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Global Frackdown: 1.200 Organisationen fordern weltweites Fracking-Verbot

frackdownAnlässlich der vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015 in Paris stattfindenden UN-Klimakonferenz (COP 21) haben 1200 Organisationen, darunter der Berliner Wassertisch, einen offenen Brief (pdf) verfasst, der am 30. Oktober versendet wurde:

 

Sehr geehrte Staats- und Regierungschefs, sehr geehrte Parlamentarier/innen,

die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 21) in Paris steht kurz bevor – und wir bitten Sie hiermit eindringlich, konsequente Schritte für den Klimaschutz zu gehen. Dies bedeutet nicht nur, Ziele zur Minderung der Emissionen festzulegen, sondern auch, sich klar zur wissenschaftlich belegten Notwendigkeit, fossile Brennstoffe im Untergrund zu belassen, zu positionieren. Insbesondere appellieren wir an Sie, das hydraulische Aufbrechen von Gesteinsschichten (hydraulic fracturing, Fracking) ebenso wie den Einsatz von Säurestimulation bei der Öl- und Erdgasproduktion abzulehnen. Setzen Sie sich stattdessen für Maßnahmen ein, die eine entschlossene und schnelle Wende in der Energieversorgung hin zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien ermöglichen. Dies ist notwendig, um die Erderwärmung zu begrenzen und das Klima zu stabilisieren.

Im Dezember 2014 stellte der New Yorker Gouverneur Cuomo einen Bericht über die Auswirkungen von Fracking auf die Gesundheit vor und beschloss daraufhin, diese Rohstoff- Förderpraxis in seinem Bundesstaat zu verbieten. Mit diesem Schritt folgte er dem Beispiel von Ländern wie Frankreich und Bulgarien, die Fracking ebenfalls verboten haben. Eine solche Vorsichtsmaßnahme ist die Antwort auf die zunehmenden wissenschaftlichen Belege für die negativen Auswirkungen von Fracking, zu denen Luft- und Wasserverschmutzung ebenso gehören wie Erdbeben und negative Auswirkungen auf die Gesundheit, ganz zu schweigen von den massiven Beeinträchtigungen, die z. B. der Abbau von Sand für die Fracking-Vorgänge, Pipelines und andere dazugehörige Infrastruktur auf Kommunen und Umwelt haben. Hinsichtlich der schädlichen Einflüsse auf das Klima ist es zwar richtig, dass das Verbrennen von Erdgas weniger Kohlendioxid freisetzt als das Verbrennen von Kohle oder Öl. Deshalb wird Gas, das durch Fracking gewonnen wird, als klimafreundlich angepriesen und Fracking als „Brückentechnologie für die Energiewende“ propagiert. Leider ist es in Wahrheit aber so, dass gefracktes Gas eine Brücke in Richtung irreversibler Schäden durch den Klimawandel ist. Hier die drei grundlegenden Argumente dafür:

  • Erstens, und vor allem, verdrängt die stärkere Nutzung von Erdgas im Stromsektor nicht nur andere fossile Brennstoffe, es verdrängt auch sauberere Lösungen wie die Nutzung von Sonne und Wind sowie die Steigerung der Energieeffizienz und absolute Energieeinsparung. Diese Lösungen sind von höchster Bedeutung für effektiven Klimaschutz. Jedoch verzögern Fracking und eine ausgedehnte auf Gas basierende Energieinfrastruktur die Verbreitung der sauberen Lösungen. Zweitens entweicht durch Lecks an Bohrstellen und Pipelines mehr Erdgas – und damit mehr von dem Treibhausgas Methan – als man bisher dachte. Methan ist jedoch ein viel stärkeres Treibhausgas als zunächst angenommen*. Die Nutzung von Erdgas anstelle anderer fossiler Brennstoffe führt daher zu einem Anstieg der Methanemissionen, der dem durch die Erdgasnutzung erwarteten verringerten Kohlendioxidausstoß ebenbürtig ist oder ihn sogar übersteigen könnte.
  • Zweitens: Sieht man von den Problemen der Industrie mit Methan-Leckagen ab und betrachtet man nur den CO2-Ausstoß, so muss man feststellen, dass die Gewinnung und das Verbrennen von gefracktem Gas deutlich mehr Kohlendioxid freizusetzen drohen als unser Planet ohne katastrophale Auswirkungen verkraften kann. Um die nicht mehr umkehrbaren Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, muss fast das gesamte Gas, das durch Fracking gewonnen werden könnte, unverbrannt im Boden bleiben. Dies gilt auch dann, wenn gleichzeitig weltweit Maßnahmen ergriffen werden, um den Öl- und Kohleverbrauch zu senken. Dieser letzte Punkt wird von der Erkenntnis untermauert, dass bis 2050 höchstens ein Drittel der bekannten fossilen Brennstoffe gefördert werden dürfen, wenn es eine reale Chance geben soll, die Erwärmung unter 2 °C zu halten. Allerdings unterschätzt selbst diese Erkenntnis das Problem in zwei Punkten: Erstens basieren die Prognosen nur auf den bekannten Vorräten – ohne Berücksichtigung des Erdgases und Erdöls, das mit Fracking gewonnen werden soll und ohne das Öl aus der Arktis sowie aus Ölsanden, deren Gewinnung jetzt voranschreitet. Diese gesamten fossilen Brennstoffe müssen jedoch fast vollständig im Boden bleiben.
  • Drittens stammt die Schätzung der Reserven, die „nicht verbrannt werden dürfen”, aus veralteten wissenschaftlichen Klimaprognosen. Klimaforscher halten inzwischen selbst das Zwei-Grad-Ziel für ungenügend**. Bereits ein Temperaturanstieg von nur 1,5 Grad würde zu schwerwiegenden Auswirkungen führen – insbesondere im globalen Süden. Ganz einfach ausgedrückt heißt das: Wenn wir unser Klima stabil und unseren Planeten gesund erhalten wollen, dürfen wir es uns nicht erlauben, hinsichtlich unseres Energiesystems einen Weg weiterzugehen, der auf fossilen Brennstoffen beruht. Trotz dieser Tatsache ist es Interessensgruppen gelungen, viele Regierungen zu überzeugen, dass Schiefergas-Fracking eine effiziente „Brückentechnologie“ auf dem Weg zur hundertprozentigen Nutzung erneuerbarer Energiequellen sei. Dies ist eine gefährliche und völlig falsche Sichtweise. Sie berücksichtigt weder die höchst energieintensive Förderung von Öl und Gas mit dieser Technik noch all die anderen oben geschilderten Nebenwirkungen. Die Welt steht vor einer Klimakrise, die schon jetzt verheerende Auswirkungen zeigt. Ohne schnelle Gegenmaßnahmen werden diese sich verstärken und katastrophale Ausmaße annehmen. Sich für Fracking zu entscheiden bedeutet Stillstand. Darüber hinaus verhindert und verzögert es die Entwicklung nachhaltiger Energiesysteme, die jedermann zur Verfügung stehen und auf der effizienten Nutzung sicherer, reichlich vorhandener, erschwinglicher und erneuerbarer Energiequellen beruhen.

Beim Klimagipfel in Paris muss deutlich gemacht werden, dass die Förderung von Schiefergas, Tight Gas und Tight Öl sowie Kohleflözgas unter Einsatz von Fracking nicht mit einem zukünftig stabilen Weltklima vereinbar ist. Dies gilt auch für andere extreme Methoden zur Gewinnung fossiler Brennstoffe. Wir fordern Sie auf, ein Verbot von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas zu unterstützen, sowohl auf nationaler Ebene als auch im Hinblick auf internationale Verträge. Bitte machen Sie auf die Notwendigkeit aufmerksam, dass ein Großteil der fossilen Brennstoffe unverbrannt im Boden bleiben muss.

Mit freundlichen Grüßen

Organisationen

* Gemäß dem 5. Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) von 2013 hat Methan aus der Öl- und Gasförderung gegenüber Kohlendioxid einen deutlich stärkeren Treibhauseffekt: Über einen Zeitraum von 20 Jahren bindet Methan Hitze 87 Mal stärker als Kohlendioxid und über einen Zeitraum von 100 Jahren 36 Mal stärker. Angesichts der drohenden Klima-Kipppunkte sollte sich das Augenmerk in erster Linie auf den Zeitraum der nächsten 20 Jahre richten. Messungen des aktuellen Methangehalts in der Atmosphäre über Öl- und Gasfeldern zeigen viel höhere Emissionen als in den Schätzungen der Industrie auf Basis theoretischer Kalkulationen angegeben.

** J. Hansen, M. Sato, P. Hearty, R. Ruedy, M. Kelley, V. Masson-Delmotte, G. Russell, G. Tselioudis, J. Cao, E. Rignot, I. Velicogna, E. Kandiano, K. von Schuckmann, P. Kharecha, A. N. Legrande, M. Bauer, and K.-W. Lo: Ice melt, sea level rise and superstorms: evidence from paleoclimate data, climate modeling, and modern observations that global warming is highly dangerous, Discussion Paper, in: Atmos. Chem. Phys. Discuss., 15, 20059–20179, 2015

 

Unser Bündnis fordert: Das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Versorgung muss in die Entwicklungsziele der UN aufgenommen werden!

Das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Versorgung muss in die Entwicklungsziele der UN aufgenommen werden!

Hier ist der Text, den unser Bündnis von 296 Unterzeichnern am 13. Juni 2014 auf den Weg gebracht hat:

The urgent need to protect and promote the human right to water and sanitation in the UN Sustainable Development Goals

Dear Ambassador,

we, the undersigned organizations, urge the General Assembly’s Open Working Group on the Sustainable Development Goals to explicitly affirm its commitment to protect and promote the human right to water and sanitation within the SDG framework and implementation. We join the repeated and insistent calls from civil society around the world to ensure that the SDGs are explicitly aligned to the human rights framework.

Many of us have actively engaged in the Rio+20 process and have carefully followed and advocated in the General Assembly’s Open Working Group on the Sustainable Development Goals since March 2013. We are deeply troubled that despite our clear and urgent call in May 2014 the Zero Draft (June 2, 2014) has failed to include an explicit reference to the human right to water and sanitation.

For the post-2015 development agenda to reach its objective of being just, people-centered and sustainable, the goals must prioritize—for present and future generations—the human right to water for health, life, food, and culture over other demands on water resources. This is even more critical given the key role of water for achieving other sustainable development objectives such as sustainable energy and food production, gender equality, and climate change mitigation.

The SDGs must be designed to catalyze increased capacity and political will for States to fulfill their legally binding obligations to respect, protect and promote the human right to water and sanitation. In 2010, the UN General Assembly recognized “the right to safe and clean drinking water and sanitation as a human right that is essential for the full enjoyment of life and all human rights.” (Resolution 64/292, para. 1). This important recognition by UN Member States ratified existing international law at the time as interpreted by the UN treaty bodies.

The Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women provides that State parties shall ensure to women the right to “enjoy adequate living conditions, particularly in relation to […] water supply”, (Article 14(2)). The Convention on the Rights of the Child requires parties to combat disease and malnutrition “through the provision of adequate nutritious foods and clean drinking water”, (Article 24(2)). Persuasively, the Committee on Economic, Social and Cultural Rights concluded that the right to water is essential for securing an adequate standard of living and “inextricably related to the right to the highest attainable standard of health” (General Comment No. 15, para. 3).

However, our organizations fear that the human right to water and sanitation continues to be contested within the context of a global competition for scarce water resources. We are concerned that a development agenda that is not explicitly committed to upholding this vital human right may end up undermining it.

A failure to explicitly name this right in the SDG agenda would be a setback in the progress that UN Member States have made in elevating the recognition and protection for this fundamental human right.

We therefore respectfully call on you to show leadership and commitment to the human right to water during the upcoming sessions of the GA’s Open Working Group on the SDGs.

We urge you to insist on a human rights-based approach that:

a) explicitly names the right to water and sanitation in the goal on water and sanitation;
b) aligns targets to the human rights framework and guarantees non-discrimination, accountability, and public participation in decision-making.

Thank you for your consideration of this important concern. We look forward to continuing this dialogue during the upcoming 12th session of the Open Working Group.

Sincerely

[296 Unterzeichner]

Bündnisbrief

 
Vgl. dazu den Beitrag von
The Council of Canadians:

 

SDGs Must Recognize Human Right to Water and Sanitation
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