(Berlin, 31. März 2012) Befürchtungen des Berliner Wassertischs treten ein: Fünfte Sonderausschuss-Sitzung gerät zur Werbeveranstaltung der privaten Wasserkonzerne. Strukturierte Prüfung der Wasserverträge bleibt erneut aus.
Auch in der fünften Sitzung hat der Wasser-Sonderausschuss immer noch nicht zu einer systematischen Überprüfung des Vertragswerks gefunden. Die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung der „Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden … unter Hinzuziehung von unabhängigen Sachverständigen“ war nicht ansatz-weise zu erkennen. Dazu Wolfgang Rebel, Sprecher des Berliner Wassertischs: „Die Umsetzung des Volksgesetzes zeigt sich weiterhin als unstrukturiert bis chaotisch. Wir fordern eine komplette Rückabwicklung der verfassungswidrigen Verträge. Dazu ist eine gründliche und versierte Prüfung des verfassungswidrigen Vertragswerks notwendig. Diese findet aber nicht statt.“
Auf Antrag der Senatsparteien CDU und SPD war die Anhörung des Vertreters des privaten Wasserkonzerns RWE im Vorstand der Berliner Wasserbetriebe, Frank Bruckmann, angesetzt. Die PowerPoint-Präsentation des Vorstandsvorsitzenden der Berlinwasser Holding wäre für eine Werbeveranstaltung der privaten Wasserkonzerne geeignet gewesen – im Sonderausschuss war sie Anlass zu einer grundsätzlichen Diskussion über die Vorgehensweise. Von strittigen Punkten wie der verfassungswidrigen Gewinngarantie, Verstößen gegen das EU-Wettbewerbsrecht, Preis-Mahnung des Bundeskartellamts, unveröffentlichten Nebenabreden und demokratisch nicht legitimierter Unternehmensführung war bei Bruckmann erwartungsgemäß keine Rede – bei der Nachfrage nach der Höhe der Gewinne seines Unternehmens musste der Finanzvorstand hingegen zunächst passen. Die Oppositionsparteien verlangten daraufhin die schriftliche Beantwortung ihrer Anfragen. Zum eigentlichen Zweck des Sonderausschusses – der Überprüfung der Wasserverträge – konnte Bruckmann nach eigener Aussage nichts beitragen. Ebenso unergiebig waren Fragen an die Staatssekretärin des Finanzsenators, Margaretha Sudhof. Als wäre dies nicht die fünfte, sondern die erste Sitzung, gestand sie bei Nachfragen zu den preistreibenden Verordnungs-Zinssätzen ein, dass sie unvorbereitet sei und sich ihre Zahlen erst am Abend zuvor aus dem Internet besorgt habe. Die vom Volksgesetz verlangten unabhängigen Sachverständigen werden indes wei-terhin von den Senatsparteien verweigert. Der Wassertisch befürchtet, dass eine Diskussion um marginale Preissenkungen – aufgrund der Gewinngarantie womöglich einseitig auf Kosten des Landes – die juristische Prüfung des Vertragswerks weiter verschleppen soll. Dazu Rainer Heinrich, Wirtschaftsexperte des Berliner Wassertischs: „Die Diskussion um die Wasserpreise ist ein Ablenkungsmanöver von SPD und CDU, die die Verträge mit Veolia lediglich neu aushandeln möchten. Damit wird aber das Grundproblem nicht berührt: Die profitorientierte Abzocke beim Wassermonopol muss durch eine nachhaltige, nur kostendeckende Bewirtschaftung unter demokratischer Kontrolle ersetzt werden. Das ist aber nicht anders als durch die Rückabwicklung der Verträge möglich.“
Der zweite Tagungspunkt, der eine Anhörung zur „Verfassungskonformität der Holdingkonstruktion“ vorsah, fiel indes angeblich aus Termingründen aus. Rainer Heinrich hatte in seinem Vortrag am 2. März im Sonderausschuss ausführlich dargelegt, dass die unternehmerische Führung der BWB aufgrund der verfassungswidrigen Privatisierungsverträge derzeit ohne demokratische Legitimation arbeitet. Eine Verfolgung dieses Aspekts hätte die Prüfung evtl. voranbringen können und wäre sicherlich auf großes Interesse der Zuhörer gestoßen.
Trotz der Verschleppung des Volksgesetzes feiert der Berliner Wassertisch am 31. März das einjährige Jubiläum seiner Inkraftsetzung mit einer Benefizveranstaltung im Theater der Berliner Compagnie. Der Erlös soll der Finanzierung unabhängigen Sachverstands für die Prüfung der Verträge zugute kommen.
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