Schlagwort-Archive: SPD

Jacobin Magazin: Der Linksruck, der keiner war

29. Juli 2021

Von Daniel Reitzig

Vor weniger als zwei Jahren trat ein Bündnis aus Erneuerern und Jusos an, um die SPD aus der neoliberalen Sackgasse zu führen. Von dem vermeintlichen Aufbruch ist so gut wie nichts mehr zu spüren.

Zum Beitrag

Niedersachsen: „Dreckiger Deal“: Landtag streitet über Förderabgabe

NDR
27. Januar 2021

„Dreckiger Deal“: Landtag streitet über Förderabgabe
Im Landtag hat die Opposition der rot-schwarzen Landesregierung vorgeworfen, Millionen-Geschenke an die Gas- und Ölindustrie zu verteilen. Hintergrund ist ein Konflikt um die Förderabgabe.

Mit scharfen Worten haben am Mittwoch die Grünen, aber auch die FDP die Landesregierung attackiert. „Die Große Koalition vergoldet das schmutzige und klimaschädliche Geschäft der Öl- und Gasindustrie“, sagte der frühere Umweltminister Stefan Wenzel. Sie sei ohne Not einen Deal mit der Industrie eingegangen. Der FDP-Abgeordnete und Ex-Wirtschaftsminister Jörg Bode sprach von einem „dreckigen Deal“, der in seiner Ausgestaltung und wegen der finanziellen Folgen für das Land nicht angemessen sei. Gegen die Senkung der Förderabgabe protestierten am Mittwochmorgen vor dem Landtag auch etliche Demonstranten mit Plakaten.
Senkung der Förderabgabe soll Rechtsstreit beenden

Streitpunkt ist die Förderabgabe, die das Land von den Öl- und Gasunternehmen erhält, damit diese in Niedersachsen Rohstoffe fördern dürfen. Das Land will die Abgabe senken, um damit einen jahrelangen Rechtsstreit mit der Industrie beizulegen. Mehrere Unternehmen hätten vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die niedersächsischen Abgabebescheide für die Jahre 2013 bis 2018 angefochten. […]

Zum Artikel

Mehr
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Niedersachsen-verzichtet-auf-Foerderabgabe-fuer-Oel-und-Gas,foerderabgabe100.html

https://www.sueddeutsche.de/politik/landtag-hannover-streit-ueber-vergleich-zur-senkung-der-oel-und-gasabgabe-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210127-99-190045

Pressemitteilung Berliner Wassertisch: Termin für Urteil der Delius-Klage steht fest

Zwei Mitglieder des Berliner Wassertischs werden vom ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Berliner Piratenfraktion Martin Delius (jetzt DIE LINKE) und dem Ex-Geschäfts­führer Heiko Herberg (jetzt SPD) zur Zahlung von 25.000 € verklagt.* Ein Vergleichsvorschlag der Richter wurde bislang nicht angenommen. Der zweitinstanzliche Urteilstermin ist am Mittwoch.

(Berlin, 06.08.19) Die Richter schlugen vor, dass die Liquidatoren der Piratenfraktion, Delius und Herberg, die Klage zurückziehen und jede Partei ihre Anwaltskosten selbst bezahlt. Ihr Anwalt hat den Vorschlag der Richter jedoch abgelehnt. Dazu Rainer Heinrich, Sprecher des Berliner Wassertischs: „Die Berliner Wasserbetriebe spülen mittlerweile Millionen in den Berliner Landeshaushalt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Privatpersonen, die hierzu beigetragen haben, zur Zahlung von 25.000 Euro verklagt werden.“

Hintergrund: In ihrem Wahlprogramm hatte die PIRATENPARTEI als einzige Partei versprochen, juristisch gegen die Wasserverträge vorzugehen. Dies trug zu ihrem Wahlerfolg 2011 bei. Als 2013 unklar war, ob die Fraktion eine Organklage gegen die Wasserprivatisierung bezahlen könne, bot der Wassertisch eine Spende an. Nachdem die Klage eingereicht worden war, machte der verbliebene Wasserkonzern Veolia den Weg zur Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe frei. Die Organklage war eines der letzten Mosaiksteine der erfolgreichen Wasserrekommunalisierung. Allerdings konnte sie aus Fraktionsmitteln bezahlt werden. Folglich teilte 2014 der damalige erste Fraktionsvorsitzende Alexander Spies (der auch die jetzige Delius-Klage ablehnt) dem Berliner Wassertisch mit, dass mit einer Inanspruchnahme der Spende nicht mehr zu rechnen sei.

Nicht alle Piratenabgeordneten befürworteten seinerzeit jedoch die juristische Aufarbeitung der Wasserverträge. Delius und Herberg gehörten zu den wenigen Gegnern der Organklage. Sie verließen auch die PIRATENPARTEI vor Ende der Legislaturperiode. Das Spendenangebot klagen die beiden Nachwuchspolitiker mittlerweile als Liquidatoren einer Fraktion ein, deren Partei sie nicht angehören. Martin Delius ist Mitglied der LINKEN, Heiko Herberg Mitglied der SPD.

Dazu Sigrun Franzen: „Wir befinden uns in der paradoxen Situation, dass wir unser Spendenangebot der Fraktion der PIRATENPARTEI gemacht haben, die für die Organklage war. Nun werden wir von Mitgliedern der Partei DIE LINKE und der SPD verklagt, die Gegner das Wasservolksbegehrens waren. Die Berliner PIRATEN selbst lehnen die Delius-Klage ab. Die Ablehnung des Vergleichs zeigt, dass die Justiz offensichtlich missbraucht wird, alte politische Rechnungen zu begleichen. Den Schritt in die nächste Instanz behalten wir uns vor.“

Verkündungstermin ist am Mittwoch, 07.08.2019 – 12.00 Uhr – Raum 145, Kammergericht Berlin

* Weitere Infos: Belügt Linken-Wahlkämpfer Delius die Öffentlichkeit?PRESSEMITTEILUNG vom 05.06.2016

Kontakt: Berliner Wassertisch
c/o GRÜNE LIGA Berlin e.V.
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin
Sigrun Franzen, Telefon: 0157 713 122 56
Rainer Heinrich, Telefon: 030 / 915 092 41
E-Mail: webmaster@berliner-wassertisch.info
Web: www.berliner-wassertisch.info
Twitter: @BWassertisch
Facebook: http://facebook.com/BWassertisch

Die Pressemitteilung als pdf

JEFTA im EU-Parlament. Wie haben die Abgeordneten aus Deutschland abgestimmt?

„Wer nicht gegen JEFTA gestimmt hat, der ist für uns nicht wählbar“ – Ein erster Wahlprüfstein „Gerechter Welthandel“ & „Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge“ für die EU-Wahl 2019: So stimmten die deutschen Europaabgeordneten am 12. Dezember 2018 zu JEFTA

Berlin, 14. Dezember 2018 [aktualisiert: 18. Dezember]

„Sozialdemokraten“ – Keine Wahlempfehlung für die Europawahl 2019

20 „Sozialdemokraten“ stimmten zunächst für das un-sozialdemokratische Abkommen: Udo Bullmann, Knut Fleckenstein, Evelyne Gebhardt, Jens Geier, Iris Hoffmann, Petra Kammerervert, Constanze Krehl, Bernd Lange, Arne Lietz, Susanne Melior, Norbert Neuser, Gabriele Pruess, Ulrike Rodust, Peter Simon, Birgit Sippel, Jakob von Weizsäcker, Martina Werner, Kerstin Westphal, Tiemo Wölken. Auch Sylvia Yvonne Kaufmann (Berlin), deren Büro unser Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! am 7.11. besucht hatte, um sie über die Gefahren für die öffentliche Wasserversorgung durch JEFTA zu informieren, hat für das Abkommen gestimmt. Nur fünf SPD-Abgeordnete – Ertug Ismail, Michael Detjen, Dietmar Köster, Maria Noichl und Joachim Schuster sprachen sich gegen das Abkommen aus. Arndt Kohn enthielt sich. Tiemo Wölken korrigierte sein Votum zu einer Enthaltung, da er fand, „dass Japan nicht klar genug gemacht hat, dass die ILO Kernarbeitsnormen ratifiziert werden.“ Jo Leinen fehlte. Das ist insgesamt sehr niederschmetternd. Als Spitzenkandidatin für die Europawahl 2019 hat die SPD Katharina Barley gewählt, die im Bundestag für das Freihandelsabkommen CETA gestimmt hat. Die Sozialdemokraten sind unter den Aspekten  „Gerechter Welthandel“ & „Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge“ – wie auch CDU, CSU, FDP – für uns nicht wählbar.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – gespaltene Fraktion

Erschreckt hat uns, dass von den 11 GRÜNEN nur 6 gegen ein so un-grünes Abkommen wie JEFTA stimmten. Da hätten wir Einstimmigkeit erwartet. Reinhard Bütikhofer hat nach eigener Aussage „eine Ja-Stimme erwogen“ und sich dann lediglich aus „Loyalität gegenüber“ seiner Fraktion enthalten. Michael Cramer und Helga Trübel enthielten sich ebenfalls. Rebecca Harms und Maria Heubuch fehlten bei der Abstimmung. Gegen JEFTA stimmten Romeo Franz, Sven Giegold, Martin Häusling, Ska Keller, Barbara Lochbihler, Terry Reintke

Die ersten 10 Kandidaten der am 11. November gewählten EUROPALISTE von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind: Platz 1. Ska Keller, 2. Sven Giegold, 3. Terry Reintke, 4. Reinhard Bütikofer, 5. Hannah Neumann, 6. Martin Haeusling, 7. Anna Cavazzini, 8. Erik Marquardt, 9. Katrin Langensiepen, 10. Romeo Franz

Von den Abgeordneten, die sich enthalten (bzw. gefehlt) haben, findet sich also glücklicherweise nur noch Reinhard Bütikofer auf den ersten 10 Plätzen. [Bütikofer wird bei Lobbypedia als Mitglied des Transatlantic Policy Network aufgeführt, das sich z.B. für TTIP eingesetzt hat. Auch einsehbar hier] Die Liste ist ansonsten unter den Aspekten „Gerechter Welthandel“ & „Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge“ vielversprechend.

Piratenpartei – hoffentlich dabei

Julia Reda, die ebenfalls gegen JEFTA gestimmt hat, tritt bei der Europawahl 2019 nicht an. Zum Spitzenkandidaten der Piratenpartei wurde der promovierte Jurist Dr. Patrick Breyer gewählt, ein seit langem aktiver Kritiker der neuen Generation von Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA und JEFTA. Unter den Gesichtspunkten „Gerechter Welthandel“ & „Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge“ definitiv eine Wahlempfehlung.

DIE LINKE – alles im grünen Bereich

Bei den LINKEN fehlten Martina Michels und Gabriele Zimmer. Alle anderen sprachen sich gegen JEFTA aus: Stefan Eck, Cornelia Ernst, Thomas Händel, Sabine Lösing, Martin Schirdewan und Helmut Scholz. Die Aufstellung der Kandidaten erfolgt erst 2019. Der Bundesausschuss der LINKEN hat jedoch bereits Martin Schirdewan als einen Spitzenkandidaten für die Europawahl nominiert. Mit einem Kreuz bei DER LINKEN wird man bei der EU-Wahl 2019 unter den Gesichtspunkten „Gerechter Welthandel“ & „Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge“ mit beinahe hundertprozentiger Sicherheit ebenfalls richtig liegen.

* Die Grafik wurde dankenswerterweise erstellt vom Netzwerk Gerechter Welthandel

Das Netzwerk Gerechter Welthandel hat einen Blogbeitrag zu der Abstimmung verfasst:

(13.12.2018, Berlin) „Gestern wurde das EU-Japan-Abkommen JEFTA im EU-Parlament ratifiziert. Trotz der zivilgesellschaftlichen Proteste wurde das Abkommen mit einer Mehrheit von 474 zu 152 Stimmen angenommen (bei 40 Enthaltungen). Insbesondere die sozialdemokratische Fraktion war gespalten: Während beispielsweise alle 5 österreichischen sozialdemokratischen Abgeordneten gegen JEFTA stimmten, gab es unter den 27 deutschen Sozialdemokrat/innen nur 5 „Nein“-Stimmen.

Da JEFTA keinen Investitionsschutz für Konzerne enthält, kann es ohne weitere Ratifizierung in den EU-Mitgliedsstaaten vollständig in Kraft treten. Dies soll bereits am 1. Februar 2019 passieren. JEFTA ist das bislang größte Handelsabkommen, das die EU abschließend verhandelt hat. Die beiden Wirtschaftsräume umfassen mehr als 600 Millionen Menschen und rund ein Drittel des globalen Bruttoinlandsproduktes. Bereits Anfang November hattten wir alle deutschen EU-Abgeordneten in einem Offenen Brief dazu aufgefordert, JEFTA sorgfältig zu prüfen und nicht zu ratifizieren, solange die zahlreichen Probleme für Nachhaltigkeit, bäuerliche Landwirtschaft und Demokratie nicht behoben sind. Über 1700 Personen haben sich an unserer Email-Aktion beteiligt und den Offenen Brief an ihre/n Europaabgeordnete/n gesendet.

Unsere Pressemitteilung zur Abstimmung im EU-Parlament, 11.12.2018: EU-Japan-Handelsabkommen (JEFTA) nicht ratifizieren!

Einen Rückblick auf unsere Kampagne sowie weiterführenden Informationen zu JEFTA gibt es unter https://www.gerechter-welthandel.org/jefta-im-europarlament-stoppen/

Wie hat die neue SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl Katarina Barley eigentlich im Bundestag abgestimmt?

Keine Wahlempfehlung… (oder warum die SPD auf keinen grünen Zweig kommen will)

Zum Tweet

Niedersachsen: Land will Fracking nicht mehr ausschließen

Update: 14.05.2018


NDR

14.05.2018

Wegen Fracking-Vorstoß: BBU kritisiert Althusmann

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) kritisiert die Aussagen von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) in Bezug auf Fracking. Der Minister hatte vor wenigen Tagen Probebohrungen zum Fracking in unkonventionellen Lagerstätten nicht mehr ausgeschlossen. Der BBU hält den Vorstoß von Althusmann für einen „Angriff auf die Umwelt“. Oliver Kalusch vom geschäftsführenden Vorstand des Dachverbandes zahlreicher Bürgerinitiativen wirft dem Wirtschaftsminister unter Verweis auf den Koalitionsvertrag „Lippenbekenntnisse“ vor. Aus den USA sei bekannt, dass Fracking zu erheblichen Grundwasserkontaminationen führen könne. Hinzu kämen weitere Gefahren, etwa durch Erdbeben und durch Verpressungen des Lagerstättenwassers aus Fracking-Bohrungen in den Untergrund. Dies stehe in deutlichem Gegensatz zum Koalitionsvertrag, indem sich die Landesregierung bekennt, dass der Schutz des Trinkwassers „absoluten Vorrang“ vor wirtschaftlichen Interessen habe. […] Zum Beitrag

 


NDR

09.05.2018
Niedersachsen schließt das unkonventionelle Fracking bei der Suche nach Erdgas möglicherweise nicht mehr wie bisher aus. Das bestätigte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage von NDR.de. Zunächst hatte NDR 1 Niedersachsen darüber berichtet. Wie Sprecher Eike Frenzel sagte, will Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) Probebohrungen für unkonventionelles Fracking künftig nicht mehr aus politischen Gründen gänzlich ausschließen. Kommerzielles unkonventionelles Fracking ist laut Bundesrecht bis 2021 verboten. Lediglich insgesamt vier wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen können laut Bundesregierung erlaubt werden. […]

Zum Beitrag

Reaktionen:

„IG Schönes Lünne weiterhin gegen Fracking

Laut Medienberichten spricht sich der niedersächsische Wirtschaftsminister Herr Althusmann für Fracking im Schiefergestein aus und will Probebohrungen in NDS ermöglichen.

Als Interessengemeinschaft Schönes Lünne lehnen wir dieses Vorgehen auf das Schärfste ab. Wir stehen auch weiterhin dafür ein, dass keine giftigen Chemikalien mit hohem Druck in den Untergrund gepresst werden. Unter dem Deckmantel von „Probebohrungen“ soll scheinbar der Einstieg in ein flächendeckendes Fracking im Schiefergestein hergestellt werden. Dabei sind schon heute die Gefahren für das Grundwasser und die Umwelt bekannt; Probebohrungen sind reine Augenwischerei.

Dass gerade Niedersachsen hier als einziges Bundesland vorprescht, verwundert. Gerade in der jüngeren Vergangenheit haben die handelnden Unternehmen in Niedersachsen immer wieder durch Unfälle und Umweltschädigungen deutlich gemacht, dass die aufgezeigten Risiken reale Gefahren sind.“

BBU-Pressemitteilung
14.05.2018

BBU: Althusmanns Fracking-Vorstoß ist ein Angriff auf die Umwelt

(Bonn, Hannover, 14.05.2018) Auf scharfe Kritik des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU e.V.) ist der Vorstoß des niedersächsischen Wirtschaftsministers Bernd Althusmann gestoßen, Probebohrungen unter Anwendung der Fracking-Technik im Schiefergestein zuzulassen. Der Umweltverband wirft dem CDU-Politiker vor, die gefährliche Gasfördermethode ohne Rücksicht auf die mit dieser Technik verbundenen erheblichen Umweltschäden etablieren zu wollen. Der BBU fordert von der niedersächsischen Landesregierung, Althusmanns Fracking-Plänen umgehend einen Riegel vorzuschieben.

Oliver Kalusch vom Geschäftsführenden Vorstand des BBU erklärt hierzu:
„Noch im Koalitionsvertrag von SPD und CDU in Niedersachsen stand das Bekenntnis ‚Der Schutz des Trinkwassers hat für uns absoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen‘. Mit seiner Fracking-Offensive zeigt Althusmann, dass dies für ihn nur Lippenbekenntnisse sind. Denn gerade aus den USA ist bekannt, dass Fracking zu erheblichen Grundwasserkontaminationen führen kann. Hinzu kommen Gefahren durch Erdbeben und durch die Verpressung des Lagerstättenwassers aus Fracking-Bohrungen in den Untergrund. Um den Gaskonzernen den Einstieg in die Fracking-Technik im Schiefergestein in Deutschland zu ermöglichen, wirft Althusmann zudem juristische Nebelkerzen. So ist seine Aussage irreführend, ein pauschaler Ausschluss von Probebohrungen in unkonventionellen Lagerstätten sei rechtlich fragwürdig. Denn die von der Bundesregierung beschlossene Fracking-Gesetzgebung besagt, dass diese Erprobungsmaßnahmen der Zustimmung der jeweiligen Landesregierung bedürfen. Legt die Landesregierung fest, dass die öffentlichen Interessen Umwelt- und Gesundheitsschutz absoluten Vorrang haben, können Anträge auf Fracking-Probebohrungen im Schiefergestein problemlos abgelehnt werden. Doch genau dies will Althusmann nicht.“

Für den BBU ist es zudem befremdlich, dass der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies, der während seiner Zeit als früherer Wirtschaftsminister Fracking im Sandstein (Tight-Gas-Reservoirs) durchgesetzt hat, nun die Rolle des Althusmann-Kritikers spielt, während Ministerpräsident Stephan Weil schweigt. Denn die Kritik von Lies bleibt folgenlos, wenn sich die niedersächsische Landesregierung nicht klar und öffentlich gegen Althusmanns Fracking-Vorstoß positioniert. Der BBU fordert daher die niedersächsische Landesregierung und den Ministerpräsidenten Weil auf, ihr Schweigen aufzugeben und Althusmanns Fracking-Plänen eine klare Absage zu erteilen.

Engagement unterstützen

Informationen über den BBU und seine Aktivitäten gibt es im Internet unter
http://www.bbu-online.de und telefonisch unter 0228-214032. Die
Facebook-Adresse lautet www.facebook.com/BBU72
<http://www.facebook.com/BBU72>. Postanschrift: BBU, Prinz-Albert-Str.
55, 53113 Bonn.

Der BBU ist der Dachverband zahlreicher Bürgerinitiativen,
Umweltverbände und Einzelmitglieder. Er wurde 1972 gegründet und hat
seinen Sitz in Bonn. Weitere Umweltgruppen, Aktionsbündnisse und
engagierte Privatpersonen sind aufgerufen, dem BBU beizutreten um die
themenübergreifende Vernetzung der Umweltschutzbewegung zu verstärken.
Der BBU engagiert sich u. a. für menschen- und umweltfreundliche
Verkehrskonzepte, für den sofortigen und weltweiten Atomausstieg, gegen
die gefährliche CO2-Endlagerung, gegen Fracking und für
umweltfreundliche Energiequellen.

Zur Finanzierung seines vielfältigen Engagements bittet der BBU um
Spenden aus den Reihen der Bevölkerung. Spendenkonto: BBU, Sparkasse
Bonn, IBAN: DE62370501980019002666, SWIFT-BIC: COLSDE33.

 

Reaktionen auf die Olympia-Träumereien des Berliner Senats

NaturFreunde fordern Ende der Olympia-Träume und kündigen – wenn nötig -kreative NOlympia-Aktionen in Berlin an

Die Berliner Morgenpost vom 19.02.2018 erscheint mit dem Aufmacher „Berlin prüft neuen Anlauf für Olympia“. Dazu erklärt Uwe Hiksch, stellvertretender Vorsitzender der NaturFreunde Berlin: Hat Senat in Sachen „Olympia“ nichts dazugelernt?

Berlin, 19.02.2018 – Es scheint so, als hätten einige Teile des Berliner Senats aus den Diskussionen der letzten Jahre keine wirklichen Schlüsse gezogen. Wer aufgrund der aktuellen Fernsehbilder meint, er müsse für Berlin einen „neuen Anlauf für Olympia“ fordern, lebt sportpolitisch scheinbar in einer völlig anderen Welt. Alle bisherigen Versuche von hochrangigen Sportfunktionär*innen und verschiedenen Vertreter*innen der Politik, Olympische Spiele in einer bundesdeutschen Stadt durchzusetzen, sind am Widerstand der dort lebenden Menschen gescheitert: Egal ob in München, Hamburg oder Berlin. In allen Städten und Gemeinden, die von den kommerziellen Interessen dieses Mega-Sportereignisses betroffen worden wären, gab es breite Ablehnung der dort Lebenden.

Dazu Uwe Hiksch: „Die NaturFreunde erwarten von den Koalitionspartnern von Herrn Geisel, der Partei DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen, dieser Olympia-Fiktion für Berlin entgegenzutreten und alle möglichen Planungen für eine Olympia-Bewerbung Berlins sofort zu stoppen. Wenn der LSB-Vorsitzende Klaus Böger, Altkanzler Gerhard Schröder und Sportsenator Andreas Geisel über Berliner Sport reden wollen, sollten sie alle Mittel auf die Sicherung und finanziellen Unterstützung des Breiten- und Schulsportes konzentrieren. In Berlin fehlen massenhaft Sportstätten für die ehrenamtlich arbeitenden Vereine und den Schulsport. Die vorhandenen Sportgelände sind zum Teil in einem katastrophalen Zustand. In Berlin müssen mehr als 300 Millionen Euro für die Sanierung der Sporthallen aufgebracht werden. In einer solchen Situation Milliarden für eine mögliche Olympia-Bewerbung ausgeben zu wollen, ist völlig inakzeptabel. Die NaturFreunde fordern den Berliner Senat auf, alle Kraft auf die Sanierung der Berliner Sportstätten zu konzentrieren.“

Die NaturFreunde setzen sich seit vielen Jahren gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Spitzensports ein. Die Olympischen Spiele haben sich für den IOC immer mehr zu einem Geschäft mit Gewinngarantie entwickelt, die jeweiligen Ausrichter in den Staaten übernehmen dabei das volle finanzielle Risiko und Milliardenkosten. In London 2012 betrugen sie je nach Berechnungsmethode zwischen 13,5 und 28,8 Milliarden Euro, in Sotschi 2014 bereits geschätzte 40 Milliarden. Sportliche Großereignisse sind heute zu einem kommerziellen Geschäft verkommen. Diese Form des Spitzensports dient Investoren und kommerziellen Großsponsoren nur noch als Projektionsfläche für ihre Werbebotschaften. Gleichzeitig werden immer höhere öffentliche Mittel für diese Form des Spitzensportes gebunden. Diese Mittel fehlen dann der notwendigen Förderung des Breitensportes.

Dazu Uwe Hiksch: „Wenn die Berliner Politik ernsthaft über eine neue Olympia-Bewerbung diskutieren sollte, freuen wir NaturFreunde uns darauf, gemeinsam mit vielen in Berlin wieder eine kraftvolle NOlympia-Bewegung zu initiieren. Wir werden uns diesen verfehlten Ideen entgegenstellen und in Berlin weiter für eine vorrangige Förderung des Kinder-, Jugend- und Breitensports streiten. Den Sportsenator fordern wir NaturFreunde auf, endlich seine Hausaufgaben zu machen und sich mit aller Kraft der Sanierung der maroden Sportinfrastruktur zu widmen und alle Träume von einer ,Olympiastadt‘ Berlin zu beenden!“

NaturFreund Berlin – aktiver Verband für den Breitensport

Grafik: Nolympia Berlin

Die NaturFreunde Berlin waren in den letzten Jahren Mitinitiator der Berliner „NOlympia-Bündnisses“. Die NaturFreunde Berlin sind Mitglied im Landessportbund Berlin. Dort setzen sie sich für den Breitensport ein. Die NaturFreunde bieten ein breites Angebot an Sportaktivitäten in der Freizeit an: Wandern, Klettern, Bergsteigen, Ski- und Snowboardfahren, Langlauf, Wildwasserfahren, Wasserwandern, Radwandern,

Muay Thai, Tischtenns, Nordic-Walking und Yoga sind nur einige Bereiche der sportlichen Aktivitäten bei den NaturFreunden.

In Berlin engagieren sich fast 40 ausgebildete Teamer*innen mit einem gültigen Sportausweis im Bergsport, Kanusport, Schneesport und im Bereich Wandern und Klettern. Mehrere Bewegungsterapeut*innen und Sportlehrer*innen sind in den Sportgruppen aktiv.

Informationen:

Uwe Hiksch, hiksch@naturfreunde.de, Tel.: 0176-62015902

Zum Beitrag

Der Berliner Wassertisch schließt sich den Einschätzungen der NaturFreunde an. Es gibt unzählige Argumente, die Olympischen Spiele in Berlin abzulehnen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang noch einmal an unseren Spiegel-Gastbeitrag vom 27.02.2015: „Olympia-Debatte. Warum Berlin auf die Spiele verzichten sollte.“ Er bleibt aktuell.

Außerdem: Mit Olympia zum „Diktat der leeren Kassen“ – ein Traum für Konzerne.
Ein (mitunter vermutlich erwünschter) „Nebeneffekt“ von den Olympischen Spielen ist Privatisierung. In Rio de Janeiro sah sich die brasilianische Regierung gezwungen, die Wasserversorgung zu verkaufen, um die Olympischen Spiele zu finanzieren. (Mehr hier)

Sollte es eine Reunion des NOlympia-Netzwerks geben, ist der Berliner Wassertisch wieder dabei.

Weiterführende Links:
NOlympia-Zeitleiste 2014-2015 NOlympia-Lexikon

 

Faire, soziale, ökologische und demokratische Außenhandelspolitik ist mit CDU/CSU und SPD nicht zu machen

Pressemitteilung zum Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD
Berlin, 16. Februar 2018

Faire, soziale, ökologische und demokratische Außenhandelspolitik ist mit CDU/CSU und SPD nicht zu machen
Außenhandelspolitik im Koalitionsvertrag setzt mit CETA Maßstäbe für von Wirtschaftsinteressen gelenkte Handelspolitik
Mitglieder des „Berliner Netzwerk TTIP/CETA/TiSA stoppen“ sehen den zwischen CDU/CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag als einen Schlag gegen die Zivilgesellschaft, die sich in den letzten Jahren für eine faire, soziale, ökologische und demokratische Handelspolitik eingesetzt hat. In dem Koalitionsvertrag wird nach wie vor das Handelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA) als Blaupause für weitere Abkommen gesetzt. Und auch das Abkommen mit den USA (TTIP) soll wieder aufgenommen werden.
CETA als Musterabkommen mit seinen weitreichenden Regelungen zu Investitionsschutz birgt enorme Gefahren für Arbeitnehmerrechte und öffentliche Daseinsvorsorge sowie Umwelt, Natur- und Klimaschutz:

Sigrun Franzen (Berliner Wassertisch): „CETA stellt in mehrfacher Hinsicht eine Gefahr für die öffentliche Daseinsvorsorge dar. So soll zum Beispiel das auch für eine nachhaltige Wasserwirtschaft wichtige Vorsorgeprinzip ausgehebelt werden. Mit CETA werden die Wasser- und Abwasserdienstleistungen außerdem der Liberalisierung unterworfen. Sollten z. B. Kommunen gegen CETA-Pflichten verstoßen, können Investoren Deutschland auf Schadensersatz verklagen. Eine Regierung, die ein Abkommen wie CETA als ,zukunftsweisend‘ betrachtet, handelt nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.“

Carmen Schultze (BUND Berlin): „So wird allein durch das Investitionsklagerecht, das Klima zu schützen, stark eingeschränkt. Immer mehr Öl-, Gas- und Bergbaukonzerne setzen stärker auf riskante Fördertechniken, von den Ölsanden über die Hochsee-Ölförderung zum Fracking. Würden diese begrenzt, könnten Investoren wegen entgangener Profite den Weg vor ein internationales Schiedsgericht antreten. Ähnliches gilt, wenn der Abbau und die Verbrennung von fossilen Brennstoffen eingeschränkt würden – etwa im Rahmen eines Kohleausstiegs. Und dass Unternehmen klagen werden, steht außer Frage, wie laufende Verfahren von Vattenfall gegen Deutschland belegen.“

Uwe Hiksch (NaturFreunde Berlin): „Gemeinsam werden wir uns gegen die Ratifizierung des Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA) stemmen. Jetzt kommt es vor allem auch auf den Bundesrat an, der dieses neoliberale Freihandelsabkommen stoppen kann. Die NaturFreunde erwarten von den Landesregierungen, in denen Bündnis 90/Die Grünen und die Partei DIE LINKE beteiligt sind, dass sie im Bundesrat gegen CETA votieren oder mit ihren Landesregierungen eine Enthaltung durchsetzen. Vom Berliner Senat erwarten wir, dass er gegen CETA im Bundesrat abstimmen wird, da alle drei Parteien, die am Senat beteiligt sind, auf ihren Landesparteitagen ein klares Votum gegen CETA abgegeben haben.“

Kontakt:

Uwe Hiksch, NaturFreunde Berlin, hiksch@naturfeunde.de, Tel.: 0176-62015902
Sigrun Franzen, Berliner Wassertisch, sigrun.franzen@berliner-wassertisch.info, Tel.: 0157- 71312256
Carmen Schultze, BUND Berlin, schultze@bund-berlin.de, Tel.: 0179-59 359 12


Im Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:
NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin, DGB Berlin

 

Mit der Großen Koalition kommt CETA. Darum: NoGroKo

Berlin, 11. Febuar 2018) 250.000 Menschen gingen im Oktober 2015 in Berlin auf die Straße, um gegen TTIP und CETA zu protestieren, mehr als 320.000 im September 2016.

Doch das interessiert weder die CDU/CSU noch die SPD. Sie machen weiter als sei nichts gewesen. So steht im Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 unter der Rubrik Außenhandel:

„Wir wollen freien und fairen Handel in der Welt. Es gilt, in Zeiten der Globalisierung als Europäische Union stärker und einheitlicher in der Handelspolitik aufzutreten. Internationale Organisationen wie Internationaler Währungsfonds, Welthandelsorganisation, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie Weltbank haben sich in den letzten Jahren zu zentralen Foren der Gestaltung multilateraler Standards und Regeln entwickelt. Sie wollen wir weiter unterstützen und stärken. Protektionismus lehnen wir ab und setzen vorrangig auf multilaterale Vereinbarungen. Wir sind fest davon überzeugt, dass neben den Verhandlungen auf multilateraler Ebene bilateralen und plurilateralen Abkommen eine entscheidende Bedeutung für eine aktive Gestaltung der Globalisierung zukommt. Im europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA sind zukunftsweisende Regelungen für den Schutz von Umwelt und Gesundheit, Arbeitnehmerrechten, öffentlicher Daseinsvorsorge und für einen fortschrittlichen Investitionsschutz vereinbart worden. Dies muss auch für künftige Handelsabkommen gelten. Wir wollen in Deutschland die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das CETA-Abkommen umfassend in Kraft treten kann. Wir wollen umfassende, moderne bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittstaaten insbesondere im asiatisch-pazifischen Raum [gemeint u.a.: JEFTA] und Lateinamerika [gemeint u.a.: Mercosur-Abkommen] abschließen und unterstützen gleichzeitig das Ziel einer weiteren Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen [gemeint: TTIP reloaded]. Wir wollen das Außenwirtschaftsförderinstrumentarium, insbesondere in Bezug auf neue Märkte und mit dem Schwerpunkt Afrika [gemeint: EPAs], weiterentwickeln. Wir nehmen bewusst die Zukunftsthemen des afrikanischen Kontinents in den Fokus – Digitalisierung, Innovation und Ausbildung – und setzen zu diesem Zwecke das Eckpunktepapier zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas um, u. a. durch die Stärkung privater Investitionen, Hermes-Bürgschaften und innovativer Finanzierungsinstrumente. Das Netzwerk der Deutschen Außenhandelskammern ist ein wichtiger Pfeiler unserer Außenwirtschaftspolitik, das wir weiter stärken und ausbauen wollen.
Wir werden Deutschland als einen offenen Investitionsstandort erhalten, achten aber auf faire Wettbewerbsbedingungen. Wir unterstützen die EU-Initiative für ein verbessertes Investitions-Screening.“ (Koalitionsvertrag (pdf), Zeilen 3002-3034)

Offener Brief an die SPD-Koalitionäre: CETA nicht ratifizieren!

2. Februar 2018

CETA nicht ratifizieren!
Offener Brief an die SPD-Parteispitze und die sozialdemokratischen TeilnehmerInnen der Koalitionsverhandlungen

Sehr geehrte Damen und Herren,
anlässlich der aktuell stattfindenden Koalitionsverhandlungen der SPD mit CDU/CSU bitten wir Sie darum, auch in einer möglichen Großen Koalition das Handelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, nicht zu ratifizieren. In der SPD ist CETA sehr umstritten, viele Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen haben sich in den vergangenen Jahren an Protesten gegen das Abkommen beteiligt. Einige Landesverbände der SPD haben sich gegen die Ratifizierung von CETA ausgesprochen; die Berliner Landesregierung, an der die SPD beteiligt ist, hat angekündigt, im Bundesrat gegen die Ratifizierung zu stimmen. Im Sondierungspapier, das den Koalitionsverhandlungen zugrunde liegt, wird die handelspolitische Ausrichtung einer möglichen Großen Koalition jedoch wie folgt skizziert:

„Wir wollen freien und fairen Handel in der Welt. Protektionismus lehnen wir ab und setzen vorrangig auf multilaterale Vereinbarungen. Im europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA sind zukunftsweisende Regelungen für den Schutz von Arbeitnehmerrechten, öffentlicher Daseinsvorsorge und für einen fortschrittlichen Investitionsschutz vereinbart worden.“

Als Netzwerk Gerechter Welthandel – dem unter anderem Attac, BUND, Campact, der Deutsche Kulturrat, Greenpeace, Mehr Demokratie und Naturfreunde angehören – begrüßen wir das Bekenntnis zu einem fairen Handel. Deutlich widersprechen müssen wir jedoch den Aussagen zu den Inhalten von CETA:

  1. Der in CETA enthaltene Schutz von Arbeitnehmerrechten ist äußerst schwach. Das dem europäischen Umwelt- und Gesundheitsschutz zu Grunde liegende Vorsorgeprinzip ist ebenfalls nicht geschützt. Das Kapitel zu Handel und Arbeit ist nicht mit einem funktionierenden Sanktions- und Durchsetzungsmechanismus verbunden und ist von der allgemeinen Streitschlichtung des Abkommens ausgeschlossen. Ein effektives Vorgehen gegen Verstöße von Arbeitnehmerrechten ist damit nicht garantiert, was die Einhaltung von Arbeitsstandards schwächt. Auch das europäische Vorsorgeprinzip im Umwelt- und Gesundheitsschutz wird weder zur Grundlage des Vertrags gemacht noch bezogen auf die EU ausreichend geschützt, sondern durch Verweis auf WTO-Regeln verwässert. Im Regierungsprogramm 2017 hat sich die SPD das Ziel gesetzt, „in allen Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer, verbraucherpolitischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren“. Dieses Ziel wurde in CETA nicht erreicht.
  2. Die öffentliche Daseinsvorsorge ist in CETA nur unzureichend geschützt. CETA verfolgt einen Negativlisten-Ansatz bei der Dienstleistungsliberalisierung. Damit hängt der Umfang der Liberalisierungsverpflichtungen von in den Annexen formulierten Ausnahmen ab. Die komplizierte Struktur dieser Ausnahmen in den Annexen führt zu einer hohen Rechtsunsicherheit, ob alle wichtigen, schützenswerten Bereiche ausgenommen wurden. Auch zukünftige Dienstleistungsarten können naturgemäß nicht auf einer Negativliste vermerkt werden. Außerdem führt die so genannte „Sperrklinken-Klausel“ dazu, dass einmal vollzogene Liberalisierungsschritte nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Somit gefährdet CETA weiterhin öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge.
  3. Nach der vollständigen Ratifizierung wird CETA ausländischen Investoren weiterhin ein eigenes, privilegiertes Klagerecht außerhalb des deutschen und europäischen Rechtssystems gewähren, das demokratische Handlungsspielräume von Politik einschränkt. Investoren werden weitgehende Rechte gewährt, die über den Eigentumsschutz des Grundgesetzes hinausgehen – ohne dass diesen Rechten Pflichten, etwa zum Schutz des Gemeinwohls, gegenübergestellt werden.

Aus all diesen Gründen weisen die in CETA enthaltenen Regelungen nicht in eine bessere Zukunft, sondern in eine schlechtere. Hunderttausende Menschen haben in den vergangenen Jahren gegen das Abkommen demonstriert, über eine Million Menschen aus Deutschland hat die selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA unterschrieben. Dennoch wird das umstrittene Abkommen seit September 2017 vorläufig angewendet. Um vollständig in Kraft zu treten, muss es von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Auf Antrag Belgiens prüft der Europäische Gerichtshof (EuGH) derzeit, ob der Investitionsschutz in CETA mit dem EU-Recht vereinbar ist. Dass eine Ratifizierung nicht stattfindet, bevor der EuGH entschieden hat, halten wir für eine demokratische Selbstverständlichkeit. Zudem bitten wir Sie darum, den vorliegenden CETA-Entwurf angesichts des enthaltenen weitreichenden und einseitigen Investitionsschutzes sowie der Gefahren für Arbeitnehmerrechte und öffentliche Daseinsvorsorge nicht zu ratifizieren – auch nicht in einer möglichen Großen Koalition mit CDU und CSU.

Mit freundlichen Grüßen
Netzwerk Gerechter Welthandel
www.gerechter-welthandel.org

Brief als pdf

Der Berliner Wassertisch ist Mitglied im Netzwerk Gerechter Welthandel

Verbieten-Verflechten-Spalten-Verklagen? Die Berliner LINKE zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Kommentar des Berliner Wassertischs zum Fachgespräch der Berliner Linksfraktion „Direkte Demokratie in Berlin und der Volksentscheid Tegel“ am 5.12.2017.

(Berlin, 5.12.2017) Die direkte Demokratie hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument des politischen Lebens in Berlin entwickelt. Insbesondere Projekte, die stark mit wirtschaftlichen Interessen verbunden sind, wie die Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe oder die Freihaltung des Tempelhofer Feldes, wären ohne Gesetzesinitiativen aus der Bevölkerung kaum denkbar gewesen.

Die LINKE, die von sich sagt, „sich seit Jahren für eine Stärkung und Weiterentwicklung der direkten Demokratie“ einzusetzen, lädt nun am 5. Dezember zu einem Fachgespräch ein. Ziel sei es, die direkte Demokratie weiterzuentwickeln und „Fairness, Transparenz und Chancengleichheit“ zwischen direkter und repräsentativer Politik zu erhöhen.

Ein Vorhaben, das in der Tat längst überfällig ist, vor allem vor dem Hintergrund, dass das Verhältnis zwischen direkter und repräsentativer Demokratie nicht konfliktfrei ist. Beide stehen für gewöhnlich in einem Spannungsverhältnis. Die Gesetzesinitiativen von unten zeigten oftmals gravierende Fehlentwicklungen und Versäumnisse des Parlamentsbetriebs an. Mancher Politiker empfindet die direkte Demokratie vor allem als direkte Konkurrenz.

Auch das Verhältnis der Linkspartei zur direkten Demokratie war in der Vergangenheit weit weniger positiv, als die Veranstaltung suggeriert. Besonders in der Zeit, als sie Regierungspartei war. Am auffälligsten wurde die Distanz der LINKEN zur direkten Demokratie beim ersten erfolgreichen Volksentscheid „Wir wollen unser Wasser zurück“ (2011). Der LINKEN-Wirtschaftssenator Harald Wolf forderte die Berliner Bürger*innen dazu auf, nicht zur Abstimmung zu gehen. Der damalige Parteichef Klaus Lederer wollte gegen das Volksgesetz klagen. Erst im Nachhinein wertete er das Verhalten der angeblich privatisierungskritischen LINKEN gegenüber dem Wasser-Volksentscheid als größten Fehler in ihrer Regierungszeit.

Angesichts der Tatsache, dass die Linkspartei nun erneut ins Rote Rathaus eingezogen ist, stellt sich die Frage, wie sich die LINKE diesmal als Regierungspartei verhalten wird, ob ihren wohlklingenden Absichtserklärungen nun zu glauben ist.

Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Wir haben erhebliche Zweifel daran. Wir sind der Ansicht, dass die Vortragstitel schön klingen – doch zeigt das Veranstaltungsprogramm auf einer anderen Ebene, dass Anspruch und Wirklichkeit im Verhältnis der LINKEN zur direkten Demokratie immer noch weit auseinanderklaffen. Leider repräsentiert das Programm mindestens vier der Techniken oder Mechanismen, die die direkte Demokratie in der Vergangenheit ausgebremst haben – von „Verbieten“ bis „Verklagen“, auf deren mehr oder weniger engen Zusammengang mit der Berliner LINKEN im Folgenden eingegangen werden soll:

Verbieten
Als sehr effektive Möglichkeit, Volksentscheide zu verhindern oder sie zumindest zu entschärfen, hat es sich in der Vergangenheit erwiesen, die Gesetzestexte per Rechtsgutachten als nicht verfassungsgemäß zu bezeichnen und zu verbieten. Mit dieser Maßnahme lässt sich ein Volksbegehren auf die eleganteste Art entsorgen. Für die chronisch in Geldnöten befindlichen Initiativen ist es sehr schwierig, die nötigen Anwaltshonorare für eine Beratung und einen Prozess aufzubringen. Auch wenn sich das Volksbegehren letztendlich nicht verbieten lässt, wird Zeit gewonnen, um die Terminpläne ins Wanken zu bringen. Schließlich sind Volksentscheide grundsätzlich erfolgreicher, wenn die Abstimmung zusammen mit einem anderen Wahltermin stattfindet.

Darüber hinaus lassen sich in dieser Situation unliebsame Gesetzestexte abändern. In den zumeist basisdemokratisch organisierten Bürgerinitiativen befinden sich immer Aktivisten, die bereit sind, der Senatsargumentation zu folgen. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass die ersten Politik-Amateure in den bisweilen mutwillig verschärften Auseinandersetzungen die Lust am Bürgerengagement verlieren und von sich aus das Feld räumen.

Diese Praxis hat eine lange Tradition. Der rot-rote Senat hatte bereits 2008 versucht, das Wasser-Volksbegehren zu verbieten. Der Berliner Wassertisch klagte zwar mit Erfolg gegen das Verbot, doch verzögerte der Prozess das Volksbegehren um anderthalb Jahre, in denen die Konzerne RWE und Veolia weiter Millionen aus dem Wasser-Preismissbrauch erhielten. Ebenso waren die Gesetze anderer Volksbegehren wie des Mieten-Volksentscheids oder des Volksentscheid-Retten-Volksentscheids angeblich juristisch fehlerhaft.

Die vom Senat beigebrachten Rechtsgutachten schufen hier die Gelegenheit, durch Verhandlungen die zweite Stufe zu verhindern. Bei „Volksentscheid-Retten“ wurde die Bürgerinitiative durch die Auseinandersetzungen um das Rechtsgutachten und dem darauf folgenden Prozedere sogar gesprengt.1)

Das Gutachten, das zum juristischen „Spaltkeil“ für Volksentscheid-Retten wurde, verfasste im Auftrag des vorigen Senats der Jurist Professor Dr. Christian Pestalozza (FU Berlin). Für das Fachgespräch am 5.12. wurde er von der Linksfraktion eingeladen, zu dem Thema „Gegenstände und Verbindlichkeit von Volksentscheiden“ zu referieren.

Verflechten
Die Veranstaltung wird organisiert von Dr. Michael Efler. Bevor Michael Efler für die LINKE in das Abgeordnetenhaus wechselte, war er Sprecher beim Energietisch und er ist weiterhin Bundesvorsitzender im Bundesvorstand des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“.
„Mehr Demokratie“ wiederum hat bei der Formulierung des Volksentscheid-Retten-Gesetzes mitgewirkt und stellte auch eine der Vertrauenspersonen. Die allzu enge Verflechtung zwischen direkter und repräsentativer Demokratie ist jedoch bislang ein kaum beachtetes grundsätzliches Problem.

Während in der Theorie zumeist eine klare Trennung zwischen Politik und Zivilgesellschaft angenommen wird, zeichnet die Praxis ein anderes Bild. Es gibt kaum eine Volksentscheids-Initiative, in der nicht auch zahlreiche Mitglieder der Parteien mitwirken. Eine Parteimitgliedschaft bedeutet nicht automatisch parteiliche Einflussnahme – wer politisch interessiert ist, hat sich häufig auch einmal in einer Partei engagiert. Problematisch wird es jedoch, wenn Parteien Mitglieder in Volksentscheids-Initiativen schicken, um dort Einfluss zu nehmen.
Problematisch wird es ebenso, wenn sich die Mitarbeit bei einem Volksentscheid als Sprungbrett für die Partei-Karriere herausstellt. Der sogenannte „Drehtür-Effekt“, der aus Politik und Wirtschaft bekannt ist, ist bis zu einem gewissen Maße auch bei der repräsentativen und der direkten Demokratie in Berlin zu beobachten. Die Wechsel zwischen den beiden Lagern gehen fließend vonstatten.

So erhielt Michael Efler das LINKEN-Abgeordnetenmandat nach seiner Tätigkeit für den Energie-Volksentscheid, ebenso wie sein Kollege Stefan Taschner, der jetzt für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Berliner Parlament sitzt. Die ehemalige SPD-Abgeordnete und Vertrauensperson des Wasservolksentscheids Gerlinde Schermer erhielt während des Volksentscheids die Direktkandidatur für einen aussichtsreichen Wahlkreis.

Die Parteien haben jedoch nicht nur Abgeordnetenmandate zu vergeben. Ebenso können sie gut bezahlte Mitarbeiter- oder Referentenstellen in Partei und Fraktion vermitteln, bei einer Regierungsbeteiligung außerdem in der Senatsverwaltung. Der Fantasie bei der Versorgung sind erfahrungsgemäß keine Grenzen gesetzt. Beim Mieten-Volksentscheid beispielsweise wurde ein maßgeblicher Akteur auf eine sehr gut dotierte Stelle bei einer vom Senat neu gegründeten Gesellschaft berufen.

Mit der Personalunion wird jedoch die Korrekturfähigkeit der direkten Demokratie unterlaufen. Einerseits entstehen bei konfrontativen Entscheidungen Interessenkonflikte, andererseits ist nicht nachvollziehbar, zu welchem Zeitpunkt und für welche Verdienste einem Aktivisten der Karrieresprung geglückt ist.

Auch wenn keine Einflussnahme stattgefunden haben sollte, werden die Bürgerinitiativen durch solche Wechsel geschwächt. Sie verlieren Mitstreiter*innen mit wichtigem Fachwissen. Die Parteien dagegen verstärken sich mit Insiderwissen über Kenntnisstände und Entscheidungsabläufe. Dieses Insiderwissen kann in möglichen Verhandlungen mit den Bürgerinitiativen genutzt werden.

Spalten (1)
Den Impuls-Vortrag über die „Rolle von Parteien in der direkten Demokratie“ hält der als Politikwissenschaftler angekündigte Dr. Benedict Ugarte Chacón (LINKE). Auch seine Personalie ist ein Beispiel für die Verflechtung von direkter und repräsentativer Demokratie. Er bewegte sich einige Zeit in Bürgerinitiativen. Danach war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Berliner Piratenfraktion und später der LINKEN im Bundestag. Der Website der Senatsverwaltung ist zu entnehmen, dass er derzeit als Referent für „Angelegenheiten der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH“ tätig ist, finanziert aus dem Etat von Kultur- und Europasenator Dr. Klaus Lederer (LINKE).

Sein Name ist auf der Liste der Vortragenden besonders brisant, da er dem Berliner Wassertisch bekannt ist als eine Person, die versuchte, die juristische Aufarbeitung der Teilprivatisierung der BWB nach dem Wasser-Volksentscheid zu behindern (eine Aussage, deren Zulässigkeit aufgrund von „Anknüpfungstatsachen“ bereits vom Landgericht Berlin bestätigt wurde (Aktenzeichen: 27 O 580/15 v. 12.11.2015)).

Als der rot-rote Senat das Wasser-Volksbegehren 2008 wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit verbot, vertrat Ugarte Chacón nach Aussage damaliger Wassertisch-Mitglieder eine Gruppe, die vor einer Klage gegen das Verbot erst eine Rechtsbeurteilung einholen wollte, was von anderen aufgrund der ihrer Ansicht nach klaren Rechtslage und der engen Fristen als Bremsmanöver empfunden wurde.

Als die zweite Stufe des Volksbegehrens geschafft war, besuchte er nach langer Pause wieder das Wassertisch-Plenum und beteiligte sich an der Spaltung der Bürgerinitiative in zwei Gruppierungen. Nach der Spaltung schloss er sich dem Berliner Wassertisch/Mehringdamm „um die SPD-Frau Gerlinde Schermer“ (Berliner Zeitung) an.

Diese Wassertischgruppe verzichtete weitgehend auf die zentralen Forderungen des Berliner Wassertischs auf eine Rückabwicklungs-Klage sowie die Umwandlung der Berliner Wasserbetriebe in einen kommunalen Eigenbetrieb. Der „SPD-Wassertisch“ verlegte sich stattdessen darauf, unsere diesbezüglichen Aktivitäten zu behindern – für den rot-roten Senat eine komfortable Situation.

Spalten (2)
Doch war das Wirken Ugarte Chacóns damit nicht beendet. Die mit dem Wasser-Volksentscheid angestrebte Rückabwicklung der Privatisierung war nur über eine Organklage einer Abgeordnetenhaus-Fraktion zu erreichen.

SPD und LINKE hatten verständlicherweise kein Interesse, dass ihr Beitrag an dem neoliberalen Privatisierungsprojekt in einem Prozess öffentlichkeitswirksam aufgearbeitet wurde. Der angeblich nach dem Volksentscheid geläuterte LINKEN-Parteichef Klaus Lederer lud uns zwar in sein Büro ins Karl-Liebknecht-Haus ein. Doch versuchte er, uns die Organklage auszureden – zugunsten eines anderen Verfahrens (das er selbst ebenfalls nicht weiterverfolgte).

Anders die PIRATEN. Die 2011 gerade frisch ins Abgeordnetenhaus gewählte Mitmach-Partei hatte während des Wahlkampfs versprochen, eine Klage des Berliner Wassertischs zu unterstützen. Auch beim zunächst zuständigen Fachabgeordneten Gerwald Claus-Brunner und der Piraten-Basis stieß das Vorhaben auf Zustimmung.

Doch traten an anderer Stelle unerwartete Probleme auf. Benedict Ugarte Chacón trat überraschend als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Piraten-Fraktion auf. Dort setzte er fort, was er bereits im Plenum des Berliner Wassertischs begonnen hatte: er versuchte, die Organklage zu verhindern.

Letztlich wurde die Klage beim Verfassungsgericht von der Piraten-Fraktion beschlossen. Allein die Klage-Einreichung hatte den schönen Erfolg, dass der letzte verbliebene Wasserkonzern Veolia umgehend den Weg für die Rekommunalisierung freimachte.

Dennoch erreichten die Klage-Gegner, dass
1. die Klagefrist überdehnt wurde
2. die Klagebeteiligung der LINKEN verhindert wurde
3. die Zusammenarbeit der Piraten-Fraktion mit unserem Berliner Wassertisch ohne Angabe von Gründen eingestellt wurde
4. der ursprüngliche Wasser-Abgeordnete der Piraten von seiner Aufgabe abgelöst und die Klage still beerdigt wurde

Am Vorgehen Ugarte Chacóns waren insbesondere zwei Umstände für diese Betrachtung bemerkenswert:
Erstens versuchte er, seine Agenda mit Methoden durchzusetzen, die für einen „Wissenschaftler“ eher untypisch sind: Er versuchte die Auseinandersetzung auf eine persönliche Ebene zu ziehen, beleidigte seine politischen Gegner öffentlich als „Knackbirnen“, „Idioten“ etc.; zudem griff er zum Mittel der Denunziation und verbreitete falsche Anschuldigungen (einige dieser Methoden sind hier dokumentiert).

Zweitens war er mit seinen Methoden und Ansichten vor allem bei einem Netzwerk von Piraten-Abgeordneten, Mitarbeitern und Mitgliedern erfolgreich, die noch vor der Abgeordnetenhaus-Wahl 2016 zur Linkspartei „twesteten“ und damit die Piratenfraktion spalteten (vgl. Pressemitteilung des Berliner Wassertischs vom 23.1.2016).

Ab wann man sich über den Wechsel und seine eventuellen Konditionen verständigte, ist uns nicht bekannt. Es besteht jedoch kaum Zweifel, dass dem Berliner LINKEN-Chef Lederer sowohl mit der Beerdigung der Organklage als auch mit der Spaltung der Piratenfraktion zwei „Herzenswünsche“ erfüllt wurden.

Zu unserer Überraschung konnten wir im Nachhinein feststellen, dass die hartnäckigsten Gegner der Organklage, einschließlich Ugarte Chacón, fast sämtlich von der LINKEN mit neuen Stellen versorgt wurden.

Verklagen (1)
Ein weiteres Mittel, die direkte Demokratie zu schwächen, ist es, Initiativen zu verklagen. Man erreicht damit mindestens drei Ziele. Erstens haben die Initiativen selten ausreichend finanzielle Mittel, um sich gute Rechtsanwälte zu leisten. Auch wenn die Klage unbegründet ist, kann man ggf. die Unterlassung von bestimmten Aussagen erreichen. Zweitens sind sie mit ihrer Verteidigung beschäftigt und verlieren Zeit für ihr eigentliches Anliegen. Drittens sollen sie eingeschüchtert werden. Die Anlässe sind dabei fast unwichtig, es zählt vorrangig der Abschreckungseffekt. Diese Strategie nennt man „Slapping“.

Auch der Berliner Wassertisch und seine Mitglieder wurden bereits mehrfach mit Unterlassungsforderungen konfrontiert. Die Anlässe waren zum Teil sehr nichtig. Eine Unterlassungsaufforderung erhielten wir beispielsweise von Benedict Ugarte Chacón, weil wir einen Text von ihm, den wir kritisierten, als Beleg auf unsere Seite gestellt hatten – was von uns ein Akt der Fairness war, damit die Behauptungen am Original überprüft werden konnten.

Insgesamt versuchte Ugarte Chacón, in mehreren Verfahren rund 14 Aussagen zu verbieten. Allerdings weitgehend erfolglos. Für unsere Behauptungen hatten wir genügend Anknüpfungstatsachen. Lediglich bei einer Äußerung konnte Ugarte Chacón einen Teilerfolg dadurch erringen, dass die Formulierung „mehrdeutig“ sei und deshalb ein Unterlassungsanspruch bestehe.

Für die Aussagen beispielsweise, dass er versucht hätte, die juristische Aufarbeitung der Wasser-Privatisierung zu be- oder verhindern, dass er die Partei- und Fraktionsstrukturen der Piratenpartei instrumentalisiert hätte, oder mit dem Mittel der Denunziation und falschen Anschuldigungen arbeiten würde, wurde vom Gericht dagegen die Zulässigkeit festgestellt.

Verklagen (2)
Ugarte Chacón ist jedoch nicht das einzige Mitglied der Berliner Linkspartei, das gegen den Berliner Wassertisch klagt oder geklagt hat. Auch der Anlass für den zweiten Verfahrenskomplex liegt in den Vorgängen um die Organ-Klage der Piraten gegen die Wasser-Privatisierung.

Als in einer Fraktionssitzung der Berliner Piraten die Entscheidung über die Organklage anstand, wurden Bedenken erhoben, ob die Fraktion sich das Verfahren überhaupt leisten könne. Der Berliner Wassertisch entkräftete das Kostenargument, indem er anbot, das Geld über eine Spendenaktion aufzubringen, wenn die Mittel der Piratenfraktion nicht ausreichen sollten. Der Fraktionsgeschäftsführer und sein Justiziar forderten eine Bürgschaft, die sie von zwei Wassertisch-Mitgliedern erhielten.

Erwartungsgemäß hatte die Fraktion jedoch genügend eigene Gelder. Eine Forderung wurde weder in dem Jahr der Einreichung der Wasser-Klage noch in den folgenden Jahren an den Berliner Wassertisch herangetragen. 2014 bestätigte der damalige Fraktionsvorsitzende Alexander Spies auf Nachfrage des Wassertisches, dass mit einer Forderung nicht mehr zu rechnen sei, ein Beschluss hierzu würde nicht mehr zustande kommen.

Die Situation änderte sich jedoch, als sich die Berliner Piraten auf ihrem Landesparteitag 2015 öffentlich bei einem Wassertisch-Mitglied entschuldigten, gegen das Ugarte Chacón bei seinen Aktivitäten gegen die Organklage falsche Anschuldigungen erhoben hatte. Das Wassertisch-Mitglied stellte einen Blog ins Netz, auf dem einzelne Vorgänge um die Verhinderung der Organklage und ihre Beteiligten dokumentiert wurden. Genannt wurden in diesem Zusammenhang unter anderem der Fraktionsvorsitzende der Piraten Martin Delius (jetzt LINKE), der Fraktionsgeschäftsführer Heiko Herberg (jetzt SPD) sowie der Fraktionsmitarbeiter Ugarte Chacón (jetzt LINKE).

Zwei Tage später forderte der Fraktionsvorsitzende Martin Delius die Wassertisch-Bürgen zur Zahlung von 25.000 EUR auf und verklagte sie. Angeblich sei er zur Einforderung des Geldes rechtlich verpflichtet. Der zuständige Richter hielt das Argument für unplausibel (vgl. Pressemitteilung Berliner Wassertisch, 5.6.2016). Es gebe zwar die Möglichkeit, das Geld anzufordern, aber keine Pflicht. Selbst beim Bund der Steuerzahler stieß das Verhalten von Delius und Co. auf großes Unverständnis (vgl. Artikel März 2016).

Auch politisch hatte die Entscheidung keine Rückendeckung. Für die quasi über Nacht erstellte Forderung gab es keinen Beschluss der Piratenfraktion. Er wurde auch nie nachgeholt. Der Landesvorstand der Piratenpartei distanzierte sich von der Klage. Die Forderung war offensichtlich ein Racheakt gegen Bürgeraktivisten, die die Intrigen um die Organklage zumindest teilweise öffentlich gemacht hatten.

Bezeichnend für das Verhältnis der Berliner Linkspartei zur direkten Demokratie ist ein Blick auf die Personalien. Der Prozess um das Spendenangebot des Berliner Wassertischs an die Piratenfraktion wird mittlerweile ausschließlich von jetzigen Parteimitgliedern der LINKEN und der SPD geführt. Der Fraktions-Liquidator Martin Delius ist bei der LINKEN (und Mitarbeiter im Referat Regierungsplanung in der Berliner Senatskanzlei) und sein Co-Liquidator Heiko Herberg bei der SPD. Auch der ehemalige Piraten-Justiziar, der die angebliche Klagenotwendigkeit herbeikonstruiert hat, ist jetzt Justiziar der Berliner Linksfraktion. Formal führt der Berliner Wassertisch einen Prozess gegen die ehemalige Piratenfraktion, tatsächlich wird er aber von Mitgliedern der Parteien geführt, die von Beginn an den Wasser-Volksentscheid zu verhindern versuchten.2)

Wer mit welchen Methoden in der LINKEN Karriere macht, sagt unserer Ansicht mehr über das Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit der Linkspartei bezüglich der direkten Demokratie aus als bloße Absichtserklärungen.

Schluss
Der Impuls zu der Veranstaltung „Direkte Demokratie in Berlin. Wie weiter nach dem Volksentscheid Tegel?“ ist richtig und wichtig. Die direkte Demokratie ist ein wertvolles politisches Instrument und sie bedarf dringend der Stärkung. Allerdings wird die Berliner LINKE den Erwartungen, die sie mit dieser Veranstaltung weckt, in der Praxis wohl kaum gerecht werden.

Obwohl die LINKE derzeit am offensivsten die direkte Demokratie propagiert, sprechen unserer Ansicht nach die oben angeführten Punkte dafür, dass der Partei, beziehungsweise einigen ihrer Mitglieder auch das Instrumentarium von Verbieten, Verflechten, Spalten und Verklagen nicht fremd ist.

Wenn die demokratischen Parteien durch unfaire Praktiken die Hoffnungen enttäuschen, die in die direkte Demokratie gesetzt werden, riskieren sie ein weiteres Ansteigen der Politikverdrossenheit und ein weiteres Erstarken rechtspopulistischer Parteien.

Dagegen gilt es, einen PARTEIUNABHÄNGIGEN Zugang der Initiativen zu den Medien sowie zu juristischen und wissenschaftlichen Ressourcen zu erleichtern, wie der Berliner Wassertisch dies bereits gefordert hatte. Auch Initiativen aus der Bevölkerung sollten ernst genommen und inhaltlich umgesetzt werden, wie das Volksentscheids-Retten-Gesetz, für das sich bereits rund 58.000 Tausend Menschen ausgesprochen haben. weiterlesen

Berliner Netzwerk „TTIP | CETA | TiSA stoppen!“ – Kundgebungen vor zwei Europabüros, 10. Februar 2017

kaufmannplakat(10.2.2017) Voraussichtlich am 15. Februar wird das Europaparlament über das Abkommen zwischen der EU und Kanada – CETA – abstimmen. Anlässlich dessen hat das Berliner Netzwerks „TTIP | CETA | TiSA stoppen!“ heute Kundgebungen vor den Büros von zwei Europaabgeordneten gemacht. Das Motto lautete: „Jetzt kommt es darauf an: CETA im Europäischen Parlament stoppen!“

Bei Eiseskälte statteten wir zunächst dem Büro von Sylvia-Yvonne Kaufmann (SPD) einen Besuch ab. Wir hatten im Vorfeld unseren Besuch angekündigt und höflich um einen Termin gebeten, doch leider fand die Europaabgeordnete der Sozialdemokraten keine Zeit für uns. Ein Mitarbeiter teilte uns mit, dass Frau Kaufmann nicht anwesend sei, er aber unsere Mitteilung entgegennähme. Man würde unser Anliegen ernstnehmen.

10.02.17: Kundgebung vor dem Europabüro von Frau Sylvia-Yvonne Kaufmann (SPD)
zellerplakat

Im Anschluss fuhr man gemeinsam zum Büro von Joachim Zeller (CDU). Einen Termin mit dem Europaabgeordneten hatten wir hier ebenfalls nicht bekommen, doch nahm auch hier ein freundlicher Mitarbeiter unser Präsent – ein Plakat „Joachim Zeller kann CETA stoppen!“– in Empfang.

Den Mitgliedern der deutschen Delegationen kommt in den großen Fraktionen im Europäischen Parlament eine bedeutende Rolle zu. Die Berliner Europaabgeordnete der SPD, Sylvia-Yvonne Kaufmann und der CDU, Joachim Zeller, haben nächste Woche die Möglichkeit, mit ihrem Nein zu CETA das Investitionsschutzabkommen zu stoppen.

10.02.17: Kundgebung vor dem Europabüro von Joachim Zeller (CDU)

Als nächstes plant unser Netzwerk, eine Kundgebung vor der deutschen Vertretung des Europäischen Parlaments abzuhalten, um die Abgeordneten aufzufordern, mit Nein zu stimmen.

Mit einer großen Wahlurne werden wir für ein Nein bei der CETA-Abstimmung werben und dann mit einer Menschenkette die NEIN-Voten symbolisch zur EU-Vertretung bringen.

Wir treffen uns

Montag, 13. Februar 2017
12.00 Uhr
vor der EU-Vertretung, Unter den Linden 78, 10117 Berlin (Openstreetmap)

Im Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:

NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin, DGB Berlin

LINKE Entschließungsantrag abgelehnt – CDU/CSU und SPD subventionieren Fracking-Forschung mit 4,75 Millionen Euro

DIE LINKE

(28.11.2016) SPD und CDU/CSU wollen weiterhin an Fracking festhalten. Sie haben einen Entschließungsantrag unserer Fraktion zum Forschungsetat des Haushaltsentwurfs 2017 der Bundesregierung abgelehnt, der die Subventionierung der Fracking-Forschung ausgeschlossen hätte“, erklärt Hubertus Zdebel, Obmann der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag im Umweltausschuss. „Damit haben sich CDU/CSU und SPD dazu bekannt, die von der Bevölkerung abgelehnte hochgefährliche Technik auch noch mit Steuergeldern zu fördern. Dies ist eine skandalöse, indirekte Begünstigung der Konzerne.“

Zdebel weiter: „Letztes Jahr wollte die Bundesregierung die Fracking-Forschung mit vier Millionen Euro subventionieren. 2017 sind es im Haushalt gut versteckte 4,75 Millionen. Darunter sind auch 250.000 Euro für die überwiegend mit frackingfreundlichen Mitgliedern besetzte Expertenkommission, die Fracking-Forschungsprojekte begleiten und den Boden für Fracking in allen Gesteinsschichten bereiten soll.

Für den wissenschaftlichen Begleitprozess im Rahmen eines Forschungsplans sind jetzt im Haushaltsplan für das Jahr 2017 Gelder in Höhe von 4 Millionen Euro eingestellt. Für den jeweiligen Dialogprozess von Fracking-Vorhaben vor Ort sind Gelder in Höhe von etwa 500.000 Euro vorgesehen.

Es ist absehbar, dass diese Gelder eingesetzt werden, um die Akzeptanz von Fracking zu erhöhen. Hier werden also Projekte finanziert, von denen lediglich die Energiekonzerne profitieren.

Fracking ist eine teure und unbeherrschbare Risikotechnik und muss ohne Ausnahmen verboten werden.“

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Streichung der Mittel ist hier zu finden:

 

MdB Hubertus Zdebel
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Obmann im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Sprecher für den Atomausstieg
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030/ 227-74332
Fax: 030/ 227-76332
hubertus.zdebel@bundestag.de
www.hubertus-zdebel.de