Rückkaufvertrag: Nichts ändert sich! – PRESSEMITTEILUNG VOM 24.08.2012

(Berlin, 24. August 2012) Die misslungenen Privatisierungsverträge werden nach einem Rückkauf der RWE-Anteile an den Wasserbetrieben unverändert weiter gültig bleiben. Das mussten die Senatsparteien im Sonderausschuss Wasserverträge heute öffentlich zugeben. Außerdem werden auch im neuen Rückkaufvertrag entscheidende Vertragsbestandteile mit dem Verweis auf die wirtschaftlichen Interessen des Preisabzocker-Konzerns Veolia geheimgehalten.

Nachfragen der Opposition im Sonderausschuss „Wasserverträge“ haben ergeben: Mit einem Rückkauf ändert das Land Berlin nichts an den misslungenen Teilprivatisierungsverträgen. Es tritt lediglich als Rechtsnachfolger in eine bestehende Vertragskonstruktion ein. Aufschluss über die operativen Möglichkeiten des Senats könnte eine „Shareholders‘ Agreement“ genannte Vereinbarung geben, in die der Senat mit dem Kauf anstelle von RWE eintritt. Diese wird jedoch von den Anteilseignern zurückgehalten. Damit sind erneut wichtige Dokumente nicht zugänglich, ohne die eine abschließende Beurteilung der Verträge unmöglich ist. Dies geschieht mit dem Hinweis auf mögliche wirtschaftliche Nachteile von Veolia – eines Konzerns, der die Berliner seit Jahren mit missbräuchlich überhöhten Preisen abzockt. Dazu Wolfgang Rebel, Sprecher des Berliner Wassertischs: „Trotz des Wasser-Volksentscheids – bei dem sich 98,2 Prozent der abstimmenden Bürger für die Offenlegung der Privatisierungsverträge von 1999 und für die Offenlegung ,zukünftiger Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden‘ ausgesprochen haben – hat immer noch kein Umdenken im Senat stattgefunden. Die Koalition verschläft, dass intransparente Kungeleien der Marke Wowereit & Co in Zeiten von Volksgesetz und BWBER-Ausschüssen nicht mehr zeitgemäß sind.“

Davon abgesehen, dass das Land ohne betriebliche Führung weder die Preise senken noch sonstigen Raubbau an den Berliner Wasserbetrieben (BWB) verhindern kann – wie dem Verkauf von Grundstücken wie z. B. den Spandauer Rieselfeldern –, wurde deutlich, dass hierzu auch keine Absicht besteht. Die Koalition beabsichtigt nicht einmal, dem Umfang der Trinkwasser-Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts nachzukommen. Auch der aus der Verfügung des Bundeskartellamts sich ergebende geringere Unter-nehmenswert der BWB wird vom Senat ignoriert. Gipfel der Heuchelei ist die Äußerung des SPD-Abgeordneten Karsten, der ausgerechnet im Sonderausschuss zur Überprüfung der Wasserverträge „lieber nicht in der Vergangenheit rumwühlen“ (!) möchte. Die Frage, ob eine mittlerweile auch in Koalitionskreisen immer häufiger diskutierte Rückabwicklung der Verträge oder ein Rückkauf zu einer Rekommunalisierung führen soll, möchte er allein nach „wirtschaftlichen Erwägungen“ beurteilt sehen. Dazu Rainer Heinrich, Vertrauensperson des Volksentscheids und Wirtschaftsexperte des Wassertischs: „SPD und CDU haben bei der Teilprivatisierung von 1999 das Recht gebeugt. Ergebnis des bei dieser Transaktion versammelten ,wirtschaftlichen Sachverstands‘ von SPD, CDU und Konzernen ist, dass die Wasserkonzerne innerhalb eines Jahrzehnts durch erheblichen Preismissbrauch einen Milliardenbetrag von den Bürgern abgezockt haben.“ Der Berliner Wassertisch fordert eine Politik, die das Recht beachtet und ihren wirtschaftlichen Sachverstand zugunsten der Bürger einsetzt. Dazu noch einmal Rainer Heinrich: „Es darf keine Widersprüche zwischen Recht und ,wirtschaftlichem Sachverstand‘ geben. Die Argumentation der Koalition im Wasserausschuss ist eine Unverschämtheit. Wir bestehen auf einer gerichtlichen Überprüfung und Rückabwicklung der Verträge.“

Die heutige Anhörung des Juristen Andreas Musil bestätigt die bisherige Rechtsmeinung des Wassertischs, dass gegen die Verträge geklagt werden muss. Obwohl der erfolgreiche Ausgang einer Klage der Abgeordneten gegen die Verfassungsrecht-„Umgehungskonstruktion“ nicht zu garantieren sei, wies der Professor für öffentliches Recht der Universität Potsdam darauf hin, dass die juristische Sachlage dringend „gerichtlich markiert“ werden müsse, da keine aktuelle Rechtsprechung vorliege. Ein Risiko für Kläger aus dem Abgeordnetenhaus bestehe hierbei nicht.

Kontakt :
Wolfgang Rebel Telefon: 0152-57 23 34 84
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Rainer Heinrich Telefon: 030 / 343 332
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