artikel 1.9 (Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser) (pdf) darf im Hinblick auf zukünftige Nutzungskonkurrenzen und der Beachtung des Vorrangs der Wasserversorgung nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein.

AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee [angelehnt an die Erklärung von Slowenien]:
Es wird davon ausgegangen, dass für die öffentliche Wasserversorgung genutzte Wasserressourcen (einschließlich der sowohl für die öffentliche Wasserversorgung als auch für andere öffentliche Zwecke – wie öffentliche Abwasserbeseitigung – verwendeten Wasserressourcen) nicht als kommerzielle Nutzung unter Artikel 1.9 Absatz 3 (pdf) fallen.

In Bezug auf Wasser wird davon ausgegangen, dass dieses Abkommen nicht die Verpflichtung auferlegt, über das EU-Recht hinauszugehen, oder das Recht jeder Partei einschränkt, Maßnahmen zur Bewirtschaftung, zum Schutz und zur Erhaltung seiner Wasserressourcen (sei es für kommerzielle Zwecke, zur Nutzung als Trinkwasser, zur gemischten oder einer anderen Verwendung) zu ergreifen oder beizubehalten, wozu auch das Recht jeder Partei gehört, die gewährten Wasserrechte zu beschränken oder zu entziehen.

3. Absicherung der Leistungen der öffentlichen Wasserwirtschaft vor einer Investitionsstreitigkeit
Eine umfassende Absicherung der öffentlichen Wasserwirtschaft ist in CETA nicht zu sehen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Klimaanpassungsmaßnahmen werden die Einrichtungen aus der öffentlichen Wasserwirtschaft über Ihre Kernaufgaben hinaus weitere Aufgaben in Kooperation mit Kommunen und Ländern übernehmen bzw. erfüllen – Klimaanpassung, Klimaschutz, Wasserwiederwendung, Ressourcenschutz um nur einige Stichworte zu nennen. Viele dieser Aufgaben werden durch den Negativlistenansatz nicht geschützt und allenfalls als Daseinsvorsorge nur geschützt, wenn die Dienstleistung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern erfüllt wird, aber nicht in einem integrierten System von unterschiedlichen Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen, wo der (Leistungs-)Austausch untereinander durch Koordinierung, Planung und Kooperation erfolgt. Und gerade der Klimawandel erfordert integrierte Maßnahmen auf unterschiedlichen kommunalen und staatlichen Ebenen.

Der Vorbehalt für die „Wasserentnahme, -aufbereitung und –verteilung“ (S. 900 oder L 11/922) (pdf) bezieht sich lediglich auf Marktzugang und Inländerbehandlung und lediglich in der „Beschreibung“ ist ein Bezug zu Investitionen enthalten.

AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Es wird davon ausgegangen, dass Streitigkeiten in Verbindung mit der öffentlichen Wasserversorgung und deren Tätigkeiten nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein können.

Der Vorbehalt „Dienstleistungen im Bereich Umwelt“ (S. 957 oder L 11/979) (pdf), bezieht sich zwar auf Abwasser ist aber beschränkt auf den Marktzugang. Der Vorbehalt für Deutschland erwähnt nur in der Beschreibung „Investitionen“.

AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Es wird davon ausgegangen, dass Tätigkeiten der öffentlichen Abwasserwirtschaft und damit verbundene weitere Tätigkeiten nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein können.

Der Vorbehalt für die „public-utilities“-Klausel (S. 898 oder L 11/920) (pdf) bezieht sich nur auf Marktzugang und die Beschreibung enthält in der Beschreibung im Titel „Investitionen“.

AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Es wird klargestellt, dass Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und damit verbundene weitere Tätigkeiten nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein können.

In Erwägungsgrund 1 der EU-Wasserrahmenrichtlinie heißt es: „Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“ Dieser Grundsatz bedeutet aus unserer Sicht, dass die oben genannten Wasserthemen nicht nur von Investitionsschutzstreitigkeiten ausgeklammert sein müssen, sondern auch, dass sie nicht Gegenstand von Handelsabkommen sein dürfen.

Berlin, den 16.08.2022

Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW)

Link zur Stellungnahme (pdf)

Wahlprogrammentwurf zur Bundestagswahl 2021. Bündnis 90 / Die Grünen: Wir machen den Welthandel fair

„Im Hinterzimmer verhandelt, von Konzern-Interessen dominiert, von Millionen Menschen abgelehnt: die Beispiele TTIP, CETA, JEFTA und TISA zeigen, wie Handelsabkommen nicht aussehen dürfen. Deshalb lehnen wir Grüne sie ab und fordern einen Neustart. Dabei bietet gut gemachte, faire Handelspolitik die Chance auf hohe Lebensqualität und Wohlstand für alle. Das geht aber nicht, wenn man die Märkte sich selbst überlässt und Verbraucherrechte oder Umweltstandards zum Handelshemmnis erklärt. Im Gegenteil, es braucht starke Regeln, hohe Standards und gute Arbeitsbedingungen. Entwicklungsländer benötigen Spielraum, um sich entwickeln zu können.

Vom Handy in der Handtasche über den Besuch bei Freunden in der Ferne bis zur US-Serie auf Netflix: Globaler Handel bestimmt unseren Alltag. Doch ohne starke Regeln schafft die Globalisierung viele Verlierer. Damit offene Märkte nicht von Konzernen regiert werden, sondern von guten Spielregeln für fairen Wettbewerb; damit Verbraucherinnen und Verbraucher gegen Schadstoffe geschützt sind; damit Arbeiterinnen und Kleinbauern ihre Existenz sichern können – dafür brauchen wir faire Handelsabkommen.

Es geht um mehr als nur klassischen Freihandel in Abkommen wie TTIP – dem Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, CETA – dem Handelsabkommen mit Kanada, oder JEFTA – dem EU-Japan-Handelsabkommen. Denn durch diese Abkommen sollen Handelshemmnisse abgebaut und Produktstandards angepasst oder anerkannt werden. Was harmlos und technisch klingt, gefährdet unseren Verbraucherschutz und das Vorsorgeprinzip. Denn oft sind es Umwelt-, Verbraucher- oder Sozialstandards, die zu Hürden für den Handel erklärt werden und darum abgeschafft werden sollen. Wir Grüne kämpfen dafür, das Vorsorgeprinzip und hohe Schutzstandards zu verankern.

CETA & Co. erhöhen auch den Druck zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Doch die öffentliche Daseinsvorsorge muss geschützt werden. Unsere Kommunen müssen frei entscheiden können, wie sie die Versorgung mit Wasser, Krankenhäusern und Bildungsangeboten sicherstellen wollen – und zwar ohne Angst vor abschreckenden Klageforderungen ausländischer Investoren. Mit CETA soll ein Investorengerichtshof eingerichtet werden, vor dem Großkonzerne gegen die demokratisch legitimierten Entscheidungen der EU-Staaten klagen können. Nach diesem Muster verklagt der Atomriese Vattenfall Deutschland wegen des Atomausstiegs auf horrende Schadensersatzsummen. Diese Klageprivilegien für Konzerne lehnen wir ab. weiterlesen

Powershift: Factsheet: Global – Regional – alles egal?

Powershift
25.01.2021

Factsheet: Global – Regional – alles egal?
Von Jeremy Oestreich

Die Wertschöpfungskette von Milch und ­Überlegungen zu einer solidarischen Regionalisierung.

„Die anhaltende COVID-19-Pandemie unterstreicht neue Dimensionen in der Problematik globaler Lieferketten und internationaler Handelspolitik. Zivilgesellschaftliche Akteure arbeiten aktiv an Vorschlägen für die dringende Umgestaltung des Welthandels: aus ökologischer und menschenrechtlicher Sicht.
Nun ist außerdem die Frage der Sinnhaftigkeit globaler Wertschöpfungsketten hinzugekommen: insbesondere verdeutlicht das Stocken von Lieferungen die Probleme eines globalen Handels mit einer scheinbar unbegrenzten Palette an Produkten. Ist es also möglich und wirklich wünschenswert, weiter alle Produkte
weltweit zu handeln und rund um den Globus zu transportieren?

Dieses Papier ist eine Momentaufnahme an Überlegungen zu einer solidarischen Regionalisierung für mehr Umweltschutz und Wahrung der Menschenrechte am Beispiel des Produkts Milch. Dabei steht das Wort solidarisch im Zentrum, weil es bei der Hinterfragung der Welthandelslogik für ausgewählte Produkte, um ein besseres Leben und bessere Umweltschutzbedingungen für alle Menschen weltweit geht – nicht nur um einen spezifischen Sektor. Solidarische Regionalisierung betont zudem, dass eine gerechte sozial-ökologische Transformation im Globalen Süden unterstützt wird. Handels­politik muss daher weitergedacht werden. Dazu gehört vor allem, die negativen Folgen der Produktion und des Transports von Gütern für beide Handels­partner aufmerksam zu beurteilen.“

Zum Beitrag

Rettet Roșia Montană! – Stopp ISDS!

GRÜNE könnten CETA stoppen! Offener Brief an BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Mai 2019, Offener Brief an BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Hallo Ihr Grünen, die Ihr mit uns gegen CETA auf die Straße gegangen seid!

Wir vertreten lokale Bündnisse, die bundesweit aus der Bewegung gegen CETA und TTIP hervorge-gangen sind. In unseren Reihen sind Vertreter*innen von Kirchen, Umweltverbänden, Gewerk-schaften und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Wir werden unterstützt von Parteien, anvielen Orten auch von Euch Grünen.

Die Fridays4Future-Bewegung bringt es auf den Punkt. Ohne entschiedenes politisches Handeln wird es für unsere Kinder keine Zukunft auf diesem Planeten geben. Die Bewegung wird von über 26.800 Wissenschaftler*innen bestärkt. Auch B’90/Die Grünen unterstützen die Einschätzung und Aktionen der jungen Leute. In dieser Situation erhaltet Ihr Grünen zusätzliche Wählerstimmen von Menschen, die auf Euer Umweltbewusstsein und auf Euer konsequentes Handeln vertrauen.

Indessen scheinen mehrere Landesverbände von B’90/Die Grünen aus unterschiedlichen Gründen bereit zu sein, CETA im Bundesrat zuzustimmen. Wie geht das zusammen? CETA hat höchst negative Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Verbraucherschutz. Dies ist Euch wohlbekannt.

Wir verweisen auf den jüngsten Bericht der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Er bestätigt, dass Handelsverträge wie CETA die Demokratie zerstören und die staatliche Regulierungsfähigkeit massiv einschränken. Der Klimakrise, die der Bericht als das größte „Marktversagen“ der Geschichte qualifiziert, sei nur durch starke staatliche Regulierungen beizukommen. Letztendlich fordert der Bericht die Rücknahme der Freihandels- und Investitionsabkommen, die den politischen Spielraum besonders zerstören.

Ihr könnt doch nicht mit 320.000 Menschen gegen TTIP und CETA demonstrieren und zwei Jahre später CETA durchwinken!

CETA wird im Bundesrat gestoppt, wenn sich die Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung der Stimme enthalten. Wir erwarten, dass Ihr Wort haltet und CETA nicht zustimmt. Seit Jahrzehnten ist es ein übliches Verfahren im Bundesrat, dass ein Land sich der Stimme enthält, wenn sich Koalitions-partner nicht einig sind. Diese Vorgehensweise ausgerechnet bei einem Thema von derartiger Trag-weite außer Kraft zu setzen, wäre unverantwortlich – besonders gegenüber unseren Kindern.

Unser dringender Appell an Euch Grünen:

  • Tut alles, was in Eurer Macht steht, um den Klimawandel und CETA zu stoppen! Unterstützt keine Freihandelsverträge, die die Demokratie zerstören und das UN-Klimaabkommen gefährden!
  • Erklärt, dass gegebene Koalitionszusagen, im Bundesrat für CETA zu stimmen, in Anbetracht des fortgeschrittenen Klimawandels nicht eingehalten werden können!

Freihandelskritische Initiativen u. Bündnisse in Deutschland
Margot Rieger, Vertreterin der lokalen Bündnisse u. Initiativen
im Koordinierungskreis des Netzwerks Gerechter Welthandel

Der Brief kann hier mitgezeichnet werden

 

Netzwerk Gerechter Welthandel: EU-Japan-Handelsabkommen (JEFTA) nicht ratifizieren!

Heute wird das EU-Parlament über das Handelsabkommen der EU mit Japan (JEFTA bzw. EU-Japan Economic Partnership Agreement) diskutieren, morgen Mittag soll die Abstimmung erfolgen. Gemeinsam mit seinen über 60 Mitgliedsorganisationen und zahlreichen weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren spricht sich das Netzwerk Gerechter Welthandel gegen die Ratifizierung von JEFTA in dieser Form aus. Nach Meinung des Netzwerks enthält das Abkommen Regeln, die den politischen Handlungsspielraum der EU und der EU-Mitgliedsstaaten massiv einschränken.

Dazu Mitglieder des Koordinierungskreises Netzwerk Gerechter Welthandel:

Alessa Hartmann, Handelsreferentin bei PowerShift: „Wie in allen EU-Handelsabkommen fehlen auch im JEFTA-Nachhaltigkeitskapitel ein Durchsetzungsmechanismus sowie Sanktionsmöglichkeiten, wenn Menschenrechte verletzt oder die Umwelt zerstört wird. Und das, obwohl Japan zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert hat. Die Sozialdemokraten haben mehrfach angekündigt, dass sie dem Abkommen nur zustimmen werden, wenn hier nachgebessert wird. Nun müssen sie zu ihrem Wort stehen und dürfen das Abkommen so nicht ratifizieren!“

Victoria Gulde, Campaignerin bei Campact: „Im Sommer haben fast 600.000 Menschen unsere Petition gegen JEFTA unterschrieben. Das zeigt, dass die Bürger/innen das Abkommen nicht wollen. In seiner jetzigen Form bedroht JEFTA die öffentliche Daseinsvorsorge. Ihm ohne weitere Überarbeitungen zuzustimmen, ist daher unverantwortlich.“

Roland Süß, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis: „Große Konzerne waren die treibende Kraft hinter den Verhandlungen. Mit dem Kapitel zur regulatorischen Kooperation bekämen künftig Lobbyisten einen zusätzlichen Einfluss. So würden Lobbyisten Gesetzesentwürfe zur Kommentierung vorgelegt bekommen, bevor ein gewähltes Parlament diese Entwürfe überhaupt zu Gesicht bekommen. Damit würde ihr Einfluss auf Gesetzgebungsprozesse verstärkt. JEFTA ist in dieser Form eine Behinderung demokratischer Gestaltungsspielräume und sollte so nicht ratifiziert werden.“

JEFTA ist das bislang größte Handelsabkommen, das die EU abschließend verhandelt hat. Die beiden Wirtschaftsräume umfassen mehr als 600 Millionen Menschen und rund ein Drittel des globalen Bruttoinlandsproduktes. Bereits Anfang November hat das Netzwerk Gerechter Welthandel alle deutschen EU-Abgeordneten in einem Offenen Brief dazu aufgefordert, JEFTA sorgfältig zu prüfen und nicht zu ratifizieren, solange die zahlreichen Probleme nicht behoben sind.


Hinweise:
Offener Brief zu JEFTA an alle deutschen EU-Abgeordneten.
Publikation „JEFTA entzaubert. Wunsch und Wirklichkeit des EU-Japan-Handelsabkommens“ (pdf)
Weitere Informationen unter www.gerechter-welthandel.org

+++ 11.2.2019, Vortragsveranstaltung der Urania Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit dem
Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! +++
Siegfried Broß: TTIP, CETA, JEFTA. Wie die neuen Freihandelsabkommen Rechtsstaat und Demokratie sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen verändern. Mehr hier

Aufruf zum bundesweiten dezentralen (Stop-)CETA-Aktionstag am 29. September 2018!

Macht mit beim bundesweiten dezentralen CETA-Aktionstag am 29. September 2018!

(Berlin, 6.7.2018) CETA, das Umfassende Handels- und Investitionsschutzabkommen der EU mit Kanada, wird seit September 2017 in weiten Teilen vorläufig angewandt. Vollständig in Kraft treten kann es jedoch erst nach der Ratifizierung aller EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland müssen sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat CETA noch zustimmen.

Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Ratifizierung von CETA stoppen!

Denn CETA ist eine Bedrohung für Umwelt- und Verbraucherschutzstandards, bäuerliche Landwirtschaft und öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge. Der in CETA enthaltene Schutz von Arbeitnehmerrechten ist äußerst schwach, und die Bestimmungen zur regulatorischen Kooperation sowie die Einführung einer Investitionsschutz-Paralleljustiz vergrößern den Einfluss transnationaler Konzerne auf Politikgestaltung und unterhöhlen die Demokratie.

Darum lasst uns am 29. September gemeinsam Druck machen!

Wir wollen bundesweit in möglichst vielen Städten und Gemeinden kreative Aktionen gegen CETA und andere neoliberale Handelsabkommen durchführen. Insbesondere in Hessen und Bayern, wo Ende September die Wahlkämpfe für die Landtagswahlen stattfinden werden, wollen wir ein deutliches Zeichen dafür setzen, dass ein Kurswechsel in der Handelspolitik dringend nötig ist. Vor allem von den GRÜNEN und der Linkspartei, die sich auf Bundesebene gegen CETA ausgesprochen haben, erwarten wir, dass sie bei einer Regierungsbeteiligung auf Landesebene im Bundesrat sicherstellen, dass das jeweilige Bundesland gegen das Abkommen stimmt oder sich enthält.

Macht daher mit beim CETA-Aktionstag am 29. September!

CETA stoppen – Für einen global gerechten Welthandel!

Neben der Ablehnung von CETA müssen wir gegenüber der EU-Kommission, der Bundesregierung, dem Bundestag und dem EU-Parlament auch deutlich machen, dass wir die geplanten weiteren neoliberalen Handelsabkommen wie JEFTA, EU-Mercosur, EU-Mexiko, EU-Australien, EU-Neuseeland, die Abkommen mit afrikanischen Staaten (EPAs) und ein neues „TTIP light“ ablehnen. Denn seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten erwecken Bundesregierung und EU-Kommission den Eindruck, als gäbe es nur noch die Alternative zwischen radikaler Freihandelspolitik und rechtspopulistischer Abschottung. Dem widersprechen wir klar und deutlich und setzen auf eine gerechte, soziale und ökologische Gestaltung der Weltwirtschaft im Interesse der Menschen, nicht der Konzerne. Handelspolitik muss transparenter und demokratischer werden, Handelsabkommen müssen sicherstellen, dass Umwelt- Verbraucherschutz- und Arbeitsstandards nach oben geschraubt statt gesenkt werden und dass der schonende Umgang mit Ressourcen, deren gerechte Verteilung sowie die Verringerung des Verbrauchs fossiler Ressourcen aktiv unterstützt wird. Darüber hinaus braucht es verbindliche Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskapitel, in denen geregelt wird, dass Verstößen gegen Verpflichtungen im Bereich der Sozial-, Menschenrechts- und Umweltstandards nachzugehen und konsequent Abhilfe zu schaffen ist (unser Forderungskatalog).

Mehr unter: https://www.ceta-aktionstag.de/start/

Zu dem Aktionstag ruft auf:

Informationen zum Netzwerk Gerechter Welthandel gibt es unter www.gerechter-welthandel.org sowie auf Facebook und Twitter.

Weitere Unterstützer des Aktionstags werden ab August ergänzt.

Material zum Download

Material zum Download

Nein zu einem TTIP-light. Ja zu einem gerechten Welthandel!

Frankfurter Rundschau
3.7.2018

Exportweltmeister in der Sackgasse.
Von Jürgen Maier u. Anna Cavazzini

Ein TTIP-light wird den Handelskonflikt zwischen den USA und der EU nicht lösen. Beide Seiten müssen nachhaltig wirtschaften. Der Gastbeitrag.

Für einen gerechten Welthandel: Neoliberale Handelsabkommen stoppen!

Abschlusserklärung der Strategie- und Aktionskonferenz des Netzwerks Gerechter Welthandel am 15./16.6.2018 in Frankfurt am Main

Für einen gerechten Welthandel: Neoliberale Handelsabkommen stoppen!

Mit Großdemonstrationen und vielfältigen Aktionen haben wir in den letzten Jahren Druck gemacht – auf die Bundesregierung ebenso wie die EU-Kommission. So ist es den Bündnissen „STOP CETA und TTIP“, „TTIP unfairHandelbar”, der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative „STOP TTIP“ und den vielen lokalen und regionalen Bündnissen gelungen, die geheimen Gespräche über TTIP und CETA in das Licht der Öffentlichkeit zu bringen und die Auswirkungen der neoliberalen Handelsabkommen breit zu thematisieren. Damit haben wir erreicht, dass die Verhandlungen über TTIP mit seinen schädlichen Auswirkungen auf unsere Demokratie sowie soziale und ökologische Standards auf Eis gelegt worden sind.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Entscheidung zum EU-Singapur-Handelsabkommen [Achmea-Urteil] klargestellt, dass internationale Schiedsgerichte nur mit der Zustimmung der nationalen und regionalen Parlamente in Handelsabkommen der EU festgeschrieben werden dürfen. Auch das ist unserem Widerstand zu verdanken.

Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten versucht die Europäische Kommission nun mit Unterstützung der Bundesregierung eine neue Offensive neoliberaler Handelspolitik. Die Bundesregierung versucht darüber hinaus, die Ausrichtung der deutschen Handelspolitik auf Exportüberschüsse „europäisch“ abzusichern. Gemeinsam erwecken sie den Eindruck, als gäbe es nur noch die Alternative zwischen radikaler Freihandelspolitik und rechtspopulistischer Abschottung. Dem widersprechen wir klar und deutlich und setzen auf eine gerechte, soziale und ökologische Gestaltung der Weltwirtschaft im Interesse der Menschen, nicht der Konzerne. Hierfür haben wir einen klaren Forderungskatalog vorgelegt.

Aktuell geht es darum, die Ratifizierung von CETA zu verhindern. Ebenso müssen wir gegenüber der EU-Kommission und der Bundesregierung, dem EU-Parlament und dem Bundestag deutlich machen, dass wir die geplanten neuen neoliberalen Handelsabkommen wie JEFTA, EU-Mercosur, EU-Mexiko, die Abkommen mit afrikanischen Staaten (EPAs) und ein neues „TTIP light“ ablehnen.

Auch in den nächsten Jahren werden wir unsere Aktionen in einen europäischen Kontext stellen und den internationalen Widerstand gegen die neoliberale EU-Handelspolitik weiter verstärken. Nur gemeinsam werden wir diese Abkommen stoppen und Schritte hin zu einem gerechten Welthandel gehen können.

Gemeinsam sprechen wir uns für folgende Aktionen aus:

Ratifizierung von CETA stoppen

Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Ratifizierung von CETA durch den Bundestag und den Bundesrat verhindern. Dafür werden wir eine gemeinsame Kampagne starten, bei der wir mit kreativen Aktionen unseren Druck auf die Entscheidungsträger*innen in Bundesrat und Bundestag erhöhen. Dafür werden wir vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen Druck auf Parteien und Fraktionen in den Ländern ausüben. Insbesondere von den GRÜNEN, der SPD und der Linkspartei, die sich auf Bundesebene gegen CETA in der abzustimmenden Form ausgesprochen haben, erwarten wir, dass sie bei einer Regierungsbeteiligung auf Landesebene im Bundesrat sicherstellen, dass das jeweilige Bundesland gegen CETA stimmt oder sich enthält.

Ratifizierung von JEFTA verhindern

Die Debatten um den Schutz von Arbeitnehmer-, Verbraucher-, Umwelt- und Gesundheitsstandards haben praktisch keinen Eingang in JEFTA gefunden. Deshalb werden wir Politik und Öffentlichkeit über diese Missstände aufklären und müssen JEFTA verhindern.

Bundesweiter dezentraler Aktionstag gegen CETA

Gemeinsam mit den regionalen und lokalen Bündnissen wird das Netzwerk Gerechter Welthandel am 29. September einen bundesweiten dezentralen Aktionstag durchführen. Zu diesem Zeitpunkt werden die Wahlkämpfe für die Landtagswahlen in Hessen und Bayern stattfinden. Wir wollen in möglichst vielen Städten und Gemeinden kreative Aktionen gegen CETA und für einen gerechten Welthandel durchführen.

Unterstützung der Durchführung einer europaweiten Kampagne gegen Konzernklagerechte und für Konzernverantwortung

Die Handelsabkommen werden voraussichtlich im nächsten Jahr auch im Europawahlkampf eine wichtige Rolle spielen. Das Netzwerk Gerechter Welthandel unterstützt die derzeitigen Überlegungen, noch vor dem Europawahlkampf eine EU-weite Kampagne gegen Schiedsgerichte zwischen Konzernen und Staaten (ISDS) und für eine einklagbare soziale und ökologische Konzernverantwortung zu starten.

Einmischung in den Europawahlkampf

Das Netzwerk Gerechter Welthandel wird sich mit kreativen Aktionen in den Europawahlkampf einschalten und die EU-Kandidat*innen auffordern, sich gegen die neoliberalen Handelsabkommen, gegen Schiedsgerichte zugunsten von Konzernen und für einen gerechten Welthandel und den Vorrang von Menschenrechten vor Konzernrechten einzusetzen.

Zum Originalbeitrag

Unter https://www.gerechter-welthandel.org/aktionskonferenz2018/dokumentation/ findet Ihr:

  • Videoaufzeichnungen der Podiumsdiskussionen
  • Präsentationsfolien der Workshops
  • Medienberichte zur Konferenz

Fotos von der Konferenz gibt es übrigens unter https://www.flickr.com/photos/uwehiksch/albums/72157694917297672.

 

Der Berliner Wassertisch hat – wie die Jahre zuvor – an dem Strategietreffen teilgenommen.

Neu: Newsletter Gerechter Welthandel

netzwerkgerechterwelthandelDas Netzwerk Gerechter Welthandel hat einen Newsletter. Am 20. September erschien die erste Ausgabe. Abonnieren kann man den Newsletter über ein Formular auf der Webseite: www.gerechter-welthandel.org. Der Newsletter informiert über aktuelle Geschehnisse in der Handels- und Investitionspolitik und weist auf relevante Termine und Publikationen hin. Er wird ab sofort 8-10 Mal pro Jahr erscheinen.