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Siegfried Broß: 70 Jahre Grundgesetz – Erfolge und Gefährdungen

70 Jahre Grundgesetz – Erfolge und Gefährdungen
Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. UII Siegfried Broß, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. im Rahmen des theologisch-politischen Dialogs in der Autobahnkirche St. Christophorus Baden-Baden am 7. April 2019

I. Vorbemerkung

1. Zur Einstimmung auf die nachfolgenden Ausführungen möchte ich einige formelle Hinweise zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vorausschicken. Es ist in wenigen Wochen seit 70 Jahren in Geltung. Das Grundgesetz ist gemäß Art. 145 Abs. 2 GG mit dem Ablauf des 23. Mai 1949 in Kraft getreten. Das Bundesgesetzblatt Nr. I mit der Seite 1 wurde an diesem Tag ausgegeben.

Fotografie: ZAK

Seit Inkrafttreten hat das Grundgesetz bis in die jüngste Vergangenheit mehr als 60 Änderungen erfahren, zuletzt die nach einigem politischen Gezerre zwischen dem Bund und den Ländern zum Digitalpakt und zur Beteiligung des Bundes an den Bildungsausgaben der Länder. Aufgrund meiner jahrzehntelangen Arbeit mit dem Grundgesetz halte ich die nachfolgenden für besonders bedeutsam: Die Notstandsgesetzgebung vom 24. Juni 1968 (BGBl. I S. 709), mit der unter anderem das Widerstandsrecht in Art. 20 Abs. 4 und im Gefolge durch das 19. Änderungsgesetz (29. Januar 1969, BGBl. I S. 97) die Individualverfassungsbeschwerde wie auch die Kommunalverfassungsbeschwerde in Art. 93 Abs. 1 Nrn. 4a und 4b in das Grundgesetz eingefügt wurden, sodann das Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 (BGBl.I S. 359), der Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl.II S. 889), mit dem unter anderem die Präambel und Art. 146 GG geändert wurden sowie das Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl.I S. 2086), mit dem Art. 23 GG mit einer neuen Fassung (Verwirklichung eines Vereinten Europas) in das Grundgesetz eingefügt wurde. Hinzu kommen Änderungen des Grundgesetzes, die den föderalistischen Aufbau, die föderalistische Struktur und die Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern betreffen, so etwa das 52. Änderungsgesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), durch das die so genannte Föderalismusreform I im Grundgesetz umgesetzt wurde wie auch das Änderungsgesetz vom 13. Juli 2017 (BGBl. I S. 2347), mit dem die Länder gemäß Art. 90 Abs. 2 S. 1 GG die Auftragsverwaltung für die Bundesautobahnen aufgegeben haben. weiterlesen