Warum wir bei nOlympia dabei sind …

15. März 2015

Liebe Wasserinteressierte,

einige von Euch/Ihnen werden in letzter Zeit vielleicht etwas verwundert auf unsere Website www.berliner-wassertisch.info geschaut haben. Wir haben unser Themenspektrum etwas erweitert. In letzter Zeit sind dort beispielsweise vermehrt Einträge zur Olympia-Bewerbung Berlins zu finden. Unser Engagement in diesem Punkt betrifft eben auch Fragen, die wir mit dem Wasser-Volksentscheid verfolgt haben. Unabhängig davon, wie man der Olympia-Idee grundsätzlich gegenüber steht, denken wir, dass man die Bewerbung allein aus folgenden Gründen nicht befürworten kann:

DIE BEWERBUNG UM DIE OLYMPISCHEN WETTKÄMPFE 2024
Der Berliner Senat plant die nunmehr vierte Bewerbung Berlins für Olympische Spiele. Derzeit soll uns eine Kampagne, bei der es zwar gefüllte Pfannkuchen und leere Versprechungen, aber nur wenig Informationen gibt, auf die Bewerbung einstimmen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kommentiert die Kampagne damit, dass die Berliner Bürger*innen für die „eigene inhaltsleere Beeinflussung“ zahlen.

Wie bekannt geworden ist, versucht der Senat sogar, die Presse zu korrumpieren (vgl. Anzeigengate). Kritische Berichterstattung in der Presse „bestraft“ er, indem er über die Firma Berlin Partner Anzeigengelder nur an Medien verteilt, die die Olympiabewerbung Berlins bejubeln. Im konkreten Fall wurde im Tagesspiegel die unausgewogene Besetzung eines sogenannten Bürgerforums für Olympia kritisiert, woraufhin eine schon fest gebuchte Werbeanzeige zurückgezogen wurde. Senatstreue Berichterstattung hingegen wird mit Anzeigengeldern belohnt.

Falls sich der DOSB am 21. März für Berlin, statt für Hamburg als Bewerberstadt entscheidet, sollen die Berliner*innen als Abschluss einer millionenschweren Desinformations-Kampagne dann auch noch ihre Zustimmung zur Bewerbung in einer vom Senat organisierten Volksabstimmung geben. Dieses „Plebiszit von oben“ (vgl. LexOlympia) soll am 13. September stattfinden. Es wird sicherlich nicht überraschen, dass die Mitglieder des Berliner Wassertischs und viele andere Bürger ein gelenktes Verfahren, bei dem die Informationen allein vom Senat und nicht von den Bürgern selbst beigesteuert werden, nicht als Volksabstimmung anerkennen.

DER OLYMPIA-TROJANER
Zudem gibt es ein weiteres Problem. Sollte Berlin den Zuschlag für die Wettkämpfe bekommen, muss die Stadt mit dem IOC einen sogenannten „Host-City-Vertrag“ abschließen. Wie damals im Wasser-Privatisierungsvertrag wird dem privaten „Partner“ im Host-City-Vertrag weitgehend die Kontrolle über das gemeinsame Vorhaben überlassen: Für die Zeit der Spiele übernimmt das IOC mit diesem Vertrag wie mit einem „Trojaner“ die Steuerung über einen großen Teil der Stadt. Es regelt die Sicherheitsmaßnahmen, es bestimmt, wer wo Getränke verkaufen darf, es bekommt Luxuswagen mit Chauffeuren und eigenen Fahrspuren im Straßenverkehr gestellt, etc.

GEHEIME VERTRÄGE
Dieser Vertrag wird jedoch erst zwei Tage nach dem Plebiszit des Senats veröffentlicht. Zum Umfragetag ist er noch geheim. Weder die Berliner Bürger noch der Senat wissen also genau, worüber diese abstimmen sollen. Dabei ist der Vertragsinhalt nicht unerheblich. In Oslo beispielsweise ist die Olympia-Bewerbung im letzten Jahr endgültig bei der Bevölkerung durchgefallen, als die Verträge bekannt wurden.

GEWINNGARANTIE FÜR DIE KONZERNE
Das IOC bestimmt alles, es erzielt mit den Olympischen Spielen hohe Profite, übernimmt aber keinerlei geschäftliches Risiko. Zugespitzt formuliert: Es geht wieder um „geheime“ Verträge mit einer Gewinngarantie für die Konzerne, während die Berliner Bürger*innen die Kosten übernehmen dürfen.

MILLIARDEN-SPIELE
Diesmal allerdings übersteigen die Summen, um die es bei der Olympia-Bewerbung geht, die der Wasser-Privatisierung um ein Vielfaches. Die Wasser-Privatisierung hat die Berliner Bürger durch den Preismissbrauch und den überteuerten Rückkauf schätzungsweise zwischen 1,5 bis 2 Milliarden Euro gekostet. Doch in dieser Größenordnung bewegten sich bei der Olympiade in London 2012 allein schon die Sicherheitsausgaben. Die Gesamtausgaben lagen in London zwischen 13,5 und 28,8 Milliarden Euro. In Sotschi lagen sie für die Winterspiele 2014 bei geschätzten 40 Milliarden Euro. Die Senatsschätzungen geben dagegen nur einen Bruchteil der realistischerweise zu erwartenden Kosten an.

BERLINER VERMÖGENS-AKTIVIERER
Auch einige der maßgeblichen Akteure der Olympia-Bewerbung sind dieselben wie bei der Wasser-Teilprivatisierung von 1999. Es war Klaus Wowereit, der die Bewerbung seitens der Stadt auf den Weg brachte. Er war 1999 Mitglied des sogenannten Vermögens-Aktivierungsausschusses, der damals die Wasser-Privatisierung und damit den später gerichtlich festgestellten Preismissbrauch der Konzerne RWE und Veolia vorbereitete. Als Berichterstatter saß sein Parteifreund Klaus Böger (SPD) ebenfalls in diesem Vermögens-Aktivierungsausschuss. Mittlerweile ist Böger Leiter des Landessportbundes (LSB) und somit ein Hauptlobbyist der Bewerbung auf der Sportfunktionärsseite. Hüben wie drüben sind also Akteure im Spiel, die sich bereits einmal kreativ darin gezeigt haben, viel Geld aus den Taschen der Bürger*innen in die Kassen von Konzernen umzuleiten.

WEITERE HINTERGRÜNDE
Wir denken, dass schon diese Punkte reichen, um die Bewerbung um die Olympischen Spiele abzulehnen. Doch es gibt noch viele weitere Gründe gegen eine Großveranstaltung, die nicht so demokratisch und völkerverbindend ist, wie ihre Profiteure sie gern darstellen. Ausführlicher erklären zwei Mitglieder des Berliner Wassertischs auf Spiegelonline im Namen des Bündnisses NOlympia, warum alle Berliner*innen, die sich für die Beendigung des Privatisierungs-Abenteuers bei den Wasserbetriebe eingesetzt haben, auch gegen die Olympia-Bewerbung sein müssten:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/olympia-debatte-warum-berlin-keine-spiele-ausrichten-sollte-a-1019281.html

Viele Grüße und einen schönen Abend wünscht
Euer Berliner Wassertisch
… und hier noch zwei unterhaltsame Clips, warum eine Bewerbung für die Olympische Spiele keine gute Idee ist:
https://youtu.be/vSnzIuynjGU
https://youtu.be/D0ep9b33SBA

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