Schlagwort-Archive: Ratchet-Klausel

Was ist die Sperrklinken-Klausel im CETA-Abkommen und wo steht sie eigentlich im Vertragstext?

31.08.2016
von: Berliner Wassertisch

Die Sperrklinken-Klausel im CETA-Abkommen bezieht sich auf Gesetze, die jetzt schon bestehen und die Bestimmungen beinhalten, die eigentlich den Liberalisierungszielen des Abkommens widersprechen aber trotzdem bei Inkrafttreten des Abkommens unverändert bestehen bleiben dürfen. Diese Gesetze sind im Anhang I des Abkommens aufgelistet. (bezogen auf Deutschland ab S. 1664 der deutschen PDF-Version) Diese Gesetze beziehen sich z.B. auf medizinische oder auf Pflegedienstleistungen.
Werden später solche Gesetze aus welchen Gründen auch immer so geändert, dass darin enthaltene Vorbehalte verringert werden, z.B. beim Marktzugang für ausländische Investoren, dann dürfen diese Liberalisierungen später nie mehr rückgängig gemacht werden. Auch dann nicht, wenn sich deutlich herausgestellt haben sollte, dass dieser Liberalisierungsschritt ein Fehler war. Ein Parlament darf dieses Gesetz dann nicht mehr in die ursprüngliche Fassung zurückversetzen, weil der CETA-Vertrag als völkerrechtliches Abkommen rechtlich darüber steht.

CETA-Vertrags-Auszug

  Auszug aus dem CETA Vertrag – Hervorhebung von uns

Diese Sperrklinkenklausel (ratchet-clause) ist im Vertrag an mehreren sehr versteckten Stellen untergebracht. Im Investitionskapitel steckt sie im Artikel 8.15 (ab S. 111 der deutschen PDF-Version) unter der Überschrift „Vorbehalte und Ausnahmen“. Man muss sehr genau lesen, um mitzubekommen, dass die unter 1.c) stehende positiv klingende Erlaubnis, in Anhang I aufgeführte Gesetze (=“Maßnahmen“) ändern zu dürfen, diese Änderung nur in einer Richtung erlaubt, nämlich nur in Richtung von weiteren Liberalisierungen.

 

Mit TiSA wird jede Rekommunali­sierung unmöglich

Bayerischer Rundfunk | Bayern 2 |Zündfunk
Sendung vom 26.08.2015 19:05 Uhr

Geheim verhandeltes Dienstleistungsabkommen. TiSA: Der große bösere Bruder von TTIP?
Von Katharina Mutz

tisa

  No TiSA. Foto: Berliner Wassertisch

Das Freihandelsabkommen TTIP wird von vielen als Freibrief für Chlorhühnchen gesehen. Worum’s wirklich geht, weiß wegen der intransparenten Verhandlungen keiner. Noch weniger weiß man über TiSA [Trade in Services Agreement]: mit diesem Abkommen soll die Dienstleistungsbranche liberalisiert werden. Die Folgen für uns alle könnten noch größer sein als bei TTIP.
[…] Aber immerhin stehen einige Dinge schon fest: zum Beispiel die sogenannte Sperrklinken-Klausel [Ratchet Clause]. Die besagt: Was einmal privatisiert worden ist, darf nicht wieder öffentlich werden.
Städte wie Berlin oder Paris, die ihr Wassernetz vor Jahren verkauft und dann wegen unhaltbarer Zustände für viel Geld wieder zurückgekauft haben, wären mit TiSA noch heute an die privaten Anbieter gefesselt.

zum Text-Beitrag

dieser Beitrag zum Nachhören (ab min. 28:30) hier

 

TiSA – Privatisierung der Wasserversorgung

Badische Zeitung
25.04.2015

Poker um Wasser und Kontodaten
Von Gastautor Wolfgang Kessler

Wolfgang Kessler hält das geplante TiSA*-Abkommen zur Privatisierung von Dienstleistungen für hochbrisant.

„Auf den meisten Märkten wie Gesundheit, Wasser, Verkehr, Energie, Gesundheit, Finanzen oder Telekommunikation wollen die Regierungen privaten Anbietern die gleichen Rechte einräumen wie öffentlichen Anbietern. […] Um die Privatisierung von Dienstleistungen zu sichern, sind im Tisa-Abkommen besondere Klauseln geplant. Die „Future-Proofing-Klausel“ sieht vor, dass alle Dienstleistungen, die bei Abschluss von Tisa nicht auf einer Negativliste stehen, künftig privaten Anbietern offen stehen müssen. […] Die Ratchet-Klausel (Sperrklausel) soll verhindern, dass einmal privatisierte Dienstleistungen wieder rekommunalisiert werden können, wie dies viele deutsche Kommunen mit der Wasserversorgung getan haben. Dann wären Privatisierungen unumkehrbar.“

Zum Artikel

Vgl. auch: TiSA contra öffentliche Dienste. 28. April 2014.

*TiSA = Trade in Services Agreement, Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen

Vorsicht, Tisa!

le monde diplomatique
12.09.2014

Vorsicht, Tisa!
von Raoul Marc Jennar – aus dem Französischen von Nicola Liebert

Während die Kritik an dem monströsen Projekt TTIP immer mehr Gehör findet, basteln die Vertreter von 50 Staaten an einem Abkommen, das alle öffentlichen Dienstleistungen, von Bildung über Gesundheit bis zur Energieversorgung, dem Privatsektor ausliefern würde.

Stellen wir uns eine Welt vor, in der Schulkantinen von Unternehmen wie Coca-Cola oder McDonald’s betrieben werden. Eine Welt, in der sich pakistanische und paraguayische Unternehmer absprechen, welchen Stundenlohn und wie viele Urlaubstage sie ihren Arbeitern gewähren.
Eine solche Welt erträumen sich die Vertreter von 50 Ländern, die sich von Zeit zu Zeit in der australischen Vertretung in Genf treffen. Sie kommen zum Beispiel aus der EU, den USA, Norwegen, Kanada, Japan, Mexiko, Kolumbien und Pakistan, demnächst auch aus Brasilien und China. Diese Länder repräsentieren mehr als 70 Prozent des Welthandels mit Dienstleistungen. Seit Februar 2012 befassen sie sich mit einem Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, Tisa), das sie bis zum Jahr 2015 zu beschließen hoffen.

zum Artikel…

 

„TiSA ist ein gefährliches Vorhaben“. Reaktion Klaus Ernst (MdB) auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom 19. Juni 2014

Klaus Ernst, MdB (DIE LINKE)

Auch TiSA wird im Geheimen verhandelt
26.06.2014

TiSA: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Klaus Ernst vom 19. Juni 2014

Eine Kleine Anfrage von Klaus Ernst ergab, dass sich die Bundesregierung bei der EU nicht für mehr Transparenz bei den Geheimverhandlungen über ein plurilaterales Dienstleistungs-Handelsabkommen (TiSA) einsetzt. Trotz mehrfacher Nachfragen bestätigt sie auch nicht, dass sie dies zukünftig vorhabe – siehe Fragen 30/32/38.

Die Bundesregierung sagt offensichtlich die Unwahrheit. So sei ihr nicht bekannt, dass die USA eine fünfjährige Geheimhaltungspflicht für ihre Verhandlungsposition fordere – siehe Frage 47. Die geleakten offiziellen Dokumente zum Bereich Finanzdienstleistungen, über die die Süddeutsche Zeitung am 20. Juni 2014 berichtete und die der Bundesregierung bekannt sind, dokumentieren diese Forderung jedoch eindeutig. Ebenso enthalten andere EU-Dokumente diese fünfjährige Geheimhaltungspflicht. In mindestens drei EU-Dokumenten, in denen US-Verhandlungspositionen enthalten sind („TiSA – U.S. CONFIDENTIAL Information“), erscheint der Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht bereits auf dem Deckblatt.

Im TiSA (wie auch im TTIP!) entfällt offensichtlich der Subventionsvorbehalt für öffentliche Dienstleistungen, wie er im GATS vorgesehen ist. Dieser besagt, dass aus der Subventionierung öffentlicher Dienstleistungen kein Anrecht auf Gleichbehandlung für private Unternehmen erwächst. Die Bundesregierung weicht einer direkten Beantwortung der Frage aus (27), betont aber, dass EU-Handelsabkommen eine Subventionierung von Dienstleistungen generell erlauben, was für das TISA auch vorgesehen sei. Dies lässt befürchten, dass der privaten Dienstleistungsindustrie die Tür zu Steuergeldern geöffnet wird. Die gebotene diskriminierungsfreie Behandlung ausländischer Unternehmen („Inländerbehandlung“) erzwingt dann deren Gleichbehandlung auch beim Thema Subventionen.

TiSA wird eine Standstill-Klausel (Zementierung des erreichten Liberalisierungsstandes) und eine Ratchet-Klausel (künftige Liberalisierungen begründen automatisch ein neues Verpflichtungsniveau) enthalten – siehe Frage 7. Es seien zwar Ausnahmen vorgesehen und eine Begrenzung auf „diskriminierende“ Regelungen, aber das Abkommen wird der Logik der permanenten Liberalisierung folgen.

TiSA folgt dem Ansatz einer Negativliste für die „Inländerbehandlung“. Ausländische Anbieter werden den nationalen gleichgestellt, wenn die Bereiche nicht explizit ausgenommen werden. Dies tangiert auch den Bereich Beihilfen/Subventionierungen. Der „Marktzugang“ wird über eine Positivliste geregelt. (18).

Offen ist die Frage, ob der Bundestag und der Bundesrat an der Entscheidungsfindung beteiligt werden – siehe Fragen 37 und 41.
„TiSA ist ein gefährliches Vorhaben“, kommentiert Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag die Antworten der Bundesregierung, „denn es stellt alle möglichen Dienstleistungen unter den Zwang der permanenten Liberalisierung. Es wird weniger staatliche Regulierung geben und stattdessen Vorfahrt für private Unternehmen mit garantierten Profiten. Auch deshalb gibt die Bundesregierung nur wenig und ausweichend Auskunft. Einen Willen zu mehr Transparenz kann ich nicht erkennen.“

Zur Nachricht

TiSA contra öffentliche Dienste

28. April 2014 Public Services International (PSI): Das Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (TiSA) und die Agenda der Konzerne. TiSA contra öffentliche Dienste. Warum TiSA eine ernsthafte Gefahr für Rekommunalisierungen ist, sieht man u.a. an dem Ausschnitt: zur Website… Außerdem stellt PSI Argumentationshilfen gegen TiSA bereit.