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Aufruf zu den CETA-Aktionstagen vom 19. bis 24. September 2022
Aufruf zu den CETA-Aktionstagen
Macht mit bei den bundesweiten dezentralen CETA-Aktionstagen in der Woche vom 19. – 24. September 2022!
Das Handels- und Investitionsschutzabkommen CETA steht wieder auf der politischen Agenda: Die Ampelparteien haben angekündigt, CETA nach der Sommerpause durch den Bundestag zu bringen. Die weltweiten ökologischen und sozialen Krisen verschärfen sich – nicht zuletzt wegen einer rücksichtslosen Außenwirtschafts- und Investitionspolitik. Ausgerechnet jetzt soll CETA durch den Bundestag gepeitscht werden. Das nehmen wir nicht hin. Unser Ziel ist klar:
Wir wollen die Ratifizierung von CETA stoppen!
CETA ist eine Bedrohung für Umwelt- und Verbraucherschutzstandards, bäuerliche Landwirtschaft, Sozialstandards und soziale Daseinsvorsorge sowie Kultureinrichtungen in beiden Ländern und bedroht zudem die Lebensgrundlagen und Rechte indigener Communities in Kanada..
Die durch CETA eingesetzten Ausschüsse vergrößern schon heute den politischen Einfluss transnationaler Konzerne und engen demokratische Politikgestaltung ein. Mit der vollständigen Ratifizierung von CETA tritt die Paralleljustiz mit Sonderklagerechten für Konzerne in Kraft – das ist brandgefährlich und unverantwortlich! Konzerne können damit Arbeitnehmer:innen- oder Klimaschutzgesetze verhindern, verwässern oder an horrende Schadensersatzzahlungen koppeln, weil diese ihre erhofften Profite schmälern.
Angesichts der multiplen Krisen können wir es nicht zulassen, dass Konzerne die Handlungsspielräume unserer Parlamente und Regierungen beschneiden!
Durch unsere vielfältigen Proteste in den vergangenen Jahren haben wir erreicht, dass CETA bisher erst vorläufig und nicht in vollem Umfang angewendet wird. Jetzt gilt es wieder zusammenzukommen und gemeinsam die Ratifizierung von CETA zu stoppen!
Darum lasst uns jetzt gemeinsam Druck machen!
Am 21. September jährt sich die vorläufige Anwendung von Vertragsbestandsteilen des CETA-Abkommens zum fünften Mal. Für die Industrie ist dies ein Anlass zu feiern, wir sagen: StopCETA!
Ebenfalls Ende September könnte der Bundestag in der 2. und 3. Lesung bereits über die vollständige Ratifizierung von CETA entscheiden.
Die kurze Zeit, die uns bis dahin verbleibt, wollen wir nutzen, um bundesweit in möglichst vielen Städten und Gemeinden kreative Aktionen gegen CETA durchzuführen.
Zu Zeiten der großen Demos gegen TTIP und CETA waren Sozialdemokrat:innen und Grüne ganz vorne mit dabei. Davon wollen sie jetzt in der Ampelkoalition nichts mehr wissen.
CETA, ein Handelsabkommen, das den Verbraucher-, Klima- und Umweltschutz mit Füßen tritt und demokratische Entscheidungen aushebelt, abgesegnet von Grünen und Sozialdemokraten? Nicht mit uns! Denn: Die Inhalte von CETA sind über die Jahre nicht besser geworden, die Folgen des Abkommens erweisen sich aber in Anbetracht der fortschreitenden Klimakatastrophe als zerstörerischer denn je zuvor.
Wir werden CETA stoppen!
In und vor möglichst vielen Partei-, Abgeordnetenbüros und Veranstaltungen der Grünen und der SPD soll unsere Botschaft in den nächsten Wochen unübersehbar sein. CETA muss vom Bundestag und vom Bundesrat gestoppt werden.
Keine Paralleljustiz für Konzerne: CETA stoppen! Demokratie ist nicht verhandelbar
Wir brauchen dringend eine neue und gerechte Handelspolitik, die nicht Profite, sondern Menschen und den Planeten schützt! Keine Ratifizierung von CETA!
Was Ihr jetzt tun könnt:
EILT: Der Bundesrat soll am 16.09.2022 über CETA beraten.
Bundesrat: „Freihandelsabkommen mit Kanada“ (Link)
Was könnt ihr tun?
Kontaktiert die Landtagsabgeordneten oder die Mitglieder des Bundesrates von SPD und Grünen in Eurem Bundesland: die Länder müssen gegen die die geplante CETA-Ratifzierung Einwand erheben, denn damit würden exklusive Schiedsgerichte für Investor*innen geschaffen.
Liste aller Mitglieder des Bundesrats: Link
- Werdet vor Ort aktiv und vernetzt euch.
- Informiert bei Bewegungstreffen und Demos über die drohende Ratifzierung von CETA.
- Schreibt an eure Bundestagsabgeordneten von SPD und Grünen, dass sie CETA nicht ratifzieren dürfen.
- Führt Protest-Aktionen vor den lokalen Parteibüros durch. Informiert die Presse darüber. Teilt Fotos davon auf den Sozialen Medien. Hashtag #STOPCETA
- Informiert öffentlich über CETA: verteilt Flyer, ladet Referent:innen ein, meldet einen Infostand an; räumt die Ratifizierung ab (Dosenwerfen), sprüht CETA stoppen, geht zu Demos, verteilt Flyer und redet dort. …
- Informiert eure örtliche Presse über die drohende Ratifzierung von CETA und den gesellschaftlichen Widerstand dagegen.
Kampagnen-Materialien:
Downloads:
Info-Flyer (pdf)
Musterbrief an Abgeordnete (docx)
Muster-Pressemitteilung Word PDF
Druckgrafiken für Banner, Poster, Social Media (Dateien)
Bestellt unser kostenloses Aktionspaket: https://www.gerechter-welthandel.org/bestellformular-ceta/
100 Flyer CETA Ratifizierung stoppen
1 Banner 60 X 80 Aufschrift: CETA Ratifizierung stoppen
1 Vorlage Muster-Pressemitteilung
Nützliche Links für Hintergrund und Argumente
Aktuelle Pressemitteilung der kanadischen und deutschen Zivilgesellschaft gegen die geplante Ratifizierung von CETA
Kurzgutachten von August 2022 (pdf) des Umweltinstituts „CETA-Interpretationserklärung unwirksam!“. (Presseerklärung)
Lasst uns Druck machen für eine andere Handelspolitik:
CETA stoppen – Für einen global gerechten Welthandel!
Theresa Crysmann: Millionenstrafe wegen Umweltschutz. Die Rache der Klimasünder ist heiß und teuer
t-online
Energiekonzerne verlassen sich auf juristische Knüppeltrupps, um ihr klimaschädliches Geschäft zu schützen. Das Geld dafür ziehen sie den Steuerzahlern aus der Tasche.
Von Theresa Crysmann
Artikel hier
BUND Berlin: Gewässerschutz geht anders! – Wassernetz-Initiative zieht mit ihren Forderungen erneut vor das Berliner Abgeordnetenhaus und fordert Aktionsplan
01. September 2022
Berlin, 1. September 2022: Nach einem Jahr kehrt die Wassernetz-Initiative vor das Berliner Abgeordnetenhaus zurück und appelliert erneut an die Berliner Abgeordneten des Umweltausschusses, den Gewässerschutz endlich in die richtigen Bahnen zu lenken.
Die Wassernetz-Initiative fordert von der Berliner Landesregierung, die Berliner Gewässer zu schützen und endlich Maßnahmen zu ergreifen, um diese in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. Denn auch unter der aktuellen Regierung hat sich für die Gewässer in Berlin kaum etwas getan.
Nachdem den Gewässern bereits im letzten Jahr fast vollständig (97 % aller untersuchten Gewässer) ein chemisch schlechter Zustand und mehr als der Hälfte der untersuchten Flüsse und Seen ein ökologisch unbefriedigend bis schlechter Zustand attestiert wurde, hat sich die Lage in den letzten Monaten weiter verschlechtert. Das Stadtgrün, die Feuchtgebiete und Kleingewässer leiden massiv unter der Trockenheit, der Grundwasserspiegel ist weiter gesunken, Spree und Havel führen nur noch Niedrigwasser und der Anteil an geklärtem Abwasser in unseren Flüssen und Seen mit höchst bedenklichen Inhaltsstoffen wie Arzneirückstände und Mikroplastik ist gestiegen.
Verena Fehlenberg, vom BUND Berlin: „Im letzten Jahr haben wir schon auf die Missstände vor dem Abgeordnetenhaus und mit einer Petition an den Petitionsausschuss auf die Situation hingewiesen. Dieser hielt die Forderungen der Wassernetz-Initiative für berechtigt und legte die Petition im Februar 2022 zur weiteren Beratung dem Parlament vor. Bisher ist jedoch nichts weiter passiert. Die Wasserkrise drängt aber nach einem klaren Signal aus der Politik. Die Bürger*innen haben ein Recht darauf zu erfahren, wo es bei der Umsetzung des Gewässerschutzes hakt, warum ein Großteil der Wassereinnahmen nicht in den Schutz unserer essenziellen Lebensgrundlage Wasser fließen und wie die Probleme noch dieses Jahr angegangen werden. Wir erwarten einen Aktionsplan für gute Gewässer statt lauter Tropfen auf heiße Steine.“
Eigentlich war Berlin schon 2015 nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) dazu verpflichtet, seine Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. Mit der Vereinbarung des neuen Koalitionsvertrags, der Auflegung des 100-Tage-Programms und dem Beschluss des Doppelhaushaltes 2022/2023 boten sich den politischen Entscheidungsträger*innen in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe von Gelegenheiten, die Forderungen der Wassernetz-Initiative endlich umzusetzen und die gravierenden Probleme im Gewässerschutz anzugehen. „Aber auch diese Gelegenheitsfenster wurden nicht genutzt. Wir sehen uns daher gezwungen, heute erneut vor das Abgeordnetenhaus zu ziehen, um den Abgeordneten mit unseren Forderungen aufzuzeigen, wie dringend JETZT ein zielgerichtetes Handeln ist. Und auch die EU wird nicht untätig bleiben. Sie hat bereits vor zwei Jahren wegen mangelnder Umsetzung der WRRL gegen die EU-Staaten die Vorstufe eines Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet, das für Berlin sehr teuer werden könnte“, so Manfred Schubert, Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz.
Die Wassernetz-Initiative ist ein Bündnis mehrerer Berliner Umweltverbände, die die Politik auffordert, EU-Recht endlich umzusetzen und damit die Gewässer zu schützen.
Die Hauptforderungen dazu:
- Der Umweltausschuss muss in einer Sitzung einen Aktionsplan erarbeiten, der die Defizite in der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ermittelt und schrittweise behebt.
- Festlegung von Mindestgrundwasserständen im Einzugsgebiet der Wasserwerke zum Schutz der Moore und Wälder (Natura-2000-Gebiete)
- Einführung einer Gebühr für den Gebrauch von Oberflächenwasser
- Erhöhte Wasserpreise und Reglementierungen für Swimmingpool-Befüllung, Autowäschen und Rasensprengen als Anreize für Wassersparen.
- Förderung einer aktiven Beteiligung der Berliner*innen am Gewässerschutz durch Beteiligungswerkstätten und Förderprogramme
- Erhöhung der Wasserpreise vor allem für Großverbraucher
Für Rückfragen:
Christian Schweer; Verena Fehlenberg, Projektkoordination Wassernetz-Initiative Berlin, BUND Berlin e.V., Tel 030-78 79 00-19
Manfred Schubert, Geschäftsführer, Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V., 030-26550864
Michael Bender, Leiter GRÜNE LIGA e.V. Bundeskontaktstelle Wasser, Tel. 030 – 40 39 35 30
Juliana Schlaberg, Naturschutzreferentin, NABU Berlin e.V., Tel. 030-986 08 37 0
Caroline Brouillette: Flüssiggas aus Kanada. Nicht auf unsere Kosten
26. August 2022
t-online
„Wer in Deutschland an Kanada denkt, hat die Rocky Mountains, die Niagarafälle oder Eisbären im hohen Norden vor Augen. Fragt man uns Kanadier, dominieren oft andere Bilder: Verkohlte Wälder, schmelzende Gletscher, verwüstete Städte, zerstörte Autobahnen. Von Küste zu Küste trägt das Land schon jetzt die Narben der Klimakrise. Wir sind schockiert, dass Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz die Ursachen hierfür weiter befeuern will.“
Zum Kommentar von Caroline Brouillette
Umweltschutz unterliegt Konzernklage: Auf der Grundlage der Energiecharta muss Italien Millionenstrafe für untersagte Ölbohrung zahlen
24.08.2022
Energiecharta: Italien muss Millionenstrafe für untersagte Ölbohrung zahlen
München, 24. August 2022 – Der italienische Staat wurde zur Zahlung von mehr als 250 Millionen Euro (inklusive Zinsen) an das britische Öl- und Gasunternehmen Rockhopper Explorations verurteilt. Dies ist das Ergebnis einer Entscheidung durch ein Investor-Staat-Streitbeilegungsgericht im Rahmen des Vertrags über die Energiecharta (ECT). Für das Umweltinstitut erweist sich der ECT damit einmal mehr als „Anti-Klima-Abkommen“.
Der Fall betrifft eine Regelung aus dem Jahr 2015, mit der die italienische Regierung auf den Widerstand der Öffentlichkeit und auf Umweltbedenken reagierte und neue Öl- und Gasprojekte innerhalb von 12 Seemeilen vor der Küste verbot. Die enorme Summe, die Rockhopper als Entschädigung forderte, beträgt fast das Zehnfache der ursprünglichen Investitionssumme. Tatsächlich ermöglicht der ECT es dem Unternehmen, den Staat nicht nur auf Erstattung tatsächlich bereits investierter Summen, sondern auch für nicht realisierte Gewinne zu verklagen.
“Dieses Urteil ist ein Schlag ins Gesicht aller Steuerzahler:innen in Italien und eine Katastrophe für alle Klimaschutzbemühungen weit über Italien hinaus” kommentiert Ludwig Essig aus dem Fachbereich Handelspolitik am Umweltinstitut München. “Dass Konzerne eine demokratisch nicht legitimierte Paralleljustiz bemühen können, um Staaten für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu bestrafen, ist nicht länger hinnehmbar. Wir fordern die italienische Regierung auf, die Summe nicht zu bezahlen und die Vollstreckung juristisch anzufechten. Von den übrigen europäischen Staaten erwarten wir einen Plan für einen schnellstmöglichen, koordinierten Ausstieg aus dem ECT als Relikt der fossilen Ära”.
Der ECT ist ein multilaterales Handelsabkommen, das Investitionen im Energiesektor schützt. Der Vertrag ist weithin kritisiert worden, weil er den Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft umstrittene Befugnisse einräumt, Länder wegen Klimaschutzmaßnahmen zu verklagen, die ihre Gewinne beeinträchtigen. Wissenschaftler:innen, zivilgesellschaftliche Gruppen und selbst der Weltklimarat IPCC weisen darauf hin, dass er ein inakzeptables Hindernis für Klimaschutzmaßnahmen darstellt. Der ECT eröffnet ausländischen Unternehmen die Möglichkeit, nationale Gesetze zu umgehen, indem sie ein paralleles Rechtssystem nutzen können, welches exklusiv ihnen zur Verfügung steht. Im Jahr 2016 ist Italien als eines der wenigen Länder aus dem ECT ausgetreten, kann aber aufgrund einer Verfallsklausel (der sogenannten “sunset clause”) noch 20 Jahre nach dem offiziellen Ausstieg in Bezug auf bis dahin bestehende Investitionen verklagt werden.
Das Urteil im Fall Rockhopper erging nur wenige Wochen, nachdem sich die Vertragsstaaten auf einen leicht modernisierten Vertragsentwurf geeinigt hatten, der kleine Änderungen vorsieht, aber vor allem den Schutz von Investitionen in fossile Brennstoffe beibehält. Ein ähnliches Urteil wäre damit weiterhin möglich.
Hintergrund:
Im Jahr 2015 verbot die italienische Regierung nach einer großen Bürgerinitiative Ölbohrungen in Gewässern innerhalb von 12 Meilen vor der Küste und damit auch das Projekt Ombrina Mare, das sich 4 Meilen vor der Küste befindet. Im Jahr 2005 hatte das Ölunternehmen Mediterranean Oil & Gas eine Explorationsgenehmigung für das Ölfeld Ombrina Mare erhalten und war 2008 auf Öl gestoßen. Anschließend beantragte das Unternehmen eine Förderkonzession, die von den italienischen Behörden jedoch nie erteilt wurde. Im Jahr 2014 kaufte Rockhopper das Ölunternehmen Mediterranean Oil & Gas für 29,3 Mio. GBP. Das Unternehmen zog vor ein italienisches Gericht, um die Konzession zu erhalten, verlor jedoch seine Klagen und die anschließende Berufung. Später brachte es den Fall vor ein Tribunal im Rahmen des ECT-Vertrags. Rockhopper hat Berichten zufolge 275 Millionen US-Dollar (wahrscheinlich zuzüglich Zinsen) gefordert, während es behauptet, etwa 29 Millionen US-Dollar investiert zu haben.
Zur Pressemitteilung
Mitteilung von Rockhopper zum Urteil des Schiedsgerichts hier
Was wir tun können?
Fordert die EU-Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auf, diesen Klimakiller-Vertrag zu verlassen!
Der Energiecharta-Vertrag ist ein Klimakiller. Stoppen wir ihn!
https://www.gerechter-welthandel.org/ect-stoppen/
Juristische Untersuchung ergibt: CETA-Interpretationserklärung unwirksam
25. August 2022
Anfang dieser Woche reiste Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen mit Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck nach Kanada. Neben LNG, Wasserstoff und kritischen Rohstoffen ging es wie erwartet auch um CETA. Wenn es nach der deutschen Bundesregierung geht, soll das völlig veraltete Abkommen noch dieses Jahr ratifiziert werden. Um den öffentlichen Druck zu besänftigen, hat sie dafür eine Interpretationserklärung zum Investitionsschutzkapitel (Kap. 8) angekündigt, die das Klagerecht auf Fälle der direkten Enteignung und den Diskriminierungsschutz beschränken sollen. Eine neue juristische Untersuchung im Auftrag des Umweltinstituts zeigt: Dieser Plan funktioniert nicht! …
Zur Meldung
Zur Untersuchung (pdf)
Presseecho:
Anja Krüger (taz): „Europäisch-kanadischer Handelspakt CETA: So geht’s nicht. Die von der Regierung geplante Interpretationserklärung zur Ceta-Entschärfung ist einem Gutachten zufolge unwirksam. Schiedsgerichte würden bleiben.“ Zum Artikel
Gemeinsame Erklärung der deutschen und kanadischen Zivilgesellschaft: Stoppen wir die Ratifizierung von CETA!
Samstag, 20. August 2022
Stoppen wir die Ratifizierung von CETA!
Eine gemeinsame Erklärung der deutschen und kanadischen Zivilgesellschaft
Anlässlich der Kanadareise von Bundeskanzler Olaf Scholz und im Vorfeld der angekündigten Ratifizierung des Handels- und Investitionsschutzabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) durch den deutschen Bundestag bringen wir – Gewerkschaften, Menschenrechts-, Umwelt- und weitere gesellschaftliche Organisationen – unsere anhaltende Ablehnung gegenüber CETA zum Ausdruck; denn CETA schützt einseitig Konzerninteressen, indem es demokratische Willensbildung untergräbt und wirksame Politik zum Schutz von Klima, Umwelt und dem Sozialen verhindert.
Während die meisten Vertragsbestandteile von CETA in Europa und Kanada seit fast fünf Jahren vorläufig angewendet werden, gilt dies nicht für die umstrittenen Bestimmungen zum Investitionsschutz. Diese Bestimmungen sowie die geplante Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit (Investment Court System, ICS) würden ausländischen Investoren exklusiv das Privileg einräumen, Staaten vor einem privaten Schiedsgericht statt vor nationalen Gerichten zu verklagen sobald sie erwartete Profite durch Gesetzgebung beeinträchtigt sehen. Diese Sondergerichtsbarkeit für private Investoren würde nur dann geschaffen, wenn die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten CETA ratifzieren.
Die geplante Sondergerichtsbarkeit ICS stellt, wie jedes andere Investor-Staat- Streitbeilegungsverfahren (investor–state dispute settlement, ISDS) eine immense Bedrohung für die souveräne Politikgestaltung durch Parlamente dar, beispielsweise bei der Bekämpfung der Klimakrise, der Anhebung von Sozial- oder Umweltstandards. ISDS-Mechanismen wurden auch von kanadischen Unternehmen bereits mehrfach eingesetzt, um demokratisch beschlossene Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu untergraben. So drohte das kanadische Unternehmen Vermilion Energy mit einer milliardenschweren ISDS-Klage, um ein französisches Gesetz aus dem Jahr 2017 zu blockieren, das die Förderung fossiler Brennstoffe bis 2040 beenden sollte. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie ISDS-Mechanismen wirksame Klimaschutzmaßnahmen und den Ausstieg aus fossiler Energie verhindert haben und weiterhin verhindern werden.
Deutsche Regierungsparteien haben kürzlich angekündigt, CETA mit einer Interpretationserklärung zum Investitionsschutzkapitel ratifizieren zu wollen.
Die unterzeichnenden Organisationen aus Deutschland und Kanada verurteilen dieses Vorgehen und weisen erneut darauf hin, dass es keine Rechtfertigung für die Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit für Investorenrechte gibt – mit oder ohne Auslegungserklärung, welche sowieso keine oder nur geringe Auswirkungen auf zukünftige ISDS-Schiedsverfahren hätte.
Die geplante vollständige Ratifizierung von CETA würde zudem die gefährlichen und einseitigen Sonderrechte für Investoren massiv ausweiten. Nicht nur kanadische und europäische Investoren wären klageberechtigt, sondern z.B. auch US-Konzerne mit Tochtergesellschaften in Kanada und in Europa.
Im krassen Gegensatz zu diesen einklagbaren Rechten sieht CETA keinerlei Verpflichtungen für Investoren vor. Ebenso wenig ermöglicht das Abkommen Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden oder Gewerkschaften, Klage zu erheben, wenn ein Unternehmen gegen Umwelt-, Arbeits-, Gesundheits-, Verbraucherschutz- oder andere Vorschriften verstößt.
In einem Abkommen zwischen der EU und Kanada sind Sondergerichte für Konzerne völlig überflüssig, denn Investoren in beiden Ländern können ihre Rechte ja vor nationalen Gerichten geltend machen, so wie jeder andere auch. Es gibt keinen Grund, warum Investoren ein spezielles und exklusives Gericht für sich bräuchten – eines, das in der Vergangenheit häufig zugunsten von Konzernen und gegen Staaten entschieden hat. Dieses Schiedssystem ist in einem Abkommen unter Freunden nicht nur unnötig, sondern brandgefährlich!
Angesichts der Klima- und Energiekrise würde die vollständige Ratifizierung von CETA einer Transformation unserer Volkswirtschaften und dem Ausstieg aus fossilen Energien nur Steine in den Weg legen. Denn die Einführung von Sonderrechten für Konzerne käme vor allem den Öl-, Gas- und Rohstoffunternehmen zugute. Wenn wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen schnell beenden wollen, darf die CETA- Sondergerichtsbarkeit für Investoren auf keinen Fall eingeführt werden.
Sonderrechte für Konzerne sind ein Relikt des 20. Jahrhunderts, das der Lösung der drängendsten Probleme des 21. Jahrhunderts im Wege steht. Stattdessen brauchen wir einen Paradigmenwechsel hin zu einer Handelspolitik, die die Interessen der Menschen und des Planeten in den Vordergrund stellt. Mit der Ratifizierung von CETA würden wir uns von dieser dringend notwendigen Entwicklung weit entfernen.
Wir fordern daher die Verantwortlichen auf, den CETA-Ratifizierungsprozess zu stoppen! Keine Sonderrechte für Investoren! Schützen wir Menschen und das Klima, nicht die Profite von Konzernen.
August 20 of 2022
Stop the ratification of CETA!
A joint statement by German and Canadian civil society groups
On the occasion of German Chancellor Olaf Scholz’s visit to Canada, and ahead of the announced ratification of the EU–Canada Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) by the German parliament, we Canadian and German civil society organisations express our continued opposition to CETA, which protects corporate interests at the expense of climate, environmental and social action and democratic decision-making.
While most parts of CETA have been provisionally applied in Europe and Canada for nearly five years, the agreement’s controversial investment protection provisions have not. These provisions, including the planned Investment Court System (ICS), would grant foreign investors the privilege to sue states before a private arbitration tribunal instead of in national courts when public policies affect their ability to profit. This chapter would come into effect only after full ratification of CETA in all EU member states.
ICS, just like any other investor–state dispute settlement (ISDS) process, poses an immense threat to parliaments’ sovereign policy-making, for example to tackle climate change or raise social or environmental protections. In practice, ISDS mechanisms have already been used many times to undermine democratically adopted environmental and climate protection measures. Canadian companies frequently use ISDS to challenge environmental legislation, such as when Canada- based Vermilion Energy threatened a billion dollar ISDS case to successfully block a 2017 French law to end fossil fuel extraction by 2040. This is just one example of how ISDS has and will continue to prevent real action to address climate change and end fossil fuel extraction.
Germany’s ruling coalition recently announced its intention to ratify CETA with minor “interpretative” notes to the agreement text. Civil society organisations from Germany and Canada condemn this process and reiterate that establishing a parallel justice system for corporations is fundamentally against the public interest. There is no justification for establishing an ICS with or without an interpretative statement that may have little or no impact on future ISDS arbitrations.
The planned full ratification of CETA would massively expand dangerous and unilateral investor privileges. Not only Canadian and European investors would be entitled to sue, but also, for example, U.S. corporations with subsidiaries in Canada and in Europe.
In stark contrast to these highly enforceable rights, CETA does not foresee any obligations for investors. Neither does the agreement enable citizens, associations or trade unions to bring a claim when a company violates environmental, labour, health, safety, or other rules.
The inclusion of special privileges for corporations in an agreement between the EU and Canada is also highly unnecessary. Investors in both countries can assert their rights in the courts, just like everyone else. There is no reason why investors need a special and exclusive court to themselves—one with a track record of ruling expansively in favour of investors.
In view of the climate crisis and energy insecurity, fully ratifying CETA will only put barriers in the way of our struggle to decarbonize our economies and power down the fossil fuel industry. The introduction of special privileges for corporations will primarily benefit oil, gas, and extractives companies. If we are to quickly end our reliance on fossil fuels, it is imperative that CETA’s Investment Court System not come into existence.
Special privileges for corporations are a relic of the 20th century that will only get in the way of addressing the most pressing problems of the 21st century. Instead, we need a paradigm shift towards trade policy that puts the interests of peoples and the planet first, and that gives top priority to climate, environmental, and social protections. Ratifying CETA will take us many steps further away from this much needed change.
We therefore call on decision-makers to stop the CETA ratification process! Stop special privileges for corporations! Protect people and climate, not corporate interests!
List of signatory organisations
Canada:
ATTAC-Québec ● Canadian Centre for Policy Alternatives ● Canadian Environmental Law Association ● Climate Action Network Canada ● The Council of Canadians ● Friends of the Earth Canada ● Greenpeace Canada ●Grand(m)others Act to Save the Planet ● MiningWatch Canada ● Trade Justice Network ● Trade Justice Prince Edward Island
Germany:
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. ● Attac Deutschland ● Berliner Wassertisch ● Bund für Umwelt und Naturschutz BUND e.V. ● BUND Naturschutz in Bayern e. V. ● Bündnis gerechter Welthandel München ● Bündnis Stoppt TTIP & Co. Darmstadt.Dieburg ● Bürgerinitiative Umweltschutz Offenburg e.V. ● Deutsche Umwelthilfe e.V. ● Deutscher Kulturrat ● Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Deutscher Gewerkschaftsbund Hessen und Thüringen ● FIAN Deutschland ● Friedens-und Konfliktforschung Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrum der Ev. Kirche ● Foodwatch ● Forum Umwelt und Entwicklung ● GEW Hessen ● Greenpeace e.V. ● Heidelberger Bündnis für einen gerechten Welthandel ● Initiative Blackrock-Tribunal ● Kölner Bündnis für gerechten Welthandel ● Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel ● Lokale, freihandelskritische Bündnisse und Initiativen in Deutschland ● Mannheimer Bündnis für gerechten Welthandel ● NABU Deutschland ● Naturfreunde Deutschland ● Netzwerk gerechter Welthandel ● Netzwerk gerechter Welthandel Baden-Württemberg ● Ortenauer Bündnis für einen gerechten Welthandel ● Ostalb gegen TTIP ● Power-Shift e.V. ● Solidarische Landwirtschaft Deutschland ● Transparency International Deutschland ● Umweltinstitut München e.V. ● Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ● ver.di Südhessen ● Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung – WEED e.V. ● Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP und andere Freihandelsfallen
Gemeinsame Erklärung als pdf
Aufruf auf der Website Gerechter Welthandel hier
ZEIT: Gasförderung in Kanada: „Für uns ist es Tränengas“
20. August 2022
Olaf Scholz und Robert Habeck sind auf Brennstoffmission in Kanada. Dort ist man alarmiert: Denn umstrittene Fördermethoden wie Fracking werden wieder salonfähig.
Eine Analyse von Heike Buchter
Zum Artikel
Klimareporter: Kanzler zum Gas-Shopping in Kanada erwartet
Klimareporter
20. August 2022
Mit einer Wirtschaftsdelegation reisen Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck am Sonntag nach Kanada. Sie könnten dem Werben der kanadischen Öl- und Gasindustrie nachgeben, Flüssigerdgas nach Deutschland zu liefern, befürchten Umweltschützer diesseits und jenseits des Atlantiks.
Von Jörg Staude
Zum Artikel
Kinder, die in der Nähe von Fracking-Standorten leben, haben ein zwei- bis dreimal höheres Risiko, an Leukämie zu erkranken
DeSmog
17. August, 2022
Eine neue Studie* untermauert die wachsende Zahl von Belegen, dass Fracking eine „Krise der öffentlichen Gesundheit“ darstellt, sagen Experten.
Von Nick Cunningham
Zum Artikel
*Studie:
Unkonventionelle Öl- und Gaserschließung [Fracking] und das Risiko akuter lymphatischer Leukämie im Kindesalter: Eine Fall-Kontroll-Studie in Pennsylvania, 2009-2017 (Pdf)
Cassandra J. Clark, Nicholaus P. Johnson, Mario Soriano Jr, Joshua L. Warren, Keli M. Sorrentino, Nina S. Kadan-Lottick, James E. Saiers, Xiaomei Ma and Nicole C. Deziel
Veröffentlicht: 17. August 2022 CID: 087001 https://doi.org/10.1289/EHP11092
AöW-Stellungnahme zum CETA-Ratifizierungsverfahren in Deutschland
Das CETA-Ratifizierungsverfahren in Deutschland hat sich hauptsächlich aufgrund der Zuständigkeit für den Investitionsschutz ergeben. Im Folgenden werden die aus AöW-Sicht kritischen Punkte und Formulierungen aufgezeigt und wie eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ für das Wasserthema durch das Joint Committee verhindert werden könnte. Bereits heute werden Nutzungskonkurrenzen/-konflikte um Wasser aufgrund des Klimawandels sichtbar. Wasser muss insgesamt von Investitionsstreitigkeiten ausgeklammert sein, andernfalls riskiert der Staat mit der Einführung des Investorenschutzes seine Handlungsfähigkeit bei der zukünftig wichtigsten Ressource: sauberes Wasser. Dazu darf es keinesfalls kommen.
Stellungnahme
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 28.06.2022 eine Verbändeanhörung mit einer Stellungnahmefrist von weniger als 24 Stunden durchgeführt, kurz hiernach folgte die Befassung im Bundeskabinett und die erste Lesung im Bundestag [Link]. Wie aus einer Meldung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23.06.2022 [Link] hervorgeht, soll eine Ratifizierung in zweiter und dritter Lesung stattfinden, sobald der gemeinsame Ausschuss des CETA-Abkommens (das sogenannte Joint Committee) eine Erklärung verabschiedet hat, die eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ verhindert.
Bereits heute werden Nutzungskonkurrenzen/-konflikte um Wasser aufgrund des Klimawandels sichtbar. Der Klimawandel verknappt nicht nur das Wasserdargebot in Trockenzeiten, sondern die verfügbare Menge an sauberem Wasser sinkt. Die aufkommende Wasserkrise erfordert daher eine Zunahme der Anstrengungen zur Reinhaltung der verbleibenden Wasserressourcen in mindestens gleichem Maß, wie der Klimawandel voranschreitet. Wasserschutz muss als wichtigste Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel gesehen werden. Wir lehnen es deshalb ab, solche Streitigkeiten, vor allem wenn es um den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung geht, vor einem internationalen Schiedsgereicht im Geiste des CETA-Abkommens zu verhandeln. Wasser muss insgesamt von Investitionsstreitigkeiten ausgeklammert sein, andernfalls riskiert der Staat mit der Einführung des Investorenschutzes seine Handlungsfähigkeit bei der zukünftig wichtigsten Ressource: sauberes Wasser. Dazu darf es keinesfalls kommen.
Aus Sicht der AöW hat sich an unserer kritischen Position aus dem Jahr 2016 nichts geändert – hierzu auch unsere aktuelle Position gegenüber des BMWK [PDF].
Uns ist bewusst, dass das Ratifizierungsverfahren in Deutschland sich hauptsächlich aufgrund der Zuständigkeit für den Investitionsschutz ergeben hat. Wir bezweifeln auch, ob der Joint Committee mit einer Erklärung eine ausreichende Verbindlichkeit erreicht oder doch nur als Auslegungsinterpretation nachrangig herangezogen wird.
Im Folgenden werden die aus unserer Sicht kritischen Punkte und Formulierungen aufgezeigt und wie eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ für das Wasserthema durch das Joint Committee verhindert werden könnte. Hier müssen klarstellende Maßnahmen auch von Deutschland getroffen werden, sowohl für die Auslegung von CETA als auch für zukünftige Mandate für andere Handelsabkommen.
1. Wasserrechte als „Konzessionen“ (Artikel 8.1 Buchstabe f Unterpunkt i (pdf))
Das geplante CETA-Abkommen stuft Wasserrechte grundsätzlich als „Investitionen“ ein (vgl. CETA- Text, S. 30 Buchstabe f Unterpunkt i (pdf) „einer nach dem Recht einer Vertragspartei oder im Rahmen eines Vertrags erteilten Konzession, beispielsweise für die Aufsuchung, Bewirtschaftung, Gewinnung oder Nutzung natürlicher Ressourcen,“ oder L11/52), die somit vom CETA-Investitionsschutz erfasst wären. Während Investor-Staat-Investitionsschutz dem Eigentumsschutz dient, soll aber Wasser gem. Wasserhaushaltsgesetz nicht eigentumsfähig sein.
Wasser(entnahme)rechte von Investoren – im Anwendungsbereich von CETA – unterliegen mit dem Investorenschutz einem besonderen Schutz, der bei direkten Nutzungskonkurrenzen in die Waagschale geworfen werden kann. Der öffentliche Wasserversorger mit Sitz im Inland hätte diese Möglichkeit jedenfalls nicht und wäre bei der rechtlichen Verfolgung seiner Interessen benachteiligt. Dies kann bei direkten Nutzungskonkurrenzen ausschlaggebend sein – auch wenn der öffentlichen Wasserversorgung Vorrang eingeräumt wurde.
Gleiches gilt für (Schadstoff-)Einleitgenehmigungen der Industrie (Gewässerbenutzung gem. WHG). Rechtlich ist eine strengere Regelung von Einleitgenehmigungen bereits heute schwierig. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Einbeziehung von Investorenschutz eine Beschränkung von Einleitgenehmigungen (z.B. Verkürzung der Geltungsdauer) gänzlich vereiteln würde. Ein Investor – im Anwendungsbereich von CETA – mit Einleitgenehmigung in Deutschland würde sich gegen eine Verschärfung rechtlich anhand des Investorenschutzes zur Wehr setzen können. Ein Industriebetrieb aus Deutschland hätte im Übrigen hingegen keinen Zugriff auf den Investorenschutz.
AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Zu Artikel 8.1 (Begriffsbestimmungen) (pdf) zur Formulierung „f) ein Interesse, das sich ergibt aus i) einer nach dem Recht einer Vertragspartei oder im Rahmen eines Vertrags erteilten Konzession, beispielsweise für die Aufsuchung, Bewirtschaftung, Gewinnung oder Nutzung natürlicher Ressourcen,“
Es wird davon ausgegangen, dass Wasserrechte (Entnahme, Ableitung, Einleitung und sonstige Nutzung) nicht unter das Beispiel fallen.
2. Artikel 1.9 (Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser) (pdf)
Weiterhin muss insbesondere der Art. 1.9 (Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser) (pdf) beachtet werden. In Abs. 3 heißt es:
„Erlaubt eine Vertragspartei die kommerzielle Nutzung eines bestimmten Wasservorkommens, so verfährt sie dabei in einer mit diesem Abkommen vereinbaren Weise.“
Ob die Nutzung für die öffentliche Wasserversorgung eine kommerzielle Nutzung ist (wegen der Entgeltlichkeit) oder ob sogar die Abwasserentsorgung hinsichtlich Einleitungsrechten auch darunter fällt, ist völlig offen und kann sogar zu Investitionsschutzklagen führen. Ein Gutachten von Prof. Laskowski [PDF] für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 2016 greift diesen Aspekt auf.
Es muss sichergestellt werden, dass die Nutzung für/durch die öffentliche Wasserwirtschaft nicht als kommerzielle Nutzung im Sinne von Artikel 1.9 Absatz 3 CETA (pdf) zu verstehen ist.
Zu Artikel 1.9 CETA (pdf) gibt es eine Zusatzerklärung (pdf) von der EU-Kommission zu Wasser (Nr. 8) (pdf), die aber das oben genannte Problem um Investitionsschutz, öffentliche Wasserwirtschaft und Nutzungskonkurrenzen nicht klarstellt. Die Erklärung von Slowenien (Nr. 23) (pdf) ist dagegen weitgehender. Es ist allerdings unklar inwieweit die Erklärung verbindlich ist bzw. sein kann.
Auch das Gemeinsame Auslegungsinstrument (pdf) greift zwar in Nr. 11 (pdf) das Thema auf, klärt aber nicht was kommerzielle Nutzung ist. Auch hier ist die Verbindlichkeit der Erklärung noch sehr offen.
Politisch sollte jedoch deutlich sein, dass Artikel 1.9 (pdf) nicht nur für Slowenien relevant ist. Hier muss – wenn überhaupt möglich – im gemeinsamen Ausschuss des CETA (Joint Committee) Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werden, damit die öffentliche Wasserwirtschaft und die Wassernutzung vor Investitionsschutzklagen geschützt sind.
Der Artikel 1.9 (Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser) (pdf) darf im Hinblick auf zukünftige Nutzungskonkurrenzen und der Beachtung des Vorrangs der Wasserversorgung nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein.
AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee [angelehnt an die Erklärung von Slowenien]:
Es wird davon ausgegangen, dass für die öffentliche Wasserversorgung genutzte Wasserressourcen (einschließlich der sowohl für die öffentliche Wasserversorgung als auch für andere öffentliche Zwecke – wie öffentliche Abwasserbeseitigung – verwendeten Wasserressourcen) nicht als kommerzielle Nutzung unter Artikel 1.9 Absatz 3 (pdf) fallen.
In Bezug auf Wasser wird davon ausgegangen, dass dieses Abkommen nicht die Verpflichtung auferlegt, über das EU-Recht hinauszugehen, oder das Recht jeder Partei einschränkt, Maßnahmen zur Bewirtschaftung, zum Schutz und zur Erhaltung seiner Wasserressourcen (sei es für kommerzielle Zwecke, zur Nutzung als Trinkwasser, zur gemischten oder einer anderen Verwendung) zu ergreifen oder beizubehalten, wozu auch das Recht jeder Partei gehört, die gewährten Wasserrechte zu beschränken oder zu entziehen.
3. Absicherung der Leistungen der öffentlichen Wasserwirtschaft vor einer Investitionsstreitigkeit
Eine umfassende Absicherung der öffentlichen Wasserwirtschaft ist in CETA nicht zu sehen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Klimaanpassungsmaßnahmen werden die Einrichtungen aus der öffentlichen Wasserwirtschaft über Ihre Kernaufgaben hinaus weitere Aufgaben in Kooperation mit Kommunen und Ländern übernehmen bzw. erfüllen – Klimaanpassung, Klimaschutz, Wasserwiederwendung, Ressourcenschutz um nur einige Stichworte zu nennen. Viele dieser Aufgaben werden durch den Negativlistenansatz nicht geschützt und allenfalls als Daseinsvorsorge nur geschützt, wenn die Dienstleistung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern erfüllt wird, aber nicht in einem integrierten System von unterschiedlichen Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen, wo der (Leistungs-)Austausch untereinander durch Koordinierung, Planung und Kooperation erfolgt. Und gerade der Klimawandel erfordert integrierte Maßnahmen auf unterschiedlichen kommunalen und staatlichen Ebenen.
Der Vorbehalt für die „Wasserentnahme, -aufbereitung und –verteilung“ (S. 900 oder L 11/922) (pdf) bezieht sich lediglich auf Marktzugang und Inländerbehandlung und lediglich in der „Beschreibung“ ist ein Bezug zu Investitionen enthalten.
AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Es wird davon ausgegangen, dass Streitigkeiten in Verbindung mit der öffentlichen Wasserversorgung und deren Tätigkeiten nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein können.
Der Vorbehalt „Dienstleistungen im Bereich Umwelt“ (S. 957 oder L 11/979) (pdf), bezieht sich zwar auf Abwasser ist aber beschränkt auf den Marktzugang. Der Vorbehalt für Deutschland erwähnt nur in der Beschreibung „Investitionen“.
AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Es wird davon ausgegangen, dass Tätigkeiten der öffentlichen Abwasserwirtschaft und damit verbundene weitere Tätigkeiten nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein können.
Der Vorbehalt für die „public-utilities“-Klausel (S. 898 oder L 11/920) (pdf) bezieht sich nur auf Marktzugang und die Beschreibung enthält in der Beschreibung im Titel „Investitionen“.
AöW-Forderung für eine Klarstellung durch das Joint Committee:
Es wird klargestellt, dass Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und damit verbundene weitere Tätigkeiten nicht Gegenstand von Investitionsstreitigkeiten sein können.
In Erwägungsgrund 1 der EU-Wasserrahmenrichtlinie heißt es: „Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“ Dieser Grundsatz bedeutet aus unserer Sicht, dass die oben genannten Wasserthemen nicht nur von Investitionsschutzstreitigkeiten ausgeklammert sein müssen, sondern auch, dass sie nicht Gegenstand von Handelsabkommen sein dürfen.
Berlin, den 16.08.2022
Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW)
Link zur Stellungnahme (pdf)
Heise: Kommentar: Fracking in Deutschland ist auch keine Lösung
15.08.2022
Von Hanns-J. Neubert
„Kein Platz, kein wirtschaftlicher Gewinn, kein Klimanutzen und dann auch noch der Umweltschaden. Der Aufwand für das Fracking würde sich nicht lohnen.“
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