Zeitleiste

Rathaus Heiligenhafen

Rathaus Heiligenhafen

(20. März 2014) Die Stadtwerke Heiligenhafen möchten ihr Stromversorgungsnetz rekommunalisieren. Die Eigentümerin und Betreiberin des Stromversorgungsnetzes – die Schleswig-Holstein Netz AG (eine E.ON-Tochter) – will es jedoch nicht hergeben. Die Stadtwerke klagten dagegen durch mehrere Instanzen. Zuletzt hat jedoch der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Stadt Heiligenhafen die Stromkonzession nicht ohne Ausschreibung an ihren Eigenbetrieb vergeben darf. Am 20.3.2014 hat die Stadtvertretung Heiligenhafen den Beschluss gefasst, Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Bis zum 7. April 2014 muss sie ihre Beschwerde einreichen. Der Berliner Wassertisch begrüßt diesen Schritt.

Zeitleiste Heiligenhafen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

 

Stadtwerke Heiligenhafen v. 25.4.2014:

„Die Stadtvertretung der Stadt Heiligenhafen hat in ihrer Sitzung am 20. März 2014 einstimmig die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 2013 beschlossen.
Die Stadt Heiligenhafen wird in diesem Verfahren von dem anerkannten Verfassungsrechtler und Vorsitzenden der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer e.V., Herrn Prof. Dr. Joachim Wieland von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, vertreten.
Die Stadt Heiligenhafen unterlag in dem Rechtsstreit gegenüber der Schleswig-Holstein Netz AG (Konzerntochter der E.ON Hanse AG) vor dem Bundesgerichtshof mit ihrer Klage auf Übertragung des Stromverteilnetzes in der Stadt Heiligenhafen. Vorausgegangen war ein fast vierjähriger Rechtsstreit nach einer über ein Jahr andauernden Verhandlung mit der bisherigen Stromnetzbetreiberin über die Modalitäten der Netzübertragung.
Die Verhandlungen scheiterten, weil die Kaufpreisvorstellungen für das Stromverteilnetz in der Stadt Heiligenhafen weit auseinander lagen und wichtige Netzdaten für die Bewertung des Stromverteilnetzes zurückgehalten wurden. Einwände gegen die erfolgte Konzessionierungsentscheidung der Stadt Heiligenhafen hat die E.ON Hanse weder im Konzessionsverfahren der Stadt noch in den Verhandlungen über die Netzübertragung geltend gemacht, sondern diese erst sehr spät im Prozess vor dem Landgericht Kiel erstmalig vorgetragen.
Die Gerichte der verschiedenen Vorinstanzen sind jedoch trotz der späten Rüge – teils mit unterschiedlicher Begründung – der Auffassung der Beklagten gefolgt, dass die Konzessionsvergabe fehlerhaft war und die Stadt schon keinen Anspruch auf Übertragung der Stromverteilungsanlagen besitzt. So hat der BGH in der letzten Instanz am 17.12.2013 entschieden, dass die Stadt Heiligenhafen das wettbewerbliche Transparenzgebot für Entscheidungen über die Konzessionsvergabe mangels vorher festgelegter schriftlicher Bewertungskriterien nicht hinreichend beachtet habe. Nach den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen könne sich die Stadt auch nicht auf das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) berufen, um den Netzbetrieb durch eigene Stadtwerke in Eigenregie durchzuführen. Vielmehr müssten die Gemeinden bei der Entscheidung über den zukünftigen Netzbetreiber die energiewirtschaftlichen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes (preisgünstige, sichere, effiziente, verbraucherfreundliche und umweltverträgliche sowie auf erneuerbaren Energien beruhende Energieversorgung) vorrangig und vollständig bei der Festlegung von Auswahlkriterien einfließen lassen.
Die Stadt Heiligenhafen sieht sich durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes und der damit verbundenen starken Einschränkung ihrer Entscheidungsspielräume bei der Wahl des zukünftigen Energienetzbetreibers in ihrem verfassungsrechtlich verbürgten Selbstverwaltungsrecht verletzt.
Die Kommunen haben nach dem Urteil des BGH keine Möglichkeit mehr, sich im Rahmen ihres grundgesetzlich verankerten Selbstverwaltungsrechtes für die Durchführung des Netzbetriebes in Eigenregie zu entscheiden.
Auf den Protest der Öffentlichkeit, der Verbände und der Versorgungsunternehmen hin wurde Ende des letzten Jahres auf europäischer Ebene die sogen. „In-House-Vergabe“ für Wasserversorgungskonzessionen in die europäische Konzessionsvergaberichtlinie aufgenommen.“

 

— „Zum Sachverhalt: Die Schleswig-Holstein Netz AG ist Eigentümerin und Betreiberin des Stromversorgungsnetzes in der Stadt Heiligenhafen. Sie hatte einen zwanzigjährigen Wegenutzungsvertrag mit der Stadt Heiligenhafen, der ihr gestattete Stromversorgungsanlagen auf und unter den öffentlichen Wegen im Stadtgebiet zu betreiben. Als der Vertrag nach zwanzig Jahren auslief, schrieb die Stadt Heiligenhafen die Vergabe der Wegerechte neu aus. Die Schleswig-Holstein Netz AG und ein weiteres Unternehmen gaben Vertragsangebote ab. Die Stadt Heiligenhafen teilte im Anschluss mit, keinen der Bewerber nehmen zu wollen, sie beabsichtige vielmehr, eigene Stadtwerke zu gründen und diese das Stromverteilungsnetz betreiben zu lassen. Unter Berufung auf die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und den alten Wegenutzungsvertrag verlangte die Stadt als neues Energieversorgungsunternehmen die Übertragung des Eigentums am örtlichen Stromversorgungsnetz gegen Erstattung des Ertragswerts. Die Stadt steht auf dem Standpunkt, dass sie völlig frei darüber habe entscheiden dürfen, welcher Partner fortan für die Energieversorgung zuständig sein solle.“ (http://www.schleswig-holstein.de/OLG/DE/Service/Presse/Pressemeldungen/201220stromversorger.html)

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.