Versprochene »Neuausrichtung« der BWB findet nicht statt – PRESSEMITTEILUNG VOM 08.05.2014

Versprochene »Neuausrichtung« der BWB findet nicht statt

Nach der gestrigen Aufsichtsratssitzung verspricht Senator Nußbaum niedrigere Wasserpreise und eine „strategische Neuausrichtung der BWB“, wie aus einer Pressemitteilung der Berliner Wasserbetriebe hervorgeht.

(Berlin, 8. Mai 2014) Der Berliner Wassertisch hält dies für eine Irreführung. „Die sogenannte Neuausrich­tung ist ein blanker Hohn“, sagt Wolfgang Rebel. „Die vom Kartellamt bemängelten Kalkulationsgrundlagen bleiben für den Wasser- und Abwasserbereich bestehen. Sie haben im Trinkwasserbereich zu einem Preis­missbrauch von mindestens 30 Prozent (OLG Düsseldorf) geführt. Im Abwasserbereich gelten die gleichen Grund­lagen. Das Festhalten an dem vom Bundeskartellamt monierten Kalkulationsschema steht zu der propagier­ten Preissenkungspolitik in völligem Widerspruch. Die angekündigten Preissenkungen reichen weder im Frisch- noch im Abwasserbereich aus. Die für den jahrelangen Preismissbrauch und weitere Missstände ver­antwortliche Unternehmensführung ist weiter im Amt. Das Leitbild der Gewinnorientierung gilt nach wie vor. Im Aufsichtsrat sitzt sogar noch ein Vertreter von Veolia. Statt die Politiker und Konzernvertreter zur Rechen­schaft zu ziehen, werden nun die BWB-Mitarbeiter ausgequetscht und dürfen den überteuerten Rückkauf über das neoliberale Rationalisierungsprogramm NEO bezahlen. Diese Schein-Rekommunalisierung von SPD und CDU ist ein einziger Skandal!“ [expand title=“weiterlesen …“ swaptitle=“ “ trigclass=“arrowright“ alt=“restlicher Text der Pressemitteilung“]
Verantwortlich für die jetzigen und die weiteren Preismissbräuche sind unter anderem die überteuerten An­teilsrückkäufe von den privaten Konzernen Veolia und RWE. Die Wertgutachten für die Rückkäufe hält der Senat trotz der vom Volksentscheid geforderten Transparenz unter Verschluss. Hier, wie in vielen anderen Punkten, wird zum Nachteil der Bürger die alte undemokratische Geheimhaltungspolitik fortgesetzt. Zudem wurden die Anteile nicht aus Haushaltsmitteln bezahlt, obwohl das Land 1999 die 3,3 Mrd. DM Privatisie­rungserlöse für die BWB erhalten hat. Stattdessen wurde ein Kredit von ca. 1,2 Mrd. € aufgenommen. Die­sen Kredit müssen die Wasserkunden über die nächsten Jahrzehnte zurückzahlen. Damit steht zwangsläufig weiter das Gewinn- statt das vom Berliner Wassertisch geforderte Kostendeckungsprinzip im Vordergrund. 
Infolgedessen müssen die jetzt hochgejubelten „langfristigen“ Preissenkungen durch spätere Preiserhöhun­gen wieder ausgeglichen werden, will man die BWB nicht durch weitere Rationalisierungen so ruinieren, dass sie ihrem Daseinsvorsorge-Auftrag nicht mehr gerecht werden können. Ein anderer Weg wäre ein kurz­fristiger Kapitalzufluss durch eine neue Privatisierung. Die Möglichkeit hierzu besteht, denn die häufig kriti­sierte gesellschaftsrechtliche Konstruktion – das sogenannte »Berliner Modell« – bleibt einschließlich des Teilpri­vatisierungsvertrages erhalten und kann jederzeit wieder zu einem neuen Privatisierungsabenteuer genutzt werden. Die vom Wassertisch geforderte Umwandlung der BWB in einen Eigenbetrieb wurde dagegen bis­lang nicht umgesetzt. Die Vertragsverlängerung für die von den früheren privaten Anteilseignern RWE und Veolia eingesetzten Vorstände deutet allerdings darauf hin, auf welche Option der Senat spekuliert. In der Zwischenzeit wird die Braut BWB mit großem Investitionseinsatz aufgehübscht. 
Die mögliche, voraussichtlich kostenneutrale Rückabwicklung wegen der verfassungswidrigen Gewinn­garantie hat der Senat nie in Betracht gezogen, obwohl das Urteil des Berliner Verfassungsgerichts zur Gewinngarantie für dieses Jahr angekündigt ist[1]. 
Rainer Heinrich, Vertrauensperson des Volksbegehrens und Sprecher des Berliner Wassertischs: „Der angestrebte Einkauf von Bürgerinitiativen durch Mitarbeit in irgendwelchen Alibi-Räten bringt die Art von ,Rekommunalisierung‘ nicht einer effektiven, bürgernahen und kostengünstigen Wasserver- und Abwasserentsorgung näher. Hier handelt es sich um reinen Populismus! Solange keine echte Neuaus­richtung der BWB stattfindet, wird der Berliner Wassertisch nicht für einen ‚Kunden- oder Bürgerbeirat‘ zur Verfügung stehen.“  [Vgl. dazu Rede Rainer Heinrich] 
[Hintergrund: Zeitleiste Kartellamt]

[1] „Auch im Jahr 2014 stehen mehrere umfangreiche Verfahren zur Entscheidung an. […] Weitere zur Entscheidung anstehende Verfahren sind […] das gegen § 16 V 3 des Berliner Betriebe-Gesetzes gerichtete abstrakte Normenkontrollverfahren VerfGH 165/12 sowie das die vertraglich garantierte Rendite der vormaligen privaten Anteilsinhaber der Berliner Wasserbetriebe betreffende Organstreitverfahren VerfGH 51/13.“ In: LKV 3/2014, S. 122f.
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Kontakt :
Wolfgang Rebel Telefon: 0152-57 23 34 84
webmaster@berliner-wassertisch.info
Rainer Heinrich Telefon: 030 / 915 092 41
Twitter: @BWassertisch
Facebook: http://facebook.com/BWassertisch 
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