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Schlagwort-Archive: Risikoprinzip
TTIP bedroht das Vorsorgeprinzip
Deutschlandfunk
26.08.2015
Verbraucherschutz. USA diskutieren über schärfere Chemikaliengesetze
Von Heike Wipperfürth
Insgesamt 1300 Stoffe für Kosmetika sind in Europa verboten – in den USA sind es nur 11. Die Vereinigten Staaten sind für ihren eher unbekümmerten Umgang mit giftigen Stoffen bekannt. […]
In Europa müssen Unternehmen Informationen über das öffentliche Risiko der Chemikalien in ihren Produkten vorlegen [Vorsorgeprinzip], in den USA muss die Regierung beweisen, dass sie schädlich sind [Risikoprinzip/Nachsorgeprinzip]. Das wird sich nicht ändern.“
Zum Beitrag
Dazu auch: Verbraucherschützer warnen: TTIP bedroht Vorsorgeprinzip
Warum dies für die Wasserversorgung eine Gefahr darstellt, schreibt Christa Hecht (Geschäftsführerin der AöW e.V.):
„Davon können die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung und die Gewässerunterhaltung betroffen sein. In Europa und in Deutschland, mit langer Tradition, gilt das Vorsorgeprinzip. Das heißt, dass Maßnahmen vermieden werden, die potenziell Umweltschäden verursachen können, auch wenn deren Eintritt nicht wahrscheinlich ist. In den USA dagegen herrscht das Risikoprinzip. Chemische Stoffe oder Maßnahmen sind solange erlaubt, bis die Risiken bewiesen sind. Für die natürliche Ressource Wasser ein fataler Unterschied. Die Wasserwirtschaft begreift sich als Hüterin des Wasserschatzes. Ihre Aufgaben als Versorger, Entsorger und Gewässerunterhalter können die Unternehmen, Betriebe und Verbände der Wasserwirtschaft nur ganzheitlich wahrnehmen, wenn der gesamte Wasserkreislauf als Einheit angesehen wird.“ (Broß 1015)
BUND: Neue Expertise: TTIP-Verhandlungen gefährden Schutz der Verbraucher vor risikobehafteten Chemikalien
Pressemitteilung vom 23. Juni 2015
Neue Expertise: TTIP-Verhandlungen gefährden Schutz der Verbraucher vor risikobehafteten Chemikalien
Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht durch das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP die Schutzstandards vor gesundheitsschädlichen Chemikalien gefährdet. Eine von dem Umweltverband in Auftrag gegebene Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem die Aufgabe des in der EU geltenden Vorsorgeprinzips den Schutz der Verbraucher vor krebserzeugenden, hormonell wirksamen und umweltschädlichen Chemikalien infrage stellen würde.
„Im Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz müssen die Standards verbessert werden anstatt sie aufzuweichen oder zu nivellieren. Die Gesundheit der Menschen muss Vorrang haben vor den Interessen der Chemieunternehmen. Keinesfalls darf das bei uns geltende Vorsorgeprinzip vor gefährlichen Schadstoffen zur Verhandlungsmasse werden. Angeblich notwendige Harmonisierungen oder sogenannte gegenseitige Anerkennungen im Rahmen von TTIP darf es nicht geben“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger in Berlin anlässlich der Veröffentlichung der Expertise „TTIP und die Chemikalienpolitik in der EU. Mögliche Auswirkungen auf bestehende und künftige Regulierungen“.
Weiger warf der US-Regierung vor, in der EU derzeit laufende Bemühungen zum besseren Schutz der Verbraucher vor hormonell wirksamen Chemikalien zu torpedieren: „Mehrfach hat die Obama-Administration unter dem Vorwand einer Vermeidung von Handelshemmnissen die EU-Kommission schriftlich aufgefordert, keine ihrer Ansicht nach diskriminierenden oder unbegründeten Schutzvorschriften vor risikobehafteten Chemikalien zu erlassen. Die Instrumentalisierung der TTIP-Verhandlungen zur Verhinderung besserer Umwelt- und Verbraucherschutzstandards ist nicht hinnehmbar. Auch deshalb fordern wir den sofortigen Stopp von TTIP“, sagte der BUND-Vorsitzende.
Aktuell seien in der Europäischen Union über 1300 chemische Kosmetikzusätze sowie mehr als 80 Pestizidwirkstoffe verboten, die in den USA zugelassen sind. Darin spiegele sich die unterschiedliche Gesetzeslage. In den USA seien vergleichsweise nur wenige Chemikalien verboten und die Industrieunternehmen nicht verpflichtet, die Sicherheit eines Stoffes nachzuweisen. In der EU hingegen gelte das Prinzip `Keine Daten, kein Markt` für die Hersteller von Chemikalien. Vorgeschrieben sei eine Nachweispflicht für deren Unbedenklichkeit als Voraussetzung zur Vermarktung. Verbote und Zulassungsbeschränkungen nach dem Vorsorgeprinzip seien auch dann möglich, wenn der endgültige Beweis für die von einer Chemikalie ausgehenden Risiken noch nicht erbracht sei.
„Die Bevölkerung der USA und der EU muss bestmöglich vor gesundheitsschädlichen Chemikalien geschützt werden. Mit TTIP wollen Chemiekonzerne diesseits und jenseits des Atlantiks genau das Gegenteil erreichen. Wir brauchen kein sogenanntes Freihandelsabkommen, dass den Verbraucherschutz schwächt“, so der BUND-Vorsitzende.
Die Expertise „TTIP und die Chemikalienpolitik in der EU. Mögliche Auswirkungen auf bestehende und künftige Regulierungen“ finden Sie im Internet unter: www.bund.net/ttip-expertise
Mehr zu TTIP und den Freihandelsabkommen unter: http://www.bund.net/themen_und_projekte/internationaler_umweltschutz/ttip_ceta/
Pressekontakt:
Manuel Fernandez, BUND-Chemieexperte, Tel. 030-27586-463,
Mail: manuel.fernandez@bund.net
bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher, Tel. 030-27586-425/-489,
E-Mail: presse@bund.net
www.bund.net
Schriften zur kommunalen Daseinsvorsorge: Siegfried Broß: Überlegungen zu TTIP und CETA
Berliner Wassertisch
15. Juni 2015
Neues Heft in der vom Berliner Wassertisch herausgegebenen
Schriftenreihe zur kommunalen Daseinsvorsorge
Siegfried Broß: TTIP und CETA – Überlegungen zur Problematik der geplanten Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada. Mit einem Vorwort von Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW). In: Schriftenreihe zur kommunalen Daseinsvorsorge. Hrsg. v. Berliner Wassertisch. Heft 4. Berlin, Juni 2015.
Zur pdf (1,1 MB)
Vorwort
„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss“, so beginnt die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Dann ist die Wasserwirtschaft auch nicht von Freihandelsabkommen erfasst, denken viele zunächst erleichtert. Doch weit gefehlt. Es geht bei den Verhandlungen der EU-Kommission mit den USA und in dem Abkommen mit Kanada nicht nur um den Abbau von Zöllen und anderen Einfuhrbeschränkungen, sondern auch um den Abbau sogenannter nichttarifärer Regelungen.
Davon können die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung und die Gewässerunterhaltung betroffen sein. In Europa und in Deutschland, mit langer Tradition, gilt das Vorsorgeprinzip. Das heißt, dass Maßnahmen vermieden werden, die potenziell Umweltschäden verursachen können, auch wenn deren Eintritt nicht wahrscheinlich ist. In den USA dagegen herrscht das Risikoprinzip. Chemische Stoffe oder Maßnahmen sind solange erlaubt, bis die Risiken bewiesen sind. Für die natürliche Ressource Wasser ein fataler Unterschied. Die Wasserwirtschaft begreift sich als Hüterin des Wasserschatzes. Ihre Aufgaben als Versorger, Entsorger und Gewässerunterhalter können die Unternehmen, Betriebe und Verbände der Wasserwirtschaft nur ganzheitlich wahrnehmen, wenn der gesamte Wasserkreislauf als Einheit angesehen wird.
Trotz Beteuerungen der EU-Kommission und des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), dass nicht daran gedacht sei, über die Freihandelsabkommen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu liberalisieren, findet sich aber keine wirkliche Ausnahme für die Daseinsvorsorge und die Wasserwirtschaft aus den Verhandlungen und den vorgesehenen Verträgen. Im Gegenteil, von europäischer Seite wird von den USA verlangt, die Regeln für die öffentliche Beschaffung zu ändern mit einer vollständigen Öffnung. Das geht nur bei gleicher Öffnung in Europa. An eine neue Privatisierungswelle und alle erdenklichen Konstellationen von Privat-Öffentlichen Partnerschaften (PPP) denken da nicht nur Pessimisten.
Sollte der Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative Right2Water mit der Ausnahme der Wasserversorgung aus der EU-Konzessionsrichtlinie schon bald durch die Hintertür durch die Freihandelsabkommen ausgehebelt werden? Werden damit restlos die Basis und der Zusammenhalt des Lebens der Bürger in den europäischen Staaten kommerzialisiert? Die Auseinandersetzungen über Freihandel, die dahinter liegenden Gesellschaftsvorstellungen, die Bedeutung von Gemeinwohl, Daseinsvorsorge und öffentlichen Aufgaben sind in vollem Gange. Der Beitrag von Professor Broß liefert hervorragende Argumente für diese Auseinandersetzungen und fordert insbesondere dazu auf, sich darüber Gedanken zu machen, was wirklich wertvoll ist.
Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V
Der Berliner Wassertisch setzt sich aktiv für die kommunale Daseinsvorsorge ein. Da mit TTIP, CETA und TiSA eine Privatisierung öffentlicher Güter droht und auch eine Re-Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) denkbar ist, ist er seit 2013 Mitglied im Bündnis von TTIP unfairhandelbar und Unterstützer der Europäischen Bürgerinitiative StopTTIP/CETA. Im Berliner Netzwerk gegen TTIP und CETA unterstützt er die Großdemo am 10. Oktober 2015 in Berlin. Ein weiterer Grund für sein Engagement ist Fracking. Fracking stellt eine reale Gefahr u.a. für Grund- und Trinkwasser dar. Darum ist der Berliner Wassertisch dem Bündnis Gegen Gasbohren beigetreten und setzt sich gemeinsam mit den anderen Bündnispartnern für ein generelles Verbot von Fracking ein. Mit den Investitionsschutzabkommen könnten „Fracking“-Konzerne gegen nationale Verbote klagen und ihre Fracking-Projekte gegen den Willen der einzelnen Staaten durchsetzen.
Das Heft wurde auch auf der Seite der ZLB eingestellt.
Gute Nachricht: DGB schließt sich Freihandelsgegnern an
Handelsblatt
10.06.2015
„Stop TTIP“. DGB schließt sich Freihandelsgegnern an
Der deutsche Gewerkschaftsbund sieht Arbeitnehmerrechte durch das geplante Freihandelsabkommen gefährdet. Deshalb schließe sich der DGB dem Bündnis „Stop TTIP“ an, so eine Sprecherin gegenüber dem Handelsblatt.
Zum Artikel
Der Berliner Wassertisch freut sich über diesen wichtigen Bündnispartner. Nun müssen die Genossen von der SPD darüber nachdenken, wen sie eigentlich noch mit ihrer Pro-TTIP/CETA-Position vertreten.
Hier die Original-Pressemitteilung des DGB von heute:
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DGB beteiligt sich an Demonstration für gerechten Welthandel
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist dem Trägerkreis beigetreten, der die geplante Demonstration „TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!“ am 10. Oktober 2015 in Berlin organisiert. Der Aufruf des Trägerkreises im Wortlaut:
Im Herbst 2015 tritt die Auseinandersetzung um die Handels- und Investitionsabkommen TTIP und CETA in die heiße Phase. Beide Abkommen drohen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu untergraben und auszuhebeln.
Es ist höchste Zeit, unseren Protest gegen die Abkommen auf die Straße zu tragen!
Wir treten gemeinsam für eine Handels- und Investitionspolitik ein, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert. Sie muss insbesondere
- Demokratie und Rechtsstaat erhalten sowie die Gestaltungsmöglichkeiten von Staaten, Ländern und Kommunen gewährleisten und auch für die Zukunft sichern,
- nationale wie internationale Standards zum Schutz von Mensch und Umwelt respektieren und stärken sowie
- die Entwicklung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung fördern sowie Verantwortung und Rechenschaftspflichten von Unternehmen weltweit festschreiben
Wir brauchen soziale und ökologische Leitplanken für die Globalisierung. Doch TTIP und CETA gehen in die falsche Richtung: Der „Wert“ des Freihandels wird über die Werte ökologischer und sozialer Regeln gestellt. Sonderrechte für Investoren und Investor-Staats-Schiedsverfahren gefährden parlamentarische Handlungsfreiheiten. TTIP und CETA setzen öffentliche und gemeinnützige Dienstleistungen und Daseinsvorsorge, kulturelle Vielfalt und Bildungsangebote unter Druck. Sie ziehen die falschen Lehren aus der Finanzkrise, stärken internationale Konzerne und schwächen kleine und mittelständische Unternehmen, auch in der Landwirtschaft. TTIP und CETA grenzen die Länder des globalen Südens aus statt zur Lösung globaler Probleme wie Hunger, Klimawandel und Verteilungsungerechtigkeit beizutragen.
Wir treten daher für internationale Abkommen ein, die
- Umwelt-, Sozial-, Daten- und Verbraucherschutzstandards erhöhen, statt sie zu senken oder auszuhebeln;
- Arbeitsstandards wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festschreiben, statt sie auszuhöhlen;
- öffentliche und gemeinnützige Dienstleistungen und Daseinsvorsorge stärken, statt sie zu schwächen;
- kulturelle Vielfalt und öffentliche Bildungsangebote fördern, statt sie als Handelshemmnis zu betrachten;
- bäuerliche und nachhaltige Landwirtschaft sowie artgerechte Tierhaltung voranbringen, statt Gentechnik und industrielle Landwirtschaft zu fördern;
- die Macht von Konzernen und Finanzmarkt-Akteuren begrenzen, statt sie zu vergrößern;
- global ausgerichtet sind statt die Mehrheit der Menschen auszugrenzen und
- transparent und offen verhandelt werden statt geheim und in Hinterzimmern.
Hierfür gehen wir am Samstag, 10. Oktober in Berlin auf die Straße. Demonstrieren Sie mit!
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Mehr Informationen auf www.ttip-demo.de und www.dgb.de