Am 7. September 2011 stellten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz die Verbraucherzentrale Berlin, der Bund der Steuerzahler und die Wasserbürger einen juristischen Leitfaden vor, den eine unabhängige Juristengruppe entwickelt hat. In diesem Leitfaden werden verfahrensrechtliche Möglichkeiten aufgezeigt, gegen die Rechtsverstöße in den Berliner Wasserverträgen vorzugehen. Der Leitfaden richtet sich vor allem an die Berliner Abgeordneten. Sie sollen über die Möglichkeiten der Vertragsanfechtung im Rahmen eines Organstreitverfahrens informiert werden. Zu wünschen ist, dass sich eine Fraktion dazu bereit erklärt, ein Organstreitverfahren in die Wege zu leiten. Möglicherweise können dies auch einzelne Abgeordnete.
Der Leitfaden ist als ein offener Ratgeber konzipiert. Der Arbeitskreis arbeitet an weiteren Möglichkeiten der Vertragsanfechtung aus anderen Rechtsgebieten.
Hier der juristische Leitfaden im Wortlaut (pdf)
Zur Argumentationskette des Leitfadens als Zusammenfassung zum schnellen Einstieg
… hier diese Zusammenfassung auch als (pdf)
Hier die Pressemappe zur Pressekonferenz (pdf)
Argumentationskette des Leitfadens
• Der Konsortialvertrag verstößt gegen die Verfassung von Berlin, da er den privaten Anteilseignern in Form der Gewinnausfallgarantie des § 23.7 eine Sicherheitsleistung einräumt, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. [expand title=“Details“ swaptitle=“Details ausblenden“ trigclass=“arrowright“ alt=“Details zu diesem Argument“]
- Nach Artikel 87 I der Verfassung von Berlin ist dies aber nicht erlaubt. Dort heißt es nämlich:(1) Ohne gesetzliche Grundlage dürfen weder Steuern oder Abgaben erhoben noch Anleihen aufgenommen oder Sicherheiten geleistet werden.
- Der § 23.7 des Konsortialvertrages legt im Detail fest, dass die Privatinvestoren gegen das Risiko von Gerichtsentscheidungen – insbesondere des Verfassungsgerichts – abgesichert sind und im Falle von finanziellen Nachteilen einen entsprechenden Ausgleich erhalten. Diese Zusage im Vertrag stellt zweifellos eine Sicherheitsleistung durch das Land Berlin dar.
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• Die Klausel des § 23.7 im Konsortialvertrag ist daher nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nichtig, weil diese gegen die Verfassung von Berlin und damit gegen ein gesetzliches Verbot verstößt bzw. wegen Missachtung des Budgetrechts des Abgeordnetenhauses sittenwidrig ist. [expand title=“Details“ swaptitle=“Details ausblenden“ trigclass=“arrowright“ alt=“Details zu diesem Argument“]
• Die Nichtigkeit ergibt sich dann, wenn zumindest einer der beiden §§ 134 bzw. 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf den Vertrag anwendbar ist.
- § 134 sagt aus, dass ein Rechtsgeschäft nichtig ist, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt:
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Als gesetzliches Verbot gilt in unserem Fall der Artikel 87 I der Verfassung von Berlin, welcher verbietet, Sicherheiten ohne gesetzliche Grundlage zu leisten.
- § 138 erklärt ein Rechtsgeschäft für nichtig, das gegen die guten Sitten verstößt:
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Als Verstoß gegen die guten Sitten muss auch ein Verstoß gegen das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses gewertet werden, das im Artikel 87 I der Verfassung von Berlin festgeschrieben ist. Ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt außerdem vor, wenn Rechtsgeschäfte unter Beteiligung der öffentlichen Hand in krassem Widerspruch zum Gemeinwohl stehen – und das ist beim Konsortialvertrag eindeutig der Fall.
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• Der Konsortialvertrag selbst ist ebenfalls nichtig, da mit der Existenz des § 23.7 der Vertrag selbst steht oder fällt. [expand title=“Details“ swaptitle=“Details ausblenden“ trigclass=“arrowright“ alt=“Details zu diesem Argument“]
- Die Nichtigkeit des gesamten Konsortialvertrages ergibt sich aus dem § 139 BGB:
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
Dass der Konsortialvertrag ohne die Gewinnausfallgarantie nicht zustande gekommen wäre, ergibt sich u. a. aus den Anlagen 15a und 15b des Vollzugs-Protokolls vom 29.10.1999. (siehe auch Präambel zur 5. Änderungsvereinbarung vom 24.10.2003 als pdf)
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• Der Senat könnte eine Nichtigkeitsklage anstrengen, was aber unwahrscheinlich ist. [expand title=“Details“ swaptitle=“Details ausblenden“ trigclass=“arrowright“ alt=“Details zu diesem Argument“]
- Im Prinzip richtet sich ja eine solche Nichtigkeitsklage gegen das Bestehen eines formal privatrechtlichen Vertrages, in dem die Exekutive des Landes Berlin einer der Vertragspartner ist. Daher müsste zunächst der Senat selbst tätig werden, um den verfassungswidrigen Zustand zu beenden.
- Der Umstand, dass der Konsortialvertrag eine Schiedsvereinbarung enthält, führt nicht automatisch dazu, dass eine Klage vor einem staatlichen Gericht nicht möglich wäre, denn die Schiedsklausel in § 44 II des Vertrages und die zugehörige Schiedsvereinbarung sind nichtig. Dies ergibt sich aus § 1030 III ZPO (Zivilprozess-ordnung):
(3) Gesetzliche Vorschriften außerhalb dieses Buches, nach denen Streitigkeiten einem schiedsrichterlichen Verfahren nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen unterworfen werden dürfen, bleiben unberührt.
Verfassungsnormen wie das Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzip stellen aber solche „gesetzlichen Vorschriften“ dar. Andernfalls würde die Streitzuständigkeit eines Schiedsgerichtes eine parlamentarische Kontrolle des Verwaltungshandelns ausschließen.
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• Wenn der Senat nicht tätig wird, kann eine Fraktion des Abgeordnetenhauses die Untätigkeit des Senats zum Gegenstand eines Organstreitverfahrens machen mit dem Ziel, dem verfassungswidrigen Zustand ein Ende zu bereiten, indem die Nichtigkeit der Verträge gerichtlich festgestellt wird. [expand title=“Details“ swaptitle=“Details ausblenden“ trigclass=“arrowright“ alt=“Details zu diesem Argument“]
- Das Abgeordnetenhaus als Verfassungsorgan (vertreten durch eine Fraktion) tritt zunächst mit dem Senat (ebenfalls ein Verfassungsorgan) in Streit, indem es denselben auffordert, eine Klage zur Feststellung der Nichtigkeit des Konsortialvertrages anzustrengen. Leistet der Senat dieser Aufforderung keine Folge – wovon auszugehen ist – besteht dann für die Fraktion die Möglichkeit, ein Organstreitverfahren einzuleiten, um auf diesem Weg den Konsortialvertrag anzufechten.
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• Für die Anfechtung des Konsortialvertrages über eine Organklage ist eine sorgfältige Vorbereitung erforderlich, da die Beweislast für bestimmte Punkte der Klage auf Seiten der klagenden Partei liegt. Eine Kanzlei, die bereits Erfahrungen in dieser Richtung hat, ist bereit, hier Unterstützung zu leisten.