European Water Movement fordert in einem öffentlichen Brief die EU-Parlamentarier_innen auf, JEFTA abzulehnen


Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen EU-Japan (JEFTA) wurden im März 2013 aufgenommen. Zwischen 10. und 13. Dezember 2018 soll das Plenum des EU-Parlaments über das Abkommen abstimmen.

JEFTA ist das größte Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat, mit einem Land, dessen BIP dreimal so hoch ist wie das Kanadas – der Vertragspartei des vorherigen Abkommens, CETA, das nach Angaben der Europäischen Kommission als Modell für JEFTA diente.

Während CETA eine Reihe von Mängeln hinsichtlich Wasserressourcen und der öffentlichen Wasser- und Abwasserwirtschaft beinhaltet hatte, bleiben die Bestimmungen von JEFTA sogar hinter CETA zurück. Darüber hinaus wird ein beträchtlicher Teil der Macht vom EU-Parlament auf sehr intransparente Ausschüsse übertragen.

Im Gegensatz zum CETA-Abkommen (Art. 1.9) gibt es im JEFTA-Abkommen keinen Artikel über „Rechte und Pflichten in Bezug auf Wasser“. Dieser CETA-Artikel verhindert, wenn auch unzureichend, dass Wasser „in seinen natürlichen Vorkommen“ zu einer Marktware wird und garantiert, wenn auch unzureichend, das Recht der Behörden über die Verteilung der Wasserressourcen selbstständig zu entscheiden.

Aufgrund der Unzulänglichkeiten von CETA hatten einige Mitgliedstaaten darauf bestanden, Klarstellungen zum Thema Wasser in das – rechtlich nicht verbindliche – Gemeinsame CETAAuslegungsinstrument aufzunehmen (Nr. 11, S. 8 ). Insbesondere die Erklärung Sloweniens zum Ratsprotokoll hebt die Mängel von CETA hervor und betont das Recht Sloweniens, die vergebenen Wasserrechte zu begrenzen oder aufzuheben (Nr. 23, S. 18). All dies fehlt im JEFTA-Abkommen.

Wir erinnern Sie daran, dass Wasser lebenswichtig ist. In Zeiten, in denen Wasserknappheit auch in der EU zu einem weit verbreiteten Phänomen wird, muss jeder, der JEFTA genehmigt, als verantwortungslos betrachtet werden.

Darüber hinaus schließt JEFTA auch sektorale Abwasserdienstleistungen nicht von den Marktzugangsverpflichtungen aus, so dass diese wichtige Dienstleistung nur einer horizontalen Schutzklausel unterliegt, die nicht für die Verwendung von Negativlisten konzipiert wurde. Eine Reihe von Experten hat auf die hohe rechtliche Unsicherheit dieser horizontalen Klausel sowie auf eine hohe Anzahl undefinierter Begriffe im Vertrag im Allgemeinen hingewiesen. In JEFTA erreicht diese Rechtsunsicherheit ein neues Ausmaß, da der übergreifende JEFTA-interne Ausschuss, der Gemischte Ausschuss, rechtliche Auslegungen von Bestimmungen des Abkommens vornehmen darf (Art 22.1 Abs. 5, S. 547). Dies ermöglicht eine eigenständige Rechtsentwicklung von JEFTA – ggf. auch gegen den Willen des Europäischen Parlaments (s. Art. 218 Abs. 9 AEUV)! Diese Frage bezieht sich nicht nur auf das Wasser, sondern auf jedes Thema, das unter JEFTA fällt. [vgl. dazu Stellungnahme Stadtwerke Karlsruhe]

Es muss jedem Abgeordneten klar sein, dass die Zustimmung zur JEFTA gleichbedeutend wäre mit der Übertragung einer beträchtlichen Menge an anvertrauter Macht aus dem Europäischen Parlament an einen sehr intransparenten JEFTA-Ausschuss! Ihr Mandat erlaubt keine solche Übertragung!

Außerdem enthält das JEFTA-Abkommen eine Negativliste für Dienstleistungen. Während der CETA-Verhandlungen hatte das Europäische Parlament klargestellt, dass es ausnahmsweise nur einmal eine Negativliste in einem Handelsabkommen akzeptieren würde, siehe Nr. 5, Resolution P7_TA(2011)0257 vom 8. Juni 2011. JEFTA wäre das erste Abkommen, das nach CETA erneut eine Negativliste enthält. Wenn das Parlament ernst genommen werden will, muss es sich an seine eigenen Entschließungen halten und die Verwendung einer Negativliste in JEFTA ablehnen.

Aus den dargelegten Gründen müssen wir alle Mitglieder des Europäischen Parlaments nachdrücklich auffordern, bei der bevorstehenden Abstimmung gegen JEFTA zu stimmen. Es geht um Zukunft unseres Wassers und unserer parlamentarischen Demokratie.

Mit freundlichen Grüßen
European Water Movement

Die European Water Movement ist ein offenes, integratives und pluralistisches Netzwerk, dessen Ziel es ist, die Anerkennung von Wasser als Allgemeingut und als universelles Grundrecht zu stärken. Sie hat Mitglieder in 11 europäischen Ländern.

Kontakt: hello@europeanwater.org

Brief:

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