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Siegfried Broß: „Krankenfürsorge: Gleiches Recht für Alle?“ – Verfassungsrechtliche Sicht

Dr. Siegfried Broß*: „Krankenfürsorge: Gleiches Recht für Alle?“ – Verfassungsrechtliche Sicht. Vortrag auf dem 12. Straubinger Ethiktag: „Zwei-Klassen-Medizin“. Fakt oder Fiktion?, 12. November 2018.

I. Einführung
Aus verfassungsrechtlicher Sicht nähert man sich der Fragestellung zur besseren Verständlichkeit unter übergeordneten Gesichtspunkten, die keinen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Bezug haben.

Straubinger Tagblatt vom 15.11.18

1. So ist ein ,Kulturwandel‘ im Gesundheitswesen nicht zu verkennen. Die Vertiefung der Europäischen Integration hat einen Privatisierungsdruck für die Mitgliedstaaten in den Bereichen der öffentlichen Infrastruktur erzeugt.[1] Es muss nachdenklich stimmen, dass der schrankenlose, geradezu ungezügelte Wettbewerb zunächst zu einem zentralen ,Staatsziel‘ der Integration erhöht wurde. Ohne dass dies thematisiert oder in irgendeiner Weise deutlich wahrnehmbar gekennzeichnet worden wäre, wurde auf diese schleichende Weise eine neue Werteordnung geschaffen. Es ist nicht zu übersehen, dass die Menschen hierdurch als Mensch und selbst bestimmtes Individuum in einem nicht geringen Maße ausgeblendet werden.

Von den maßgeblichen Akteuren wurde unterdrückt, dass die öffentliche Infrastruktur im Bereich der Daseinsvorsorge eine unmittelbare Ausprägung des Sozialstaatsprinzips ist.[2] In der Bundesrepublik Deutschland wird die Stellung der Menschen in diesem Zusammenhang jedenfalls kraft Verfassungsrechts verstärkt. Das Sozialstaatsprinzip verbindet sich hier gemäß Art. 1 des Grundgesetzes mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde. Sie wirksam zu achten und zu schützen, ist eine originäre Staatsaufgabe.

Diese Akzessorietät zwischen Sozialstaatsprinzip und Unantastbarkeit der Menschenwürde schließt von vornherein die Privatisierung solcher staatlicher Infrastrukturbereiche aus, die für ein menschenwürdiges Dasein unabdingbar sind und die von den einzelnen Menschen nicht selbst geschaffen und sichergestellt werden können. Dazu gehören z. B. die Krankenfürsorge, aber auch die Leistungen von Bahn und Post, Energie, Straßen und Bildung. Wettbewerb als ein wesentliches Strukturmerkmal der privaten Wirtschaftstätigkeit ist definitionsgemäß rücksichtslos und nimmt keinerlei Bedacht auf das einzelne Individuum und die Allgemeinheit, wie die Vernachlässigung von Umweltschutz, Standards in der Arbeitswelt, aber auch kriminelle Absprachen und Vorgehensweisen wie etwa in Kartellverbindungen wie auch Vermeidungs- und Umgehungsstrategien in der Industrieproduktion belegen.

Aus diesem Grunde ist die Privatisierung der genannten staatlichen Infrastrukturbereiche kraft Verfassung ausgeschlossen, weil die Schranken von Art. 1 Abs. 1 (Schutz der Menschenwürde) und Art. 20 Abs. 1 (Sozialstaatsprinzip) des Grundgesetzes nicht überwunden werden können. Hierfür hat das Grundgesetz eine Sperre errichtet, die selbst mit einer verfassungsändernden Mehrheit nicht beseitigt werden kann.[3] Gleichwohl ist auch mir nicht fremd und meiner Beobachtung nicht entgangen, dass hiergegen häufig verstoßen wird. Das hat mich zu einem kritischen Beitrag mit dem Titel „Wenn rechtsstaatlich-demokratische Ordnungsrahmen stören oder hinderlich sind – Überlegungen zur Entstehung von Parallelwelten –“ bewogen.[4]

2. Weitere Gesichtspunkte treten im Rahmen dieses Entwicklungsprozesses hinzu. Zunächst muss man feststellen, dass eine Funktionselite herangewachsen ist, die von allem nur den Preis und den eigenen Vorteil und von nichts den Wert kennt oder versteht. Insoweit mögen der Hinweis auf die Banken-, Finanzmarktkrise und weltweit wirksame Manipulationen und Verstöße gegen elementare Menschenrechte durch Wirtschaftsunternehmen wie auch die bedrückenden Erfahrungen im eigenen Land durch rücksichts- und verantwortungsloses Handeln von ,Wirtschaftseliten‘ genügen.

Es kann schlechterdings nicht vertreten werden, dass die Krankenfürsorge vor dem aufgezeigten Hintergrund den nicht beherrschbaren Regeln von Markt und Wettbewerb ausgeliefert und z. B. das Krankenhaus wie ein kommerzieller Wirtschaftsbetrieb geführt werden dürfte oder nach den Verlautbarungen von Unternehmensberatungen und anderen nicht dem Gemeinwohl verpflichteten Akteuren müsste.[5] Zudem ist es denkgesetzwidrig, staatliche Monopole durch private Monopole, Oligopole oder äquivalente Strukturen wie Kartelle zu ersetzen.

Es hätte schon seit vielen Jahren im Gefolge der unreflektierten Überbetonung des sharehoulder value – ausgehend vom Banken- und Automobilsektor – auffallen müssen, dass ein die Stabilität der Gesellschaft und die rechtsstaatliche Demokratie gefährdender ,Kulturwandel‘ initiiert wurde: Der Dienst am Menschen wurde immer geringer eingeschätzt und dem gemäß indiskutabel niedrig entlohnt, während die Entgelte vor allem in der Finanz- und dann in der Automobilbranche unvertretbar anschwollen, zu einem nicht geringen Teil unter Gefährdung des Gemeinwohls und der Stabilität des gesamten Staatswesens. Kausal hierfür ist auch die seit vielen Jahren um sich greifende Schaffung von ,Näheverhältnissen‘ zu Wirtschaftskreisen durch die Politik.

3. Die Privatisierung und Kommerzialisierung des Betriebs eines Krankenhauses hat noch weitere – regelmäßig ausgeblendete – Facetten, die rechts- und sozialstaatlich nicht hingenommen werden dürfen. Die Güte der medizinischen Versorgung der Menschen und die verantwortliche ärztliche Tätigkeit würden direkt von Analysten und Ratingagenturen definiert und gelenkt. Sie können den Unternehmenswert des so dem freien Spiel der Marktkräfte ausgelieferten Krankenhauses bestimmen, etwa über Kreditbedingungen, Gewinnerwartungen – besser als Gewinnforderungen gekennzeichnet.[6] Es wird ferner ein Gefährdungspotenzial zulasten der Patienten und der sich ihrer Verantwortung für die ärztliche Tätigkeit noch bewussten Mitglieder dieses Berufsstandes geschaffen.

Die Überantwortung der Definitionshoheit an Entscheidungsträger außerhalb des ethisch gebundenen Berufsstandes ist nicht hinnehmbar und widerspricht allen hergebrachten Grundsätzen des Rechts- und Sozialstaats. Zudem verführen kommerzielle Strukturen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung zu Regelverstößen, Umgehungs- und Vermeidungsstrategien.

4. Die Führung eines Krankenhauses als kommerzieller Betrieb, der definitionsgemäß und systemwidrig die Gemeinwohlverpflichtung verletzt und der Gewinnerzielung die größte Aufmerksamkeit schenkt, hat noch eine weitere für Staat und Gesellschaft gefährliche Auswirkung. Diese ist ebenfalls geeignet, unmittelbar die Volksgesundheit als solche zu bedrohen.

Die Finanzmarktkrise hat das Problem der so genannten systemrelevanten Banken ins allgemeine Bewusstsein gerückt. Diese müssten ,am Leben erhalten werden‘, weil andernfalls der Bestand eines Staatswesens bedroht sei. Wenn durch die Kommerzialisierung von Krankenhauswesen und Krankenfürsorge außerhalb durch die Schaffung von personeller Knappheit durch die Privatisierung des Krankenhauswesens und die Förderung medizinischer Versorgungszentren systemrelevante Verbünde entstehen, kann es beim Zusammenbruch eines Verbundes regional zu lebensbedrohlichen Versorgungslücken im medizinischen Bereich kommen.

II. Einzelheiten
1. Da die Frage der Kommerzialisierung des Krankenhauswesens die Grundlagen der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland und das Sozialstaatsprinzip betrifft, ist zunächst von einer insoweit einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen. Grundlegende Bedeutung hat das Urteil zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen.[7] In dem Mitbestimmungsurteil hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich zur Wirtschaftsordnung ausgeführt, dass die Freiheit des Gesetzgebers zur Gestaltung der Wirtschaftsordnung nicht zu einer Verkürzung der in den Einzelgrundrechten verbürgten Freiheiten führen darf, ohne die nach der Konzeption des Grundgesetzes ein Leben in menschlicher Würde nicht möglich ist. Die Aufgabe für den Gesetzgeber besteht sonach darin, die grundsätzliche Freiheit zu wirtschafts- und sozialpolitischer Gestaltung mit dem Freiheitsschutz zu vereinen, auf den der einzelne Bürger gerade auch dem Gesetzgeber gegenüber einen verfassungsrechtlichen Anspruch hat.

Demgemäß hatte das Bundesverfassungsgericht schon zu Beginn seiner Rechtsprechung die Bedeutung des Sozialstaatsprinzips für die Gesellschaft und deren Stabilität und damit für die rechtsstaatliche Demokratie insgesamt verdeutlicht. Hierzu hat es erläutert, dass der Gesetzgeber zur Verwirklichung des Sozialstaates zu sozialer Aktivität, vor allem dazu verpflichtet ist, sich um einen erträglichen Ausgleich der widerstreitenden Interessen und um die Herstellung erträglicher Lebensbedingungen für alle zu bemühen.[8]

Des Weiteren bedürfen zwei Passagen aus dem seinerzeitigen KPD-Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts hier der Erwähnung:

„Die Tendenz der Ordnung und die in ihr angelegte Möglichkeit der freien Auseinandersetzung zwischen allen realen und geistigen Kräften wirkt aber in Richtung auf Ausgleich und Schonung der Interessen aller. Das Gemeinwohl wird eben nicht von vornherein gleichgesetzt mit den Interessen und Wünschen einer bestimmten Klasse; annähernd gleichmäßige Förderung des Wohles aller Bürger und annähernd gleichmäßige Verteilung der Lasten wird grundsätzlich erstrebt. Es besteht das Ideal der sozialen Demokratie in den Formen des Rechtsstaates.“[9]

An anderer Stelle führt das Bundesverfassungsgericht aus:

„Darüber hinaus entnimmt die freiheitliche demokratische Grundordnung dem Gedanken der Würde und Freiheit des Menschen die Aufgabe, auch im Verhältnis der Bürger untereinander für Gerechtigkeit und Menschlichkeit zu sorgen […]. Vorzüglich darum ist das Sozialstaatsprinzip zum Verfassungsgrundsatz erhoben worden; es soll schädliche Auswirkungen schrankenloser Freiheit verhindern und die Gleichheit fortschreitend bis zu dem vernünftigerweise zu fordernden Maße verwirklichen.“[10]

2. Allerdings möchte ich nicht verschweigen, dass trotz der Gültigkeit dieser Rechtsprechung sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser Problematik Sozialstaatsprinzip und Gleichheit der Menschen neuerdings etwas schwer tut. Dies zeigt das Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 über eine Verfassungsbeschwerde[11]. Diese betraf die Anordnung und Durchführung einer besonderen Sicherungsmaßnahme durch Bedienstete einer mit der Durchführung des Maßregelvollzugs beliehenen privatrechtlich organisierten Kapitalgesellschaft. In diesem Zusammenhang erwähnt der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass die Wahrnehmung von (öffentlichen) Aufgaben durch Berufsbeamte Kosten verursachen könne, die in anderen Organisationsformen – vor allem etwa im Privatisierungsfallwegen dann sich bietender Aufgabenerledigung zu Niedriglöhnen – vermeidbar wären. Das ist der Problematik nicht angemessen und steht im Widerspruch zu den zuvor wiedergegebenen Passagen des KPD-Verbotsurteils, ganz abgesehen davon, dass man hieraus die Billigung eines Regelverstoßes und eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips durch das Bundesverfassungsgericht herleiten könnte.

3. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1990[12] streifte im Zusammenhang mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes von 1972 das Problem von Krankenfürsorge und gleichem Zugang der Menschen. Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits war die Ablehnung der Aufnahme einer Privatklinik in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern. Schon seinerzeit unterlief dem Bundesverfassungsgericht eine gedankliche Nachlässigkeit, wie die folgende Passage ausweist:

„Es liegt auf der Hand, dass die staatliche Förderung und wirtschaftliche Planung des Krankenhauswesens erheblich erleichtert wird, wenn unnötige und leistungsschwache Krankenhäuser möglichst früh aus dem Wettbewerb ausscheiden. Während dies normalerweise durch die Marktgesetze bewirkt wird, bedarf es staatlicher Lenkungsmaßnahmen, wenn die Preise durch staatliche Fördermittel beeinflusst sind. Der Sinn dieser Förderung würde verfehlt, käme sie auch allen unnötigen und leistungsschwachen Anbietern zugute. Darüber hinaus müsste das (staatlich geförderte) Überangebot an Betten zu einer Steigerung der laufenden Betriebskosten führen. Selbst bedarfsgerechte und leistungsstarke Kliniken wären davon betroffen, weil sie weniger in Anspruch genommen würden und deshalb nicht voll ausgelastet wären.“[13]

Das Bundesverfassungsgericht hat hier zunächst eine Prüfung des angefochtenen Ablehnungsbescheides anhand der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes vorgenommen.[14] Es hat allerdings nicht erkannt, dass das verfassungsrechtliche Terrain vom Sozialstaatsprinzip her aufzubereiten war, weil es im Kern nicht um die Berufsfreiheit von Betreibern privater Kliniken ging. Vielmehr stand die Wahrnehmung einer zentralen Staatsaufgabe, der Versorgung der Bevölkerung im Krankheitsfall, inmitten. Unter diesem Gesichtspunkt war der Hinweis auf Wettbewerb und Markt verfehlt, weil diese einer anderen Kategorie angehören, der Marktwirtschaft für Warenverkehr und nicht der Daseinsvorsorge.

Zudem ging es jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt um die Konturierung des ebenfalls verfassungsrechtlich abgesicherten Subsidiaritätsprinzips, d. h., dass sich private (dazu zählen auch gemeinnützige) Anbieter im Krankenhausbereich betätigen dürfen. Beim Subsidiaritätsprinzip steht allerdings der Gedanke im Vordergrund, dass bei einer bestehenden – hier verfassungsrechtlich geforderten – Staatsaufgabe für die Tätigkeit von Privaten lediglich ein Lückenschluss in Betracht kommt – bei staatlicher Förderung – oder aber ihr Tätigwerden allein in ihren Risikobereich fällt. All das hat mit Markt und Wettbewerb nichts zu tun, weil die Ausprägung des Sozialstaatsprinzips in diesem Bereich der Krankenfürsorge solches verbietet.

Diese Entscheidung aus dem Jahr 1990 lässt den schon eingesetzten ,Kulturwandel‘ weg von der Krankenfürsorge für die Menschen hin zum Ökonomieprinzip des allgemeinen Geschäfts- und Wirtschaftsverkehrs deutlich erkennen.

4. Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu. Die Versorgung der Menschen im Krankheitsfall als herausragende Staatsaufgabe ist über das Sozialstaatsprinzip und auch das Demokratieprinzip – was generell übersehen wird – ferner geprägt vom Gedanken der Solidargemeinschaft. Das Gegenbeispiel wäre etwa die heftige politische Auseinandersetzung in den Vereinigten Staaten von Amerika über Obamacare. Diesen Gedanken hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der gesetzlichen Krankenversicherung aufgegriffen, die im Regelfall hinter der Versorgung der Menschen im Krankheitsfall steht und deshalb mit dieser nach einheitlichen Maßstäben zu bewerten ist.

In BVerfGE 102,68 <89> ist für die Krankenversorgung der Rentner insoweit ausgeführt:

„Ein Anhaltspunkt für die Sachgerechtigkeit einer solchen Grenzziehung mit der Folge unterschiedlicher Beitragslast ist die Beachtung der Prinzipien, die den Gesetzgeber bei der Einrichtung der Pflichtversicherung insgesamt leiten. Hier stellt er einerseits auf die Schutzbedürftigkeit des Einzelnen ab und berücksichtigt andererseits, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt. Die Pflichtversicherung erfasst nach der gesetzlichen Typisierung jedenfalls die Personengruppen, die wegen ihrer niedrigen Einkünfte eines Schutzes für den Fall der Krankheit bedürfen, der durch Zwang zur Eigenversorgung erreicht werden soll.“

Auch das hat nichts mit Markt und Wettbewerb zu tun. Das wird noch an zwei anderen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts deutlich, einmal zum Pflegeversicherungsgesetz[15] und an der Entscheidung über die Zulassung von Ärzten nach dem 55. Lebensjahr zur vertragsärztlichen Versorgung andererseits.[16]

„Die Fürsorge für Menschen, die vor allem im Alter zu den gewöhnlichen Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens aufgrund von Krankheit und Behinderungen nicht in der Lage sind, gehört im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu den sozialen Aufgaben der staatlichen Gemeinschaft (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG). Dem Staat ist die Wahrung der Würde des Menschen in einer solchen Situation der Hilfsbedürftigkeit besonders anvertraut (Art. 1 Abs. 1 GG). Soweit der durch die Pflegebedürftigkeit hervorgerufene Hilfsbedarf finanzielle Aufwendungen notwendig macht, ist es ein legitimes Konzept des zur sozialpolitischen Gestaltung berufenen Gesetzgebers, die dafür notwendigen Mittel auf der Grundlage einer Pflichtversicherung sicherzustellen, die im Grundsatz alle Bürger als Volksversicherung erfasst.“ (a.a.O., S. 221)

In BVerfGE 103, S. 185 f. wird dargelegt:

„Das System der gesetzlichen Krankenversicherung ist so ausgestaltet, dass es in weiten Bereichen nicht durch Marktkräfte gesteuert wird. Die Preise für Güter und Leistungen sind nicht Gegenstand freien Aushandelns im Rahmen eines Wettbewerbs.“

Sonach ist festzuhalten, dass Markt und Wettbewerb in diesem sozialen Bereich systemfremd und deshalb verfehlt sind, weil sie dem Sozialstaats-, Rechtsstaats- und Demokratieprinzip nicht gerecht werden.

Allerdings sind immer wieder Unebenheiten zu beobachten. So wird in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wegen Behandlung eines Schwerstkranken wiederum zu Recht die solidarische Versorgung im Krankheitsfall als Ausprägung des Sozialstaatsprinzips betont und bestätigt[17] und ferner, dass der Schutz des Einzelnen in Fällen von Krankheit in der sozialstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes eine Grundaufgabe des Staates ist. Ihr sei der Gesetzgeber nachgekommen, indem er durch Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung als öffentlich-rechtlicher Pflichtversicherung für den Krankenschutz eines Großteils der Bevölkerung Sorge getragen und die Art und Weise der Durchführung dieses Schutzes geregelt habe. In Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips richte er die Beiträge an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Versicherten und nicht am individuellen Risiko aus.[18]

5. Schon aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ergibt sich die Pflicht des Gesetzgebers, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen. Dies gilt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in besonderem Maße, wenn und soweit es um die Sicherung der Menschenwürde und der menschlichen Existenz geht.[19] Als Grundrecht ist die Norm nicht nur Abwehrrecht gegen Eingriffe des Staates. Der Staat muss vielmehr die Menschenwürde auch positiv schützen. Wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Erfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür dem Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen.

Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein Leistungsanspruch des Grundrechtsträgers, weil das Grundrecht die Würde jedes individuellen Menschen schützt.[20] Der unmittelbare verfassungsrechtliche Leistungsanspruch gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen als auch Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit umfasst.[21]

III. Abschließende Bewertung
1. Das Sozialstaatsprinzip nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist wie Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ein Wert an sich. Das bedeutet, dass das Sozialstaatsprinzip nicht in Euro und Cent gemessen werden darf und sich deshalb ein solches Ansinnen wegen der Verbindung mit der unantastbaren Würde des Menschen gemäß Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes verbietet. Das gilt zwangsläufig und folgerichtig auch für die substantiellen Ausprägungen von Sozialstaat und Menschenwürde. Die Gesundheit der Menschen und in ihrer Gesamtheit die Volksgesundheit, ihre Bewahrung und Behandlung im Krankheitsfall ist deshalb ein zentrales Strukturelement der Staatsform der Bundesrepublik Deutschland nach dem Grundgesetz.

2. Es erschließt sich ohne großen gedanklichen Aufwand, dass die Gesundheit vor diesem Hintergrund kein ,marktfähiges Gut‘ ist, das Gegenstand des allgemeinen Wirtschaftsverkehrs sein könnte. Damit würde die unantastbare Würde des Menschen verletzt sowie die fundamentalen Normen des Grundgesetzes unterlaufen und in ihrem Sinn als Leitlinie für alles staatliche Handeln in ihr Gegenteil verkehrt.

Die Krankenfürsorge allgemein wie auch der Betrieb eines Krankenhauses und der medizinischen Versorgungszentren wie auch die bewährte Tätigkeit in der ärztlichen Einzelpraxis dürfen deshalb nicht kommerziell ausgestaltet werden. Eine solche Organisationsstruktur gehört einer Kategorie an, die außerhalb der Verfassung und in ihrem ,ethischen‘ Gehalt mehrere Ebenen unterhalb der Staatsstrukturbestimmung ,Sozialstaat‘ in Verbindung mit der Menschenwürde angesiedelt ist. Daraus folgt abschließend, dass in Anbetracht der aufgezeigten Verbindung von Sozialstaatsprinzip und Menschenwürde in der Krankenfürsorge allen Menschen die gleiche Zuwendung zuteil werden muss. Die Würde jedes einzelnen Menschen ist der der Mitmenschen gleichrangig und gleichwertig.

* Dr. h.c. Universitas Islam Indonesia – UII – Yogyakarta Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D. Richter am Bundesgerichtshof a. D. Honorarprofessor an der Universität Freiburg im Breisgau Ehrenvorsitzender der Deutschen Sektion der Internationalen Juristenkommission e.V. und der Juristischen Studiengesellschaft Karlsruhe Ehrenmitglied des Internationalen Beratungskomitees und Ehrenvorsitzender des Think Tank Africast von CAFRAD 12.Straubinger Ethiktag am 13. November 2018

Endnoten
[1] Einzelheiten hierzu bei Broß, Privatisierung staatlicher Infrastrukturbereiche in der „sozialen Demokratie“, Schriften der Hans-Böckler-Stiftung Bd. 84, 2015; ders., Der Umbau mehr oder weniger existenzieller Infrastrukturen, insbesondere der sozialen Sicherung, als Demokratieproblem, in: Hochhuth (Hrsg.), Rückzug des Staates und Freiheit des Einzelnen, Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte, Bd. 69, Berlin 2012, S. 9 ff.
[2] Einzelheiten hierzu bei Broß, Wasser, Gas, Strom… Warum Privatisierung kein Allheilmittel ist oder sogar die Demokratie gefährden kann, Vortrag am 30. Januar 2013 in Berlin, Schriftenreihe zur Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe. Hrsg. vom Berliner Wassertisch, Heft 2, 2013. (pdf)
[3] Vgl. Art. 79 Abs. 3.
[4] Festschrift für Wolfgang Krüger, 2017,S. 533 ff.
[5] Grundlegend hierzu mit zahlreichen Beispielen und Nachweisen Rolf Stürner, Markt und Wettbewerb über alles? Gesellschaft und Recht im Focus neoliberaler Marktideologie, München 2007.
[6] In diesem Zusammenhang ist die Formulierung eines Gewinnziels von 25 % für die Deutsche Bank AG seinerzeit durch Josef Ackermann in Erinnerung zu rufen.
[7] Vgl. BVerfGE 50, 290 <336–338>.
[8] Vgl. BVerfGE 1, 97 <105>.
[9] BVerfGE 5, 85 <198>.
[10] BVerfGE 5, 85 < 205/206.
[11] Vgl. BVerfGE 130, 76.
[12] Vgl. BVerfGE 82, 198.
[13] BVerfGE 82, 230.
[14] a.a.O., S. 228 f. [15] BVerfGE 103, 197.
[16] BVerfGE 103, 172. [17] Vgl. BVerfGE 115, 25 <42>.
[18] Vgl. BVerfGE 115, S. 43; es kommt also immer auf den Einzelfall an, siehe etwa BVerfGE 140, 229.
[19] Vgl. BVerfGE 125, 175 <223>.
[20] Vgl. BVerfGE 125, 175 <222 f.>; ebenso etwa BVerfGE 132, 134 <159>; 137, 34 <72>.
[21] Vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; vgl. auch BVerfGE 123, 186 <242/243>; 113, 167 <215>.

+++ Veranstaltungshinweis +++

11. Februar 2019, 19:30, Urania Berlin: Siegfried Broß: TTIP, CETA, JEFTA. Wie die neuen Freihandelsabkommen Rechtsstaat und Demokratie sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen verändern. Vortragsveranstaltung der Urania Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit dem Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! Mehr hier

Jetzt kommt es darauf an: JEFTA im Europäischen Parlament stoppen! Wir besuchen Berliner Europaabgeordnete

Noch in diesem Jahr wollen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments abschließend über das Freihandelsabkommen EU-Japan (JEFTA) abstimmen.

Dabei kommt den Mitgliedern der deutschen Delegationen in den großen Fraktionen im Europäischen Parlament eine wichtige Rolle bei der Meinungsfindung zu. Die Berliner Europaabgeordnete der SPD, Sylvia-Yvonne Kaufmann und der CDU, Joachim Zeller, haben die Möglichkeit, mit ihrem Nein zu JEFTA dieses Freihandelsabkommen zu stoppen.

 

Wir werden am Mittwoch, 07.11.2018, Kundgebungen vor den Europabüros von Frau Kaufmann (SPD) und Herrn Zeller (CDU) abhalten, um sie zu bitten, mit Nein zu stimmen.

Wir treffen uns

Mittwoch, 07. November 2018

Kundgebung vor dem Europabüro von Frau Sylvia-Yvonne Kaufmann (SPD)

13.00 Uhr

Europabüro Sylvia-Yvonne Kaufmann, Kurt-Schumacher-Haus, Müllerstraße 163, 13353 Berlin (Openstreetmap)

Kundgebung vor dem Europabüro von Joachim Zeller (CDU)

15.00 Uhr

Europabüro Joachim Zeller, Berliner Straße 38, 13189 Berlin-Pankow (Openstreetmap)

Im Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:

NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, DGB Region Berlin, GRÜNE LIGA Berlin, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin

Siegfried Broß: TTIP, CETA, JEFTA. Wie die neuen Freihandelsabkommen Rechtsstaat und Demokratie sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen verändern

Vortragsveranstaltung der Urania Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit dem
Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!:

Bundesverfassungsrichter a.D. Siegfried Broß:

„TTIP, CETA, JEFTA. Wie die neuen Freihandelsabkommen Rechtsstaat und Demokratie sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen verändern“

Moderation: Pia Eberhardt (Corporate Europe Observatory)

Zeit: Montag, 11. Februar 2019, 19:30

Veranstaltungsort: Urania Berlin e. V., An der Urania 17, 10787 Berlin

Kaum eine Frage wühlte die bundesrepublikanische Öffentlichkeit so auf wie die geplanten umstrittenen Handels- und Investitionsschutz-Abkommen der EU mit den USA (TTIP), mit Kanada (CETA) oder mit Japan (JEFTA). Nicht zu Unrecht, wie ein genauer Blick auf diese Konstruktionen zeigt. Der ehemalige Verfassungsrichter Professor Dr. Siegfried Broß erklärt das Neuartige dieser Abkommen, ihren besonderen völkerrechtlichen Charakter und ihre Gefahren für das Demokratie-, Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip.

Verkehrsverbindung (Openstreetmap):
U-Bhf. Wittenbergplatz: U1, U2, U3
An der Urania: 106, 187, M19, M29, M46, N1, N2, N26
U-Bhf. Nollendorfplatz: U1, U2, U3, U4

Urania: https://www.urania.de/

 

Zum Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TISA stoppen gehören:
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Dezentraler Aktionstag: Mit Pauken und Trompeten: Für einen gerechten Welthandel – CETA stoppen!

Mit Pauken und Trompeten: Für einen gerechten Welthandel – CETA stoppen!

Am 30. September gehen wir im Rahmen des bundesweiten dezentralen Aktionstags „CETA stoppen!“ auf die Straße, um gegen die Ratifizierung des Freihandelsabkommens EU-Kanada (CETA) zu demonstrieren. In den letzten Jahren haben viele Menschen mit Aktionen, Demonstrationen, Petitionen und vielen Diskussionsveranstaltungen deutlich gemacht, dass sie sich für einen gerechten Welthandel und gegen neoliberale Freihandelsabkommen einsetzen.

Bei dem Protest der letzten Jahre haben auch die Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE aktiv mitgearbeitet. Jetzt wollen wir Taten sehen! Wir erwarten, dass beide Parteien ihre Möglichkeiten real nutzen und CETA im Bundestag und vor allem im Bundesrat ablehnen.

Um eine Zustimmung zu CETA im Bundesrat zu erreichen, müssen bei der Gesamtanzahl von 69 Stimmen für die absolute Mehrheit 35 Ja-Stimmen abgegeben werden. Die Landesregierungen, in denen ausschließlich die CDU, CSU, SPD oder FDP miteinander regieren, kommen lediglich auf 28 Stimmen. Die Bundesländer, in denen Bündnis 90/Die Grünen mitregieren, haben zusammen 37 Stimmen. In Bundesländern, in denen DIE LINKE mitregiert, sind 12 Stimmen vereint. Beide Parteien haben die Proteste gegen CETA aktiv unterstützt. Nun erwarten wir, dass diese Parteien in den jeweiligen Landesregierungen zu ihren eigenen Aussagen stehen und CETA im Bundesrat ablehnen oder zumindest eine Enthaltung durchsetzen.

Die Partei DIE LINKE hat zugesichert, dass sie sich dafür einsetzen wird, dass die Landesregierungen, in denen sie beteiligt ist, sich im Bundesrat enthalten werden. Aus manchen Landesregierungen, in denen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beteiligt sind, kommen keine so deutlichen Signale.

Deswegen wollen wir ein Zeichen setzen: Mit Musik, Töpfen und kreativen Instrumenten wollen wir die drei Landesvertretungen besuchen, in denen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch klar Stellung gegen CETA beziehen müssen. Obwohl die jeweiligen Landesparteien signalisieren, dass sie gegen das neoliberale Freihandelsabkommen sind, legen sich die Minister*innen in den Landesregierungen nicht fest.

Deshalb auf zu den Landesvertretungen von Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg! Wir machen vor den Vertretungen deutlich: Grüne, steht zu Euren Positionen! CETA im Bundesrat stoppen!

Enden wird die Demonstration vor der Landesvertretung von Bayern. Hier haben die SPD Bayern, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bayern und die FREIEN WÄHLER Bayern zugesagt, im Falle einer Koalition nach den Landtagswahlen am 14.10.2018 in den Koalitionsvertrag festzuschreiben, dass Bayern im Bundesrat CETA nicht zustimmen darf! Wir wollen vor der Landesvertretung die Parteien lautstark daran erinnern!

Kommt zur Demo am 30. September 2018! Bringt Trommeln, Trompeten, Töpfe mit, um die Landesregierungen der Bundesländer aufzuwecken! Sagt deutlich: Für einen gerechten Welthandel! CETA stoppen!

 

Wir fordern:

  • Einen gerechten Welthandel! Freihandelsabkommen stoppen!
  • Ratifizierung von CETA verhindern!
  • Vorläufige Anwendung von CETA beenden!

 

Wir treffen uns

Sonntag, 30.09.2018

15.00 Uhr

Vor der Landesvertretung Baden-Württemberg, Tiergartenstraße 15, 10785 Berlin (openstreetmap)

 

Es lädt ein:
Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!

 

Zum Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TISA stoppen gehören:

NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, DGB Region Berlin, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin

 

11.2.2019, 19:30 in der URANIA Berlin – Bundesverfassungsrichter a.D. Siegfried Broß zum Thema Staatenverbindung

Vortragsveranstaltung der Urania Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit dem Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!:

Bundesverfassungsrichter a.D. Siegfried Broß: Zu den Grundlagen und Grenzen bei der Gestaltung von Staatenverbindungen unter Beachtung von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip – ausgehend von den aktuellen Freihandelsabkommen
Moderation: Pia Eberhardt (Corporate Europe Observatory)

Datum:
Montag, 11. Februar 2019

Uhrzeit:
19:30

Veranstaltungsort:
Urania Berlin e. V., An der Urania 17, 10787 Berlin (Openstreetmap)

Verkehrsverbindung:
U-Bhf. Wittenbergplatz: U1, U2, U3
An der Urania: 106, 187, M19, M29, M46, N1, N2, N26
U-Bhf. Nollendorfplatz: U1, U2, U3, U4

Urania: https://www.urania.de/

Im Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:

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StopJEFTA-Aktion vor der EU-Vertretung: Für einen gerechten Welthandel – Nein zum Freihandelsabkommen JEFTA!

Für einen gerechten Welthandel – Nein zum Freihandelsabkommen JEFTA!

(Berlin, 6.7.2018) Heute hat der Europäische Rat in einem Umlaufverfahren für das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan (JEFTA) gestimmt. „Damit haben die EU-Länder durch schweigende Zustimmung dem bisher wirtschaftlich bedeutsamsten EU-Handelsabkommen zugestimmt. Die deutsche Bundesregierung hat damit über 550 000 Unterschriften gegen Jefta überhört“ , so Sven Giegold in einem Gastbeitrag heute in der Frankfurter Rundschau. Anlässlich der Abstimmung hat das Berliner Netzwerk „TTIP | CETA | TiSA stoppen!“ mit Unterstützung des bundesweiten Netzwerks „Gerechter Welthandel“ vor der Vertretung der Europäischen Kommission protestiert.

Von wegen Transparenz! Aus TTIP nichts gelernt!

Mit dem Freihandelsabkommen soll ein riesiger Wirtschaftraum geschaffen werden, der etwa 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts umfasst. JEFTA wurde in Geheimverhandlungen erarbeitet. Die Öffentlichkeit erfuhr über die Verhandlungen immer nur dann etwas, wenn einzelne Dokumente über Leaks veröffentlicht wurden.

JEFTA bedroht die Kleinbauern in Japan

Mit dem Freihandelsabkommen JEFTA werden in Japan die kleinbäuerlichen Strukturen gefährdet. Um die Interessen der exportorientierten Landwirtschaftsbetriebe noch mehr zu fördern, werden in Japan die sensiblen Agrarmärkte für europäische Milch- und Fleischexporte geöffnet. Dadurch werden in Japan hunderttausende Bäuerinnen und Bauern existenziell bedroht. Aber auch die bäuerlichen europäischen Höfe werden durch JEFTA häufig verlieren, da durch die einseitige Exportorientierung der europäischen Landwirtschaftspolitik die Einkommen der Bauernhöfe sinken und dadurch viele Höfe aufgeben müssen.

Der Ausverkauf der Daseinsvorsorge

Mit dem Freihandelsabkommen JEFTA soll die Liberalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge intensiviert werden. Der Privatisierungsdruck auf die öffentliche Daseinsvorsorge und öffentliche Infrastrukturen, wie im Bereich der Wasserwirtschaft, wird sich durch JEFTA noch mehr erhöhen.  [Campact-Appell gegen den Ausverkauf des Wassers hier]. Die Wasserversorgung in Japan ist derzeit noch überwiegend in öffentlicher Hand. Auch sie soll liberalisiert werden. Es verwundert daher nicht, dass der Wasserkonzern Veolia zu den JEFTA-Lobbyisten gehört. Wasser soll unter den Hammer!

Die EU-Kommission in Deutschland sah sich aufgrund der vielen Proteste gegen die Liberalisierung der Wasserversorgung durch JEFTA zu einer Pressemitteilung genötigt. Sie behauptet, dass das EU-Japan-Abkommen nicht zu Wasserprivatisierung führe. Hierzu lässt sich folgendes sagen: „In der Argumentation der EU-Kommission wird zwar zunächst richtigerweise angegeben, dass in JEFTA wie in CETA ein deutscher Abwasser-Vorbehalt bei Marktzugang für grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr enthalten ist. Der ist aber nicht relevant, denn grenzüberschreitende Abwasserdienstleistungen zwischen der EU und Japan machen herzlich wenig Sinn, wie etwa eine Abwasserpipeline zwischen der EU und Japan. Entscheidend ist also nicht die GATS-Erbringungsart grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr (GATS-Erbringungsarten 1, 2), sondern die GATS-Erbringungsart Niederlassung im Inland (GATS-Erbringungsart 3, diese GATS-Erbringungsart wurde früher auch als ,kommerzielle Präsenz‘, inzwischen wird sie als ,Investition‘ bezeichnet). Die eigentlich wichtige GATS-Erbringungsart Niederlassung im Inland/Investition ist in JEFTA gegenüber CETA entfallen. Der Wegfall dieser GATS-Erbringungsart entspricht somit einer Marktzugangsverpflichtung bei Abwasser in Deutschland (Liberalisierung). Diese GATS-Erbringungsart wird in der Meldung der EU-Kommission nicht erwähnt.“

JEFTA gefährdet Klima- und Umweltschutz

Das Freihandelsabkommen JEFTA darf nicht in Kraft treten, da der Klima- und Umweltschutz sowie Sozial- und Arbeitsstandards durch dieses Abkommen gefährdet werden. In dem Freihandelsabkommen ist das Vorsorgeprinzip nicht ausreichend gesichert, und das Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung ist nicht mit einem Sanktionsmechanismus versehen worden.

Weiterer Ablauf – noch kann JEFTA gestoppt werden!

Was als nächstes passieren soll, beschreibt die EU-Kommission in ihrer Pressemitteilung: „As a result EU and Japan leaders will sign the agreement at the EU-Japan summit that will take place on 11 July in Brussels. After next week’s signature, the European Parliament is expected to vote upon it in the autumn. Once procedures are finalised both at the EU level and in Japan, the agreement will enter into force in early 2019.“

Schon im Herbst soll JEFTA also durch das EU-Parlament und bereits 2019 in Kraft treten. Doch das müssen wir gemeinsam verhindern!

Gerechter Welthandel – jetzt!

Unsere Forderung bringt Jürgen Maier (Forum Umwelt und Entwicklung) auf den Punkt: „Das bisherige Modell der neoliberalen Globalisierung und die ihm zugrundeliegenden Handelsverträge haben zu wenige Gewinner und zu viele Verlierer. Der Ausweg aus dieser Sackgasse ist aber nicht mehr Wirtschaftsnationalismus, mehr Protektionismus, sondern eine Neuorientierung an Prinzipien nachhaltigen Wirtschaftens zum Wohle aller Menschen und der Umwelt.“ Hier noch einmal der aktuelle Beitrag von Jürgen Maier und Anna Cavazzini in der Frankfurter Rundschau.

Alle Bilder von Uwe Hiksch

Im Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:

NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin, DGB Berlin

Für einen gerechten Welthandel – Nein zum Freihandelsabkommen JEFTA! 6.7. Aktion vor der Vertretung der EU-Kommission

Protest vor der Vertretung der Europäischen Kommission:
Für einen gerechten Welthandel – Nein zum Freihandelsabkommen JEFTA!

Am 06.07. stimmt der Europäische Rat über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan (JEFTA) ab. Mit dem Freihandelsabkommen soll ein riesiger Wirtschaftraum geschaffen werden, der etwa 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts umfasst. JEFTA wurde in Geheimverhandlungen erarbeitet. Die Öffentlichkeit erfuhr über die Verhandlungen immer nur dann etwas, wenn einzelne Dokumente über Leaks veröffentlicht wurden.

Mit dem Freihandelsabkommen JEFTA werden in Japan die kleinbäuerlichen Strukturen gefährdet. Um die Interessen der exportorientierten Landwirtschaftsbetriebe noch mehr zu fördern, werden in Japan die sensiblen Agrarmärkte für europäische Milch- und Fleischexporte geöffnet. Dadurch werden in Japan hunderttausende Bäuerinnen und Bauern existenziell bedroht. Aber auch die bäuerlichen europäischen Höfe werden durch JEFTA häufig verlieren, da durch die einseitige Exportorientierung der europäischen Landwirtschaftspolitik die Einkommen der Bauernhöfe sinken und dadurch viele Höfe aufgeben müssen.

Mit dem Freihandelsabkommen JEFTA soll die Liberalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge intensiviert werden. Der Privatisierungsdruck auf die öffentliche Daseinsvorsorge und öffentliche Infrastrukturen, wie im Bereich der Wasserwirtschaft, wird sich durch JEFTA noch mehr erhöhen.  [Campact-Appell gegen den Ausverkauf des Wassers hier]

Das Freihandelsabkommen JEFTA darf nicht in Kraft treten, da der Klima- und Umweltschutz sowie Sozial- und Arbeitsstandards durch dieses Abkommen gefährdet werden. In dem Freihandelsabkommen ist das Vorsorgeprinzip nicht ausreichend gesichert, und das Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung ist nicht mit einem Sanktionsmechanismus versehen worden.

Das Berliner „Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!“ fordert deshalb alle Abgeordneten des Europäischen Parlaments sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten dazu auf, dem Abkommen nicht zuzustimmen.

Wir treffen uns

Freitag, 06.07.2018
Zeit: 12.00 Uhr
Vor der Vertretung der EU-Kommission, Unter den Linden 78, 10117 Berlin

Berliner „Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!“

Im Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:
NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin, DGB Berlin

JEFTA – Offener Brief an die EU-Parlamentarier_innen

Seattle to Brussels Network

European letter on the EU-Japan FTA (JEFTA) to members of national parliaments

May 22, 2018

To Honorable Members of Parliament,

We, the undersigned civil society organisations, hereby express our deep concern about the planned fast-tracking of the ratification of the EU-Japan Economic Partnership Agreement.

JEFTA is the biggest trade agreement ever concluded by the European Union, with a country which GDP is three times higher than the one of Canada. It would cover a quarter of the world’s GDP.

Like the controversial CETA – the EU Canada trade agreement – JEFTA, once ratified, would be politically almost impossible to terminate and extremely hard to amend. There will be no fixing problems after ratification.

JEFTA contains rules severely limiting policy space in the EU and in its member states. As the agreement covers all levels of decision-making, it would become a straightjacket for the EU, for member states, and even for regional and local governments.

Ensuring proper scrutiny of JEFTA’s content before its signature is therefore of prime importance. Yet, after negotiating the agreement in almost total secrecy for over 5 years, the EU and member states might soon decide to fast-track its ratification.

JEFTA has been presented to the Council of the EU in April 2018 as an “EU only” agreement. National parliaments will be denied a vote on a treaty which will constrain their powers. Such minimal scrutiny is a new blow to the proper democratic debate on the type of trade policy European citizens need.

We therefore call on representatives of the national electorate to ensure sufficient time for a careful review of the trade agreement. A fast-track procedure with a vote possibly already on June 26, 2018, would make a careful review impossible.

We wish to highlight some of our fundamental concerns about the agreement in its current form:

  • The EU-Japan Economic Partnership Agreement uses a negative list approach for services. This method severely limits governments’ ability to create, expand, and regulate public services and reverse failed liberalisations or privatisations, and makes it extremely hard to protect high-quality services such as water, transport, education, social and health care, as well as attempts to provide public services in line with public interest goals.
  • The financial services chapter of the agreement (Articles 8.58 to 8.67) reduces the instruments available to combat financial speculation and inflation, obstructs banking structure reform and would thus, once implemented, constitute a threat to financial stability and an obstacle to initiatives to stabilise the current financial system.
  • JEFTA would further constrain the ability of the EU and member states to control Japanese food and feed imports (Artile 6.7, especially 6.7.4), even though there are already documented cases of imports of illegal GMO feed from Japan. Worldwide, Japan is the country with most GM crops approved both for food and feed
  • JEFTA creates ten dialogues (Article 22.3) between regulators of the EU and Japan on matters which touch upon national competences: Government Procurement, Agriculture, Food Safety, Services, Investment, Electronic Commerce, etc. There is no guarantee in the text that national parliaments will be involved. It is even possible for this cooperation to open in new areas, without national parliament’s approval.
  • There is no reference to the precautionary principle in the Chapter on SPS measures or in the TBT chapter.
  • JEFTA’s chapter 8 on trade in services, investment liberalisation and electronic commerce contains implicit and explicit cross-border data flow commitments (Sections C and E respectively) which would constrain the ability of governments to regulate data flows, and may undermine the protection of the fundamental right to the protection of personal data. The complete exclusion of this fundamental right from the agreement is also not ensured.
  • The trade agreement’s intellectual property rights chapter would limit possibilities for future copyright and patent reform.
  • The deal will make it almost impossible for European regulators and courts to require Japanese banks or car-makers to submit their software and IT equipments for government audits to check conformity with domestic laws on deceptive practices and environmental requirements.
  • The trade and sustainable development chapter of JEFTA (Chapter 16) is even weaker than the one in CETA. Moreover Japan has not ratified two of the eight core ILO conventions and the provisions on trade in illegal timber are weak and could eventually weaken the EU’s own attempts to tackle the issue.
  • Behind closed doors, the EU and Japan are still negotiating parallel tribunals for foreign investors. Those tribunals have already been used by Japanese investors against the Spanish state. Those cases are ongoing, costing millions to Spanish tax payers. This broken system must not be expanded in JEFTA.

JEFTA contains many more provisions likely to harm people and the environment. The biggest trade agreement of the EU requires much more scrutiny than it is currently receiving.

We need a paradigm shift toward a transparent and inclusive trade policy founded on the needs of people and our planet. JEFTA is not a progressive trade deal. On the contrary: ratifying JEFTA, especially without proper scrutiny, will lead us further away from a much needed change.

Signatories :

Greenpeace, International

European Environmental Bureau, Europe

European Water Movement, Europe

European Trade Union Committee for Education (ETUCE), Europe

European Public Services Union (EPSU), Europe

Friends of the Earth Europe, Europe

TROCA- Plataforma por um Comércio Internacional Justo (national platform), Portugal

Anders Handeln (national platform), Austria

Netzwerk Gerechter Welthandel (national platform), Germany

Stop CETA Alliance Ireland (national platform), Ireland

Attac Austria, Austria

ÖBV-Via Campesina Austria, Austria

11.11.11, Belgium

Food & Water Europe, Belgium

Centrale Nationale des Employés (CNE), Belgium

Corporate Europe Observatory, Belgium

“Europe and we”, Bulgaria

Afrika Kontakt, Denmark

NOAH Friends of the Earth Denmark, Denmark

Occupy Denmark, Denmark

Association CRI-AC !, France

ATTAC France, France

Confederation paysanne, France

foodwatch France, France

Les Amis de la Terre, France

Berliner Wassertisch, Germany

FDCL, Germany

foodwatch Germany, Germany

Kölner Bündnis für gerechten Welthandel, Germany

IATP Europe, Germany

NaturFreunde Deutschlands e.V., Germany

Slow Food Deutschland e. V., Germany

PowerShift e.V., Germany

An Claíomh Glas, Ireland

CONNECT Trade Union, Ireland

Comhlámh, Ireland

FÍS NUA, Ireland

Irish Cattle and Sheep Farmers Association Ireland, Ireland

Keep Ireland Fracking Free, Ireland

Environmental Pillar, Ireland

Fairwatch, Italy

Mouvement Ecologique, Luxembourg

Both ENDS, Netherlands

foodwatch Netherlands, Netherlands

Platform ABC, Netherlands

Transnational Institute, Netherlands

CIDAC, Portugal

Corporations-ZeroTtolerance, Portugal

GAIA-Grupo de Accao e Intervencao Ambiental, Portugal

GEOTA, Portugal

Palombar – Associação de Conservação da Natureza e do Património Rural, Portugal

Plataforma Alagrve livre de Petróleo, Portugal

Sindicato dos Professores da Grande Lisboa, Portugal

SOS Racismo, Portugal

ASMAA ALGARVE SURF & MARINE ACTIVITIES ASSOCIATION, Portugal

ZERO – Association for the Sustainability of the Earth System, Portugal

Umanotera, Slovenia

ATTAC Spain, Spain

Coordinadora Ecologista de Asturias, Spain

Equo, Spain

Confederación Intersindical, Spain

Ecologistas en Acción, Spain

Plataforma Auditoría Ciudadana Deuda Sevilla , Spain

Podem Sanitat Catalunya , Spain

STE SEGOVIA, Spain

Intersindical Valenciana, Spain

1 http://abonnes.lemonde.fr/planete/article/2018/02/21/des-ogm-interdits-decouverts-dans-des-aliments-pour-animaux_5260053_3244.html#xtor=AL-32280539

2 http://www.isaaa.org/resources/publications/briefs/52/executivesummary/default.asp

Nach dem Achmea-Urteil: Bundesregierung hält die Vattenfall-Klage zum Atomausstieg für unzulässig

taz
6.5.2018

Vattenfall klagt gegen Deutschland. Regierung lehnt Schiedsverfahren ab
Christian Rath

Die GroKo hält die Vattenfall-Klage zum Atomausstieg nun für unzulässig. Sie begründet ihren Umschwung mit einem EuGH-Urteil [gemeint ist das Achmea-Urteil, s.u.].
Zum Artikel

Achmea-Urteil: Am 6. März 2018 hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Investitionsschiedsgerichte (ISDS) zwischen EU-Mitgliedstaaten NICHT mit dem Europäischen Recht vereinbar sind. Damit stehen viele weitere solcher Abkommen — darunter der Energiecharta-Vertrag, auf dessen Grundlage Vattenfall Deutschland wegen des Atomausstiegs verklagt — in Frage, die es ausländischen Investoren ermöglichen, von ihren Gaststaaten vor privaten Schiedsgerichten Schadenersatz einzufordern.

Zum Achmea-Urteil vgl.

  • MITBESTIMMUNG, April 2018: „Private Schiedsgerichte beschädigen den Staat“. Der ehemalige Verfassungsrichter Siegfried Broß über die Gefahren für die Demokratie durch private Schiedsgerichte in Investitionsschutzabkommen und das wegweisende [Achmea-]Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Zum Beitrag
  • Dr. Daniel Thym: Todesstoß für autonome Investitionsschutzgerichte. Beitrag auf dem Verfassungsblog vom 8.3.2018 zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/16.
  • Kommentar von Ernst-Christoph Stolper (BUND) zum Achmea-Urteil. Zum Beitrag
  • Powershift: Die Auswirkungen des Achmea-Urteils des EuGH auf die EU-Investitionspolitik. Zum Beitrag
  • Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!: Nach dem Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen! fordert Ende der privaten Schiedsgerichtsbarkeit und Stopp der Ratifizierung von CETA. Zum Beitrag
  • Achmea-Urteil: Netzwerk Gerechter Welthandel sieht sich in Forderung gestärkt, Sonderklagerechte für Investoren abzuschaffen. Zum Beitrag
  • Achmea-Urteil. EuGH: Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Zum Beitrag

Am Weltwassertag 2018 wird Berlin zur Blue Community

(Berlin, 22. März 2018) Heute am Weltwassertag hat das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen, dass Berlin zu einer Blue Community wird.* Als Blue Community bekennt sich Berlin zum Menschenrecht Wasser. Es ist auch ein Bekenntnis zur öffentlichen Wasserversorgung und damit gegen (Teil-)Privatisierung. Die Berliner_innen haben sich ihre Wasserbetriebe zurückgeholt und die Betriebe sollen in öffentlicher Hand bleiben.

Wir bekommen immer wieder zu hören, dass das Bekenntnis zur Blue Community eine Art Augenwischerei sei, weil damit nichts wirklich gesetzlich verankert werde. Das sehen wir anders: Natürlich bleibt es für uns zentral, gegen die Privatisierungsversuche zu kämpfen. Darum setzen wir uns ja auch seit Jahren gegen die gefährlichen Investitionsschutzabkommen (verharmlosend „Freihandelsabkommen“ genannt) ein. CETA, TTIP, JEFTA, TiSA – sie alle gilt es zu verhindern. Wir müssen auch aufpassen, dass die „privatisierungssüchtige“ EU-Kommission nicht das Wasser in die europäische Dienstleistungskonzessionsrichtlinie aufnimmt. Ja, es gibt hier viel zu tun und wir bleiben auch dran.

Wichtig ist es aber auch, das „normative Umfeld“ für das Menschenrecht Wasser zu schaffen und genau dafür ist die Blue Community nützlich. So hat die Berliner Regierung bereits eine Million Euro für Trinkwasserbrunnen in den Haushalt eingestellt. Es wird damit ins Bewusstsein gerückt, wie großartig es ist, dass wir hierzulande (noch) Wasser aus der Leitung trinken können und was für ein Irrsinn es eigentlich ist, teures und weniger gesundes Wasser in (Plastik-)Flaschen zu kaufen.

Darum freuen wir uns sehr, dass Berlin nun eine Blue Community ist und danken allen Beteiligten für Ihren Einsatz

*Antrag der Fraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen (pdf)

Pressemitteilung der AG Wasser Forum Umwelt und Entwicklung

Pressemitteilung
Forum Umwelt und Entwicklung – AG Wasser

Berlin wird Blue Community

Berliner Abgeordnetenhaus setzt Zeichen für die UN-Nachhaltigkeitsziele und für das Menschenrecht auf Wasser

[Berlin, 22.03.2018] Heute hat das Abgeordnetenhaus von Berlin den Senat von Berlin dazu aufgefordert, sich an der Initiative Blue Community zu beteiligen.

Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forum Umwelt und Entwicklung, erklärt hierzu: „Gerade richtig zum heutigen Weltwassertag setzt das Abgeordnetenhaus von Berlin das richtige Zeichen. Es fordert, die globale Verantwortung anzunehmen und mit den kommunalen Möglichkeiten zur Erreichung der SDGs voranzugehen – statt Frust, eine positive Perspektive. Berlin wendet sich damit von einem einseitigen Kommerzialisierungs- und Privatisierungskurs wenigstens im Bereich Wasser ab. Das Menschenrecht auf Wasser, die Umwelt sowie die lokale und regionale Entwicklung müssen im Mittelpunkt stehen, nicht kommerzielle Interessen. Es wird Zeit, dass sich dies auch in anderen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge wieder durchsetzt. Wenn es dem Senat gelingt, mit guten Projekten die Blue Community-Initiative mit Leben zu füllen, werden sicher noch viele weitere Städte folgen.“

Die vernetzten Organisationen aus den Bereichen Umwelt und Entwicklung sowie der öffentlichen Wasserwirtschaft in der AG Wasser des Forum Umwelt und Entwicklung begrüßen den Beschluss des Abgeordnetenhauses. Das Bekenntnis zum Blue Community der Stadt Berlin ist ein Vorbild für andere Städte und Kommunen weltweit.

Die Initiative Blue Community ist aus einer Bewegung der Zivilgesellschaft heraus entstanden, um die globalen UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) für die Menschen und mit den Menschen anzugehen.

Pressekontakte

Jürgen Maier, Forum Umwelt und Entwicklung,
chef@forumue.de, +49 (0)30 678 177 588, 0171 38 36 135

Durmus Ünlü, Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW), Koordinator AG-Wasser des Forum Umwelt und Entwicklung,
uenlue@aoew.de, +49 (0)30 39 74 36 06

Sie finden die PM auch online unter: http://www.forumue.de/ueber-uns/presse/

Hintergrund: Was ist eine Blue Community?

„Blue Communities anerkennen Wasser als öffentliches Gut. Sie achten auf einen nachhaltigen Umgang mit Wasser und setzen sich dafür ein, dass Wasserversorgung und -nutzung in der öffentlichen Hand bleiben. Sie unterstützen andere Länder dabei, eine funktionierende öffentliche Trinkwasserversorgung bereitzustellen und einen nachhaltigen Umgang mit Wasser zu erreichen. Dazu pflegen sie einen langfristigen Wissens- und Erfahrungsaustausch mit Partnern im In- und Ausland.

Blue Communities regen die Menschen in ihrem Umfeld dazu an, wieder mehr Leitungswasser zu trinken. Innerhalb der eigenen Strukturen und betrieblichen Abläufe bemühen sie sich um einen verantwortungsvollen Umgang mit Trinkwasser und nutzen soweit wie möglich Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung. Wer lokales, nicht abgefülltes und nicht transportiertes Wasser trinkt, schont die Umwelt. Die Bereitstellung von Leitungswasser benötigt tausend Mal weniger Energie als jene von Mineralwasser.

Die Initiative Blue Communities wurde vom Council of Canadians lanciert, einer kanadischen Organisation für soziale und ökologische Gerechtigkeit.“ (Quelle)

 

24.04. Vortrag: „Was ändert sich durch die vorläufige Anwendung von CETA?“

Vortrag: „Was ändert sich durch die vorläufige Anwendung von CETA?“
Ort: NaturFreunde Berlin, Paretzer Str. 7, 10713 Berlin
Zeitraum: Dienstag, 24. April 2018, 19 Uhr
Referent: Jürgen Maier (Forum Umwelt & Entwicklung)

Am 21. September 2017 trat das Freihandelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der Europäischen Union und Kanada vorläufig in Kraft. CETA tritt endgültig in Kraft, sobald die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten den Wortlaut des Abkommens gemäß den Vorgaben ihrer jeweiligen Verfassungen ratifiziert haben. Soweit ist es (glücklicherweise) noch nicht. Der Vortrag wird versuchen zu beleuchten, was sich durch die vorläufige Anwendung geändert hat.

Eine Veranstaltung des Berliner Netzwerks TTIP | CETA | TiSA stoppen!

Im Berliner Bündnis TTIP | CETA | TiSA stoppen! arbeiten zusammen:
NaturFreunde Berlin, Greenpeace Berlin, Berliner Wassertisch, GRÜNE LIGA, Attac Berlin, BUNDjugend Berlin, Mehr Demokratie, Arbeitskreis Internationalismus (IG Metall Berlin), Gen-ethisches Netzwerk, Anti Atom Berlin, Powershift, BUND Berlin, FIAN Berlin, DGB Berlin

Freihandel mit Afrika. Vortrag „EU-Afrika-Politik: die europäischen Interessen stehen im Mittelpunkt“

Vortrag „EU-Afrika-Politik: die europäischen Interessen stehen im Mittelpunkt“
Referent: Uwe Hiksch (NaturFreunde)
Zeit: 22. März 2018
Ort: NaturFreunde Berlin, Paretzer Str. 7, 10713 Berlin

Uwe Hiksch wird über das Grundsatzpapier der NaturFreunde „EU-Afrika-Politik: die europäischen Interessen stehen im Mittelpunkt“ (pdf) referieren. Das Referat beleuchtet die Politik der Europäischen Union in ihrem Verhältnis zu den Staaten Afrikas und nimmt dabei unter anderem Bezug auf die Themen Geopolitik, Freihandel, Migration, Klimawandel und Landgrabbing.

Das Papier als pdf

Zur Website der NaturFreunde Berlin

Veranstalter: NaturFreunde Berlin in Zusammenarbeit mit dem Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!

Freitag, 2. März: Protest vor dem Bundestag: Nein zur Ratifizierung von CETA!

Am Freitag, 02.03.2018 debattiert der Deutsche Bundestag über den eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zu dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 2016 zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten andererseits“ der Fraktion der FDP, die in dem Entwurf die Ratifizierung des neoliberalen Freihandelsabkommen CETA fordert. Gleichzeitig liegt ein Antrag (pdf) der Fraktion DIE LINKE mit dem TitelDen Rechtstaat stärken – Multilateralen Investitionsgerichtshof ablehnen und Paralleljustiz für Konzerne stoppen vor.*

Wir wollen vor dem Deutschen Bundestag zeigen, dass wir das vorgelegte Freihandelsabkommen CETA ablehnen und die Fraktionen auffordern, dieses Freihandelsabkommen nicht zu ratifizieren.

Wir fordern:

Nein zu neoliberalen Freihandelsabkommen! Für eine gerechte Weltwirtschaft!
Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA) nicht ratifizieren!
Paralleljustiz verhindern, Internationale Schiedsgerichtshöfe ablehnen!

Wir treffen uns:
Freitag, 02.03.2018
Zeit: 9.30 Uhr

Vor dem Bundestag, Platz der Republik (Reichstagswiese, befestigter Bereich)

Es laden ein:
NaturFreunde Berlin
Berliner Netzwerk TTIP | CETA | TiSA stoppen!

* Protokolle hier nachlesbar https://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/amtlicheprotokolle

Deutscher Bundestag

„Liveübertragung (LINK): Freitag, 2. März, 10.30 Uhr

In verbundener Beratung debattiert der Bundestag am Freitag, 2. März 2018, über einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zu dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 2016 zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits sowie über einen Antrag der Fraktion Die Linke (19/97), in dem diese einen eigenen Gerichtshof auf europäischer Ebene für Konflikte zwischen Investoren, Unternehmen und Staaten ablehnt. 45 Minuten sind für die erste Lesung vorgesehen. Danach sollen beide Vorlagen zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen werden.

„Undurchsichtige Exklusivrechte“ befürchtet

Hintergrund des Antrags der Linksfraktion ist, dass die EU-Kommission derzeit ein Konzept für einen Multilateralen Investitionsgerichtshof (MIC) entwickelt; sie hat dazu einen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen vorgelegt. Dieser MIC soll die bisherigen Schiedsgerichte ersetzen. Die Bundesregierung hatte im Frühjahr mitgeteilt, sie erwarte, dass der Gerichtshof auch die bilateralen Investitionsgerichte ersetzt. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass die Unabhängigkeit der bei MIC eingesetzten Richter durch geeignete Regelungen gewährleistet wird.

Die Fraktion Die Linke hingegen befürchtet, dass durch die Einrichtung eines MIC ausländischen Investoren und Konzernen undurchsichtige Exklusivrechte gewährt würden. „Im Ergebnis stärkt und zementiert der MIC eine Paralleljustiz zu Lasten normaler rechtsstaatlicher Verfahren, der öffentlichen Haushalte und demokratischer Entscheidungen“, schreiben die Abgeordneten in der Vorlage. Die Fraktion fordert daher, einen entsprechenden Entwurf der EU-Kommission zurückzuweisen. Außerdem solle die Bundesregierung belastbare Fakten vorlegen, die eine Notwendigkeit des zusätzlichen Schutzes von ausländischen Investoren und Unternehmen belegen. (nal/pez/26.02.2018)“