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Offener Brief an den Tagesspiegel zur Berichterstattung im Fall Gerwald Claus-Brunner
(Berliner Wassertisch, 22. September 2016) Am 20. September 2016 veröffentlichte der Tagesspiegel einen Nachruf auf den Piratenpolitiker Gerwald Claus-Brunner. Der Text wirkte auf uns unangemessen, weil er unserer Ansicht nach auf Kosten des Toten in die politische Meinungsbildung eingriff. Das in einem Nachruf übliche Abwägen des politischen Wirkens und ein neutraler Überblick über die Betätigungsfelder des Politikers wurden nicht gegeben. Wir haben in einem Tweet darauf hingewiesen.* Die online-Ausgabe des Artikels wurde inzwischen vom Tagesspiegel gelöscht.
Leider ist dafür am 21. September ein anderer Artikel erschienen, der gleichermaßen aufgebaut ist („Der Fall Claus-Brunner: Es ging auch um Stalking“ Titel beim Tsp wg. UPDATE inzw. geändert). Verfasst wurde er von drei Autoren. In der heutigen Druckausgabe erschien ein weiterer Artikel, der in die gleiche Richtung geht („Der Fall Claus-Brunner. Vor aller Augen“). Diesmal zeichnen sieben Autoren (!) dafür verantwortlich. Dennoch gehen diese Artikel von falschen Voraussetzungen und fragwürdigen Quellen aus und zeichnen so ein verzerrtes Bild. Unserer Ansicht nach werden dadurch bestimmte politische Intrigen gegen Claus-Brunner fortgesetzt.
Eigentlich wollten wir uns zu der Thematik nicht weiter äußern. Doch denken wir, dass auch beim Tod eines Politikers, der nach jetzigen Erkenntnissen im privaten Bereich schwere Schuld auf sich geladen hat, die üblichen journalistischen Standards eingehalten werden sollten. Dass dies auch in den neuen Artikeln nur bedingt der Fall ist, wird an einem Kernstück des Artikels „Der Fall Claus-Brunner: Es ging auch um Stalking“ deutlich sichtbar.
1.
Zunächst zum Aufbau des Artikels. „Der Fall Claus-Brunner: Es ging auch um Stalking“ besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil werden die neuen makabren Ermittlungsergebnisse und Reaktionen zu der Tat berichtet. Im zweiten Teil werden einige harsche Tweets des Toten zitiert, danach wird eine Rüge der Fraktion gegen ihn angeführt. Die Auflistung kulminiert in dem Verweis auf die Begründung eines Fraktionsausschluss-Verfahrens, das gegen Claus-Brunner eingeleitet wurde (wenn auch letztlich ohne Erfolg).
Im letzten Teil stellen die Autoren die Tat dann mit den politischen Auseinandersetzungen in der Piratenfraktion in Zusammenhang. Dem Leser, solchermaßen unter den Eindruck der Tatbeschreibung gesetzt, präsentieren die Autoren eine aus den Todesfällen extrahierte Erklärung für fraktionsinterne Auseinandersetzungen. Das zugrundeliegende Muster: Die Tat und ihre Vorgeschichte zeigten psychologisch auffällige Begleitumstände. Also seien wohl auch seine politischen Auseinandersetzungen Folgen psychischer Defizite. Tenor:
„Nicht nur Fraktionsmitglieder, sondern auch andere Parlamentarier im Abgeordnetenhaus beschreiben Claus-Brunner als unbeherrscht und unberechenbar.“ oder: „Er galt als eigenwillig, narzisstisch. Einige sagten, er sei ,psychologisch auffällig gewesen‘. Derzeit will sich in der noch verbliebenen Piratenfraktion kaum jemand offen äußern.“
weiterlesen
2. Verhandlungstermin Delius-Klage
Deliusklage
Am 29. Juli 2016, um 9 Uhr findet der zweite Verhandlungstermin vor dem Landgericht Berlin, Littenstr. 12-17, Raum III/3809 (Openstreetmap)
„Im April 2013 machten zwei Mitglieder des Berliner Wassertischs der Berliner Piratenfraktion ein Spendenangebot. Das Angebot war für den Fall gedacht, dass die Kosten der von der Fraktion eingereichten Organklage gegen die Wasser-Privatisierungsverträge deren finanzielle Möglichkeiten überschritten hätte. Völlig überraschend und ohne Fraktionsbeschluss hat der Ex-Pirat und Neu-Linken-Wahlkämpfer Martin Delius, Vorsitzender der Piratenfraktion, den Berliner Wassertisch Anfang 2016 auf Zahlung von 25.000 EUR verklagt. Der Berliner Wassertisch weist die Klage zurück, da die regulären Mittel der Fraktion ausreichend waren.“ (Zur Pressemitteilung vom 2.6.2016)
Grundsätzlich: Die Organklage gegen die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe war ein voller Erfolg der Piratenpartei. Noch im Monat der Einreichung machte Veolia den Weg zur Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe frei!
Hintergrundinformationen:
Berliner Wassertisch: Belügt Linken-Wahlkämpfer Delius die Öffentlichkeit? Pressemitteilung vom 05.06.2016.
Berliner Wassertisch: Delius-Klage gegen Berliner Wassertisch am 3. Juni vor dem Landgericht Berlin. Pressemitteilung vom 2.6.2016.
Bund der Steuerzahler: Zahltag bei den Freibeutern. (März 2016).
Berliner Wassertisch: „10 Gründe, warum der Berliner Wassertisch ein Spendenversprechen an die Piraten- Fraktion des AGH zurückzieht“ (23.01.2016).
Berliner Wassertisch: Die LINKE und die „Repräsentanzlücke“ der Zivilgesellschaft im AGH. Pressemitteilung vom 23.01.2016.
Berliner Wassertisch: FAQs zur Organklage
FAQs-Organklage
Einleitende Worte:
Die Organklage gegen die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe war ein voller Erfolg der Piratenpartei. Noch im Monat der Einreichung machte Veolia den Weg zur Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe frei. Aber noch aus einem zweiten Grund war die Klage sehr wichtig. Obwohl sie letztendlich mit einer unbefriedigenden Begründung wegen Verfristung abgewiesen wurde, bewies das Urteil dennoch, dass die Organklage vorher auf jeden Fall möglich gewesen war. Das Urteil offenbarte die große Repräsentanzlücke für Bürgerbeteiligung und Rekommunalisierung im Berliner Abgeordnetenhaus vor dem Einzug der Piratenpartei. Die Abgeordnetenhaus-Fraktionen von SPD, CDU, LINKE und GRÜNE, die vor dem Wasser-Volksentscheid nicht hatten wissen wollen, was in den Verträgen steht, wollten nach deren Offenlegung offensichtlich nicht dagegen klagen. Die Piratenpartei hat sich dagegen als einzige Partei erwiesen, die bereit war, die Interessen des Wasser-Volksentscheids und damit der Zivilgesellschaft gegenüber dem Filz aus Senat und Wasserkonzernen wahrzunehmen – auch wenn einzelne Piraten-Abgeordnete von Beginn an mit der Wasser-Klage gefremdelt haben.
Welchen Handlungsbedarf hat es für die Spendenvereinbarung gegeben?
Am 9. April 2013 beschloss die Piratenfraktion, dass bis zum 12. April 2013 Prof. Christian Kirchberg oder ein anderer Anwalt mit der Klage zu beauftragen sei. Die Piraten hatten in ihren Beschluss geschrieben, noch wegen des Rechtsanwaltshonorars verhandeln zu wollen, „da das derzeitige Angebot mit 30.000 € zzgl. Mwst. die finanziellen Möglichkeiten der Fraktion wohl übersteigen“ würde. Die Einhaltung des Termins war wichtig, um die Klageschrift noch rechtzeitig anfertigen zu können. Doch noch am 15. April hatte der Fraktionsgeschäftsführer und heutige Ex-Pirat Heiko Herberg weder Prof. Kirchberg noch einen anderen Anwalt beauftragt. Am 12. April hatte er sich für einen Tag krank gemeldet und die Frist tatenlos verstreichen lassen.
Der Piraten-Basis war die Bummelei nicht entgangen. Am 14. April wurde eine Liquid-Feedback-Abstimmung eingestellt, in der die Basis forderte, dass Prof. Kirchberg beauftragt werden solle, da sich ein anderer Anwalt in der knappen Zeit nicht mehr würde einarbeiten können. Die Abstimmung erhielt 100 Prozent Zustimmung. Ebenfalls am 14. April bot ein Wassertisch-Mitglied auf der Bezirksmailingliste Mitte der Piratenpartei an, Kosten, die sich die Fraktion nicht leisten könne, zu übernehmen.
Auf Anfrage des Wassertisches bot Prof. Kirchberg eine letzte Verlängerung bis zum 16. April an. Wassertisch-Sprecher Wolfgang Rebel sandte am 15. April eine Zuwendungserklärung an Heiko Herberg. Hierin wurde die Zuwendungs-Zusage für den Fall ausgesprochen, dass wegen der Kosten der Klage „die Aufrechterhaltung der Fraktionsarbeit“ sonst nicht gewährleistet wäre. Heiko Herberg übersandte jedoch kurze Zeit später stattdessen eine mit seinem Justitiar entworfene Erklärung zur „Übernahme von Prozesskosten“ in gleicher Höhe, die diese Bedingung nicht mehr enthielt und wich damit vom Angebot des Wassertisches ab. Diese Vorgehensweise war durch den Fraktionsbeschluss vom 9. April nicht abgedeckt. Zeit für eine Diskussion über den Text dieser Kostenübernahme-Erklärung gab es jedoch am Nachmittag des 15. April nicht mehr. Daher unterzeichneten Wolfgang Rebel (Pressesprecher Berliner Wassertisch) und Sigrun Franzen (Berliner Wassertisch) dieses Dokument am 15. April stellvertretend für den Berliner Wassertisch.
Nach der Spendenzusage des Wassertisches – obwohl diese im Fraktionsbeschluss nicht gefordert wurde – beauftragte Herberg schließlich den Anwalt – drei Tage später, als in der Fraktionssitzung beschlossen.
Es ist fraglich, ob Herberg ohne die Bemühungen des Wassertisches und der Piratenbasis einen Anwalt beauftragt hätte. Aus welchen Gründen Heiko Herberg die Beauftragung verschleppte, ist dem Berliner Wassertisch nicht bekannt – es ist jedoch offensichtlich, dass die Klage von Beginn an mit ,angezogener Handbremse‘ gefahren wurde.
Zum Spendenangebot:
Die LINKE wollte sich ebenfalls beteiligen, wie Klaus Lederer zugesagt hatte. Da Heiko Herberg nicht die Fraktionssitzung der LINKEN am 16.04. abwarten wollte, sondern noch am 15. April. entgegen der bis dahin gezeigten Bummelei mit seiner Pressemitteilung vorgeprescht war, sprang die LINKE ab. Damit entfiel eine Summe von ca. 12.000 EUR, die einen Teil des Betrages darstellen, die jetzt eingeklagt wird.
Wie sollten die Kosten für die Klage finanziert werden?
Die Abgeordnetenhaus-Fraktionen erhalten Steuergelder auch für solche Zwecke. Von diesen Finanzmitteln hätten die drei Oppositions-Fraktionen die Organklage bezahlen können. Die LINKE hatte auf dieser Basis schon am 09.04. einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Nach dem Ausscheren der GRÜNEN bot der Wassertisch den Piraten für den Fall an, dass sie sich die Klage nicht leisten könnten, eine Spendensammlung durchzuführen. Doch zeigte sich, dass von einem Geldmangel keine Rede sein konnte: Die Piratenfraktion nahm am Jahresende einen Übertrag von knapp einer halben Million Euro (460.000) an Steuergeldern mit ins nächste Jahr. Auch in den nachfolgenden Jahren wurden jeweils mehrere hunderttausend Euro ins Folgejahr übertragen.
Dem Wassertisch wurde entsprechend nie mitgeteilt, dass ein Finanzierungsbedarf bestehen würde. Da es keinen Beschluss der Piratenfraktion gab, ob sie das Geld annehmen würden, hat es auch nie eine Spendensammlung gegeben. Der Berliner Wassertisch hätte für solch eine Spendensammlung einen klaren Spendenzweck angeben müssen.
Die weitere Entwicklung der Klage ließ eine Geldanforderung von der Piratenfraktion an den Wassertisch ohnehin obsolet erscheinen. Nachdem die Klage schon mit ,angezogener Handbremse‘ gestartet wurde, wurden der Klage weitere Steine in den Weg gelegt. Im November 2013 wurde der Kontakt zwischen Wassertisch und Prof. Kirchberg ohne Angabe von plausiblen Gründen untersagt. Es gebe die Befürchtung, der Wassertisch wolle als „Nebenkläger“ auftreten. Im Februar 2014 schrieb Ex-Pirat Martin Delius in einem Blogbeitrag, dass die juristische Aufarbeitung der BWB-Teilprivatisierung „rückwärtsgewandt“ sei. Am 6. Mai 2014 wurde der Fraktion vorgeschlagen, die Klage langsam oder sofort zu beerdigen – ebenfalls ohne den Wassertisch zu konsultieren. Die Fraktion hatte durch den ,kalten‘ Klageabbruch die gemeinsame Zielvereinbarung gebrochen. Das Spendenangebot war, wie aus den Fraktionssitzungen ersichtlich, klar an die Durchführung und nicht an die ,Beerdigung‘ der Klage gebunden. Der damalige Fraktionsvorsitzende Alexander Spies gab zu verstehen, dass die Spende nicht mehr angefordert werden würde.
Vorbereitungskosten:
Die Vorbereitungskosten hatte der Wassertisch ohnehin allein finanziert. Zur Vorbereitung der Organklage gehörte die Erstellung einer Klageskizze durch Prof. Christian Kirchberg. Die Beauftragung erfolgte durch den Berliner Wassertisch. Die Erstellung der Klageskizze durch Prof. Kirchberg kostete: 6.806,80 EUR. Dafür gab es im Mai 2013 einen Spendenaufruf bei Betterplace. Zusammen kamen: 6.806,00 EUR, wovon ein hoher Anteil von Wassertisch-Mitgliedern stammte. Zur Vorbereitung der Organklage gehörte eine Veranstaltung des Wassertisches (Vortrag und Podiumsdiskussion) in der Urania, die den Berliner Wassertisch inkl. Reise- und Hotelkosten rund 2.000 EUR gekostet hat. Eine Beteiligung an diesen Kosten ist von den Fraktionen nie thematisiert worden.
Wer hat konkret persönlich diese Absprachen und Verhandlungen von beiden Seiten geführt?
Beteiligt an den Absprachen bzgl. der Spendenzusage waren:
Für die Piratenfraktion: Heiko Herberg (parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion) und Dr. B. (Justiziar der Piratenfraktion)
Für den Berliner Wassertisch: Wolfgang Rebel (Pressesprecher) und Sigrun Franzen (Mitglied von Berliner Wassertisch und Piratenpartei)
Die Gespräche wurden auf Wassertisch-Seite in Abstimmung mit den anderen Wassertisch-Mitgliedern geführt. Die Spendenzusage unterschrieben schließlich Wolfgang Rebel und Sigrun Franzen, da der Berliner Wassertisch als Bürgerinitiative keine eigenständige juristische Person ist.
Die Spendenzusage:
Das Angebot wurde am 15. April in Form einer Spendenzusage schriftlich fixiert. Doch waren sich die Piraten in der Fraktionssitzung vom 23. April 2013 immer noch nicht im Klaren, ob sie überhaupt eine Spende annehmen wollten. In der gleichen Sitzung stellte Heiko Herberg im Diskussionsverlauf entsprechend klar, dass die Spendenzusage keinen Zwang bedeute, die Spende einzufordern: „Also niemand kann uns Geld spenden, wenn wir das nicht wollen, man kann immer sagen: gut, zurück und tschüss.“ Heiko Herberg kündigte in der Sitzung zudem an, dass die Summe im Bedarfsfall mit dem Wassertisch abgesprochen werden würde.
Der Jahresübertrag von fast einer halben Million Euro zeigte schließlich deutlich, dass die Fraktion sich die Klage sehr wohl leisten konnte. Als die Fraktion zudem am 6. Mai 2014 ohne Rücksprache mit dem Wassertisch deutlich machte, die Klage langsam ,beerdigen‘ zu wollen, war auch die Legitimation für die Spendenforderung nicht mehr gegeben.
Wahl des Rechtsanwalts. a) Hat man sich auf einen Rechtsanwalt beschränkt? b) War er nicht verhandelbar?
a) Es wäre jeder Fraktion und jedem Abgeordneten möglich gewesen, einen Anwalt zu beauftragen, um eine Organklage vorzubereiten und einzureichen. Der Wassertisch war jedoch der einzige, der sich überhaupt um einen erstklassigen Juristen bemüht und diesen den Oppositionsparteien vorgestellt hatte. Der Berliner Wassertisch war ansonsten selbstverständlich nicht in der Position, die Wahl des Anwalts oder des Honorars zu bestimmen.
b) Der Auftrag der Fraktion an Heiko Herberg lautete, zu prüfen, ob es nicht auch einen preiswerteren Anwalt gäbe. Ob eine Suche nach einem anderen Anwalt stattgefunden hat, kann der Wassertisch nicht sagen.
Die Rechtsanwaltswahl:
Schon 2012 hat Prof. Dr. Keßler, Vorsitzender der Berliner Verbraucherzentrale und ein erfahrener Verfassungs- und Wirtschaftsjurist, im AGH-Wasser-Sonderausschuss darauf hingewiesen, dass eine Organklage das „naheliegendste“ sei. Dies wäre direkt nach Offenlegung der Wasserverträge, Beschlüsse und Nebenabreden (2011) geboten gewesen, insbesondere, da mit dem von der Verbraucherzentrale vorgestellten juristischen Leitfaden des Arbeitskreis unabhängiger Juristen (AKJ) ein Weg aufgezeigt worden war. Für eine solche Organklage waren jedoch nur die Fraktionen des Abgeordnetenhauses berechtigt, die für solche Zwecke extra Gelder vom Staat zur Verfügung gestellt bekommen.
Der Grund, warum man bei Prof. Dr. Kirchberg geblieben ist, liegt darin, dass er ein hervorragender Jurist ist und mit der Angelegenheit bestens vertraut war. Da die Gegenseite sich von den teuersten Kanzleien vertreten lässt (in diesem Fall Luther), war die Wahl eines erfahrenen und renommierten Juristen geboten. Prof. Kirchberg war zu diesem Zeitpunkt Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses und des Menschenrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sowie Präsident des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg. Er wurde dem Berliner Wassertisch von dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Siegfried Broß als Verfassungsrechtsexperte empfohlen. Im Auftrag des Berliner Wassertischs fertigte Prof. Kirchberg eine Klageskizze auf Basis des bereits vorliegenden juristischen Leitfadens des AKJ an. Die Klageskizze wurde am 21. März 2013 von RA Prof. Kirchberg im Berliner Abgeordnetenhaus in Anwesenheit von Bundesverfassungsrichter a.D. Siegfried Broß allen Oppositionsparteien vorgestellt. Anwesend waren Vertreter folgender Fraktionen: für die LINKSFRAKTION: Dr. Klaus Lederer und Malte Krückels, für die Fraktion der GRÜNEN Canan Bayram und Heidi Kosche sowie als Justitiar Günter K., für die PIRATENFRAKTION: Gerwald Claus-Brunner (Der Justiziar der Piratenfraktion Dr. B. fehlte). Hier teilte Prof. Kirchberg auch seine Honorarkosten mit.
Mehr zum Thema unter:
Berliner Wassertisch: 10 Gründe, warum der Berliner Wassertisch ein Spendenversprechen an die Piraten- Fraktion des AGH zurückzieht (23.01.2016)
Pressemitteilung Berliner Wassertisch: Die LINKE und die „Repräsentanzlücke“ der Zivilgesellschaft im Abgeordnetenhaus (23.1.2016)
Bund der Steuerzahler Berlin: Zahltag bei den Freibeutern. Piratenfraktion verklagt Wassertischler auf 25.000 Euro (März 2016)
Bund der Steuerzahler Berlin: Piratenfraktion verklagt Wassertischler auf 25.000 Euro
Zahltag bei den Freibeutern.
(März 2016) Die Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat vor dem Landgericht zwei führende Köpfe des (einen) Berliner Wassertischs verklagt. Die beiden Wasseraktivisten Sigrun Franzen und Wolfgang Rebel sollen 25.000 Euro zahlen. Sie hatten sich im April 2013 privat mit einer schriftlichen Erklärung verpflichtet, anteilige Kosten für eine Organklage bis zu dieser Höhe zu übernehmen. Ursprünglich als Garantie für eine Spendenkampagne des Wassertischs gedacht, könnte Franzen und Rebel ihr Idealismus jetzt auf die Füße fallen. Wurden die beiden von den parlamentarischen Freibeutern ausgetrickst?
Hintergrund ist eine Organklage der Piratenfraktion vor dem Berliner Verfassungsgericht aus dem Jahr 2013 wegen der vermuteten Verletzung des Budgetrechts im Zuge des Rückkaufs der RWE-Anteile an den Berliner Wasserbetrieben. Auch der Bund der Steuerzahler Berlin hatte die Aktion damals bei einer gemeinsamen Pressekonferenz unterstützt. An ersten Gesprächen zu einer Organklage durch Parlamentsfraktionen hatten damals auf Betreiben des Wassertischs neben der Piratenfraktion auch die Fraktionen der Linken und der Grünen teilgenommen.
Nachdem die Grünenfraktion abgesprungen war und bei der Piratenfraktion die Finanzierung angeblich ungeklärt gewesen sei, hatten sich Franzen und Rebel im April 2013 gegenüber der Berliner Piratenfraktion auf einem – laut Rebel – von dieser vorformulierten Schreiben verpflichtet, Prozesskosten in Höhe von bis zu 25.000 Euro zu übernehmen, sofern die Kosten nicht durch eine andere Fraktion oder sonst von dritter Seite getragen werden. Geplant war damals vom Wassertisch, Spenden unter den zahlreichen Unterstützern für die Organklage einzusammeln. Die beiden Wassertischler hätten sich trotz des Risikos, später zur Kasse gebeten zu werden, in einer Zwangslage befunden, um die Beauftragung der Organklage nicht zu gefährden, erklärte Rebel dem Bund der Steuerzahler. Dass sie die Erklärung im eigenen Namen abgegeben haben, begründeten sie damit, dass der Wassertisch selbst keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Eine eigene schriftliche Erklärung, bei der die Zahlungspflicht davon abhängig gewesen sei, ob die Fraktion sonst nicht Ihre Fraktionsarbeit hätte aufrechterhalten können, sei laut Rebel von den Piraten damals zurückgewiesen worden.
Heute wirft Rebel der Piratenfraktion vor, dass diese sofort nach Erhalt der Kostenübernahmegarantie mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gegangen sei, ohne sich vorher noch einmal mit der Linksfraktion abzustimmen, weshalb sich diese – so Rebel – ebenfalls von der Organklage und damit von einer Kostenbeteiligung zurückgezogen habe.
Rund zweieinhalb Jahre später flatterte Franzen und Rebel eine Zahlungsaufforderung der Piratenfraktion über 25.134,59 Euro ins Haus, unterzeichnet vom Fraktionsvorsitzenden der Piraten, Martin Delius. Mittlerweile hat die Piratenfraktion sogar Klage vor dem Landgericht eingereicht.
Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, findet die Vorgehensweise der Piratenfraktion bedenklich: „Die Fraktionen im Abgeordnetenhaus werden für ihre Arbeit sehr großzügig mit Steuergeldern ausgestattet, so dass diese ihre parlamentarischen Rechte grundsätzlich auch mit eigenen Mitteln durchsetzen können sollten. Jetzt lässt die Piratenfraktion zwei Bürger, die damals eine spendengetragene Aktion absichern wollten, nach mittlerweile fast drei Jahren voll gegen die Wand laufen. Eine Spendenaktion ist jetzt natürlich nicht mehr sinnvoll machbar.“
Artikel: Piratenfraktion verklagt Wassertischler auf 25.000 Euro (pdf)
Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch den Bund der Steuerzahler Berlin e.V.
Vgl. dazu: 10 Gründe, warum der Berliner Wassertisch ein Spendenversprechen an die Piraten-Fraktion des Abgeordnetenhaus zurückzieht
10 Gründe
10 Gründe, warum der Berliner Wassertisch ein Spendenversprechen an die Piraten- Fraktion des AGH zurückzieht
Update: August 2016
- Grundsätzliches zu dem Spendenversprechen
Die Piratenpartei hat vor der Wahl 2011 versprochen, den Berliner Wassertisch bei seinen Bemühungen um eine Rückabwicklung der Wasserprivatisierung zu unterstützen. Mit der Rückabwicklung sollten die 1,5 Milliarden Euro zurückerobert werden, die die jeweiligen Senatsparteien CDU, SPD und DIE LINKE den Wasserkonzernen RWE und Veolia per Gewinngarantie zugeschoben hatten.
„Die Piraten unterstützen das Anliegen des Berliner Wassertisches, die Rückabwicklung der Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe umzusetzen.“
(Wahlprogramm 2011)
Nach dem Volksentscheid stellte sich schnell heraus, dass eine Rückabwicklung nur durch die Organklage einer AGH-Fraktion zu erreichen war. Die Piraten-Basis stimmte in einer Liquid-Feedback-Abstimmung mit 100 % dafür, die Organklage des Wassertischs einzureichen.
Das Spendenversprechen des Wassertischs wurde gegeben, als sich die Fraktion laut Beschluss vom 9. April 2013 nicht darüber klar war, ob sie sich das Anwaltshonorar für die Klage leisten könnte. Doch das Geschäftsjahr 2013, in dem das Honorar überwiesen wurde, beendete die Fraktion mit einem Übertrag von 462.000 Euro in das nächste Jahr. Die finanziellen Mittel, die die Fraktion von den Steuerzahlern extra für solche Zwecke erhält, waren also ausreichend vorhanden.
Auch wenn die Klage letztlich nicht zur Rückabwicklung geführt hat, war sie ein politischer Erfolg. Nur kurz nach ihrer Einreichung machte der letzte verbliebene Wasserkonzern Veolia den Weg für die Rekommunalisierung frei. Von den mit der Rekommunalisierung begründeten Preissenkungen haben alle BerlinerInnen profitiert – insbesondere die ,sozial Schwachen‘, die durch überhöhte Wasserpreise überproportional belastet werden. Möglich wurde die Rekommunalisierung nur durch die Vorarbeit, die der Wassertisch geleistet hatte. Allein die Vorbereitung der Klage hat fast 7000 Euro gekostet.
Derzeit verklagt der Fraktionsvorsitzende der Piratenpartei, der LINKEN-nahe Ex-Pirat Martin Delius, zwei Mitglieder des Berliner Wassertischs auf Zahlung der Spende. Diese Klage weist der Berliner Wassertisch zurück. Wenn die Piratenpartei sich vor und nach der der Wahl dafür einsetzt, die Organklage zu unterstützen und ihre Fraktion über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, diese umzusetzen, kann sie nicht so tun, als wäre sie das Privatvergnügen zweier Berliner BürgerInnen. Damit schädigt sie die Glaubwürdigkeit der Piratenpartei und die der parlamentarischen Demokratie.
Außerdem:
- Der Wassertisch hat bereits genug gezahlt: Der Wassertisch hat bereits die gesamten Kosten in Höhe von über 7000 Euro für die Vorbereitung der Klage allein getragen.
- Kein Beschluss: Es gab keinen Beschluss, dass die PIRATENFRAKTION die Wassertisch-Spende annimmt. Das Schuldversprechen wurde ohne gesonderten Fraktionsbeschluss in den Haushalt eingestellt.
- Die Fraktion hat die Kosten nach oben getrieben: DIE LINKSFRAKTION wollte ihre Beteiligung am 16. April auf ihrer Fraktionssitzung beschließen. Mit einer voreiligen Pressemitteilung einen Tag zuvor verprellt Heiko Herberg die LINKSFRAKTION. Die PIRATENFRAKTION trägt damit die Verantwortung dafür, dass sich LINKSFRAKTION nicht an der Klage beteiligt hat und muss folglich zumindest deren Anteil übernehmen. Die PIRATENFRAKTION kann dafür nicht den Wassertisch in Regress nehmen, der dafür plädiert hat, auf die LINKSFRAKTION zu warten.
- Keine Öffentlichkeitsarbeit: Nach der ersten Pressemitteilung von Heiko Herberg erfolgte keine Pressearbeit der Fraktion zugunsten des Verfahrens.
- Die Nicht-Piraten der Fraktion haben den Wassertisch und das Verfahren diskreditiert. Bezeichnenderweise haben insbesondere die jetzt zur LINKEN gewechselten PIRATEN den Wassertisch aus der Fraktion heraus regelmäßig mit Pöbeltweets („Idioten“) etc. provoziert und diskreditiert – sowohl während der Wassertisch die Klage vorbereitet hat als auch während des Verfahrens. Beteiligt waren unter anderem Martin Delius, Simon Weiß, Heiko Herberg, Benedict Ugarte Chacón und Monika Belz. Martin Delius schrieb während des laufenden Verfahrens auf seinem Blog, dass die juristische Aufarbeitung „rückwärtsgewandt“ sei.
- Die Fraktion hat die gemeinsame Zielvereinbarung verlassen: Die PIRATENFRAKTION hat die Klage still und leise ,beerdigt‘. Man kann aber nicht vom Wassertisch Spenden für ein Projekt einklagen, das man einschlafen lässt, statt es offensiv zu vertreten.
- Der Fraktionsvorsitzende hat eine Forderung bereits für unwahrscheinlich erklärt: Da es keinen Fraktionsbeschluss zu der Spende gegeben hat, hat der Fraktionsvorsitzende Alexander Spies am 6. Mai 2014 dem Wassertisch völlig zu Recht mitgeteilt, dass er keine Forderung mehr zu erwarten habe. Der Wassertisch wiederum hatte keinen Grund, diese Auskunft anzuzweifeln.
- Die Schuld am Scheitern der Rückabwicklung tragen die Berliner Abgeordneten und ihre Berater, nicht der Wassertisch: Die Klage wurde am 14. Juni 2014 abgewiesen, weil die Klagefrist nach Ansicht des Verfassungsgerichts um knapp vier Monate verfehlt wurde. Dafür kann jedoch nicht der Wassertisch haftbar gemacht werden, der sich rechtzeitig für die Klage eingesetzt hat. Schuld sind die Abgeordneten, die den juristischen Leitfaden des AKJ beharrlich ignoriert und keine eigenen Gutachten dazu eingeholt haben.
- Jetzt lassen sich keine Spenden mehr einsammeln: Zudem gibt es noch einen praktischen Grund. Zweieinhalb Jahre nach der Klageeinreichung ist es für den Wassertisch aller Voraussicht nach auch nicht mehr möglich, Spendengelder einzusammeln. Diese Forderung hätte man an den Wassertisch richten müssen, als die Klage noch aktuell war. Die mit einer Spendensammlung verbundenen Probleme wurden am 23.04.2013 in der Fraktionssitzung nicht ohne Grund angesprochen.
„Niemand kann uns Geld spenden, wenn wir das nicht wollen“
(Heiko Herberg, Fraktionssitzung 23. April 2013)
Hintergrund
Wahlversprechen
Am 13. Februar 2011 endet der Wasser-Volksentscheid. 98,2 % der Berliner und Berlinerinnen stimmen für die Offenlegung der geheimen Privatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe. Die PIRATEN haben den Wasser-Volksentscheid als einzige der jetzt im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unterstützt; selbst die AGH-Fraktionen der LINKEN und GRÜNEN haben den Volksentscheid ignoriert. In ihrem Wahlprogramm versprechen die PIRATEN:
„Die Piraten unterstützen das Anliegen des Berliner Wassertisches, die Rückabwicklung der Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe umzusetzen.“
(Wahlprogramm 2011)
Klagebeschluss
Möglich erscheint die Rückabwicklung nur mit der Organklage einer AGH-Fraktion. Unmittelbar nach Offenlegung der Verträge stellt die Verbraucherzentrale Berlin zusammen mit dem Bund der Steuerzahler eine vom wassertischnahen Arbeitskreis unabhängiger Juristen (AKJ) erarbeiteten juristischen Leitfaden vor, mit der die Rückabwicklung erreicht werden könnte. Im Wasser-Sonderausschuss des AGH bestätigen Verfassungsjuristen wie Professor Jürgen Keßler (Vorsitzender der Verbraucherzentrale) oder der von der CDU eingeladene Professor Andreas Musil die Qualität und mögliche Durchführbarkeit des Klageweges.
Als der Wassertisch Anfang April 2013 eine geringfügig modifizierte Klageskizze des renommierten Verfassungsjuristen Prof. Dr. Christian Kirchberg vorstellt, erklärt sich LINKSFRAKTION bereit, die Klage zu unterstützen, wenn die Opposition gemeinsam vorgeht. Doch die Fraktion der GRÜNEN sagt ab.
Schließlich stimmt die PIRATENFRAKTION am 9. April 2013 mit zwölf von fünfzehn Stimmen dafür (Enthaltung von Martin Delius, Heiko Herberg, Simon Weiß), das Verfahren notfalls allein durchzuziehen. Allen Beteiligten ist klar, dass es keine 100%ige Erfolgsgarantie für die Klage geben kann, doch soll die vorhandene Klagemöglichkeit ausgeschöpft werden.
Schuldversprechen
Die PIRATENFRAKTION will jedoch noch wegen des Rechtsanwaltshonorars verhandeln, „da das derzeitige Angebot mit 30.000 € zzgl Mwst die finanziellen Möglichkeiten der Fraktion wohl übersteigen“ würde (Fraktionsbeschluss, 9. April 2013). Der Wassertisch sagt zu, notfalls Spenden zu sammeln, falls sich kein billigerer Anwalt finden lässt und sich die LINKSFRAKTION nicht beteiligen würde. Ungeachtet des finanziellen Prüfungsvorbehalts im Fraktionsbeschluss verlangt der parlamentarische Geschäftsführer Heiko Herberg am 15. April (Tag des Ablaufs der Frist zur Beauftragung des Rechtsanwalts) von den Wassertischmitgliedern Wolfgang Rebel und Sigrun Franzen (Piratenmitglied) ein persönliches Schuldversprechen über 25.000 Euro, „soweit die Kosten nicht durch eine andere Fraktion oder von dritter Seite getragen werden“.
Als Heiko Herberg die Fraktion in der Sitzung vom 23. April (Transkript) über die Verpflichtung informiert, spricht sich ein Abgeordneter dagegen aus, die Spende vom Wassertisch anzunehmen. Heiko Herberg sagt dazu:
„Also niemand kann uns Geld spenden, wenn wir das nicht wollen, man kann immer sagen: gut, zurück und tschüss.“
(Heiko Herberg, Fraktionssitzung 23. April 2013)
Das Thema Spendenannahme wird nicht weiter behandelt. Es soll zu einem späteren Zeitpunkt eine Beschlussvorlage für die Fraktionssitzung geben, ob man Spenden annehmen will. Dazu noch einmal Heiko Herberg:
„…es gibt halt vom Wassertisch auch noch keinen Aufruf et cetera und bis dahin würde es auch Absprache an der Stelle geben“
(Heiko Herberg, Fraktionssitzung 23. April 2013)
Ein Spendenbeschluss wird aber nie gefasst. Die Forderung über die 25.000 Euro ist durch keinen eigenen Fraktionsbeschluss gedeckt.
Das Anwaltshonorar wird im Juni 2013 von der Piratenfraktion bezahlt. Der Wassertisch wird nicht zur Spendensammlung aufgefordert. Die finanziellen Möglichkeiten der Fraktion werden nicht annähernd überschritten: Die Fraktion kann am Ende des Geschäftsjahres 462.000 Euro in das nächste Jahr übertragen.
DIE LINKE
Auf Druck der Parteibasis beschließt am 9. April 2013 auch LINKSFRAKTION, sich an der Organklage zu beteiligen, wenn alle drei Oppositionsfraktionen mitmachen würden. Die Fraktion der GRÜNEN teilt am 11. April ihre Absage mit. Danach braucht die LINKSFRAKTION einen neuen Beschluss, den Klaus Lederer für den 16. April in Aussicht stellt. Doch die Partei- und Fraktionsspitze der LINKEN, die die Privatisierungsverträge in ihrer Regierungszeit selbst mit fortgeschrieben hat, windet und sträubt sich, um die Klage zu vermeiden. Parteichef Klaus Lederer nutzt schließlich am 15. April eine vorschnelle Pressemitteilung von Heiko Herberg und twittert:
„Ausgeschert sind erst die Grünen, vorgeprescht dann die Piraten. Ich geb mir ja nun wirklich seit 1,5 Jahren Mühe. Jetzt macht meine Fraktion nicht mehr mit, der Zug ist abgefahren. Das sollen die jetzt mal schön machen.“
(Klaus Lederer, 16. Mai 2013)
Der Wassertisch hat Heiko Herberg zuvor über die Situation informiert und dazu geraten, die Fraktionssitzung der LINKEN abzuwarten. Er hat es abgelehnt.
Der Erfolg
Der erste Erfolg der Organklage stellt sich umgehend ein: Knapp einen Monat nach Einreichung der Klage wird bekannt, dass Veolia als der letzte verbliebene Wasserkonzern den Weg für die Rekommunalisierung der BWB freimachen will. Die BWB werden rekommunalisiert (wenn auch nur halbherzig). Seit Dezember 2013 sind die 1999 teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe wieder in kommunaler Hand.
Kurswechsel
Nach der ersten Pressemitteilung von Heiko Herberg am 15. April 2013 erfolgt keine Pressearbeit mehr zur Organklage. Martin Delius schreibt in einem Blogbeitrag Anfang 2014, dass die juristische Aufarbeitung der Privatisierung „rückwärtsgewandt“ sei. Ein Treffen am 22. Oktober 2013, bei dem zwischen Wassertisch und den Abgeordneten, die für die Klage zuständig sind, eine enge Zusammenarbeit vereinbart wird, wird schon zehn Tage später aufgekündigt. Bei der Fraktionssitzung sei die Befürchtung aufgekommen, dass der Wassertisch als Nebenkläger bei der Organklage angesehen werden könnte. Die Stellungnahme des Rechtsanwalts auf die Klageerwiderung des Senats, die der Wassertisch prüfen sollte, wird ihm nicht mehr zugeleitet. Der Kontakt zwischen Wassertisch und dem Rechtsanwalt, die zusammen die Klage vorbereitet hatten, wird verboten. Der Wassertisch wird ausgebootet.
Am 6. Mai 2014 steht in der Fraktion zur Diskussion, die Klage still und leise zu beerdigen. Sie möchte weder weitere Erwiderungen noch eine mündliche Verhandlung und überlässt so der Gegenseite das Feld. Die Fraktion weicht damit von der ursprünglichen Zielvereinbarung ab, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Rückabwicklung zu erreichen.
Angriffe auf den Wassertisch
Während der Wassertisch die Klage vorbereitet und während des Verfahrens wird er aus der Fraktion heraus regelmäßig mit Pöbeltweets („Idioten“) etc. provoziert und beleidigt. Beteiligt sind unter anderem Martin Delius, Simon Weiß, Heiko Herberg, Benedict Ugarte Chacón und Monika Belz. Entschuldigungen erfolgen nicht.
Forderungsverzicht
Am Rande der Fraktionssitzung vom 6. Mai 2014 erkundigt sich Wassertisch-Sprecher Wolfgang Rebel beim Fraktionsvorsitzenden Alexander Spies, ob unter diesen Umständen noch mit der Einforderung der 25.000 € zu rechnen sei. Der versichert ihm, dass dies nicht der Fall sei. Der Wassertisch müsse sich keine Sorgen machen. Zur Einforderung müsse es einen Fraktionsbeschluss geben.
Urteil
In seinem Urteil vom 20. Juni 2014 weist das Berliner Verfassungsgericht die Klage aus Fristgründen zurück. Das Gericht hat den Beginn der Klagefrist nicht mit dem Parlamentsbeschluss zum Rückkauf der RWE-Anteile vom Oktober 2012 beginnen lassen, sondern mit einer Kleinen Anfrage im Mai 2012 verknüpft. Es stellt jedoch fest, dass es die Klage rund vier Monate zuvor noch angenommen hätte. Diese Entscheidung hätte jedoch auch anders ausfallen können, wenn die 1,5 Milliarden-Euro-Klage nicht auf halbem Wege beerdigt, sondern mit der verabredeten Unterstützung durch den Wassertisch bis zur mündlichen Verhandlung geführt worden wäre. Um die Entscheidung, ob die Gewinngarantie verfassungsgemäß gewesen sei, konnten sich die Richter auf diese Weise bequem herumdrücken. Nach dem Urteil steht nun fest: Hätte sich eine Fraktion des Abgeordnetenhauses zügig nach Erscheinen der ersten Klageskizze zur Organklage entschlossen – wie dies der Wassertisch gefordert hatte, hätten die skandalösen Wasser-Privatisierungsverträge, einschließlich Konzern-Gewinngarantie, juristisch aufgearbeitet werden können.
Die Forderung
Nachdem der Wassertisch zweieinhalb Jahre diesbezüglich nichts von den Piraten gehört hat, erhält er am 6. Oktober von Martin Delius die Aufforderung, innerhalb eines Monats die 25.000 Euro zu überweisen. Nach 2 Verhandlungsterminen steht ein 3. Gerichtstermin noch aus. Datum noch offen.
Diese Erklärung des Wassertischs als PDF
Nachtrag: Bund der Steuerzahler Berlin: Piratenfraktion verklagt Wassertischler auf 25.000 Euro
Knöcheltief im Privatisierungssumpf
Junge Welt
05.07.2014
Knöcheltief im Privatisierungssumpf
Berliner Wasserbetriebe: Verfassungsgerichtshof weist Organklage gegen Gewinngarantie zurück
von Ben Mendelson
Erfolglos haben Piraten und Grüne versucht, auf juristischer Ebene gegen das konzernfreundliche Vertragswerk um die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) vorzugehen. Sie hatten gegen eine Gewinngarantie für Private und gegen die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals Klageverfahren angestrengt, nun wies der Verfassungsgerichtshof beide zurück.
Verfassungsgericht weist Organklage wegen Verfristung zurück – PRESSEMITTEILUNG VOM 03.07.2014
Der Verfassungsgerichtshof Berlin hat mit seinem Beschluss vom 20. Juni 2014 die Organklage der Piratenfraktion, die sich gegen die Gewinngarantie im § 23.7 des Wasser-Konsortialvertrages richtete, wegen des Ablaufs von Antragsfristen als unzulässig zurückgewiesen. Damit wurde die Chance vertan, die immer noch in Kraft befindlichen Privatisierungsverträge von 1999 einer höchstrichterlichen Überprüfung zuzuführen. (Berlin, 3. Juli 2014) … weiterlesen
OLG Düsseldorf bestätigt Preismissbrauch bei den Wasserbetrieben – PRESSEMITTEILUNG VOM 23.04.2014
Am 24. Februar 2014 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Zuständigkeit des Bundeskartellamts für die Überprüfung der Frischwasserpreise bekräftigt und den Preismissbrauch durch die Berliner Wasserbetriebe (BWB) bestätigt. (Berlin, 23. April 2014) Über fünf Mio. Euro haben die Berliner Wasserbetriebe bereits bis Oktober 2013 für juristische und kaufmännische Beratung sowie an Personalkosten für einen Rechtsstreit ausgegeben, … weiterlesen
OLG zur Gewinngarantie
Was das Oberlandesgericht Düsseldorf über die berüchtigte Gewinngarantie für die Konzerne RWE und Veolia sagt: „Das Land Berlin nimmt nämlich nicht nur die Rolle einer objektiven Tarifgenehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung öffentlichrechtlicher Kalkulationsgrundsätze ein angemessenes Entgelt festsetzt, und der Rechtsaufsicht wahr, sondern es hat aufgrund der durch den Konsortialvertrag vom 18.06.1999 geschaffenen besonderen gesellschaftsrechtlichen Struktur zwischen … weiterlesen
OLG Düsseldorf bezweifelt Rechtsstaatlichkeit der „Gewinngarantie“ – PRESSEMITTEILUNG VOM 17.04.2014
Am 24. Februar 2014 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Beschwerde der Berliner Wasserbetriebe gegen die Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 4. Juni 2012 zurückgewiesen. Die Wasserbetriebe hatten mit Unterstützung des Senats sowohl die Zuständigkeit des Bundeskartellamts als auch die Begründetheit der Kartellamtsverfügung gerichtlich angefochten. (Berlin, den 17. April 2014) In der kürzlich veröffentlichten Urteilsbegründung (Az. VI-2 … weiterlesen
Warum ist der Berliner-Wassertisch.info gegen jede Privatisierung von Wasser- und Abwasser?
Erklärung von Rainer Heinrich – Vertrauensperson des Wasser-Volksbegehrens – vom 20.02.2014 Warum ist der Berliner-Wassertisch.info gegen jede Privatisierung von Wasser und Abwasser? Als Vertrauensperson des Volksbegehrens „Unser Wasser“, das die Bürgerinitiative Berliner Wassertisch auf den Weg brachte, spreche ich mich nach wie vor gegen die Privatisierung von Wasser aus: Eines für die Menschen und für … weiterlesen
Überteuert und NEOliberal. Bürgernahe und kostengünstige Rekommunalisierung geht anders!! – PRESSEMITTEILUNG VOM 3.12.2013
(Berlin, den 3. Dez. 2013) Gestern wurde der Kaufvertrag über den „Rückkauf der Anteile von Veolia an der Berlinwasser Beteiligungs GmbH (RVB)“ vollzogen. In seiner Pressemitteilung behauptet der Senat, damit „den Wunsch des Volksentscheids umgesetzt“ zu haben. Der Berliner Wassertisch als Initiator des Volksentscheids weist diese Aussage scharf zurück. Dazu Rainer Heinrich (Vertrauensperson des Volksbegehrens): … weiterlesen
Rekommunalisierung bringt Preissenkung. Aber wer bezahlt für die niedrigeren Wasserpreise? – PRESSEMITTEILUNG VOM 20.11.2013
Koalitionsverhandlungen über den Doppelhaushalt 2014/15 haben nach Zeitungsberichten ergeben, dass die Frischwasserpreise schon 2014 dauerhaft um knapp 15 % gesenkt werden sollen. Diese Preissenkung kann aber angesichts der Finanzierungskosten für die Rekommunalisierung nur durch weiteren Druck auf die Berliner Wasserbetriebe (BWB) und ihre Beschäftigten erwirtschaftet werden. (Berlin, 20. November 2013) Unmittelbar nach dem Beschluss des … weiterlesen